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10/09: Grüner Aufbau Ost

Landwirtschaft in Ostdeutschland 20 JAHRE GRÜNER AUFBAU OST Blühende Landschaften in Ostdeutschland? Das gilt nicht für die gesamte Wirtschaft. Aber wie sieht es mit der Landwirtschaft 20 Jahre nach dem Mauerfall aus? Fakten und Einschätzungen dazu von Prof. Dr. Halvor Jochimsen1). Sie können diesen Beitrag auch hier im PDF-Format herunterladen.

Lesezeit: 81 Minuten

Landwirtschaft in Ostdeutschland 20 JAHRE GRÜNER AUFBAU OST

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Blühende Landschaften in Ostdeutschland? Das gilt nicht für die gesamte Wirtschaft. Aber wie sieht es mit der Landwirtschaft 20 Jahre nach dem Mauerfall aus? Fakten und Einschätzungen dazu von Prof. Dr. Halvor Jochimsen1). Sie können diesen Beitrag auch hier im PDF-Format herunterladen.


Ende der DDR: Situation der Landwirtschaft 19902)


Erinnern wir uns: als sich die DDR auflöste, bestand die Landwirtschaft aus 464 Volkseigenen Gütern (VEG), von denen 78 auf Pflanzenproduktion und 312 auf Tierproduktion spezialisiert waren. Die VEG bewirtschafteten aber nur 7% der Nutzfläche (446.000 ha). Der Schwerpunkt lag bei den 3844 Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG). Davon waren 1162 als LPG (P) auf Pflanzenproduktion und 2682 als LPG (T) auf Tierproduktion ausgerichtet. Die LPG (P) waren im Mittel 4.500 ha groß und lieferten auch das Futter für die Tierproduktion innerhalb der "Kooperation" aus LPG (P), LPG (T) und VEG. Durch diese Konzentration hatte sich die LPG immer weiter von den Genossen, d.h. den eigentlichen "Eigentümern", entfernt. Die LPG bewirtschafteten teilweise auch "volkseigene" Flächen. Dabei kam es zu einer Vermischung von genossenschaftlichem und staatlichem Eigentum, was die spätere Entflechtung erschwerte.


Daneben existierten vor allem noch zwischenbetriebliche Einrichtungen der Tierproduktion wie beispielsweise für die Jungviehaufzucht, für ländliches Bauwesen und Melioration sowie für Düngung und Pflanzenschutz (Agrochemische Zentren). Diese Struktur war 40 Jahre lang aufgrund politischer Vorgaben immer wieder und oft abrupt geändert worden - und nun musste sie sich aus wirtschaftlichen Zwängen erneut wandeln.


Aus heutiger Sicht waren die volkseigenen Betriebe bzw. Flächen Staatseigentum. Die LPG hingegen waren aus dem Zusammenschluss von Privatbetrieben hervorgegangen. Die Eigentümer waren meistens noch in den Grundbüchern vermerkt \- Deutsche sind eben korrekt! Allerdings standen ihnen aus dem Gewinn der LPG nur geringe Entgelte für die Fläche und das eingebrachte Vermögen zu.


Im Gegensatz zu anderen Teilen der DDR-Volkswirtschaft war das Vorherrschen der Genossenschaften in der Landwirtschaft ein bedeutsamer positiver Faktor für die schnelle Umwandlung und für den Erhalt des größten Teils des Produktivvermögens und der Leitung in ostdeutscher Hand.3) Die Betriebe wurden nicht wie eine marode volkseigene Maschinenfabrik aus der Sicht der Einheimischen "plattgemacht" oder günstigstenfalls von westlichen Investoren übernommen. Die LPG bestanden aus "versteckten" Privatbetrieben. Es gab Eigentümer, auch wenn diese das oft jahrzehntelang nicht so empfunden hatten. Sie entschieden über die Zukunft \- nicht Staat oder Treuhandanstalt. Wir haben bis heute zwar keine überall blühenden Landschaften, aber viele blühende Landwirtschaften. Die LPG-Struktur und das auch im Sozialismus nicht verwirtschaftete Bodenvermögen schufen die Voraussetzungen.


Die ostdeutsche Landwirtschaft war bei der Wende trotz der vorherrschenden Betriebsgrößen nicht wettbewerbsfähig: zu viele Beschäftigte (Genossenschaftsbauern), veraltete Technik und marode Stallgebäude, unzureichende Erträge und tierische Leistungen sowie überzogene Leitungsstrukturen.4) Es mutet nahezu widersprüchlich an, dass zwar im Rahmen des im Juni 1963 beschlossenen "Neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft" ein deutliches Umdenken erfolgte. Es lief auf die Modernisierung in der Pflanzen- und Tierproduktion hinaus. An diese Jahre erinnern noch heute z.B. die Produktionsstätten der Tierproduktion wie die 2000 er Milchviehanlage, die Rindermastanlage Ferdinandshof u.a.. Allerdings führten sie angesichts der Überforderung der Volkswirtschaft nicht zu der gewollten Breitenwirkung.


Aber die Landwirtschaft bot auch dank der Betriebsgrößen und eines guten Ausbildungsstandes der Leiter und vieler Mitarbeiter ein hohes Potenzial. Auch der günstige Wechselkurs von 2:1 bot liquiden LPG beachtliche Investitionsmöglichkeiten. Gewaltige Anpassungsmaßnahmen wurden eingeleitet: Zusammenlegung von Pflanzen- und Tierproduktion in überschaubaren Einheiten \- oft in Anknüpfung an frühere Strukturen auf Dorfebene, Abbau der Zahl der Beschäftigten, verständnisvolle oder widerwillige Herausgabe von Flächen für Wiedereinrichter. Die volkseigenen Betriebe und Flächen innerhalb der LPG mussten abgegeben werden und wurden nunmehr von der Treuhandanstalt verwaltet und überwiegend erst einmal verpachtet. Nicht immer an die alte LPG!


In ihrer Endphase mussten die LPG ihre Rechtsform umwandeln, die ausscheidenden Genossenschaftsbauern abfinden und die Inventarbeiträge zurückzahlen. Bei all diesen Aufgaben waren die Vorstände oft auf sich gestellt. Vorbilder für solche Großbetriebe gab es im Westen kaum. Mancher Rat war zwar teuer aber oft nicht gut. Auf die ostdeutschen Belange spezialisierte Berater und Beratungsunternehmen bildeten sich erst allmählich heraus.


Arbeiter- und Bauernstaat: zu viele Bauern


Zur Ausgangssituation aus dem letzten Statistischen Jahrbuch der DDR von 1990 noch ein paar Zahlen: in den insgesamt 3844 LPG gab es 867.000 Mitglieder (im Mittel also 225), von denen 612.000 ständig mitarbeitende Genossenschaftsmitglieder (Ø 160) waren. Diese Zahlen waren in den Jahren zuvor noch angestiegen.


Trotz dieser aus westdeutschem Blickwinkel betrachteten ungeheuren Größe der Betriebe \- Landwirtschaftsminister Kiechle hatte noch unlängst 50-Kuhbetriebe in Schleswig-Holstein als Agrarfabriken bezeichnet - war der Arbeitskräftebesatz deutlich höher als im Westen. Während er in der kleinstrukturierten BRD im Mittel bei 6,5 und in schleswig-holsteinischen großen Marktfruchtbetrieben damals bei 1,7 AK/100ha lag, überraschten die DDR-Betriebe mit etwa 10 AK/100 ha in der Produktion und Verwaltung. Hinzukamen weitere Menschen in angegliederten sozialen und kulturellen Einrichtungen. Etwas überspitzt bedeutet dies, dass es in Ost und West "Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen" in der Landwirtschaft gab. Im Osten waren das über den eigentlichen Bedarf zugewiesene und woanders kaum einsetzbare Kräfte und im Westen versteckte Arbeitslosigkeit in zu kleinen und subventionierten Betrieben. Dieser Überbesatz war für alle \- auch die einheimischen Fachleute \- augenfällig.


Im Laufe der wirtschaftlichen Entwicklung von kapitalistischen Volkswirtschaften nahm der Anteil der Beschäftigten im Agrarsektor ab; Aufnahme fanden die Arbeitskräfte anfangs in der Industrie, später im Dienstleistungssektor. Ende der Achtziger arbeiteten trotz der Kleinbetriebe nur noch 4 % der Beschäftigten der BRD in der Landwirtschaft, in der DDR waren das 11%.5) Dabei ist die Abgrenzung zwischen Landwirtschaft und anderen Sektoren nicht voll vergleichbar. Der Arbeitsmarkt musste im Beitrittsgebiet einen Zeitsprung von etwa 25 Jahren vollführen. Aus dem Genossenschaftsbauern wurde ein Genossenschaftsbanker!


Ein weiterer Aspekt war für die Anpassung nach der Wende bedeutsam: Für die DDR-Betriebe galt die territoriale Eigenversorgung und nicht die bestmögliche Wirtschaftlichkeit als Ziel. Dies hatte Einfluss auf die spätere regionale Verteilung u.a. von Milch- und Zuckerrübenquoten, aber auch z.B. den Marktfruchtbau auf dafür wenig geeigneten Sand-Standorten und stattdessen Kühen in der Magdeburger Börde!


Entstehung der LPG: ein kurzer Blick zurück6)


Für die Struktur der Landwirtschaft im Jahre 1990 waren die Bodenreform und die Bildung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (Kollektivierung) die entscheidenden, politisch motivierten Maßnahmen gewesen. Ab September 1945 wurden die Betriebe von sog. Kriegsverbrechern und solche über 100 ha unter der Losung "Junkerland in Bauernhand" entschädigungslos enteignet.7) Bis 1950 waren das einschließlich der Staatsbetriebe 14 000 Betriebe mit 3,3 Mio ha.8) Dieser so entstandene Bodenfond hatte aus historischen Gründen besonders in Mecklenburg-Vorpommern mit 54 % und in Brandenburg mit 41 % einen hohen Anteil an der LF. Die enteigneten Flächen wurden an Neubauern (Heimatvertriebene, Landarbeiter, nichtlandwirtschaftliche Arbeiter) mit bis zu 10 ha und zur Aufstockung landarmer Bauern vergeben, insgesamt an beachtliche 560.000 Personen. Außerdem entstanden bei ausreichender Größe volkseigene Güter (VEG) teilweise mit speziellen Aufgaben in der Lehre und Forschung oder Tier- und Pflanzenzucht. Nach dieser Bodenreform waren die Betriebsstrukturen und die Anteile der Betriebsgrößen an der LF zwischen der DDR und der BRD erstaunlicherweise ziemlich ähnlich.


Nach dem Vorbild der Sowjetunion wurden ab 1952 die Neubauern und die verbliebenen Bauernwirtschaften unter 100 ha zu landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) zusammengefasst. Dies geschah, obwohl sich die wirtschaftliche Situation der Privatbetriebe zu stabilisieren begann. Einige LPG mussten sich wegen fehlender Vorteile trotz massiver staatlicher Unterstützung sogar wieder auflösen. Triebfeder der Kollektivierung war also nicht der mögliche ökonomische Nutzen einer genossenschaftlichen Großproduktion. Dafür fehlten auch zunächst die Produktionsmittel zur Bewirtschaftung größerer Einheiten.


Die genossenschaftliche Produktionsweise diente vorrangig politischen Zielen und wurde 1960 durch die Agitation der "Revolutionskomitees" abgeschlossen. Die Kollektivierung geschah teils freiwillig aus sozialistischer Überzeugung, teils wegen Aussichtslosigkeit eines zu kleinen Neubauernbetriebes oder aus fehlender Fachkenntnis, teils durch Überredung oder zunehmend unter massivem menschenverachtenden Zwang. Viele Landwirte verließen unter der Bürde des politischen Drucks und unerfüllbarer Plansolls die Betriebe und flohen in den Westen. Ihre Flächen wurden zu "Örtlichen Landwirtschaftsbetrieben" zusammengefasst, galten nun als volkseigen und wurden später den LPG zur Nutzung überlassen. Gleiches galt für Flächen von Altbauern, die wegen Nichterfüllung des Plans den Betrieb verloren.


Für die Umwandlungen und Neugründungen nach 1990 war hilfreich, dass die von den Genossenschaftsbauern in die LPG eingebrachten Flächen formal in deren Eigentum verblieben. Diese Vorgänge wurden anders als in anderen sozialistischen Staaten überwiegend gut in den Grundbüchern dokumentiert. Auch wenn die Grenzsteine herausgepflügt waren. Auch die Inventarbeiträge aus eingebrachtem Vieh und Maschinen in Höhe von etwa 500 Mark je ha wurden erfasst.


Die Bildung der Genossenschaften lief grundsätzlich über den Typ I (nur gemeinsame Feldwirtschaft), den unbedeutenden Typ II mit Einbeziehung von Zugtieren und Maschinen bis zur vollständigen genossenschaftlichen Bewirtschaftung (Typ III) mit Einbeziehung der Zucht- und Nutztiere und deren Gebäude. Dieser Typ hatte sich Anfang der 70 er Jahre durchgesetzt; im Norden der DDR war er ohne Vorstufen direkt eingeführt worden.


In den folgenden Jahren entstanden durch Zusammenschlüsse von LPG (teils verursacht durch erfolglose Bewirtschaftung) verbunden mit Neubauten große Bewirtschaftungseinheiten und Viehbestände. Sie sollten industrielle Produktionsmethoden, geregelte Arbeitszeiten und die soziale Gleichstellung der Bauern und Landarbeiter gewährleisten. Die LPG wurde zum ökonomischen, kulturellen und sozialen Zentrum der Dörfer und zum Träger vielfältiger Aktivitäten, die im Westen Aufgaben der Kommunen sind. Die LPG ersetzte damals Kirche und Gutsherrn und bot Heimat und Geborgenheit für die Landbevölkerung und ihre Kinder.


Die aus dem Fernsehen und Verwandtenbesuchen aber auch aus dem eigenen Bekunden westdeutscher Bauern bekannte schwierige Situation vieler westdeutscher Landwirte mit erheblicher Arbeitsbelastung, fehlendem Urlaub und unzureichenden Einkommen erschien vielen nicht gerade als erstrebenswertes Erfolgsmodell. Gegenüber den enteigneten Gutsherren und den enteigneten oder zwangskollektivierten Bauern gab es also auch viele Gewinner. Nur so lässt sich das verbreitete Beharren an der genossenschaftlichen Bewirtschaftung nach 1990 erklären. Und nur so erklärt sich Unverständnis und Wut gegenüber manchen, die ihre Flächen aus der LPG nahmen, um sich wieder selbständig zu machen.


Neben Positivem erlebten die Genossenschaftsbauern aber viel Kritikwürdiges9): veraltete Technik, fehlende Investitionsmittel, Einmischung der Räte der Kreise ausgehend vom (unsinnigen) Prinzip territorialer Eigenversorgung, zunehmender Einfluss und Kontrolle der SED auf Betriebsebene, immer weiter ausgehöhlte Mitbestimmungsrechte der Genossenschaftsbauern. Letzteres geschah ab Ende der 60 er Jahre durch den Zusammenschluss von LPG Pflanzenproduktion mit mehreren LPG Tierproduktion und VEG zu "Kooperativen Abteilungen Pflanzenproduktion" (KAP), verstärkt unter dem für Land- und Nahrungswirtschaft zuständigen Mitglied des Politbüros des ZK Grüneberg. Dies war verbunden mit zusätzlichen umfangreichen Leitungsstrukturen, dem Kooperationsrat. Zuvor waren Pflanzen- und Tierproduktion spezialisiert und getrennt worden, was dem organischen Wirtschaften der Landwirte widersprach. Dies alles erschien vielen Genossenschaftsbauern und Leitern widersinnig, zumal sich in den 60er Jahren die Betriebe im "Neuen Ökonomischen System der Planung und Leitung" stabilisiert hatten.


Die Betriebe im KAP standen unter der Verantwortung des "Kooperationsrates", hatten aber praktisch in eigener Regie die staatlichen Auflagen als Pflanzenbaubetrieb und den Futterbedarf in der Kooperation für die LPG (T) und die VEG zu sichern. Der Prozess der Herausbildung von spezialisierten LPG und VEG war Ende der 70 er Jahre abgeschlossen. Er war bei den LPG mit neuen Musterstatuten verbunden, welche die Rechte der Beschlussorgane (Vorstand, Mitgliederversammlung) wieder klar formulierten. Es wurde für die Mitglieder aber immer schwieriger, die Beschlussinhalte zu erfassen und zu beeinflussen, zumal über allem die staatlichen Vorgaben und Einwirkungen standen. In den 80er Jahre wurden die KAP wieder aufgelöst, die DDR-Statistik zählte 1989 nur noch 2. Geblieben waren die großen LPG Pflanzenbau. Verbunden mit den Kooperationen waren Betriebe in gigantischen industriemäßigen Größenordnungen wie z.B. die Rindermast in Ferdinandshof oder Hohen Wangelin bzw. die Milchviehanlage Dedelow entstanden. Später gab es eine Erweiterung der Kooperation und Arbeitsteilung durch die Agrochemischen Zentren, die Kreisbetriebe für Landtechnik und Meliorationsbaubetriebe bis hinzu Verarbeitungsbetrieben.


Grüne Wende: Hunderttausend Einzelschicksale Betroffene Arbeitnehmer, Genossenschaften und Wiedereinrichter


Die abrupte Öffnung der Grenzen, die Einführung der D-Mark, der eilige Beitritt zur BRD und die neue Rechtsordnung bringen erhebliche Veränderungen auch für die fast 1 Million Menschen im Agrarbereich mit sich. Sie ergeben sich erstens aus dem technisch nunmehr möglichen und aus ökonomischen Gründen erzwungenen Abbau des Arbeitskräftebesatzes. Vier von fünf Mitarbeitern verlieren den Arbeitsplatz in der Landwirtschaft. Der Abbau stellt ein massives Problem bei der Umwandlung der Betriebe dar, zumal es sich ja oft um Genossenschaftsbauern handelt, also eigentlich Mitunternehmer im westdeutschen Verständnis. Besonders betroffen sind Frauen; mit dem Zusammenbruch der Viehbestände gehen Melkerinnen und Tierpflegerinnen, aber auch "Studierte" im Leitungskader.


Die zweite Änderung betrifft die Genossenschaftsbauern und ihre LPG. Aus ihr muss durch Umwandlungsbeschluss eine Genossenschaft nach neuem Recht (e.G.), eine Kapitalgesellschaft (GmbH) oder andere Rechtsform werden. Sie kann in Liquidation gehen und sich auflösen. Und sie kann und muss Flächen und Inventarbeiträge für Bauern herausrücken, die sich selbständig machen wollen. Zu diesem Zweck muss das Vermögen der LPG in der DM-Eröffnungsbilanz ermittelt und das Eigenkapital den Genossenschaftsmitgliedern zugeordnet werden. Dies alles soll das Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LandwAnpG) von 1990 einschließlich diverser Novellierungen regeln. Es soll die schlichte Frage beantworten: Wem gehört eigentlich die LPG? Genauere Ausführungen zum LanwAnpG können dem folgenden Kapitel entnommen werden. In diesem Zusammenhang muss auch geklärt werden, wer als "schwarzen Peter" die Altschulden der LPG behält. Nähere Einzelheiten enthält ein weiterer Abschnitt. Am Ende wird es übrigens überwiegend der Steuerzahler sein.


Im Zusammenhang mit der Umwandlung der LPG müssen die volkseigenen Flächen wieder zurückgegeben oder durch Kauf/Pacht privatisiert werden. Dies ist die Aufgabe der Treuhandanstalt (THA) bzw. der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG).


Der dritte Problembereich stellt die Wiedereinrichtung von "Familienbetrieben" (genauer: Einzelunternehmen oder Personengesellschaften) aus enteigneten oder in die LPG eingebrachten Betrieben dar. Sogenannte Neueinrichter wollen einen Betrieb völlig neu gründen. Diese heiße Phase der Wende lässt sich drastisch bezeichnen als erbitterter Kampf um den Boden, um das vorhandene Vermögen und um Macht und Einfluss. Dies geschieht vor dem historischen Hintergrund, dass in der DDR weder Boden noch Vermögen im Bewusstsein der Menschen Einzelnen zugeordnet gewesen war. Und für die Ausübung von Macht und Einfluss haben sich die Regeln nach dem Ende der alles beherrschenden SED auch geändert.


Schicksale und Chancen für Genossenschaftsbauern


Dieser Zeitraum der deutschen Agrargeschichte von der Wende bis heute besteht aus Hunderttausenden von Einzelschicksalen. Er lässt sich kaum auf wenigen Seiten darstellen.10) Da ist der landlose Genossenschaftsbauer, dem einfach gekündigt wird und der erst einmal arbeitslos wird. Oder der Genossenschaftsbauer, dessen Vater seinerzeit freiwillig oder unter Druck seine Hektare sowie Tiere und Maschinen (Inventarbeitrag) in die LPG eingebracht hat. Und nun entscheidet er sich zum Ärger der LPG, mit zusätzlich von anderen Genossenschaftsbauern und der THA/BVVG gepachteten Flächen selbstständig zu wirtschaften. Er wird manchmal behindert und geächtet. Er trifft vielleicht auch Fehlentscheidungen und zahlt Lehrgeld beim Start in die Marktwirtschaft.


Ein anderer Genossenschaftsbauer belässt die Flächen als Pacht in dem LPG - Nachfolgeunternehmen, weil er gesehen hat, wie sich die oft zu kleinen Bauern im Westen quälen. Neben den Wiedereinrichtern \- so der Behördenbegriff \- gibt es Neueinrichter, ostdeutsche Landwirte, die ohne eigenes Land mit wenig Vermögen einen Start mit Pachtland und dem Nachlass von LPG oder VEG wagen.


Genossenschaften - geht das überhaupt?


Ferner gibt es den LPG-Vorsitzenden, der mit Umsicht und Geschick das Vermögen der LPG zusammenhält, die Umwandlung in eine eingetragene Genossenschaft (e.G.) mit weniger Mitgliedern als vorher durchführt, dort oft wieder Vorsitzender wird und möglichst viele Arbeitsplätze erhält. Er stellt sich damit der damals sehr umstrittenen Frage, ob Betriebe dieser Größenordnung mit Erfolg bewirtschaftet werden können und ob die e.G. dazu eine geeignete Rechtsform ist. Auf die Probleme der gerechten Abfindung der ausscheidenden Genossenschaftsbauern im Konflikt mit dem Kapitalerhalt des Unternehmens kommen wir später zurück. Oder es gibt den Fall einer geordneten Liquidation. Und bei der Umwandlung der LPG gibt es auch den wegen großer Nähe zur SED abgewählten und durch junge Landwirte ersetzten Vorstand.


"Rote Junker"


Es gibt auch Neugründungen von Betrieben als Einzelunternehmen, GbR oder GmbH durch ehemalige Leitungskader. Diese Gruppe stellt der SPIEGEL in einer Titelgeschichte11) 1995 unter Generalverdacht, sich zu Lasten der Genossenschaftsbauern durch Bilanzfälschungen, illegale Viehverkäufe im Chaos der Wende, Ausnutzen von Bewertungsspielräumen, unzulässige Rücklagenbildung und Erpressung bereichert zu haben. Er nennt sie die neuen roten Junker. "Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit herrschen sie nun wieder wie zu SED-Zeiten über das Land; mit einem Unterschied allerdings: Früher waren sie nur mächtig, heute sind sie auch noch reich." Sie haben mithilfe westlicher Berater das Vermögen der LPG zu ihren Gunsten neu verteilt. Manche sind sogar Liquidator ihrer bisherigen LPG.


Nur wenige Genossenschaftsbauern klagen dagegen. Viele haben Angst. Es finden zwar Überprüfungen durch die Länderministerien statt: in Einzelfällen, bei Stichproben, im Zusammenhang mit der Bewilligung von Fördermitteln. Dabei gibt es berechtigte Zweifel an der Intensität und Sachkunde der Prüfung. Geschehen ist oft nichts in den beanstandeten Fällen. Manchmal findet man in den Förderanträgen den seltsamen Vorgang, dass Vermögen der LPG auf diese neugegründeten Betriebe einfach "übertragen" wird. Oder die Kühe werden zum Spottpreis an den neuen Stall verkauft, der auch billig von der LPG erworben worden ist. Oder am 1.7. wird die Ackerfläche mit der Ernte auf dem Halm übergeben \- ohne Ausgleich. Viele Geschichten dieser Art werden von den heute Alten erzählt. Den genauen Umfang dieser Machenschaften kennt niemand.


Enteignete Alteigentümer als Heimkehrer


Eine weitere Gruppe von Akteuren der Wende sind die im Westen lebenden Alteigentümer von enteigneten Betrieben, vor allem aus den Ländern Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Sie gehen verständlicherweise anfangs davon aus, dass sie die oft in langer Familientradition bewirtschafteten Güter wieder zurück erhalten. Sie wollen nicht in die damalige Sippenhaft genommen werden, als "Junker" für die Nazi-Gräuel besonders verantwortlich zu sein. Diese Rückgabe zielt dabei im wesentlichen auf die nunmehr im Treuhandbesitz befindlichen Betriebe. Die meisten Alteigentümer sind durchaus gewillt, die eventuellen neuen Privatbesitzer (Neusiedler) der Bodenreform zu akzeptieren. Letztlich entscheidet das Bundesverfassungsgericht: die Betriebe der Bodenreform gibt es nicht zurück. Heimkehrer müssen die Flächen sozusagen ein zweites Mal kaufen \- begünstigt nach dem EALG \- oder pachten.


Westdeutsche und Westeuropäer als "Siedler"


Und es gibt eine Vielzahl von Landwirten aus Westdeutschland, Holland und Dänemark, die sich, ohne über rückübertragene Flächen zu verfügen, aufmachen, um im Osten einen Betrieb durch Pacht und Kauf vollständig neu zu gründen. Sie haben den Vorteil, über Eigenkapital zu verfügen und bei Banken bekannt und kreditwürdig zu sein. Auch haben sie als Westdeutsche manchmal den Vorteil, bei Mitarbeitern der Treuhandanstalt als tüchtig bekannt zu sein.


Letztlich ist eine Vielfalt an Betriebsformen und bisher im Westen unbekannten Rechtsformen entstanden. Aber es gibt leider auch eine Vielfalt an rechtlich und moralisch integren Umwandlungen und Neugründungen über leichte Unregelmäßigkeiten zugunsten der neuen Struktur bis hin zu kriminellen Bereicherungen. Dies gehört zum kollektiven ostdeutschen Gedächtnis. Erinnern Sie sich an einige dieser Mosaiksteine der Agrargeschichte der letzten 20 Jahre? Wenn nicht, einen anschaulichen Überblick gibt BUSSE \- mit vielen Beispielen neben einem kurzen historischen Rückblick.12)


Gesetzlicher Regelungsbedarf


Neben speziellen Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik müssen für die Umwandlung und Neugründung der Landwirtschaftsbetriebe schnell Regeln geschaffen werden. Dabei gilt es vier Probleme zu lösen:


(1) Wie entstehen aus den alten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften die neuen Rechtsformen wie Einzelunternehmen (Familienbetrieb), GmbH oder eingetragene Genossenschaft? Oder wie läuft eine geordnete Liquidation ab? (2) Wie werden die Vermögen der LPG einerseits ermittelt und andererseits den bisherigen Genossenschaftsbauern zugeordnet; wie verteilt sich dieses zwischen fortgeführten oder neugegründeten Unternehmen und den ausscheidenden Genossenschaftsbauern als Abfindung? (3) Wer behält als "Schwarzen Peter" die Altschulden der LPG? (4) Was wird aus den volkseigenen Flächen und VEG? Rückgabe an die enteigneten früheren Besitzer oder Entschädigung oder gar nichts? Neuer Verkauf oder Verpachtung? Meistbietend oder gezielt an "Bedürftige"? Dies wird die Aufgabe der Treuhandanstalt und ab 1992 der staatlichen Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG). Zuvor müssen etliche Flächen dabei aus den LPG herausgelöst oder in verkaufsfähige Lose umgewandelt werden. Landwirtschaftsanpassungsgesetz: Gerechtigkeit für alle?13) Genossenschaft als Lösung beim Rechtsformwechsel?


Die ersten beiden Punkte werden im Landwirtschaftsanpassungsgesetz geregelt, zuerst erlassen von der Volkskammer am 29.6.90 und novelliert vom Bundestag am 6.7.91 und in weiteren Jahren. Es enthält erstens Regelungen für die Umwandlung der LPG in eine neue Rechtsform, anfangs nur in die der Genossenschaft (e.G.). Nach der Novellierung ist auch eine Umwandlung in eine GbR, OHG, KG oder Kapitalgesellschaft (GmbH, AG) möglich. Am Ende blieben von den 3.844 LPG durch Liquidation und Umwandlung nur 1.000 eingetragene Genossenschaften übrig.


Die Rechtsform der Genossenschaft ist aus streng ökonomischer Sicht mit Mängeln behaftet14): sie liegen in geringen Mitbestimmungsrechten der Mitglieder, in dem Problem der Identität von Unternehmer und Mitarbeiter und damit in dem Konflikt zwischen Förderung aller Mitglieder und konsequentem ökonomischen Handeln oft zu Lasten einzelner Mitglieder, in einer komplizierten und behäbigen Leitung, aus der Sicht der Banken in der begrenzten Haftung und in einem vom Geschäftsanteil unabhängigen Stimmrecht. Auch als reine Geldanlage bietet sie nur eine geringe Motivation. In ihrer klassischen Form erhalten Mitglieder oder Erben bei einer Kündigung nur den (geringen) Geschäftsanteil und nicht Teile des Eigenkapitals zurück. An das darüber hinausgehende Eigenkapital (Rücklagen) kommt man bei Kündigung nicht heran. Dazu bedarf es einer privatrechtlichen Kauf- bzw. Übernahmevereinbarung des Geschäftsanteils. Dabei ist sein Wert anhand des anteiligen Ertragswerts zu schätzen.15)


Allerdings war bis zur Verjährung die Regelung wirksam, dass bei der Vermögensauseinandersetzung nach § 44 LwAnpG (siehe unten) der personifizierte Vermögensanteil an der umgewandelten Genossenschaft grundsätzlich dem Geschäftsanteil entsprechen muss. Andernfalls steht den Mitgliedern ein Recht auf bare Zuzahlung zum geringeren Geschäftsanteil bis zur Höhe der bei der Umwandlung ermittelten Vermögensansprüche zu.16)


Dass trotz unbestreitbarer Nachteile so viele LPG als Genossenschaft weitergeführt werden, hat wohl weniger ökonomische als soziale Gründe. Sie liegen in den historischen, im verklärten Rückblick nicht so negativen Erfahrungen mit kollektiver Bewirtschaftung und in den Erfahrungen und Lebensbiographien der DDR-Bürger.17) In solchen Umbruchsituationen greift man auf bestehende Strukturen und Hierarchien zurück. Aber schließlich gibt es auch beredte Plädoyers und Belege für die Beibehaltung der Rechtsform, aber auch kritische Anmerkungen zu Betrieben mit einem "Sozialkonzept" ohne wirtschaftlichen Erfolg18). In vielen Fällen müssten Köpfe umgekrempelt werden. Es muss ein Bruch mit den Traditionen und Gewohnheiten der DDR-Vergangenheit erfolgen.19) Und oft muss das Management ausgewechselt werden. Eine alleinige Änderung der Rechtsform würde nichts ändern.


Nach dem neuen Genossenschaftskonzept hat der Unternehmenserfolg Vorrang vor der Sicherung des einzelnen Arbeitsplatzes. Der Förderauftrag wird erfüllt, indem die beschäftigten Mitglieder angemessen entlohnt werden, die eingebrachten Flächen eine ortsübliche Pacht erhalten und der Kapitaleinsatz honoriert wird durch Zinsen auf das Geschäftsguthaben, durch Dividenden oder Zuweisungen zum Geschäftsguthaben und durch Einzahlungen in einen Beteiligungsfond.


Vermögensbewertung als entscheidendes Konfliktfeld


Der zweite wichtige Bereich des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes betrifft die Vermögensauseinandersetzung und insbesondere die Regelungen beim Ausscheiden der Mitglieder und Auszahlung der Anteile. Es ist die schlichte Frage: wem gehört eigentlich die LPG? Dazu muss das kollektive Vermögen und das Eigenkapital erst einmal ermittelt und dann den Mitgliedern zugeordnet werden. Wohlgemerkt steht jedem ein Anteil am Eigenkapital und nicht ein irgendwie festgelegter geringer Geschäftsanteil zu. Die Zeit der Wende hat dabei mit der derzeitigen Wirtschaftskrise eines gemeinsam: Geld ist meistens nicht weg, sondern nur woanders!


Diese Vermögensauseinandersetzung regelt der novellierte §44 des LwAnpG. Danach wird stufenweise vorgegangen "solange der Vorrat reicht": (1) Rückerstattung der Inventarbeiträge, (2) Mindestvergütung für die Überlassung des Bodens von 2 DM je Bodenpunkt und Jahr und für die Inventarbeiträge eine Verzinsung von 3% p.a. bis zu einer Obergrenze von 80% des vorhandenen Eigenkapitals und (3) die Hälfte des evtl. verbleibenden Eigenkapitals je nach Dauer der Tätigkeit des Mitglieds. Diese Vermögensermittlungen und -aufteilung erfolgen unter erheblichem Zeitdruck, mit oft nur begrenztem Wissen der ostdeutschen Landwirte und westdeutschen Berater und mit laufenden Gesetzesänderungen. Dies erklärt einen Teil der Unzufriedenheit mit dem Ergebnis.


Eine korrekte Vermögensaufteilung entsprechend der Absicht des LwAnpG ergibt in der Regel eine weitgehende Aufteilung des Eigenkapitals auf die Mitglieder. Für die Genossenschaft selbst bleibt wenig. Dies konnte man aus zwei Blickwinkeln betrachten:


• Wer die LPG als eine unrechtmäßig zustande gekommene Zwangsgemeinschaft hielt, fand eine mehr oder weniger vollständige Aufteilung des Eigenkapitals auf alle Mitwirkenden für sinnvoll; Ziel sollte die Weiterführung in Einzelunternehmen ("Familienbetrieben") oder ein sozial abgefederter Ausstieg und Neuanfang sein. Oder die Menschen brauchten das Geld ganz einfach zum Leben in dieser Umbruchzeit, insbesondere wenn sie ihren Arbeitsplatz in der LPG verloren. • Wer aber den Fortbestand von Großbetrieben in Genossenschaften oder Kapitalgesellschaften für den sinnvollen Weg in die Zukunft hielt, musste sicherstellen, dass diese Unternehmen einen ausreichenden Kapitalstock behielten. Zu Lasten der ausscheidenden Genossen. Dabei hätte man die e.G. als eine quasi fortgeführte LPG betrachtet, in der das Mitglied beim Ausscheiden nur geringe Ansprüche an das Eigenkapital besitzt.


Damit war der Interessenkonflikt zwischen den Ausscheidenden und den Weitermachern vorgegeben. Das LandwAnpG entspricht \- bei konsequenter Anwendung \- wohl eher der erstgenannten Sichtweise.20) Wer als Berater damals die zweite Ansicht teilte, machte sich oft unbewusst zum Büttel der kleinen Gruppe der zukünftigen Genossenschaftsbauern oder Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft.21) Bereits 1990 schrieb KÖHNE: "..., dass es wirtschaftlich nicht möglich ist, gleichzeitig das Unrecht der Vergangenheit und die Probleme der Zukunft zu bewältigen."22) Dieser Interessenkonflikt ist die Ursache für die weiter unten angesprochenen Bilanzstrategien und Unregelmäßigkeiten bei der Anwendung des Gesetzes.


Die fortgeführten Unternehmen brauchten jede Mark für Anpassungsinvestitionen. Zudem waren 1990 die Märkte für heimische Produkte zusammengebrochen. Mitglieder mit hohen Vermögensansprüchen wie die Land- und Inventareinbringer mussten also unbedingt gehalten werden. Das war besonders schwierig, wenn die Umwandlung mit dem Verlust des Arbeitsplatzes verbunden war.


Neben der persönlichen Auseinandersetzung um Auflösung oder Umwandlung in eine Genossenschaft, um Verbleib in dem Großbetrieb oder Ausscheiden mit Auszahlung der Vermögensansprüche hatten die Diskussionen auch eine gesellschaftliche Dimension. Was würde von der DDR bleiben außer der Zigarette f6, den Spreewaldgurken und dem grünen Ampelmännchen? Der Fortbestand der Genossenschaften (als e.G.) war ein kleiner Sieg für die DDR, für die eigene Identität. Dabei war es die Ironie der Geschichte, dass die bei der Zwangskollektivierung bekämpfte Rechtsform gemeinsamer Bewirtschaftung von manchen Kindern und Enkeln nun als sinnvolle Form großflächiger Bewirtschaftung akzeptiert wurde. Sie sind so etwas wie der Rest des sozialistischen Glaubensbekenntnisse in der Landwirtschaft. Trotz vieler Bedenken von westdeutschen Beratern und Wissenschaftlern sind somit die Genossenschaften im Osten ein vergleichsweise stabiler Pfeiler der Agrarstruktur geworden. Dabei half auch der endgültige Erlass der Altschulden durch eine geringe Ablösesumme; dies war ein Vermögenstransfer aus dem Staatssäckel zu den Betrieben.


Spielraum für Strategien in der DM-Eröffnungsbilanz


Maßgeblich für die Vermögenszuordnung ist die DM-Eröffnungsbilanz. Während für die Geldvermögen und Verbindlichkeiten klare Umrechnungen bestehen, muss der Wert der Gebäude, Maschinen und des Tiervermögens nach den bestehenden Grundsätzen geschätzt werden. Das bietet zweifellos Spielraum für die "Steuerung" des ausgewiesenen Eigenkapitals und damit der Vermögensansprüche. Was sind damals schwarzbunte SMR-Rinder wert? Was ein Fortschritt-Mähdrescher? Wie ist ein alter Anbindestall zu bewerten? Dieser Spielraum wird von zielstrebigen LPG-Vorständen und deren (westdeutschen) Anwälten genutzt. Hinzukommt die Notwendigkeit oder Möglichkeit, über Rückstellungen für bisher unterlassenen Aufwand für Reparaturen, Abrisskosten oder Altlasten das Eigenkapital weiter zu reduzieren. Aber das ist nun Geschichte; die Verjährungsfrist ist abgelaufen.


Konzentration der Mitgliederzahlen


Aus der Sicht zielstrebiger Vorstände gibt es gute Gründe für eine geringe Bewertung der Vermögensgüter und damit des Eigenkapitals. Nur so kann im Hinblick auf die Fortführung ein erheblicher Mittelabfluss durch Abfindungen und eine Existenzgefährdung des Großbetriebes vermieden werden. Problematisch und zu mindestens moralisch angreifbar wird die Strategie, wenn man aktiv versucht, möglichst viele Genossenschaftsbauern mit wenig Geld abzufinden, um anschließend selbst mit wenigen Genossen/Gesellschaftern das Unternehmen einschließlich stiller Reserven mit Erfolg fortzuführen.


Die deutliche Verminderung der Zahl der Genossenschaftsbauern oder Gesellschafter einer GmbH bei der Umwandlung hat 1991/1992 aber auch durchaus nachvollziehbare Ursachen. Viele sind von ihrer Einstellung her keine Mitunternehmer, die meisten von ihnen verlieren ihren Arbeitsplatz in der LPG. Und auch viele von ihnen haben den berechtigten Eindruck fair und rechtmäßig abgefunden zu werden. Letztlich führt diese Abwanderung beim Vorhandensein stiller Reserven (Unterbewertungen des Vermögens) aber zu einer Vermögensumverteilung zu Gunsten der verbliebenen Genossen/Gesellschafter.


Die in der Folge weiter andauernde Verkleinerung ihrer Zahl stellt in einer Genossenschaft ein Problem dar. Am Ende gehört Dreien die ganze e.G.! In diesem Zusammenhang sei auf die Möglichkeit der Bildung eines aus den Gewinnen gespeisten und personifizierten Beteiligungsfonds hingewiesen, über den ein ausscheidendes Mitglied verfügen kann.


Rechtmäßigkeit der Umwandlungen - 11% unwirksam?


Diese Vermögens- und Machtumverteilungen innerhalb der ostdeutschen Landwirtschaft waren dem SPIEGEL am 12.6.1995 ein Thema wert \- als Anwalt der "einfachen Ostbauern" als "Belogene und Betrogene".23) Diese Vermögensermittlungen und -verteilungen erfüllten nicht immer einen Straftatbestand, auch wenn sie manchem als ungerecht oder unmoralisch erscheinen. Die Gerichtsverfahren brachten selten konkrete Ergebnisse. Die Beweislage war schwierig, viele Zeugen schwiegen. Viele hielten den Artikel für übertrieben. Dabei hatten bereits 1992 HOWITZ und JANNERMANN24) in einer Studie für das Europäische Parlament auf die missbräuchliche Anwendung des LwAnpG zu Lasten der ehemaligen LPG-Mitglieder und Wiedereinrichter hingewiesen.


Bei der Anwendung des Gesetzes und der Umwandlung der LPG gibt es viele Formfehler, Unzulänglichkeiten, halblegale Machenschaften und massive Betrügereien. Dabei beteiligen sich einige westdeutsche Berater in nicht vertretbarer Weise. Aber auch schiere Unkenntnis bei Vorständen, Beratern und vor allem bei Genossenschaftsbauern führt zu ungerechtfertigten Benachteiligungen. Das Landwirtschaftsanpassungsgesetz ist also sicher kein "Zwangskollektivierungsgutmachungsgesetz". Einfache Genossenschaftsbauern sind eindeutig schlechter informiert als die Vorstände. Sie stimmen den vorgeschlagenen Abfindungen im Vertrauen auf die Korrektheit der Ermittlung zu. Auch wenn manche vermuten, dass das Vermögen vom Vorstand zu gering angesetzt worden ist, scheuen sie den Gang zum Gericht und fügen sich in ihr Schicksal \- wie die Jahre zuvor.25)


Zusammen mit den Bilanzstrategien und der Verkleinerung der Zahl der Mitglieder der Genossenschaft oder GmbH führte dies in den letzten 20 Jahren zu einer Wanderung von Vermögen in unbekannter Größenordnung zugunsten der weiter wirtschaftenden Genossenschaftsbauern bzw. Gesellschaftern und aus den Resten einer LPG gebildeten Neugründern.


Mit "Erstaunen und Erschrecken" stellte der Jurist BAYER26) aus Jena im Jahre 2002 als Ergebnis einer Untersuchung von 1.719 LPG-Umwandlungen in den fünf neuen Ländern fest, dass nahezu sämtliche Umwandlungen fehlerhaft waren. Bereits aus formalen Gründen hätte eine Eintragung beim Registergericht nicht erfolgen dürfen. Bei insgesamt 11% der Umwandlungen haben die Forscher sogar die Wirksamkeit der Umwandlung verneint. Ohne dass die Beteiligten es wüssten, befände sich die alte LPG noch in der Liquidation. Das neue Unternehmen nutzt deren Kapazitäten ohne Rechtsgrundlage. Die Gründe für die Unwirksamkeit ergaben sich aus der Umwandlung in eine unzulässige Rechtsform, fehlenden Beschlüssen oder Beschlüssen außerhalb der vom Gesetz vorgesehenen Fristen. Ferner fand bei der Umwandlung eine Verdrängung von Mitgliedern statt.


In einem weiteren Teil der Studie wurden die vor den Landwirtschaftsgerichten überprüften Abfindungen untersucht. BAYER kommt zu dem markigen Schluss, dass die Mehrzahl aller untersuchten Abfindungen nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise festgesetzt und ausgezahlt wurden. Vielmehr hätten sich die LPG-Nachfolger im Regelfall auf Kosten der ausscheidungswilligen LPG-Mitglieder zu Unrecht und in großem Umfang bereichert. Dabei wurden die oben angedeuteten Spielräume bei der Bilanzierung noch gar nicht auf ihre Ordnungsmäßigkeit überprüft. Das nach Vorlage der Ergebnisse vorgebrachte Argument, dass de facto nur wenige Ausgeschiedene geklagt hätten, lässt er nicht gelten.27) Bemerkenswerterweise haben diese massiven und belegten Vorwürfe \- soweit dem Autor bekannt \- keine gesetzgeberischen oder gerichtlichen Folgen gehabt. Weder die Landesregierungen bzw. Parlamente noch der Bauernverband und erst recht nicht die Betroffenen waren geneigt, sich mit dieser Angelegenheit erneut zu befassen.


Angesichts der angedeuteten Unlösbarkeit einer alle Seiten befriedigenden Vermögensauseinandersetzung und der von vielen vermuteten bzw. nachgewiesenen Unregelmäßigkeiten ist es eine berechtigte Frage, welche Auswirkungen die spezielle Agrarpolitik des ostdeutschen Transformationsprozesses auf die Verteilung von Einkommen und Vermögen in Ostdeutschland hat. Dies tut GERKE in seinem Buch über "das ostdeutsche Agrarkartell".28) Es stellt leider eine nicht überzeugende Mischung aus vermutlich sehr berechtigten kritischen Anmerkungen, richtigen Fragen, etlichen sachlichen Fehlern, meistens fehlenden Beweisen für die aufgestellten massiven Behauptungen und viel Ideologie der "Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft" dar. Schade. Es ist im Zorn eines Wiedereinrichters in Mecklenburg-Vorpommern und ABL-Vorstandsmitglieds geschrieben. Im übrigen behandelt er \- angeregt durch den SPIEGEL-Artikel - nicht nur die seiner Meinung nach unrechtmäßigen Vermögensaneignungen. Ein Schwerpunkt des Buches sind die Vorwürfe der Bildung eines Agrarkartells von ehemaligen Mitgliedern der SED, den LPG-Leitungskadern, den Ministerien und Landwirtschaftsämtern, der BVVG bis hin zum Bauernverband.


Trotz der Kritik am Buch gilt: die Vermögensverteilung nach der Wende ist eine entscheidende, aber meines Wissens bisher wenig untersuchte Frage. Vielleicht ist sie auch überhaupt nur ansatzweise oder in Fallstudien zu beschreiben. Jeder kennt Beispiele oder hat Vermutungen über Ergebnisse des Transformationsprozesses, die kaum politisch gewollt sein konnten. Aber viele ahnen auch, dass solche Missstände kaum vermeidbar waren und jetzt nicht mehr änderbar sind. Trotz dieser defätistischen Einstellung wäre eine Aufarbeitung der Agrargeschichte der letzten 20 Jahre durch professionelle Historiker eine lohnende Aufgabe.


Startprobleme trotz Förderung bei Wiedereinrichtern


Die Wiedereinrichter stehen vor großen Herausforderungen. Sie müssen oft hartnäckig kämpfen, um ihre Flächen aus der LPG überhaupt herauszulösen. Dies gelingt wegen unkenntlich gemachter Grundstücksgrenzen meistens nur über "Pflugtausch". Sie müssen zu den eigenen Flächen von Privat oder der BVVG erheblich zupachten oder werden zum Kauf gezwungen. Die 1945 "eingefrorene" bäuerliche Struktur ist überhaupt nicht mehr zeitgemäß. Die Wiedereinrichter erhalten oft eine unzureichende Abfindung, manchmal in veralteter Technik oder Gebäuden. Auch die rückübertragenen eigenen Gebäude sind, weil wenig genutzt, meist in schlechtem Zustand. Kreditmöglichkeiten sind im Anfang kaum gegeben.


Von Vorteil ist die Tatsache, dass keine Altlasten wie bei den Genossenschaften (e.G.) übernommen werden müssen. Es gibt eine Fülle von administrativen Vorgaben und die Lenkung durch staatliche Förderprogramme. Deren Zielplanung haben die Tierhalter nur zum Teil erreicht, bei Ackerbaubetrieben übertroffen.29)


Neue Struktur: auferstanden nicht aus Ruinen30) Vielfalt nach der Einheit bei Rechtsformen


Letztendlich ist in Ostdeutschland aus der sozialistischen Ausgangslage und den Umwandlungen eine Agrarstruktur entstanden, die sich deutlich von der westdeutschen unterscheidet.31) Richtigerweise \- sagen viele Einheimische und Berater. Bedauerlichweise \- fanden damals viele Politiker, die den überschaubaren Familienbetrieb auch im Osten für das Erfolgsmodell hielten. Auch in der Wissenschaft gab es Anfang der 90 er Jahre eine Fülle von teils kontroversen Beiträgen der (westdeutschen) Agrarökonomen WEBER, LANGBEHN, HENRICHSMEYER, GROSSKOPF, SCHMITT, KÖHNE und BRANDES32). Dabei plädierten die beiden letztgenannten für eine vorurteilsfreie Betrachtung zukünftiger Entwicklungen und die Beachtung der Ausgangsbedingungen bei der Umwandlung. Statt theoretischer Grundsatzstreite wünschte sich HELLER damals aber mehr konkrete Hilfestellung von Wissenschaftlern und Beratern33).


Hinsichtlich der Rechtsformen besteht nach wie vor eine "Grenze" in Deutschland. Dabei geht von den ostdeutschen Verhältnissen ein erheblicher Druck auf Anpassungen im Westen aus. Ohne die Wiedervereinigung gäbe es in Schleswig-Holstein keine Einheiten von 2.000 ha und mehr.


Beachtlich und lobenswert ist, wie schnell sich die Betriebe in der regulierten Marktwirtschaft zurecht gefunden haben, die EU-Klaviatur der Förderprogramme bedienen konnten und auf neue Betriebsmittel umgeschwenkt sind. Aber schließlich hat auch die EU-Agrarpolitik einen Hauch von Planwirtschaft. Bei der Anpassung haben auch die westdeutschen Partnerkammern und \-ministerien geholfen.


Die Agrarstruktur besteht in Ostdeutschland aus einem anderen Mix von Rechtsformen als im Westen. Dies zeigt Übersicht 1 (bis 1995 kannte die Statistik nur die Unterscheidung in Haupt- und Nebenerwerbsbetriebe). Erstaunlicherweise besteht in beiden Gebieten der zahlenmäßig größte Anteil aus den Nebenerwerbsbetrieben (NE). Auch in Ostdeutschland sind dies etwa die Hälfte aller Betriebe (siehe Abb. 1). Während in Westdeutschland die Haupterwerbsbetriebe (HE) als Einzelunternehmen und die immerhin 13.000 GbR ins Auge fallen, sind dies im Osten neben den etwa 10.000 Einzelunternehmen und GbR die 1.000 Genossenschaften und 2.100 GmbH. Der hohe Anteil der Genossenschaften hat seine Ursachen wohl weniger in ökonomischen Vorteilen. Vielmehr resultiert er aus der im Abschnitt "Genossenschaft als Lösung beim Rechtsformwechsel?" geschilderten Ausgangslage und dem verständlichen Beharren auf einer vertrauten Bewirtschaftungsform. Hinzukam der Zeitdruck der Umwandlung. Auch die Unterstützung der neugebildeten Genossenschaftsverbände wirkte in diese Richtung.




Noch eindrucksvoller wird die Struktur im Osten, wenn man die Flächenanteile in Abbildung 2 betrachtet. Auf Haupterwerbsbetriebe als Einzelunternehmen, Genossenschaften und GmbH entfallen mit über 20% jeweils ähnliche Anteile. Die Rechtskonstruktionen sind komplizierter geworden durch Tochtergesellschaften, vielfältige Kooperationen, "Holdings" aus mehreren Kapitalgesellschaften bzw. Genossenschaften und ausgelagerte Dienstleistungsunternehmen für die eigene Arbeitserledigung oder Fremde. Diese Zahlen geben daher die Konzentration im Osten nicht korrekt wieder, weil diese in der Statistik als einzelne Betriebe erfasst werden.



Betrachtet man die zeitliche Entwicklung seit 1993 in Übersicht 2 fällt folgendes auf:


• Die Zahl der Einzelunternehmen im Haupterwerb (HE) und deren Flächen haben zugenommen. Schließlich war das eine für die Marktwirtschaft typische und dominierende, aber bei Marx & Engels verbotene Rechtsform. Die Zahl der Nebenerwerbsbetriebe war rückläufig, hat sich aber in den letzten Jahren stabilisiert. • Anfangs starke, später leichte Zuwächse (nicht in der Fläche) zeigen die GbR. Sie waren anfangs u. a. wegen der Verdopplung der Milchquote besonders attraktiv. • Die Zahl der eingetragenen Genossenschaft und deren Fläche ist rückläufig \- also auch im Osten kein Erfolgsmodell und nur aus der Ausgangssituation mit dem Vorherrschen der LPG zu erklären? Im Sommer 1991 war die Landwirtschaft voll im Umbruch: es wurden noch 1.424 LPG, schon 830 e.G. und 744 sonstige Kapitalgesellschaften gezählt. • Zahlenmäßig nehmen die GmbH vor allem in den letzten Jahren zu. Aber wieso bewirtschaften sie insgesamt kaum mehr Fläche, werden also kleiner? Ist dies das Ergebnis von Betriebsteilungen oder Ausgliederungen von Betriebszweigen (z.B. Mutterkühe, Tochterunternehmen)?



Mehr Fläche unterm Pflug


Die heutige Agrarstruktur in Ostdeutschland ist bekanntermaßen durch große Betriebe gekennzeichnet. Auch die sog. Wiedereinrichter begründeten durch Pacht und Kauf einen Betrieb, der vernünftigerweise deutlich größer war als die vom Vater damals in die LPG eingebrachte Fläche. Bei den Einzelunternehmen ("Familienbetrieben") sind dies heute im Mittel 150 ha, bei den GbR gut das doppelte. Bei den Genossenschaften sind im Mittel 1.500 ha verblieben, die waren ja mal deutlich größer. Auf die um- oder neugegründeten GmbH entfallen 600 ha. Dabei ist die Bandbreite innerhalb der Rechtsformen beachtlich.


Im Vergleich der prozentualen Anteil der Betriebsgrößen in West- und Ostdeutschland (siehe Abb. 3) fällt auf, dass erstens der Anteil kleinerer Betriebe unter 30 ha in beiden Teilen annähernd gleich hoch ist. Ansonsten liegt das Schwergewicht \- mit deutlichen regionalen Unterschieden \- im Westen bei den Größenklassen 30 \- 100 ha. Im Osten verteilen sich die Größen gleichmäßig bis hinzu solchen über 1.000 ha. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Flächenanteile genau gegenläufig sind. Während im Osten 68% der Fläche in Betrieben über 500 ha bewirtschaftet werden, sind es im Westen nur 2%. Diese Strukturunterschiede, die sich auch auf die Viehbestände beziehen, sind oft beschrieben, hinlänglich bekannt und sollen hier nicht weiter ausgebreitet werden.34)



Nur 150.000 Arbeitskräfte blieben


Als Berater hatte ich in einem Vortrag in Schwerin im Frühjahr 1990 vor einigen Hundert Zuhörern dargelegt, dass sich die Zahl der Beschäftigten in Land- und Forstwirtschaft durch die Einführung der Marktwirtschaft auf \- und nicht um \- 20 % verringern würde. Das war eine ungeahnt präzise Vorhersage! Aus den 923.000 Beschäftigten der DDR werden bis 1993 durch die Einführung der Marktwirtschaft in den neuen Bundesländern 179.100 Arbeitskräfte (=146.300 AK-Einheiten). Von den Verbliebenen sind nur 42.000 Familienarbeitskräfte. Dreimal so hoch ist die Zahl familienfremder ständiger Mitarbeiter. Dies war zu dem Zeitpunkt im Westen vollständig anders: Den fast 1.3 Mio Familienarbeitskräften (davon 915.000 nur teilbeschäftigt) standen nur unbedeutende 80.000 familienfremde ständige Mitarbeiter gegenüber. Landwirtschaftliche Facharbeiter waren selten.


Wie die Übersicht 3 zeigt, haben sich die Arbeitskräftezahlen in den letzten 15 Jahren deutlich verändert \- vor allem im anpassungsgeplagten Westen! Dort nahm die Zahl von 1.397.400 auf 1.092.300 ab. In den Neuen Ländern war die Änderung mit 159.400 gegenüber 179.100 Beschäftigten geringer. Umgerechnet in AK-Einheiten war die Abnahme aber in beiden Regionen ein Drittel.



Viel Acker und wenig Vieh


Die DDR ist geschrumpft \- natürlich nur die landwirtschaftliche Nutzfläche. Und zwar von etwa 6,17 Mio ha (1990) auf 5,57 Mio ha im Jahr 2007. Ein Drittel der deutschen Agrarfläche liegt damit heute zwischen Zingst und Zittau. Der Osten hat überdurchschnittlich viel Anteil am Ackerland (38%) und entsprechend weniger vom deutschen Grünland (22%). Überdurchschnittlich angebaut wird Raps; schlecht weggekommen ist der Osten beim Zuckerrübenanbau.


Im letzten Jahr der DDR wurden 5.7 Mio Rinder, davon 2 Mio Kühe gehalten. Heute sind dies mit 2,3 Mio Rindern bzw. 778.000 Kühen weniger als die Hälfte. Allerdings geben die Kühe fast doppelt so viel Milch. Noch ausgeprägter ist der Rückgang bei Schweinen. Die Anzahl der Rinderhalter ist mit insgesamt 13.800 "überschaubar". Davon halten nur 4.200 Kühe. Es gibt insgesamt 5.600 schweinehaltende Betriebe. Obwohl ein Drittel der LF im Osten liegt, finden sich dort nur 8% der Rinderbetriebe, sogar nur 4% der Milchviehalter und nur 7% der Schweinehalter. Der ostdeutsche Anteil an den Viehbeständen ist wegen der größeren Einheiten höher: bei Kühen 19%, bei Rindern insgesamt 18% und bei Mastschweinen 12 bzw. Zuchtsauen 19%. Im Ergebnis ist der Osten aber deutlich viehärmer als der Westen. Dadurch hat er aus ökologischer Sicht weitaus bessere Wachstumschancen.


Hang zum spezialisierten Ackerbau


Betrachtet man die Betriebsformen (Betriebswirtschaftliche Ausrichtung) aller Betriebe also auch einschließlich der Nebenerwerbsbetriebe in der Übersicht 4, so fällt der mit fast ein Drittel hohe Anteil der spezialisierten Ackerbaubetriebe auf. Dementsprechend entfallen auf die spezialisierten Futterbaubetriebe im Osten nur 38 % gegenüber 45 % im Westen. Verbundbetriebe sind im Osten vermutlich deswegen etwas verbreiteter, weil die Großbetriebe oft eine Diversifizierung betreiben (müssen).


Der Hang zum spezialisierten Ackerbau hat seine Ursachen vermutlich in der ausreichenden Flächenausstattung, der EU-Agrarpolitik mit ihren günstigen Flächenprämien und dem deutlich höheren Investitionsbedarf der Viehhaltung. Als Folge sind eine je ha geringere Wertschöpfung im Osten und eine niedrigere Beschäftigung von Arbeitskräften mit negativen Auswirkungen für den ländlichen Raum festzustellen.



Flächensicherung: der Kampf um den Boden


Im Gespräch stöhnen ostdeutsche Bauern über steigende Boden- und Pachtpreise. Der Bodenmarkt im Osten ist in Bewegung gekommen. Er ist gespalten zwischen Ost und West, was die Dynamik und das Preisniveau angeht.


Kaufpreise steigen


In der Abb. 4 finden sich die amtlichen Kaufwerte von landwirtschaftlichen Flächen von 1991 bis 2007. Abgesehen von den geringeren Preisen in Brandenburg zeigt sich eine doch recht einheitliche Entwicklung. Allmählich nähern sie sich an und liegen im Korridor von 4 bis 5.000 €/ha. In den letzten 3 Jahren ist bis auf Sachsen-Anhalt ein leichter Anstieg bis 2007 zu verzeichnen. Dieser setzte sich nach Angaben der BVVG (Bodenverwertungs- und \-verwaltungs GmbH) auch 2008 mit einem weiteren Anstieg von 15% auf 6.319 €/ha - auf etwas höherem Niveau als in der amtlichen Statistik - fort (Übersicht 5). Für das erste Halbjahr 2009 werden sogar 8.373 €/ha, also nochmals +33% angegeben. Aber immerhin lagen die Preise bis 2007 deutlich unterhalb des Niveaus der alten Bundesländer von 12.088 €/ha in S-H bis 26.750 €/ha in NRW. Die Schere wird aber enger.



Die ökonomischen Rahmenbedingungen sind die gleichen. Warum sollte auf Dauer der Boden im Osten billiger sein? "Willkommen in der Marktwirtschaft!" wird mancher Westdeutscher sagen. Deutlich geringere Preise können langfristig nur an mangelnder Nachfrage \- was kaum der Fall ist - , dem höheren Angebot durch die Privatisierung und an mangelnder Kaufkraft bzw. Eigenkapitalausstattung im Osten liegen.


Bei den ostdeutschen Preise ist zu bedenken, dass viele Betriebe sich gezwungen sehen, bei auslaufenden Pachtverträgen in großem Umfang kaufen zu müssen. Verkäufer sind private Landeigentümer, die nicht mehr verpachten wollen. Und es ist die BVVG mit ihren Planvorgaben der Privatisierung bis 2020. Diese Käufe belasten die Liquidität erheblich und oft existenzbedrohend. Dieser Zwang zur Flächensicherung \- ohne Wachstum! - ist mit einem kontinuierlichen Wachstum im Westen nicht vergleichbar.



Der Bodenmarkt ist nicht nur hinsichtlich der Preise gespalten, sondern auch hinsichtlich der Dynamik, der Umfänge der Käufe und Verkäufe.35) Während im Westen 2007 etwa 0,4% der LF verkauft wurde (Bayern 0,2% und Schleswig-Holstein und Niedersachsen etwa 0,6%), lag der Anteil in Ostdeutschland zwischen 0,7% in Sachsen und Thüringen und 1,4 bzw. 1,9% in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Dabei ist die BVVG der größte Anbieter. Der Kampf um den Boden ist voll entbrannt.


Pachtpreise steigen auf Westniveau


Pachtpreise sind ein beachtlicher Posten. Immer noch sind \- trotz der Landkäufe \- 80% der Flächen im Osten gepachtet. Im Westen sind es 54% mit steigender Tendenz. In vielen Haupterwerbsbetrieben liegt der Anteil noch höher, wie die Auswertung der Testbetriebe in Abb. 5 zeigt. Die Pachtpreise für Acker und Grünland wurden im Mai 2007 \- also vor dem damaligen Anstieg der Agrarpreise \- zuletzt amtlich erhoben und ausgewertet. Wie Abbildung 6 zeigt, stiegen die Pachtpreise für Ackerland in den letzten Jahren kontinuierlich für Neupachten an. Agrarreform hin, Agrarreform her. Getreidepreise hoch oder niedrig. Dabei ist in der Tendenz kein Unterschied zwischen Rostock oder Rosenheim erkennbar. Allerdings unterschieden sich die Pachtpreise in der Höhe nach wie vor bis 2007 beträchtlich; eine Angleichung war nicht erkennbar. Während 2007 in NRW 374 €/ha für Neuverpachtungen gezahlt wurde, waren dies in Hessen nur 207 €/ha, im Durchschnitt 313 €/ha im Westen. Die neuen Bundesländer lagen zwischen 100 €/ha für den brandenburgischen Sand bis 193 €/ha in Sachsen-Anhalt. Auch in der Darstellung der Pachtpreise (Bestandspachten) aller landwirtschaftlichen Flächen in Abb. 7 zeigt sich der kontinuierliche Anstieg.36)





Ostdeutsche Landwirte sehen \- neben dem derzeitig niedrigen Milchpreis \- die Flächensicherung bei steigenden Landpreisen, die erzwungenen zunehmend teueren Landkäufe und steigende Pachtpreise als ihre Hauptprobleme an. Bis 2007 war solche Sorge eigentlich kaum begründet. Aber dann stiegen die Produktpreise und damit die Pachtpreise. So gibt die BVVG für 2008 einen durchschnittlichen Pachtpreis bei Neuverpachtungen von 266 gegenüber 186 €/ha im Vorjahr für Agrarflächen an (siehe Übersicht 5). Das ist ein Anstieg um 44%, der aber im 1.Halbjahr 2009 zum Erliegen kam. Das Westniveau ist erreicht \- wohl kaum ein Grund zum Jubeln! Für die 2008er Bestandsflächen werden 149 (Vorjahr: 127) notiert. Damit hat sich das Niveau verdoppelt. Vielen Landwirten flatterten kürzlich Schreiben auf den Tisch, in denen eine Anhebung der laufenden Pachten auf 5 bis 6 €/ Bodenpunkt angekündigt wird. Das wären dann 300 € bei 50 Punkten.


Also ist die BVVG an allem Schuld? Diesen Eindruck hat man, wenn man bei der BVVG im Internet unter "Service" die im letzten Halbjahr erfolgreichen Höchstgebote bei Pachtpreisen für Acker anschaut. Da steht oft eine "4" am Anfang. Das ist mehr als man bei wirtschaftlicher Betrachtung zahlen sollte.37) Es kommt hinzu, dass weder bei dem Angebot noch dem veröffentlichten Preis erkennbar ist, dass Zahlungsansprüche mitverpachtet werden. Dies dürfte allerdings üblich sein.


Die steigenden Boden- und Pachtpreise sind das Ergebnis verschiedener Faktoren. Preissteigernd wirkt sich aus:


• Hohe Rohstoff- und Agrarpreise in 2007 und 2008 • der Zwang zur Flächensicherung und Arrondierung der bisherigen Pächter, • große zusammenhängende Flächen, die auch für entfernt wirtschaftende Landwirte, als steuerbegünstigte Wiederanlage oder für Investoren interessant sind, • Kauf durch kapitalkräftige Investoren und Fonds • Ausbau der Bioenergie als zusätzliche Nachfrage • Bioboom mit seinem erhöhten Flächenverbrauch • Inanspruchnahme von Flächen für Infrastruktur, Siedlungen, Gewerbe, Verkehr sowie Naturschutz und Freizeit


Bei genauerer Betrachtung sind es wohl eher die hoch bietenden Landwirte und kapitalkräftigen nichtlandwirtschaftlichen Investoren, die für den Preisanstieg verantwortlich sind. Wirksam aber wird dies vor allem durch das geänderte Ausschreibungsverfahren mit Verpachtung zum Höchstgebot. Eine Ausschreibung der Flächen ist zwar ein marktkonformes Verfahren, insbesondere wichtig, weil früher Kritik an der freihändigen Vergabe und der Bevorzugung bestimmter Pächter geäußert wurde. Mal waren es die bevorzugten Westdeutschen, mal die LPG-Nachfolgebetriebe, mal die Wiedereinrichter zu Lasten der Großbetriebe.


Dieses Ausschreibungsverfahren hat allerdings einen aus der Sicht der Landwirte vermeidbaren Mangel. Bisherige Pächter müssen bei Neuvergabe ziemlich hoch mit "Zulage" bieten, wenn sie eine betriebsnotwendige Fläche nicht verlieren wollen. Das treibt die Preise unnötig hoch. Da freut sich nur der Finanzminister. Fairer wäre es, wenn wie bei Domänen der bisherige Pächter zum Höchstgebot anderer Bieter einsteigen könnte. Ärgerlich ist auch, dass sich andere Landeigentümer wie die Kirchen an das gestiegene Pachtniveau schnell anhängen.


BVVG: Buhmann des Bodenmarktes


Treuhandanstalt (THA) bzw. später die Bodenverwertungs- und \-verwaltungs GmbH (BVVG) haben die Aufgabe, die ehemals "volkseigenen" (staatlichen) Flächen zu privatisieren d.h. zu verkaufen oder vorübergehend zu verpachten.38) Dazu gehören einerseits die nicht aufgesiedelten Flächen aus der Bodenreform 1945 - 49, die nach höchstrichterlicher Entscheidung nicht an die Alteigentümer zurückgegeben wurden.39) Hinzukommen schon ehemals staatliche Flächen. Da die Flächen der im Laufe der Jahre nach der Bodenreform enteigneten oder geflüchteten Bauern, ausgetretener Genossenschaftsbauern bzw. von nicht mehr in der Landwirtschaft tätigen Erben ganz überwiegend an die Eigentümer zurück gegeben wurden, verblieben noch gut 1,0 Mio ha landwirtschaftliche und 575.000 ha forstwirtschaftliche Fläche. Von der Agrarfläche entfielen 37% auf Mecklenburg-Vorpommern und 29% allein auf Brandenburg. Von dieser landwirtschaftlichen Fläche befanden sich ca. 450.000 ha in den VEG. Der Rest wurde innerhalb der LPG bewirtschaftet. Dies erschwerte die Privatisierung, weil ein Entzug die Nachfolgebetriebe belastete.


Bis zum 30.6.2009 verkaufte die BVVG insgesamt 362.600 ha Agrarfläche begünstigt nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz (EALG) und 232.600 ha nach dem Verkehrswert. Der Stand in den einzelnen Bundesländern ergibt sich aus Übersicht 6. Im Jahre 2008 wurden insgesamt 75.700 ha verkauft, davon 46.800 ha nach dem EALG. Im Jahr davor waren es knapp 60.000 ha. Weitere Angaben zu den Ländern finden sich in der Übersicht 6.40)


Bei dem begünstigten Verkauf nach dem EALG wird der ermittelte Verkehrswert um 35% gemindert. Ein bis Anfang 2006 gewährter Vorwegabzug von 10% wegen der im Kaufvertrag enthaltenen Beschränkungen existiert nicht mehr. Begünstigt sind vorrangig ortsansässige Pächter von BVVG-Flächen mit langfristigen Verträgen. Sie können von der BVVG max. 8.000 Bodenpunkte erwerben, bei 50 Punkten also 160 ha. Nachrangig sind auch enteignete, nicht selbstwirtschaftende Alteigentümer berechtigt, in einem vergleichsweise geringen Umfang solche Flächen zu kaufen. Diese EALG-Verfahren müssen mit Ausnahme derjenigen an Alteigentümer bis Ende 2009 abgeschlossen sein. Bis zum Jahresende müssen noch 687 Anträge von Pächtern auf EALG-Käufe für etwa 48.000 ha vorrangig bearbeitet werden.



Da der Markt nur bedingt aufnahmefähig ist, wird die Privatisierung durch Verkauf zu Verkehrswerten bis 2020 gestreckt. Der Umfang dieser Verkäufe soll bei 25.000 ha jährlich verstetigt werden. In den letzen 3 Jahren wurden etwa 29.000 ha jährlich zu diesen Bedingungen verkauft, wovon fast die Hälfte auf Mecklenburg-Vorpommern entfiel (siehe Übersicht 7). Die ausgeschriebenen Lose sollen 50 ha nicht überschreiten. Die jeweils innerhalb der nächsten 2 Jahre pachtfreien Flächen werden seit 2007 zum Verkauf oder alternativ zur Verpachtung öffentlich ausgeschrieben; das Höchstgebot erhält den Zuschlag. Die BVVG entscheidet zwischen Kauf und Pacht durch Vergleich von Verkaufserlös und "Bestandhaltungsrendite" aus erwarteter Wertsteigerung von 3% und laufender Pachteinnahme. Im Jahre 2008 gingen 75% in die weitere Verpachtung, weil die Pachtgebote höher als 2,5% der Kaufangebote lagen.41)


Eine einzelbetriebliche Schutzkomponente erlaubt weiterhin direkte Verpachtungen an die bisherigen Pächter für einen Zeitraum von bis zu 9 Jahren, um einem drohenden Entzug von über 20% der BVVG-Flächen zu begegnen. Direktverkäufe ohne Ausschreibung sind nur unter bestimmten Bedingungen und nur bis zu 50% der Gesamtfläche und bis zu max. 450 ha zulässig. Auf weitere komplizierte Details42) und die gesetzlichen Änderungen im Sommer 2009 soll hier nicht eingegangen werden.



Die Turbulenzen auf dem ostdeutschen Bodenmarkt als Folge der 2007 eingeführten neuen Privatisierungsgrundsätze wurden vor einem Jahr in top agrar geschildert.43) Die Landwirte halten die BVVG für den Preistreiber und Abzocker schlechthin, der diese unbarmherzig in den Ruin treibt. Die erzielten Preise lägen oberhalb der Bodenrichtwerte der Gutachterausschüsse. Die BVVG müsse die agrarstrukturellen Aspekte, die Förderung einer lebensfähigen Landwirtschaft im ländlichen Raum und die Streuung des Eigentums stärker in den Vordergrund stellen. Finanzstarke außerlandwirtschaftliche Investoren müssten beschränkt werden. Die Frage lautet also: Soll mit der Privatisierung außer durch den begünstigten Erwerb nach EALG Verteilungspolitik, Wirtschaftsförderung und Regionalpolitik betrieben werden?


Durch die 2006 von Bund und Ländern beschlossenen und seit 1.1.2007 wirksamen Privatisierungsgrundsätze ist hingegen grundsätzlich entschieden worden, dass die Privatisierung nach streng marktkonformen und ökonomischen Regeln ablaufen soll. Dies gilt auch aus Gründen des EU-Beihilferechts. Die Einkünfte des Staates sollen möglichst hoch sein.44) Dafür ist eine Ausschreibung und Vergabe zum Höchstgebot in der Tat das geeignete Verfahren. Das sieht auch KLARE45) so. Er fordert aber auch, dass die BVVG größte Anstrengungen unternehmen muss, dass sie durch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse beeinflusste Kaufpreise nicht in ihr Vergleichspreissystem einbezieht.


Die Ergebnisse der Ausschreibungen werden im Internet veröffentlicht. Das erhöht die Transparenz. Der Spielraum der BVVG im Rahmen der Vorgaben ist gering. Als Landwirt oder Berater hätte man sich einen Kompromiss zwischen Verkauf zu zutreffenden Marktpreisen und Beeinflussen der Agrarstruktur gewünscht \- bei Transparenz der Entscheidungen.


Die erzielten Verkehrswerte bilden wiederum die Grundlage der Direktverkäufe an ehemalige Pächter und für die begünstigten EALG-Verkäufe46). Bis 2007 waren dafür nur die Bodenrichtwerte der Gutachterausschüsse maßgebend. Der Anstieg der letzten Monate hat manchen Finanzierungsplan hinfällig gemacht. Und die gestiegenen Pachten bei Neuverträgen bilden wiederum die Grundlage für Anpassungen bei laufenden Verträgen. So schraubt sich das Niveau nach oben. Die BVVG hat darauf hingewiesen, dass sie bei der Ermittlung der Vergleichspreise alle verfügbaren Preisangaben in einem Umkreis von 20 km \- also auch die oft niedrigeren Kaufpreissammlungen und Bodenrichtwerte der Gutachterausschüsse \- berücksichtigt. Dies wird von Sachverständigen bezweifelt.47) Bedenken sind angebracht. Die BVVG ist ja sozusagen Marktführer auf dem Bodenmarkt, vor allem im Norden. Daher müssten sich doch eigentlich aus ihren eigenen Zahlen bei richtiger Anwendung zutreffende Verkehrswerte ergeben.


Aufgrund der Kritik ostdeutscher Bauernverbände und ostdeutscher SPD - Landwirtschaftsminister stoppte das Bundesfinanzministerium am 2.9.2009 die bisherigen Flächenausschreibungen der BVVG \- wohl auch im Hinblick auf den Wahlkampf \- bis zum Ende des Jahres. Im Rahmen eines noch zu klärenden neuen Konzeptes sollen die Interessen bisheriger Pächter beim Verkauf stärker berücksichtigt, die Streuung des Eigentums beachtet und außerlandwirtschaftliche Investoren beschränkt werden. Wenige Tage später war aber nur von "Korrekturen an einzelnen Stellschrauben" die Rede und nicht von einem Kurswechsel bei dem weiterhin geltenden Privatisierungskonzept. Warten wir es ab!


Altschuldenregelung: langes Warten belohnt48)


Bereits ein flüchtiger Blick ins Internet, beispielsweise in die "Briefe zum Agrarrecht" (www.agrarrecht.de) unter dem Stichwort "Altschulden" oder bei google & Co offenbart, dass das Thema LPG-Altschulden Seiten in Zeitschriften und Ordnern füllt. Bei den LPG, bei Politikern, bei Wissenschaftlern, bei Beratern, bei Juristen und Journalisten. Hier kann daher nur ein Überblick über das Problem und seine endgültige Lösung im Jahr 2008 gegeben werden.


Die aus DDR-Zeiten stammenden und nach der ersten Teilentschuldung noch oder schon wieder bestehenden Altschulden der LPG-Nachfolgeunternehmen wurden im Sommer 2008 mit 1.210 Fällen durch einen Betrag von insgesamt 267 Mio € endgültig im weit überwiegenden Teil der Betriebe abgelöst. Das entsprach einer Rate von nur etwa 11% der noch vorhandenen Altschulden einschließlich Zinsen. Geboten hatten sie 7,4%. Die Ausdauer der Landwirte, der Einsatz von (ostdeutschen) Politikern - allen voran der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Gerald Thalheim - hatten sich gelohnt. Tatkräftige Unterstützung kam von den Genossenschaftsverbänden und der Zeitschrift "Neue Landwirtschaft". Wie war es dazu gekommen?


Verständlicherweise besaßen die LPG Verbindlichkeiten. Sie summierten sich am 1.7.90 bei der Währungsunion zu geschätzten 7,6 Mrd DM. Die LPG hatten auf die Kreditaufnahme als Folge der staatlichen Lenkung oft wenig Einfluss gehabt. Teilweise waren die Kredite durch Investitionen in soziale oder kulturelle Einrichtungen, für Kindergärten und Straßenbau entstanden. Im Grundsatz hatten die LPG-Nachfolgeunternehmen die Verbindlichkeiten 2:1 übernommen.


Für eine erste Entschuldungsaktion der BRD wurden 1,362 Mrd DM (zuzüglich fast 400 Mio DM Zinsen) von der THA 1991 für 1.382 Unternehmen mit ca. 4,5 Mrd DM Altschulden bereitgestellt. Damit sollten nicht mehr werthaltige und nicht betrieblich veranlasste Verbindlichkeiten in sanierungsfähigen und \-bedürftigen Unternehmen mit einer Rate von 78% abgelöst werden. Solchen Verbindlichkeiten stand im Nachfolgeunternehmen ja kein Vermögen gegenüber. In der DM-Eröffnungsbilanz blieb aber ein Dilemma erhalten: auf der Passivseite standen die verbliebenen Verbindlichkeiten; auf der Aktivseite standen zwar die damit finanzierten Vermögenswerte. Diese wurden aber richtigerweise nicht mit den fortgeschriebenen Anschaffungs- oder Herstellungswerten der DDR, sondern mit den aktuellen, meist deutlich niedrigeren Nutzwerten innerhalb der neuen Marktwirtschaft bewertet. Ganz zu schweigen von den o.a. Bilanzstrategien zur Minderung der Vermögensauseinandersetzung! Wie sollte man auch einen arbeitsintensiven Milchvieh-Anbindestall mit nicht einwandfrei funktionierenden Futterbändern bei steigenden Löhnen bewerten?


Im Ergebnis ergab sich ein geringes Eigenkapital und ein geringer Abfindungsanspruch. Quasi hafteten die Genossenschaftsbauern für die Schulden der LPG, obwohl sie darauf auch als Landeinbringer überhaupt keinen Einfluss gehabt hatten. In extremen Fällen bekamen sie nicht einmal den Inventarbeitrag zurück, weil die Bankverbindlichkeiten Vorrang hatten. Einerseits empfanden sie sich als im Westen bedauerte Opfer der Zwangskollektivierung, andererseits wurde ihr privates Vermögen zur Deckung der Schulden einbehalten.


Bilanzielle Entlastung/Besserungsscheinregelung


Trotz der ersten Entschuldung stellten die verbliebenen Verbindlichkeiten in vielen Nachfolgebetrieben eine erhebliche Belastung dar. Es kam daher in den Jahren 1992-94 zur sog. Bilanziellen Entlastung. Merkmale waren:


• Die Altschulden wurden aus der Bilanz herausgenommen (bilanzielle Entlastung). Sie wurden außerhalb der Bilanz nachrangig geführt. Das Eigenkapital in der Bilanz erhöhte sich entsprechend und damit die Kreditwürdigkeit. Insgesamt wurden in 1.500 Betrieben (insbesondere den zuvor teilentschuldeten) 3,3 Mrd DM bilanziell entlastet. Die restlichen Verbindlichkeiten entfallen auf liquidierte und nicht sanierungsfähige oder -bedürftige Unternehmen. • Voraussetzung war eine Rangrücktrittsvereinbarung mit der Gläubigerbank. Dies hatte eine stabilitätsfördernde Wirkung. • Nicht betriebsnotwendige Vermögensgüter sollten veräußert werden und die Erlöse zur Sanierung, d.h. Schuldentilgung, verwendet werden. • Der Eigenkapitalzuwachs in der Bilanz durch Teilentschuldung und bilanzielle Entlastung hatte keine Auswirkungen auf die Vermögensauseinandersetzung und die Auszahlungen an ausscheidende Genossenschaftsmitglieder. Der Betrag sollte der Sanierung, aber nicht der Abfindung ehemaliger Genossen oder der Deckung laufender Verluste dienen. • Die außerhalb der Bilanz geführten Kredite wurden mit dem günstigen FIBOR bzw. EURIBOR Zinssatz verzinst; die Zinsen wurden dem Schuldenbetrag ohne Zinseszins hinzuaddiert. • In Jahren mit positiven Jahresüberschüssen (Gewinnen) mussten 20% derselben als Besserungszahlungen vorrangig zur Schuldentilgung abgeführt werden. Dies hatte zweifellos eine stabilisierende und liquiditätsfördernde Wirkung in von Überschuldung bedrohten Unternehmen. • Im Gegensatz zum normalen Kapitaldienst waren diese "Besserungszahlungen" insgesamt steuerlich absetzbar, obwohl es sich überwiegend um Tilgungen handelte.


Nach Bekanntwerden der Regelungen gab es die Befürchtung, die e.G und GmbH würden durch allerlei Bilanztricks den ausgewiesenen Jahresüberschuss gering bzw. negativ halten. Dabei ist zu bedenken, dass zwar einige Gestaltungen wie überhöhte Pacht bzw. Gehälter an Gesellschafter den Gewinn dauerhaft senken. Andere wie Sonderabschreibungen, Rückstellungen oder Wertberichtungen führen nur zu einer vorübergehenden Senkung. Vielleicht war dieses Argument auch manchem willkommen, um die geringe Ertragsleistung mancher Nachfolgeunternehmen zu beschönigen. Des weiteren wurde in Artikeln vorgerechnet, wie viele Jahrzehnte die endgültige Ablösung der Altschulden bei hohen Verbindlichkeiten und geringen Gewinnen dauern würde.


Trotz der bilanziellen Entlastung blieb ein Problem ungelöst. In vielen Fällen waren die Verbindlichkeiten höher als die in der Eröffnungsbilanz ausgewiesenen Werte der damit finanzierten Gebäude, Maschinen oder Tiere. Es war den Nachfolgeunternehmen schwer zu vermitteln, dass sie allein die Abwertung der Vermögensgüter als Folge der Wende tragen sollten. Bei ihnen keimte der Verdacht, dass dies ein weiterer Versuch sei, die Auflösung der Genossenschaften zu betreiben.


Urteil des Bundesverfassungsgerichts 1997


In einem Urteil des BVG vom 8.4.1997 wurde der Bestand der Altschulden bestätigt. Gleichzeitig wurde die Bundesregierung beauftragt zu prüfen, ob die bestehenden Entlastungsmaßnahmen für die LPG-Nachfolger auch tatsächliche Existenzgefährdungen ausschließen oder Nachbesserungen beschlossen werden müssen. Es ging um die Frage, ob die Altschulden in einem angemessenen Zeitraum von der Mehrzahl der betroffenen Unternehmen bei ordentlicher Wirtschaftsweise abgetragen werden können. Zur Vorbereitung eventueller Gesetzesänderungen wurde ein Gutachten von FORSTNER und HIRSCHAUER49) in Auftrag gegeben. Es beschäftigt sich vorrangig mit den betriebswirtschaftlichen Wirkungen der bisherigen Regelung. Einleitend wird festgestellt, dass diese kaum etwas zum Schuldenabbau beigetragen hat. Nur ein Fünftel erfolgte aus Gewinnen, der Rest aus der Verwertung von betrieblich nicht benötigtem Vermögen. Rund 43% der Betriebe haben überhaupt nicht getilgt. Durch addierte Zinsen betrug der aktuelle Schuldenstand wieder 4,7 Mrd DM.


Die Autoren haben die Vorteile der Bilanziellen Entlastung aus Steuerabzugsfähigkeit der Tilgungen, des günstigen Zinssatzes und dem Verzicht auf Zinseszinsen berechnet und den Barwert dieser Vergünstigungen der Altschuldenhöhe gegenüber gestellt. Sie ermittelten je nach Annahmen einen Subventionswert von deutlich über 50% der Altkredite. Des weiteren haben sie die tatsächliche Belastung durch die Altkredite in Abhängigkeit von der Werthaltigkeit der damit finanzierten Vermögen und dem ersparten Vermögensabfluss nach LandwAnpG veranschaulicht. Im Ergebnis zeigt sich, dass die verbleibende effektive Belastung durch Altschulden dann gering ist, wenn den Schulden ein werthaltiges Vermögensgut gegenüber steht (andere Unternehmen mussten entsprechend investieren und finanzieren) und wenn die Altschulden einen hohen Vermögensabfluss ersparten. Und umgekehrt.


Beispielsweise beträgt bereits bei einem werthaltigen Vermögen von nur 25% der Altschulden und einem eingesparten Vermögensabfluss von 20% des ausgewiesenen Eigenkapitals als Folge der Vermögensauseinandersetzung die effektive Belastung nur 60 % der Höhe der Altschulden. Und dieser Anteil entspricht oft dem o.a. künftigen Subventionswert. Als Fazit gilt: Solche Betriebe mit Altschulden haben gegenüber solchen ohne Altschulden keine Nachteile! Es sind auch Konstellationen vorhanden und durch bilanzpolitische Maßnahmen herstellbar, bei denen die Altschulden von Vorteil sind! Es findet eine Überkompensation statt. Die andauernde Belastung mit Altkrediten sei also eher durch das geschickte Hinausschieben der Tilgungen und damit zunehmenden Subventionen als durch mangelnde Rückzahlungsfähigkeit entstanden. Ein weiterer Vorteil der Bilanziellen Entlastung besteht darin, dass das so "gewonnene" Eigenkapital ohne Ansprüche an Verzinsung bereitgestellt wird.


Diese positive Bewertung der bisherigen Altschuldenregelung hat viele Betroffene und deren Vertreter überrascht und verärgert. Die Aussagen der Untersuchung stehen im Gegensatz zu der in der Öffentlichkeit verbreiteten Einschätzung einer hohen Belastung durch die Altschulden. Der Ärger gipfelte in der vereinfachten ironischen Zusammenfassung eines Vortrages der Autoren in einem Kolloquium am 14.5.2001 in der Humboldt-Universität in Berlin durch HANSEN als "Etwas besseres als die Altschulden hätte den ostdeutschen landwirtschaftlichen Unternehmen überhaupt nicht passieren können."50) Allerdings zeigen Modellrechnungen auch, dass die prognostizierten Gewinne in den nächsten Jahren nur geringe Rückzahlungen erwarten lassen. Nur 5% der Unternehmen werden bis zu dem vom BVG genannten Jahr 2010 die Altschulden völlig zurückzahlen.


Bemerkenswerterweise wurde der mit dieser Studie gewiesene Weg, die Höhe der Altschulden, die Werthaltigkeit der Investition und ggf. die Vermögensauseinandersetzung als Kriterien heranzuziehen, nicht weiter verfolgt. Vielmehr wurde die von ODENING, einem der Projektleiter, auf obigem Kolloquium vorgezeichnete Lösung weiter verfolgt. Kern ist, die aus der prognostizierten individuellen Leistungsfähigkeit des Unternehmens abgeleiteten künftigen (erhöhten) Besserungszahlungen als Barwert auf einmal abzulösen. Auch in diesem Falle \- wie bei der tatsächlichen Vermögensauseinandersetzung nach dem Landw.AnpG - bemängeln Kritiker die offenkundige Parteinahme der Politik, einiger ostdeutscher Printmedien und der Genossenschaftsverbände für den Fortbestand der LPG-Nachfolgeunternehmen.


Landwirtschafts-Altschuldengesetz 200452)


Nach langer und kontroverser Diskussion wurde am 29.4.2004 dieses Gesetz beschlossen; am 1.12.2004 trat die Durchführungsverordnung in Kraft. Die Anträge auf Ablösung der Altschulden durch eine Einmalzahlung mussten bis zum 31.8.2005 vorliegen. Ansonsten würde die bestehende Besserungsscheinregelung unter verschärften Anforderungen weiter geführt. Der Finanzminister erwartete für ein abgelöstes Altschuldenvolumen von 2,1 Mrd \- nunmehr Euro! - eine Einnahme von 600 Mio €. Er sollte sich irren. Wesentliche Merkmale sind:


• Maßgebend für die Höhe der Ablösezahlung ist die in einer Prognoserechnung für 5 Jahre dargestellte individuelle Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Auf die Methode und die in einer Arbeitsgruppe erarbeiteten Vorgaben kann hier nicht eingegangen werden. • Während bisher für die Besserungszahlungen ein Anteil von 20% des positiven Jahresüberschusses/Gewinns maßgebend war, ändert sich die Bemessungsgrundlage. Die Tilgungen sowie Körperschafts- und Gewerbesteuer dürfen nicht mehr gewinnmindernd abgesetzt werden, einige Bewertungswahlrechte und evtl. überhöhte Pachtzahlungen an Gesellschafter werden korrigiert. Vorabvergütungen an Gesellschafter von Personengesellschaften werden nur in angemessenem Umfang abgezogen. • Vor allem aber wird die Besserungszahlung von 20 auf 55% der Bemessungsgrundlage angehoben (maximal auf den ursprünglichen Jahresüberschuss). • Nicht betriebsnotwendiges Betriebsvermögen muss zum Verkehrswert veräußert und der Erlös an die Gläubigerbank abgeführt werden. • Die sich aus diesem Ansatz ergebenden Besserungszahlungen werden für die geschätzte Laufzeit der Altkredite mit einem Zins von etwas mehr als 5% auf den heutigen Zeitpunkt abgezinst. • Ein Mindestablösebetrag ergibt sich aus den ersparten und abgezinsten jährlichen Bank- und Wirtschaftsprüfungskosten.


Obwohl für die Abgabe der Anträge eine kurze Frist gesetzt wurde und die erste Bewilligung bereits Ende Juli 2005 erfolgte, zog sich die Bearbeitung der 1.222 Anträge bis 2008 hin. Antragsberechtigt waren 1.350 Unternehmen. Die Gründe für die Verzögerung lagen in einem komplizierten und zeitaufwendigen Verfahren mit Einzelfallprüfung und unbefriedigender Kommunikation zwischen den Betrieben und Banken, in der notwendigen Abstimmung zwischen der bearbeitenden Bankaktiengesellschaft Hamm (BAG) und BVVG als Wahrer der Bundesinteressen. In manchen Fällen ruhten die Vorgänge zum Ärger der Betriebe und Berater 2 Jahre. Auch gab es Kritik an den Berechnungen und Angeboten der BAG.53)


Mehr als die Hälfte der Agrarunternehmen wurde in einer mehrstufigen Prozedur aufgefordert, ihr Angebot nachzubessern. Letztlich machte die BAG ein Gegenangebot. Darüber wurde hart verhandelt. Bei fast 500 Unternehmen wurde nur der Mindestablösebetrag vereinbart, beantragt hatten dies 800.54)


Einkommen: Vorteile im Osten


In der aktuellen Situation im Herbst 2009 bedrohen die andauernd niedrigen Milchpreise die Existenz vieler spezialisierten Milchviehbetriebe in Ost und West; große Gemischtbetriebe wie die Agrargenossenschaften versuchen, das Problem durch Quersubventionierung zu mildern. Nach Aussagen von Unternehmensberatern wird es eine größere Zahl von Betriebsaufgaben geben, wenn bis Ende des Jahres keine deutliche Verbesserung der Preise erfolgt. Vielfach wurden durchfinanzierte Liquiditätspläne bis Ende Dezember berechnet.


Das Problem ist im Osten besonders ernst, weil Eigenkapital kaum vorhanden ist; Landverkauf ist bei den Veräußerungsverboten von EALG-Flächen oft unmöglich. Viele Betriebe überliefern in ihrer Not. Manche sind gleichzeitig im BDM organisiert, um endlich mehr politischen Druck zu erzeugen. Einen Widerspruch zu den Vorschlägen zur Mengenbegrenzung geben sie nicht zu. Die Lage ist ernst. Viele Förderanträge und Investitionspläne stammen aus dem letzten Jahr. Ausstiegshilfen wie damals das FELEG wären hilfreich.


Betriebszweigabrechnungen der Milcherzeugung aus 2008 für leistungsfähige größere Betriebe von LMS Landwirtschaftsberatung, DLG und Landwirtschaftskammer S-H ergeben mittlere Vollkosten von etwa 30 \- 33 ct/kg , die aus dem Nettoerlös der Milch zu decken sind. Dabei zeigt sich zwischen Ost und (Nord)West kein wesentlicher Unterschied. Zwischen den Unternehmen ist er viel größer als zwischen Oder und Nordsee. Im Jahr 2009 fehlen also mindestens 10 ct/kg Milch. Dieser Fehlbetrag ist insbesondere in stark gewachsenen Betrieben mit hohem Kapitaldienst existenzbedrohend.


Hinzukommt für ostdeutsche Großbetriebe gleich welcher Rechtsform, dass ein deutlich höherer Anteil der Kosten nicht aus Lohn-, Pacht- oder Zinsansätzen besteht, auf deren Erfüllung vorübergehend verzichtet werden kann. Vielmehr müssen Löhne, Pachten und Bankzinsen tatsächlich gezahlt werden. Insgesamt durchlaufen ostdeutsche Betriebe mit Milchvieh im Jahr 2009 eine sehr ernsthafte Krise


Aber wie sah es in den letzten 3 Jahren aus? Die folgenden Ausführungen beruhen auf den jährlich in den Bundesländern erhobenen und vor Ort sowie im BMELV ausgewerteten durchschnittlichen Testbetriebsergebnissen (Agrarbericht). Dabei steht die berechtigte Frage im Raum, ob die dort erfassten Haupterwerbsbetriebe (Einzelunternehmen und Personengesellschaften wie GbR) oder Juristischen Personen (GmbH, Genossenschaften usw.) für das Bundesland hinsichtlich Produktionsverhältnissen, Managementfähigkeiten und Betriebsgröße und damit Einkommen repräsentativ sind. Insbesondere im Vergleich mit den vorstehenden Ausführungen zur Altschuldenproblematik und der zugrundeliegenden angeblich mangelnden Ertragskraft der LPG-Nachfolgebetriebe sind Zweifel hinsichtlich des vergleichbar guten Abschneidens der Juristischen Personen bei den Testbetrieben verständlich. Auch sind einige Unterschiede zwischen den 5 Bundesländern nicht ganz plausibel.


Es ist ferner darauf hinzuweisen, dass sich in den ostdeutschen Betriebsergebnissen die höheren Investitionshilfen bei Wiedereinrichtung und Umstrukturierung niederschlagen. Die nachfolgenden Übersichten enthalten für die üblicherweise jährlich stark schwankenden Größen dreijährige Mittelwerte von 2005/06 bis 2007/08. Es ist ausdrücklich einzuräumen, dass diese Werte somit das hinsichtlich der Preise außergewöhnlich gute Jahr 2007/08 enthalten. Demgegenüber sind die danach dramatisch gesunkenen Milchpreise nicht enthalten.


Hitliste der Ackerbaubetriebe beginnt mit Sachsen-Anhalt


Betrachten wir zuerst die Gewinne in € je Unternehmen und die Verzinsung des Eigenkapitals in % sowie einige erklärende Kennzahlen für die Haupterwerbsbetriebe (Einzelunternehmen, GbR) in der Übersicht 8 für die Ackerbaubetriebe verschiedener Bundesländer.



Die Gewinne liegen \- sieht man von dem wahrlich für Ackerbau nicht bevorzugten Brandenburg ab \- im Mittel der 3 Jahre und aller Haupterwerbsbetriebe im Osten zwischen 50.000 und 80.000 €. Das ist eine Größenordnung, die in vielen Fällen zum Leben und Investieren gerade reicht. Die deutlich größeren Betriebe im Osten führen also die deutsche Gewinn-Hitliste an. Kommt doch nicht überraschend, oder? Aber sind diese Betriebe auch rentabler? Machen sie mehr aus dem Kapitaleinsatz?


Die im Agrarbericht ausgewiesene Eigenkapitalrendite erreicht im Osten höhere und unerwartet beeindruckende Werte von bis zu 15 % in M-V bzw. 8% in Sachsen-Anhalt gegenüber 1-2 % im Westen. Sie errechnet sich aus dem Gewinn nach Abzug des vom BMELV vorgegebenen, größenabhängigen Lohnansatzes der Familienarbeitskräfte, dividiert durch das Eigenkapital in der Bilanz. (Eine vorsorglich durchgeführte Bewertung des Bodens nach heutigen Verkehrswerten ergab im Westen geringfügig höhere Renditen und nur in M-V eine Reduktion auf 8 %.) Also wirtschaften die Betriebe im Osten rentabler (siehe Abb. 8). Warum ist das so?



Die Gewinne je ha sind im Osten nach Abzug der Lohnansätze etwas geringer als im Westen mit erheblichen Unterschieden. Aber wieso liegen dann im Osten die Eigenkapitalverzinsungen soviel höher? Ganz einfach: weil sie so wenig Eigenkapital haben. Ein etwas höherer Pachtanteil führt zu weniger Bodenvermögen in der Bilanz. Hinzukommen deutlich niedrigere Bodenpreise in den Betrieben im Osten für die Eigentumsflächen. Des weiteren gilt: weniger Vieh, weniger Maschinen. Aus dem Nachlass der LPG günstig übernommenes Inventar \- manchmal dubios "übertragen" \- dürfte heute keine Auswirkung mehr haben; der K 70 zum Nulltarif ist oft verschrottet. Im Ergebnis haben die Betriebe buchmäßig im Westen zwischen 6.000 € Eigenkapital/ha (B-W) und 12.500 €/ha (BAY); im Osten sind es nur 700 €/ha (M-V) bis 1.900 €/ha (Sachsen).


Für den Vergleich verschiedener Rechtsformen wird oft die Kennzahl "Jahresüberschuss bzw. Gewinn + Personalaufwand je AK" herangezogen. Sie stellt die anteilige Wertschöpfung aller insgesamt vorhandenen Arbeitskraft dar, wobei der Zinsertrag des Eigenkapitals mit eingerechnet ist. Um zwischen Ost und West eine gleiche Rentabilität zu erreichen, müssten die Werte im Westen deutlich höher sein. Es wird mehr Eigenkapital eingesetzt und die Löhne sind höher. Für den Unternehmer selbst ist diese Kennzahl weniger interessant. Er verdient daran, wenn Arbeitskräfte mehr Wertschöpfung erbringen als sie kosten.


In der Abb. 9 sind die Werte dieser Kennzahl für die Haupterwerbsbetriebe der meisten Länder und für die Juristischen Personen in den Neuen Ländern dargestellt. Es zeigt sich dabei ein nicht so klares Ost-West-Bild:


• Die Ackerbaubetriebe haben hohe Werte in NI, NRW, Ostdeutschland ohne BB und den Juristischen Personen. Mittlere Werte gibt es in S-H und Bay, niedrige in B-W und BB. • Bei den Milchviehbetrieben finden sich hohe Wertschöpfungen in S-H, NI, NRW, M-V, BB und ST. Niedrige ergeben sich in B-W, BAY, SN, TH und in den Juristischen Personen (Futterbaubetriebe).



Einige Anmerkungen verdeutlichen die Unterschiede zwischen dem Osten und dem Rest der Republik (siehe Übersicht 8):


• Die durchschnittlichen Gewinne sind in Ostdeutschland bei guten Ackerstandorten etwas, die Eigenkapitalrenditen deutlich höher. • Die Flächenausstattung beträgt in S-H und NI gut 100 ha, in Süddeutschland und NRW 70 ha, im Osten 200 bis 300 ha. • Die Umsätze je ha sind im Osten durch geringeren Anteil von Kartoffeln und Zuckerrüben von nur 2 \- 6% und geringeren Viehbesatz deutlich niedriger. • Die Pachtanteile liegen im Westen überwiegend bei 50-60 %, aber im Osten mit 70-80 % noch etwas höher; die Pachtpreise liegen zwischen 100 und 200 €/ha, im Westen deutlich höher. Dies ist ein relativer Kostenvorteil im Osten! • In den Unterschieden bei den Kosten der Arbeitserledigung zwischen etwa 500 \- 600 €/ha im Osten und 800 \- 1.200 €/ha im Westen zeigt sich vor allem der Einfluss der Flächenausstattung, aber auch die extensivere Wirtschaftsweise wirkt sich aus; die Bedeutung des Lohnansatzes als Teil der Kosten der Arbeitserledigung zeigt sich vor allem in den kleineren Betrieben im Westen. Bei Milchviehbetrieben ist Mecklenburg-Vorpommern oben


Auch für die Milchviehbetriebe zeigen sich in der Übersicht 9 Wettbewerbsvorteile der ostdeutschen Haupterwerbsbetriebe (Einzelunternehmen, GbR). Es geht dabei also nicht um die großen "LPG-Nachfolger" sondern um große Familienbetriebe und GbR.



Die Gewinn-Hitliste der Länder wird bei den Milchviehbetrieben von Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg (dies Land ist "Kuhland", wie die Geest in Nordwestdeutschland) und Sachsen-Anhalt angeführt. Aber dann folgen 3 Länder aus dem Nordwesten. Die liegen unerwartet vor allem vor Sachsen. Wieso das? Sachsen sind bekanntermaßen pfiffig; haben sie bewusst kleine und leistungsschwächere Betriebe für die Statistik gemeldet, um ihre Bedürftigkeit zu belegen?


Die Eigenkapitalverzinsungen sind im Osten so hoch, dass manche Agrarpolitiker sie lieber verschweigen möchten. Herr Ackermann (er ist keiner, heißt aber so) könnte vor Neid erblassen. \- Aber es ist natürlich jedermann klar, dass die Ergebnisse des Jahres 2008/09 den Mittelwert der letzten Jahre deutlich senken werden.


Für die Milchviehbetriebe kann die Situation wie folgt zusammengefasst werden:


• Die im Osten tendenziell deutlich größeren Betriebe gemessen in Fläche und Kuhbeständen haben höhere Gewinne; dies prägt M-V, BB und S-T. Da aber bei GbR zwei oder mehr Familien davon leben müssen, sind die Eigenkapitalbildungsmöglichkeiten oft ähnlich wie im Nordwesten. • Das eingesetzte Eigenkapital laut Bilanz beträgt im Westen zwischen 8.000 und 14.000 €/ha. Im Osten ist das 1/10 davon. Dies erklärt die hohen prozentualen Eigenkapitalrenditen. Dies bedeutet aber auch in Krisenzeiten eine deutlich höhere Existenzgefährdung. • Weitere Wettbewerbsvorteile bestehen bei den Pachtpreisen sowie den betriebsgrößenbedingten niedrigeren Kosten der Arbeitserledigung. • Die Milchleistungen zeigen die bekannten Unterschiede von Ost nach West und Nord nach Süd. Die Umsatzerlöse sind im Osten trotzdem geringer, weil flächenextensiver gewirtschaftet wird. Die staatlichen Direktzahlungen und Zuschüsse (Betriebsprämie, Agrarumweltmaßnahmen, Zuschüsse zu Diesel und Zinsen) liegen in den meisten Ländern bei etwa 400 bis 450 €/ha. In Nordrhein-Westfalen, Bayern, Sachsen und Thüringen fallen sie höher aus. Juristische Personen im Mittel mit Gewinn


Nicht nur Familienbetriebe sondern auch Genossenschaften und GmbH arbeiten im Mittel mit Gewinn. Nur sind bei den Juristischen Personen sämtliche Lohnkosten beim Gewinn (Jahresüberschuss) bereits abgesetzt. Übrig bleibt die Eigenkapitalmehrung bzw. Eigenkapitalrendite und die ist positiv, wie Übersicht 10 für Ackerbau-, Milchvieh- und die am verbreitetesten Gemischtbetriebe zeigt.



Kurzgefasst zeigen diese Mittelwerte:


• Auch in den Juristischen Personen wird im Mittel Geld verdient und eine annehmbare Eigenkapitalverzinsung von 4 bis 6 % erzielt, nachdem alle Mitarbeiter entlohnt wurden. Allerdings sind in die Betrieben über 500.000 € an Direktzahlungen und Zuschüssen geflossen, um alle Kosten einschließlich aller Löhne zu zahlen und am Ende im Mittel etwa 120.000 € Gewinn zu erreichen. Dies verdeutlicht die stärkere Abhängigkeit ostdeutscher Großbetriebe von den EU-Direktzahlungen und die Anfälligkeit gegenüber Politikänderungen. • Die Ackerbaubetriebe haben etwa 1.500 ha unter dem Pflug, die Ø 46 Kühe sind das Ergebnis vereinzelter größerer Herden. Die Milchviehbetriebe verfügen über gut 1.000 ha und halten 555 Kühe, die Gemischtbetriebe haben 1.500 ha und gut 300 Kühe. Die Pachtanteile sind mit über 80 % hoch, die Pachtpreise liegen auf bekannt niedrigem Niveau. • Die Getreideerträge sind mit 60 bzw. 50 dt/ha auf den schwächeren Futterbaustandorten nicht sehr hoch. Die Milchleistungen entsprechen einer guten Produktionstechnik. • Die Kosten der Arbeitserledigung liegen auf gleicher Höhe wie in den ostdeutschen Einzelunternehmen/GbR. Den Größenvorteil können sie offensichtlich nicht nutzen. • Die Ackerbaubetriebe investieren je Jahr etwa 90.000 € in Bodenkäufe, das entspricht etwa 20 ha Zuwachs bei 250 ha Eigentumsfläche. Bei Milchviehbetrieben werden jährlich 54.000 € in Flächenkauf investiert, bei Gemischtbetrieben 70.000 €. GmbH oft rentabler als Genossenschaften


Ein Vergleich von GmbH und Genossenschaften enthüllt keine \- von manchen sicher vermuteten \- wesentlichen Unterschiede. In einer vom BMELV durchgeführten Sonderauswertung der wichtigsten Betriebsformen für 2007/08 zeigt sich: Bei den Ackerbaubetrieben sind die Genossenschaften mit 1.700 ha 550 ha größer als die GmbH, beschäftigen je ha geringfügig weniger AK, haben ähnliche Kosten der Arbeitserledigung und Umsätze und einen fast gleichen Jahresüberschuss (Gewinn) je ha. Da die Genossenschaften aber mehr Vermögen einsetzen und weniger Verbindlichkeiten haben, ist das Eigenkapital deutlich höher und somit die Verzinsung "nur" 9% gegenüber 14% bei den GmbH.


Bei den Milchviehbetrieben liegen in diesem Spitzenjahr die GmbH im Jahresüberschuss und der Eigenkapitalverzinsung mit 19% gegenüber den e.G. mit 8% vorn. Auch hier wirkt sich das höhere Eigenkapital der Genossenschaften (deutlich weniger Verbindlichkeiten!) dämpfend auf die Verzinsung in % aus. Liegt das an der "kapitalerhaltenden" Umwandlung der LPG und bilanziellen Entlastung statt einer Neugründung der GmbH mit Kreditaufnahme? Wiederum sind die Genossenschaften größer, haben trotz etwas geringerem Viehbesatz je ha etwas mehr AK, eine schlechtere Milchleistung und weniger Umsatz. Weitere Informationen enthält die Übersicht 11.


Soweit die Agrarstatistik. Mit der Interpretation muss man vorsichtig sein. Das Testbetriebsnetz wies für diese spezielle unveröffentlichte Auswertung bei den Ackerbaubetrieben 70 e.G. und 47 GmbH und bei den spezialisierten Milchviehbetrieben 44 bzw. 23 Betriebe aus. Insgesamt umfasst es aber 568 Juristische Personen, oft als Gemischtbetriebe.


Ergebnisse streuen stark


Wie bekannt streuen ökonomische Ergebnisse zwischen den Unternehmen stärker als die obigen Mittelwerte suggerieren. So hat FORSTNER55) identische Einzelbetriebe mit ihren Mittelwerten der letzten 3 Jahre (2006/07-08/09) hinsichtlich des "ordentlichen Ergebnisses" (um außerordentliche Vorgänge bereinigte Gewinne) verglichen. Während im Mittel der 3 Jahre und Betriebe beispielsweise die Genossenschaften 75.000 € ordentliches Ergebnis aufwiesen, lag das untere Viertel bei 16.000 € und das obere bei 114.000 €. Wohlgemerkt im Schnitt von 3 Jahren. Im Vergleich der Rechtsformen wiesen die Genossenschaften den höchsten Variationskoeffizienten auf, streuten also am stärksten.



Einige für die Studie besichtigte Betriebe, die im deutschen Vergleich recht groß sind, suchen nach erweiterter Wertschöpfung: es wurde ein kleines Schlachthaus gebaut und man schlachtet u.a. Pferde für den regionalen Markt. Andere setzen auf die Direktvermarktung und den Partyservice. Ferner treffen wir auf Nischen wie die Zucht von Dexter- und Limousinrindern. Auch oder gerade große Genossenschaften betreiben \- fast wie früher in der DDR - Supermarkt, Imbiss, Baubetrieb, Autowerkstatt und Tankstelle.


Gespräche und Erfahrungen: mehr als Zahlen der Statistik


Aus eigenen Erfahrungen und den für einen top agrar Schwerpunkt 2009 durchgeführten Gesprächen und Reportagen mit ostdeutschen erfolgreichen Betriebsleitern und mit Beratern ergeben sich aus der subjektiven Sicht des Autors folgende zusätzliche Anmerkungen und Gedanken:


1. Auch 40 Jahre Sozialismus haben den Drang zum selbständigen Landwirt und die Freude am Beruf nicht verschüttet. Dabei ist die Bedeutung der Wiedereinrichter in den südlichen Ländern mit ehemals bäuerlicher Struktur größer als in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Aber auch die Beibehaltung der genossenschaftlichen Produktion gründet sich auf positive Erfahrungen und einen kritischen Blick auf westdeutsche, oft zu kleinstrukturierte Verhältnisse. Es gibt also eine deutliche Abhängigkeit der Entscheidung von 1990 von früheren Erfahrungen ("Pfadabhängigkeit"). 2. Neben den bekannten Anforderungen an die Unternehmer entstanden in den Großbetrieben und Juristischen Betrieben neue: Bildung flacher Hierarchien, detaillierte Kostenanalyse und Kostensenkung, Lohnarbeitsverfassung, Motivation der Mitarbeiter, Öffentlichkeitsarbeit mit Hoffesten und Schulklassenbesuchen, Information bis hin zum Internet und Pflege der Verpächterverhältnisse durch "Erntefeste" neuer Art. Da diese Fähigkeiten nicht überall gegeben sind, wird es auch im Osten Strukturwandel geben. Aber anders. Nicht Wachsen und Weichen von Familienbetrieben, sondern eher Eigentümerwechsel, Ausscheiden von Gesellschaftern und Genossen, Fusionen, stille Beteiligungen und Wechsel der Rechtsform. 3. Aufgrund der Erziehung und Erfahrung im Sozialismus ist unternehmerisches Handeln der LPG-Nachfolger oft neben ökonomischen Zielen an sozialen und regionalen Aspekten ausgerichtet: Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze, Aufrechterhaltung von Bau- und Dienstleistungsbetrieben, Verantwortung für die Region. Dadurch werden Kostenvorteile zum Teil aufgehoben. Die Beteiligten halten die Genossenschaften für ein zukunftsfähiges Konzept. Nicht alle können sich diese soziale Zielsetzung leisten. 4. Betonung der Nachhaltigkeit des Wirtschaftens; auch große Genossenschaften behaupten , dass sie "denken wie Bauern". Große Empfindlichkeit gegenüber westdeutschen Werturteilen über die Großbetriebe, die auf wenig Kenntnissen beruhen. 5. Starker Zusammenhalt und Einsatz von Familien in der Aufbauphase von Wiedereinrichtern mit schwindelerregenden Investitionen; dieses rasante Wachstum wird teils durch anfangs fehlende oder völlig veraltete Maschinen und Gebäude, teils durch erzwungene Landkäufe verursacht. 6. Verärgerung über voreilige Urteile von westdeutschen Wissenschaftlern und Beratern bezüglich der Lebensfähigkeit von Großbetrieben insbesondere in der Rechtsform der Genossenschaft. Ein berechtigter Stolz auf das Erreichte ist verbunden mit Bitterkeit über einzelne unfähige westdeutsche "Berater" und "Abzocker". 7. Betont wird als das größte Problem die Notwendigkeit der dauerhaften Flächensicherung und damit die zentrale Bedeutung des Bodenmarktes für die Existenz der Betriebe. Vielfach wird die oft als ungerecht empfundene Politik der BVVG kritisiert. 8. Beachtliche produktionstechnische Leistungen in vielen Betrieben mit detaillierter, EDV-gestützter Kontrolle und Auswertung und im Ergebnis Produktionskostenvorteilen. 9. Verständliche große finanzielle Sorgen insbesondere in den spezialisierten Milchviehbetrieben wegen der existenzgefährdenden niedrigen Milchpreise; steigende Pachten, hoher Kapitaldienst und Lohnzahlungen drücken besonders im Osten. 10. Die viel beschriebene DDR-Solidarität hat sich im ruppigen Kampf bei der Vermögensauseinandersetzung und um den knappen Boden verflüchtigt. Wendezeit: ein persönlicher Rückblick


Im Rückblick bleiben bei einem Westdeutschen wie mir vier Erfahrungen aus der Arbeit vor Ort in der Wendezeit und späteren Kontakten haften. Erstens scheint es weder juristisch noch wirtschaftlich oder moralisch möglich, eine 40 jährige, von vielen, aber nicht allen, als Unrecht empfundene Geschichte zu aller Zufriedenheit rückwärts aufzurollen. Also doch so etwas wie ein Schlussstrich und Neuanfang? Die Wende war fast unvermeidbar mit Konflikten verbunden zwischen alten bzw. neuen Vorsitzenden und entlassenen Genossenschaftsbauern, zwischen neuer Führung und bescheiden Abgefundenen, zwischen Arbeitslosen und Weiterbeschäftigten, zwischen fortgeführter Genossenschaft und Wiedereinrichtern, zwischen westdeutschen Alteigentümern und flächenbedürftiger Genossenschaft, zwischen Betriebsgründern aus dem Westen und Einheimischen. Vieles hat sich inzwischen eingelaufen, vergessen ist es oft nicht. Solidarität ging verloren. Über dem Schlachtfeld ist Gras gewachsen, richtig trittfest ist es noch nicht überall!


Zweitens ging es aus der Sicht eines Beraters bei der Umwandlung der LPG um einen fairen aber fast unlösbaren Konflikt zwischen berechtigten Ansprüchen Ausscheidender und notwendigem Erhalt des Kapitals zur Fortführung leistungsfähiger Betriebe. Eine vollständig gerechte Aufteilung des LPG-Eigenkapitals an alle Genossenschaftsbauern hätte das Aus und den Zerfall der meisten Großbetriebe zur Folge gehabt. Es war zu befürchten, dass es nicht genug Einheimische geben würden, die fachlich und finanziell in der Lage gewesen wären, aus diesen "Zerfallsprodukten" wettbewerbsfähige Betriebsstrukturen aufzubauen. Die Weiterführung der Großbetriebe als Genossenschaft oder Kapitalgesellschaft erschien vielen westdeutschen Beratern daher notwendig. Vielen ostdeutschen sowieso. Dazu mussten die Abfindungen der Ausscheidenden auf das rechtliche Minimum beschränkt werden. Anwendung und Missbrauch des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes sind in mehreren Büchern und vielen Artikeln behandelt worden. Sie sind manchmal parteiisch \- wen wundert das.


Drittens wurde überdeutlich: nach jedem Zusammenbruch, nach jeder Revolution sind die Macher von gestern auch oft die neuen Akteure. Und das ist angesichts des vorhandenen Könnens und Wissens auch unvermeidbar und oft notwendig. Es findet seine Grenze dann, wenn diese Personen sich in der Vergangenheit an ihren Mitmenschen schuldig gemacht haben. Die pure Zugehörigkeit zur SED ist dafür kein geeignetes Kriterium. So darf es nicht verwundern, dass in den Leitungskadern der neuen Betriebe ehemalige SED-Mitglieder tätig sind. Allerdings sind solche Umbrüche auch die Gelegenheit für legale, halb legale aber unmoralische oder sogar illegale Vermögensumverteilungen. Gerechtigkeit und das rückwärtige Korrigieren früherer Ungerechtigkeiten wird man dabei kaum erhoffen dürfen. Der Westen hat solche Anpassungen nicht bewältigen müssen, wird aber an den Bruch der Gesellschaftsordnung nach 1945 erinnert.


Beim heutigen Besuch der ostdeutschen Landwirtschaft entsteht viertens ein zwiespältiges Gefühl: einerseits trifft man viele tüchtige, honorige Unternehmer mit vorbildlich geführten wettbewerbsfähigen Betrieben. Andererseits beschleicht einen manchmal die nagende Vermutung, dass auf dem Weg dahin in einzelnen Fällen Unrecht, Unregelmäßigkeiten bis hin zum Betrug geschehen sind. An den zu gering abgefundenen Wiedereinrichtern, an Genossenschaftsbauern, die nach der Wende ausschieden, an Genossen und Gesellschaftern, die später mit geringen Abfindungen herausgekauft wurden und am Staat. Manches heutige Vermögen ist nicht als Saat auf dem Feld ausgebracht worden!


Diese kritischen Gedanken sind Teilaspekte eines insgesamt sehr positiven Eindrucks der ostdeutschen Landwirtschaft. Es sind in vielen Fällen \- anders als in manchen anderen Sektoren - tatsächlich blühende Landwirtschaften in den 20 Jahren nach der Wende entstanden. Nicht in jedem Falle, aber doch sehr oft. Große Betriebe überwiegend im Eigentum ostdeutscher Landwirte, Agrarproduktion mit wettbewerbsfähigen Kosten und tüchtige Unternehmer mit gut ausgebildeten Mitarbeitern bestimmen das Bild der Betriebe von Rügen bis zum Erzgebirge.


1) Dieses Manuskript diente der Vorbereitung für einen Schwerpunkt-Beitrag in top agrar (10/2009) unter dem Titel "Grüner Aufbau Ost: Wo stehen die Betriebe?". Es enthält ausführlichere Informationen, Übersichten und Schlussfolgerungen insbesondere über die historischen Hintergründe. 2) Die historischen Darstellungen durch einen westdeutschen Autor (kein Historiker) können Fehler und Fehleinschätzungen enthalten; er freut sich daher über an ihn gerichtete Richtigstellungen und Ergänzungen durch Wegbegleiter aus dieser Zeit oder (agrargeschichtliche) Forscher. 3) Es werden bewusst die Begriffe "Ostdeutschland" und "ostdeutsch" verwendet. Wie lange noch sollen Brandenburg & Co in amtlichen Verlautbarungen "Neue Länder" sein? 4) Es wird oft der Eindruck erweckt, irgendwelche bösen (westdeutschen) Mächte hätten die Industriebetriebe und die VEG im Osten willkürlich aus Konkurrenzdenken dichtgemacht. Aber sie waren einfach unter den neuen Preis-Kostenverhältnissen und Lohnkosten auch unter dem Finanzschirm der Treuhand in dieser Form nicht lebensfähig. Das belegten für die VEG entsprechende Gutachten landwirtschaftlicher Berater auch aus S-H. 5) Halvor Jochimsen: Der Faktor Arbeit aus betriebswirtschaftlicher Sicht, in: Zwei deutsche Landwirtschaften auf dem Weg in den gemeinsamen Binnenmarkt, Agrarsoziale Gesellschaft , Schriftenreihe für ländliche Sozialfragen Heft 111, 1991 6) Eine sehr gut lesbare, zwar regionale, aber allgemeingültige Beschreibung mit Beispielen und persönlichen Erinnerungen findet sich bei: Gerhard Krenz: Notizen zur Landwirtschaftsentwicklung in den Jahren 1945 \- 1990, Ministerium für Landwirtschaft und Naturschutz des Landes Mecklenburg-Vorpommern 1996 7) Vermutlich ist nur wenigen bekannt, dass auch im Westen Betriebe über 100 ha enteignet wurden, so geschehen in Schleswig-Holstein. Das Grundgesetz verhinderte ab 1949 allerdings die entschädigungslose Enteignung und brachte das Verfahren zum Erliegen. 8) C.Howitz und G.Jannermann: Rechtliche Analyse der Eigentumsfragen in der Land- und Forstwirtschaft einschließlich der Naturschutzgebiete der neuen Bundesländer und die Folgen des neuen Eigentumsrechts auf die Struktur der Land- und Forstwirtschaft, Rostock 1992 9) Als westdeutscher Berater erfuhr man später unglaubliche Geschichten über die komplizierte Zusammenarbeit in der Kooperation, über tägliches Melden des Dieselverbrauchs und das Messen, Wiegen und Bezahlen des wirtschaftseigenen Futters, das von einer LPG erzeugt und der anderen verfüttert wurde. Auch lernte man, dass die Anstellung von "Problembürgern" durchaus willkommen sein konnte, weil man die an Kopfzahlen gemessene Gewinnausschüttung (Konsumtion) dadurch erhöhen konnte. Man lernte komplizierte Dreiecksgeschichten mit Tausch von Agrarprodukten gegen Steine, damit Bau von Ferienwohnungen, Überlassung derselben gegen Lieferung von Maschinen und damit Erhöhung der Agrarproduktion kennen. Solche Leiter kamen später auch mit der EU-Agrarpolitik klar! 10) Der Autor hat bei seinen Recherchen für dieses Manuskript keine umfassende Darstellung der Agrargeschichte Ostdeutschlands von 1990 bis heute aus der Feder eines Historikers gefunden. 11) DER SPIEGEL: Bauernland in Bonzenhand, Heft 24, 12.6.1996 12) Tanja Busse in: Melken und gemolken werden, Die ostdeutsche Landwirtschaft nach der Wende, Ch. Links Verlag, Berlin 2001. 13) Hubert Feldhaus: Landwirtschaftsanpassungsgesetz, Deutscher Agrar-Verlag Bonn 1991 Als ein Beispiel für eine frühzeitige Information und Darstellung der Problematik sei erwähnt: Halvor Jochimsen: Vermögen neu verteilt, Bauernblatt für S-H, 8.6.1991 sowie Halvor Jochimsen und Thomas Nissen: Ausverkauf der LPG?, Bauernblatt 22.6.1991 (diese Artikel erschienen gleichlautend in dem "Deutschen Landblatt") Lutz Laschewski: Von der LPG zur Agrargenossenschaft, Berliner Schriften zur Kooperationsfor-schung, Berlin 1998, Seite 53 ff; und die dort angegebene Literatur 14) eine erste Information für die DDR findet sich bei Halvor Jochimsen: Geht mit der DDR auch die LPG?, top agrar DDR-Spezial 7.9.1990 15) auf die besonderen Aspekte des Rechtsformwechsels soll hier nicht eingegangen werden; auch dieser kann benutzt werden, um die Zahl der Mitunternehmer bei geringen Abfindungen zu verringern oder einem Investor größeren Einfluss zu geben, ein Allheilmittel gegen Erfolglosigkeit ist er nicht Uwe Schöne: Rechtsformwechsel \- Für und Wider, Neue Landwirtschaft 8/2002 16) Bernhard Forstner und Norbert Hirschauer: Was sind die Anteile an der Agrar eG wert?, top agrar Spezial 8/2001 17) Diese Erklärung ist zentrale Botschaft der sozialwissenschaftlichen Analyse in 84 Genossenschaf-ten von Lutz Laschewski a.a.O. 18) Beiträge von Peter Wissing in der Zeitschrift Neue Landwirtschaft (11/1996; 3/2000; 4/2002; 5/2003); Uwe Schöne: Rechtsformwechsel \- Für und Wider, Neue Landwirtschaft 8/2002 19) Günter Heller: Die Köpfe "umkrempeln", Neue Landwirtschaft 9/2001 20) Bernhard Forstner und Folkhard Isermeyer: Zwischenergebnisse zur Umstrukturierung der Land-wirtschaft in den neuen Ländern, Berichte über Landwirtschaft (76), Heft 2, Seite 161-190 Eine parteiische politische Wertung des Gesetzes zu Lasten des Erhalts der Großbetriebe durch einen Juristen findet sich bei: Rolf Steding: Vermögensauseinandersetzung in der ostdeutschen Landwirt-schaft \- eine unendliche Geschichte?, Briefe zum Agrarrecht online, 10/2002 21) in einem frühen eigenen Beitrag des Autors: Geht mit der DDR auch die LPG?, top agrar DDR-Spezial vom 7.9.90 findet sich der unrechtmäßige Vorschlag, dass nur der kleinere, als Geschäftsanteil ausgewiesene Teil des Eigenkapitals (Rest ist Rücklage) bei einer Kündigung ausgezahlt wird. 22) Manfred Köhne: Erfolgsvoraussetzungen für LPGen, Agrarwirtschaft 1990, Heft 9 23) Nachdruck des Artikels bei Jörg Gerke: Nehmt und euch wird gegeben \- das ostdeutsche Agrarkartell, ABL Bauernblatt Verlags GmbH, Hamm 2008 siehe auch Tanja Busse: a.a.O. Seite 27 24) C.Howitz und G.Jannermann: a.a.O. 25) Mir selbst ist ein Fall in Erinnerung, wo eine LPG in eine AG umgewandelt worden war, der alte Genossenschaftsbauer eine Aktie ohne Nennwert \- auf einem einfachen Zettel - erhalten hatte und nun zu seinem Erstaunen feststellen musste, dass ihm jetzt, wo er einen Nebenerwerbsbetrieb grün-den wollte, niemand für diese Aktie Geld auszahlen wollte. 26) Walter Bayer: Überblick über die Ergebnisse des DFG-Forschungsprojektes, Vortrag am 26.7.2002 auf dem Forum der rechtswissenschaftlichen Fakultät der FSU Jena "Die gescheiterten LPG-Umwandlungen \- was nun?" (unveröffentlichtes Manuskript derselbe: Gescheiterte LPG-Umwandlungen \- was nun?, Neue Landwirtschaft 7/2002 Böhme (NL): Unternehmen müssen sich selbst helfen, Neue Landwirtschaft 8/2002 27) Rolf Steding a.a.O. weist demgegenüber auf die Mitschuld des Gesetzgebers, der Berater/Anwälte und der Registergerichte hin; Böhme (NL) a.a.O. macht es sich zu leicht, wenn er der Untersuchung vorwirft, sie habe mit tatsächlichen Praxis nichts zu tun: Aufgrund der praxisfremden (hohen!) gesetzlichen Ansprüche sei die Vermögensauseinandersetzung schließlich durch rechtskräftige Vereinbarungen unterhalb der gesetzlichrechnerischen Ansprüche beendet worden. Die hohe Zustimmungsrate und die geringen Anfechtungen seien dafür Beleg. 28) Jörg Gerke: a.a.O. 29) Hans Kögl und Dietmar Jahnke: Wiedereinrichtung und Umstrukturierung landwirtschaftlicher Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern \- quo vadis?, Ehrengedächtnis-Kolloquium anlässlich des 100.. Geburtstages von Prof. Asmus Petersen, Universität Rostock, Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät, 2001 30) Für den Zeitraum bis 1996 haben Bernhard Forstner und Folkhard Isermeyer eine detaillierte Studie anhand der amtlichen Statistik und der Testbetriebsergebnisse erstellt: Zwischenergebnisse zur Umstrukturierung der Landwirtschaft in den neuen Ländern, Berichte über Landwirtschaft, Band 76, Heft 2, S. 161-190 (1998) 31) Eine einfache Analyse der Umwandlungen und Neugründungen im Zeitraum 1990 \- 1994 in ehemals 276 LPG an 76 Standorten findet sich in W.König und F.Isermeyer: Eine empirische Untersuchung des Anpassungsverhaltens landwirtschaftlicher Unternehmen im Übergang zur Marktwirtschaft, in: Agrarstrukturentwicklungen und Agrarpolitik, 36. Jahrestagung der Gewisola 1995, S.335-346 32) Literaturangaben \- überwiegend aus der "Agrarwirtschaft" - beim Verfasser 33) Günther Heller: Der schwere Weg des landwirtschaftlichen Umbaus in den neuen Bundesländern, Agrarwirtschaft 1991, Heft 2 34) Beispielsweise in Bernhard Forstner und Folkhard Isermeyer: a.a.O. 35) Mit dem gespaltenen Boden- und Pachtmarkt und der Situation in Ostdeutschland hat sich in den vergangenen Jahren die "Neue Landwirtschaft" immer wieder beschäftigt, beispielsweise: Klaus Böhme: Gespalten und in Bewegung, Neue Landwirtschaft 11/2008 36) Mit den Pachtpreisbildungen und \-anpassungen der BVVG in den frühen 90er Jahren beschäftigen sich Helmut Doll und Klaus Klare: Pachtpreisanpassungen in BVVG-Pachtverträgen, Agrarwirtschaft 1997, Heft 12 37) Halvor Jochimsen: Pachten mit Augenmaß, top agrar 9/2008; derselbe: Pachten mit Augenmaß in Mecklenburg-Vorpommern, LMS-aktuell Nr. 2/2009 38) Die Arbeit der THA von 1990-94 wird analysiert in: Hanns C. Löhr: Der Kampf um das Volkseigentum, Eine Studie zur Privatisierung der Landwirtschaft, Duncker & Humblot 2002 39) Dass es zu diesem für die Entwicklung der Landwirtschaft bedeutsamen Aspekt unterschiedliche Standpunkte gibt, verwundert nicht. Die Alteigentümer, die nicht in Sippenhaft für das Unrecht des Dritten Reiches genommen werden wollen und die Betriebe mit ihrem Kapital fortführen wollen, empfinden den Fortbestand der entschädigungslosen Enteignung als schreiendes Unrecht. Sie können nicht begreifen, dass sie ehemaligen Familienbesitz zurückkaufen oder pachten müssen. Bei vielen Ostdeutschen ist hingegen die Einstellung verbreitet, dass die Enteignung gerechtfertigt sei, weil die Großbetriebe im 18. /19.Jahrhundert durch "Übernahme" von bäuerlichen Betrieben entstanden seien. 40) Bei einem Vergleich mit der allg. Bundesstatistik ist zu berücksichtigen, dass diese nur die Verkäufe nach Verkehrswert berücksichtigt. 41) Eine Mindestpachtrendite von 2,5% unterstellt, dass der sofortige Verkauf für den Bund eine Verzinsung von 5,5% besitzt. 42) Böhme: Klarheit über weitere Flächenprivatisierung, Neue Landwirtschaft 12/2006 und die dort angegebenen weiteren Hinweise 43) Ina Schellbach: Was ist los am ostdeutschen Bodenmarkt?, top agrar 8/2008 44) Es muss für einen Landwirt zynisch klingen, wenn die BVVG in ihrer Presseerklärung vom 9.1.09 stolz für 2008 mitteilt, dass sie 366 Mio EURO Überschuss erwirtschaftet hat, dass dies über dem Plan liegt und dass dies durch erneut gestiegene Preise bei Verkauf und Verpachtung entstanden ist. 45) Klaus Klare: a.a.O. 46) Klaus Klare: BVVG-Flächenerwerb \- Sind höhere Preise gerechtfertigt? Sonderbeilage Agra-Europe 29/08 vom 14.7.2008 47) Dr. Müller BVVG auf dem 5.Bodenforum der Neuen Landwirtschaft in: Wer dreht an der Bodenpreis-Schraube?, Neue Landwirtschaft 2/2008; Rita Kindler: Warum steigen Boden- und Pachtpreise?, Neue Landwirtschaft 1/2009; 48) Briefe zum Agrarrecht unter www.agrarrecht.de ; Tanja Busse: a.a.O.; Bernhard Forstner und Norbert Hirschauer: Wirkungsanalyse der Altschuldenregelungen in der Agrarwirtschaft, Abschlussbericht Februar 2001; dieselben: Vorteile durch Altschulden \- ein Widerspruch? top agrar Spezial 4/2000 sowie: Autoren antworten auf Einwände aus der Praxis, top agrar Spezial 8/2000; Klaus Böhme: Altschuldenablösung bald beendet, Briefe zum Agrarrecht 5/2008 49) Bernhard Forstner und Norbert Hirschauer: a.a.O.; siehe auch www.agrarrecht.de 50) Michael Hansen: Altschuldenregelung vor einem Neubeginn? Neue Landwirtschaft 6/2001 51) Es ist verständlich, wenn WUSTMANN, WISSING und RICHTER (Weitere Entschuldung erforderlich? Neue Landwirtschaft 4/2001) vom Fachprüfungsverband Mitteldeutschland aus der Analyse von 56 mit Altschulden belasteten Unternehmen den Schluss ziehen, dass diese aus eigener Kraft die Altschulden nicht reduzieren können und daher weitere Nachbesserungen und Entschuldungen gefordert werden. Zu ähnlichen Schlussfolgerungen waren auch die bei FORSTNER und HIRSCHAUER zitierten regionalen Untersuchungen gekommen. Die Studie offenbart aber auch, dass die Ertragslage der Betriebe mit Altschulden schlechter ist als bei den Vergleichsbetrieben und kaum Gewinne erzielt werden. Da dies aber nicht an den Schulden liegt sondern den Relationen von Ertrag und Aufwand kann eine weitere Entschuldung nicht die richtige ökonomische und politische Schlussfolgerung sein. 52) Peter Wissing und Rainer Wissing: Altschulden, was tun? Neue Landwirtschaft 5/2004 53) NN: Schulden ohne Ende? Neue Landwirtschaft 7/2007 54) NN: Altschulden bald Geschichte, Neue Landwirtschaft 6/2008 55) Bernhard Forstner (von-Thünen-Institut, Braunschweig), persönliche Mitteilung


In dem top agrar Schwerpunktartikel "Grüner Aufbau Ost: Wo stehen die Betriebe?" in Heft 10/2009 werden einzelne Aspekte dieses Manuskriptes kurzgefasst wiedergegeben. Hinzu kommen Ergebnisse einer im Juni 2009 gemeinsam mit Wilhelm Wehland durchgeführten Reise zu 10 landwirtschaftlichen Betrieben und Gesprächen mit Beratern. Darüber wird in den ebenfalls in top agrar veröffentlichten 5 Reportagen und kurz im Textteil berichtet.

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