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Bulgarien: Wo die Rosen wachsen

Bulgarien ist Partnerland der Grünen Woche. Bekannt ist das Land vor allem für Bio-Gemüse und Rosenöl. Ein Bericht von Diethard Rolink

Lesezeit: 6 Minuten

Wenn in den kommenden Wochen die Grüne Woche ihre Tore öffnet, steht ein Land im Mittelpunkt: Bulgarien. Die meisten Deutschen verbinden mit der Republik nach wie vor günstige Arbeitskräfte, Korruption und eine rückständige Wirtschaft.

 

Obschon Bulgarien seit 2007 zur EU gehört, konnte das Land sein Image noch nicht ganz abstreifen. Nach wie vor hinkt man auf dem Balkan den EU-Standards hinterher.

 

Dennoch hat sich in den vergangenen Jahren spürbar etwas verbessert - auch in der Landwirtschaft. Wo damals noch überwiegend Pferdegespanne das Dorfbild prägten, rückt heute moderne kaum von deutschen Verhältnissen zu unterscheidende Landtechnik in den Fokus.    

 

Mit 254.000 landwirtschaftlichen Betrieben kommt das Land am Schwarzen Meer auf fast ebenso viele Höfe wie in Deutschland (275.000). Die Strukturen sind für deutsche Verhältnisse dennoch ungewohnt. Nur ein paar Beispiele:  

  • Mit 4,65 Mio. ha ist die landwirtschaftliche Fläche in Bulgarien nur rund ein Drittel so groß wie hierzulande (16.600 ha).



  • Drei Viertel bzw. 184.000 Betriebe bewirtschaften weniger als 2 ha. „Nur“ 6.000 mehr als 100 ha. Zum Vergleich: In Deutschland falle in die Kategorie „bis 2 ha“ etwa 12.000 Betriebe. Wohingegen 35.000 Höfe auf mindestens 100 ha und mehr ackern.



  • 84.000 der rumänischen Betriebe gelten als überwiegende Selbstversorger.



  • Rund ein Viertel aller Erwerbstätigen arbeitet nach wie vor in der Landwirtschaft. Im Schnitt aller EU-Staaten sind es 4,5 %.



  • Die Fleischproduktion spielt nur eine untergeordnete Rolle. So wurden in Deutschland im Jahr 2016 rund 48 Mio. t Fleisch produziert. In Bulgarien waren es „nur“ etwa 9 Mio. t.
Traditionell stark ist Bulgarien hingegen in der Gemüseproduktion. Das ist vor allem dem mediterranen Klima zu verdanken. So sind die Sommer sehr heiß und trocken. Im Norden des Landes klettert das Thermometer im Schnitt auf 11,5 °C, im Süden sogar auf 15 °C. Hinzu kommen 400 bis 900 mm Niederschlag im flachen Land. Im Gebirge sind Mengen von 800 bis 1.200 mm der Normalfall. Die Winter sind hingegen sehr kalt, das Thermometer kann sogar auf bis zu -40 Grad absacken in einigen Regionen.

 

Wie in den übrigen EU-Staaten versucht auch Bulgarien in der Gemüseproduktion von dem Bioboom zu profitieren. So hat sich von 2009 bis 2013 die Zahl der bulgarischen Biobauern auf knapp 3.800 verachtfacht und die ökologische Anbaufläche auf rund 80.000 Hektar versechsfacht.

 

Zu den größten Biogemüsebauern gehört das Unternehmen Gimmel, das sein Gemüse bis nach Deutschland exportiert. 

 

1995 übernahm der Eigentümer zunächst 50 ha aus Staatseigentum, das nach dem Ende des Kommunismus zum Großteil an die zwischen 1951 und 1953 enteigneten Grundeigentümer zurückgegeben oder neu verteilt wurde.

 

Zunächst baute Gimmel konventionelles Gemüse an. Nach fünf Jahren stellt der Eigentümer dann seine Produktion auf den organischen Anbau um, weil die Nachfrage nach den Ökoprodukten in der EU stark anstieg. Seitdem produzieren die Bulgaren nach den Richtlinien der EU-Ökoverordnung. Mittlerweile pflanzt und erntet Gimmel auf rund 70 ha vor allem Tomaten und Gurken, darunter 20 ha Gewächshäuser.

 

Pro Jahr vermarktet das Unternehmen rund 1.500 t Gurken und 500 t Tomaten. Zu den Hauptkunden gehören REWE, EDEKA und Penny in Deutschland, die vor allem ihr Vor-Saison-Gemüse aus Osteuropa ordern.

 

Die Entfernung von bis zu 2.000 km ist offensichtlich kein Problem: Zwischen Ernte und Verkauf im Supermarkt vergehen zwei Tage. Um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren, beschäftigt Gimmel in der Spitze bis zu 350 Mitarbeiter.

 

Die Bulgaren setzen vom Anbau bis zur Verpackung auf Bio. So werden Schädlinge nach eigenen Angaben lediglich mit biologischen Mitteln bekämpft. Beispielsweise setzt Gimmel gegen die Weißfliege Schlupfwespen ein. Diese legen ihre Eier in die Larven der Fliege, wodurch der Nachwuchs vernichtet wird. Unkraut wird dadurch bekämpft, dass die Tomaten beispielsweise aus einer Mischung von Agroperlite und Mist aus der Tierhaltung gepflanzt werden und der Boden, bis auf die Pflanzen, mit einer Folie abgedeckt wird. Dadurch hält man die Unkräuter in Schach.

 

Neben dem Gemüseanbau spielt die Rosenölproduktion eine wichtige Rolle für das Land. Hauptanbaugebiet ist das Tal der Rosen, zwischen dem Balkan und dem Mittelgebirge gelegen. Hier wachsen die stachligen Pflanzen wie andernorts Unkraut, was an dem für diese Pflanze besonders günstigem kontinentalen Klima liegt. Während der Winter mit bis zu - 40 Grad kalt werden kann, klettern die Temperaturen im Sommer schnell auf + 40 Grad. Ideale Bedingungen vor allem für eine Rosenart: Damascea. Was diese für Landwirte so wertvoll macht, ist ihr Öl. Es hat zwei Eigenschaften, die einmalig sind: es duftet nicht nur stark, sondern kann auch noch mit bis zu 300 anderen Duftstoffen angereichert werden. Das macht es vor allem für Hersteller von Parfum wie Chanel oder Dior zu einem begehrenswerten Gut. Das Öl ist sogar so beliebt, dass die Landwirte, je nach Angebot und Nachfrage, bis zu 16.000 Euro für ein Kilogramm Öl am Markt erzielen.

 

Um ein Kilogramm Öl zu gewinnen, müssen die Landwirte allerdings lange pflücken: Bis zu 4 Tonnen Blätter sind dafür notwendig. Das Öl lässt sich zudem nur in einem aufwendigen Prozess aus den Pflanzen lösen. Vereinfacht dargestellt, kochen die Rosenanbauer dazu die Blätter. Dabei steigt das Öl zusammen mit dem 175 Grad heißen Wasserdampf auf und wird in einer Kühlstrecke wieder verflüssigt und aufgefangen. Da Öl leichter als Wasser ist, schwimmt es nach und nach auf dem verflüssigten und abgekühlten Sud auf und kann von den Landwirten abgeschöpft werden.

 

Früher war es üblich, dass fast alle Rosenölanbauer ihr Öl in einer eigenen Destille produzierten. Heute liefern sie ihre Ernte an moderne, schlagkräftige Destillen ab.

 

Dort baut man auch selber Rosen an und beschäftigt in der Erntezeit bis zu 300 Personen, vor allem Erntehelfer auf den Feldern. Da der Ölgehalt der Pflanzen mit steigender Luftfeuchtigkeit ebenfalls in die Höhe schießt, beginnt die Ernte etwa Mitte Mai und endet bereits im Juni/Juli. Denn dann wird es im Tal der Rosen bis zu 40 Grad heiß und gleichzeitig regnet es oft, weil es von drei Seiten umschlossen ist durch einen Gebirgszug, an dem sich die Wolken verfangen und abregnen.

 

Das Pflücken ist mühsam und wird in der Regel von Roma und Sinti übernommen. Diese werden nach Menge bezahlt. Für ein Kilogramm erhalten sie rund 60 Stotinki, das sind etwa 31 Cent. Geübte Pflücker schaffen bis zu 70 kg am Tag bzw. 21 Euro. Damit liegt der Lohn für die Pflücker etwa auf Durchschnittslohn-Niveau (400 Euro pro Monat).

 

Bis eine Rose nach dem Pflanzen eine ausreichende Größe für die Ernte erreicht hat, vergehen bis zu drei Jahre. Danach kann sie zwischen 10 und 15 Jahre lang abgeerntet werden, ehe der Ölgehalt sinkt und das Feld neu bestellt wird. Der Anbau sei einfach: Gedüngt wird vor allem mit Schafsmist und nach dem Destillieren kommen die Blätter zurück aufs Feld. Angeblich ist kein Pflanzenschutzmitteleinsatz notwendig.

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