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Wetterextreme: Was kommt auf uns zu?

Spätfrost, Hitze, Starkregen und orkanartige Böen – Wetterextreme vernichten immer öfter ganze Ernten. Einige Regionen werden davon stärker und öfter betroffen sein als andere. Wir sagen Ihnen, auf was Sie sich einstellen müssen und wie Sie sich schützen können..

Lesezeit: 16 Minuten

Spätfrost, Hitze, Starkregen und orkanartige Böen – Wetterextreme vernichten immer öfter ganze Ernten. Einige Regionen werden davon stärker und öfter betroffen sein als andere. Wir sagen Ihnen, auf was Sie sich einstellen müssen und wie Sie sich schützen können..



Das war das Jahr 2017: Wolfgang Janssen, Cathleen Frühauf und Thomas Junghänel vom Deutschen Wetterdienst geben einen Überblick über die Wettersituationen im Jahr 2017.


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Limitierende Wettersituationen für die Landwirtschaft im Jahr 2017

Wolfgang Janssen, Cathleen Frühauf, Thomas Junghänel, Deutscher Wetterdienst


Dem Normalbürger bleibt vom Jahr 2017 sicherlich in Erinnerung, dass der Sommer in weiten Teilen Deutschlands recht verregnet war. Die Landwirte haben allerdings ein differenziertes Bild und ein andere Wahrnehmung, da ihr finanzieller Erlös auch vom Wetter mitbestimmt wird und somit ungünstige Witterungsabschnitte besonders gut in Erinnerung bleiben.


Spätfröste


Nach einem unproblematischen Winter mit etwas zu kalten Temperaturen im Januar wurde es Mitte Februar und besonders der März überdurchschnittlich warm. Der bisher wärmste in Deutschland registrierte März war 3,7 °C wärmer als das langjährige Mittel und beschleunigte die Pflanzenentwicklung so dass die Obstblüte im Mittel 12 Tage früher einsetzte. Ab dem 20. April setzte sich eine ungewöhnlich kalte Witterung durch, die verbreitet zu Frostschäden bei den bereits blühenden Obstkulturen führte.


Um dieses Ereignis in Bezug zu vergangenen Jahren zu bewerten wurde eine spezielle Analyse mit Hilfe phänologischer Daten und den Temperaturwerten von 188 Stationen durchgeführt, die eine vollständige Datenreihe ab 1961 haben und unter 800 Höhenmeter liegen. Die phänologischen Daten wurden dazu genutzt ein Zeitfenster zu definieren, an dem die Obstbäume blühen. Als Starttermin wurde der Blühbeginn der Süßkirsche und als Endtermin das Blühende der Apfelblüte ausgewählt. Im Mittel über alle Jahre ergibt sich eine durchschnittliche Zeitspanne von 28 Tagen die jährlich zwischen 19 Tagen im Jahre 1986 bis zu 40 Tagen im Jahre 2017 variieren kann und in jedem Jahr zu unterschiedlichen Zeiten anfängt. Eine Frostgefährdung lag per Definition vor, wenn zum Beginn des Zeitraums -5 °C und zum Ende 0 °C in 2 m Höhe unterschritten wurden. Durch den variablen Schwellenwert wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass die Blüten mit der Blühdauer immer empfindlicher werden. Das Ergebnis dieser Auswertung ist in Abbildung 1 dargestellt und zeigt sehr schön, dass das Jahr 2017 seit 1961 das größte Gefährdungspotential aufwies. Sowohl die Anzahl der Stationen als auch die Anzahl aller Tage mit Frostgefährdung an diesen Stationen war im Jahr 2017 am höchsten.


Betrachtet man die Einzeljahre im Detail, so fällt zum einen auf, dass Jahre wie 1996, 2006 oder 2013 mit späterem Blühbeginn lediglich eine geringe Frostgefährdung aufweisen. Der Umkehrschluss, dass die Jahre mit sehr frühem Blühbeginn wie 2002, 2014 oder 2017 immer das höchste Gefährdungspotential aufweisen, lässt sich allerdings nicht direkt bestätigen, da es nicht in jedem Jahr zu einem Frostereignis kommen muss. Ab dem Jahre 1989 ist ein markanter Sprung zu früheren Terminen bei den phänologischen Frühjahrsphasen zu beobachten und vier der fünf Jahre mit höchstem Gefährdungspotential wurden nach 1989 beobachtet, was zusammen mit einem steigenden Trend in den Kurven von Abbildung 1 den Schluss nahelegt, dass das Risiko für Spätfröste zugenommen hat.


Abb.1: zeigt das jährliche Frostgefährdungspotential seit 1961 für ein Zeitfenster Beginn der Süßkirschenblüte bis zum Ende der Apfelblüte. Es werden einmal die Anzahl der Stationen ausgegeben, an denen eine Gefährdung vorlag (blaue Kurve) und zum anderen alle Tage an den betroffenen Stationen mit Frostgefährdung aufsummiert (rote Kurve).



Um eine räumliche Vorstellung zu bekommen, wo das Gefährdungspotential in diesem Jahr am höchsten war, wurde mit den gleichen Kriterien aber allen 498 in diesem Jahr zur Verfügung stehenden Stationen die gleiche Auswertung durchgeführt und die Anzahl der Tage mit Frostgefährdung an jeder Station räumlich in Abbildung 2 dargestellt. Bis auf Schleswig Holstein, Mecklenburg Vorpommern und Thüringen war fast jedes Bundesland mehr oder weniger stark vom Spätfrost betroffen. Die Auswertung wurde mit den Stationen des Deutschen Wetterdienstes durchgeführt, die aufgrund ihrer Lage eher das Umfeld repräsentieren sollen und in der Regel nicht in exponierten Lagen aufgestellt sind. Somit ist nicht auszuschließen, dass lokal noch ungünstigere Bedingungen als dargestellt aufgetreten sind.

  

Abb. 2: Anzahl der Tage mit Frostgefährdung im Jahr 2017 in dem Zeitfenster Beginn der Süßkirschenblüte bis zum Ende der Apfelblüte.



Um die zukünftige Entwicklung abschätzen zu können, wurde im Rahmen einer Studie für das Landwirtschaftsministerium (Gömann et al., 2015) die durch den Klimawandel zu erwartenden Veränderungen bei den agrarrelevanten Extremwetterlagen untersucht. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Daten der Klimaprojektionen nur als Mittel über min. 10 Jahre (besser über 30 Jahre) betrachtet werden müssen. Aussagen nur für das Jahr 2027 sind deshalb nicht möglich. Um Änderungstendenzen zu erkennen, wurden die vorliegenden Auswertungen der Klimaprojektionen für zwei zusätzliche Zeiträume (2012-2022 und 2022-2032) näher untersucht. Diese geben die mittleren Zustände für die Jahre 2017 und 2027 (jeweils ± 5 Jahre) wieder. Tabelle 1 zeigt an wie vielen Tagen die Schwellenwerte (Tmin < 0°C, <-2°C und <-4°C) im Zeitraum April bis Mai (Obstblüte) unterschritten werden.




Tab. 1: Anzahl der Tage für den Zeitraum 1.4.-31.5. an denen die Minimumtemperatur in 2m Höhe 0°C, -2°C und -4°C unterschreitet, Deutschlandmittel für Vergangenheit (30-Jahreszeitraum) und Zukunft (11-Jahreszeitraum)


1961-19901971-20001981-20102012-20222022-2032
Tmin < 0°C5,455,494,913,953,81
Tmin < -2°C1,591,671,630,960,99
Tmin < -4°C0,330,370,420,160,18



 

Im Mittel geht die Anzahl der Spätfrost-Ereignissen im betrachteten Zeitraum durch den Klimawandel zurück, wobei für die Vergangenheit auch eine zwischenzeitliche Zunahme zu beobachten war. Für die hier besonders interessanten Zeiträume 2012-2022 und 2022-2032 sind nur geringfügige Änderungen im Mittelwert zu erkennen. Hieraus keine Änderungen in der Spätfrostgefährdung zu schlussfolgern, wäre jedoch voreilig. Durch die steigenden Temperaturen verschiebt sich die phänologische Entwicklung. Durch den früheren Vegetationsbeginn setzt auch die Obstblüte früher ein. Abbildung 3 zeigt das mittlere Auftreten von Spätfrost (Tmin < 0°C) aufgeschlüsselt nach einzelnen Dekaden in den Monaten April und Mai.



Abb. 3: Anzahl der Tage pro Dekade für den Zeitraum 1.4.-31.5. an denen die Minimumtemperatur in 2m Höhe 0°C unterschreitet, Deutschlandmittel für Vergangenheit (30-Jahreszeitraum) und Zukunft (11-Jahreszeitraum)

Verschiebt sich die Obstblüte in eine frühere Dekade, führt dies zu einer deutlichen Zunahme der Spätfrostgefährdung. Eine Verschiebung von der ersten Mai-Dekade (Dekade 13) in die letzte April-Dekade (Dekade 12) zeigt diesen Effekt besonders anschaulich. Einzelne Jahre können zusätzlich eine höhere Spätfrostgefährdung als der in Abbildung 3 angegebene Mittelwert aufweisen.




 

Niederschlag




Der Niederschlag ist recht komplex in seiner Wirkung auf die Landwirtschaft. Ohne ihn läuft gar nichts. Wenn es jedoch zu viel regnet und er womöglich noch in Kombination mit Hagel oder starken Windböen auftritt, so kann sich dies sehr nachteilig auf viele Kulturen auswirken.

 

Abbildung 4 zeigt wie häufig im Vergleich zu anderen Jahren Starkniederschlagsereignisse in diesem Jahr beobachtet wurden. Zu diesem Zweck wurden die 188 Stationen mit vollständigen Zeitreihen dahingehend untersucht, an wie vielen Tagen verschiedene Niederschlagsschwellen im Zeitraum 1.1. bis 15.8. überschritten wurden.



Abb. 4: Anzahl der Tage mit Überschreitung verschiedener Tagesniederschlagsschwellen, jeweils im Zeitraum 1.1. bis 15.8. jeden Jahres (188 Stationen).



Die Ergebnisse für den kompletten Zeitraum zeigen für 2017 eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an Tagen mit hohen Niederschlägen, diese sind allerdings nicht herausragend hoch. Berücksichtigt werden muss, dass es sich hierbei um eine gesamtdeutsche Betrachtung handelt. Regionale Aussagen sind so nicht möglich und natürlich gibt diese Analyse auch keinen Hinweis, wie diese Ereignisse in dem Zeitraum verteilt waren und wie hoch die Tagesniederschläge tatsächlich waren. Normalerweise ist ein Nord – Süd und ein West – Ost Gefälle bei der Häufigkeit von Starkniederschlagsereignissen zu beobachten, wobei die geringste Anzahl im Nordosten zu beobachten ist. Erwähnenswert ist weiterhin, dass die in Abbildung 4 ebenfalls eingezeichneten Trendlinien nahezu horizontal verlaufen und somit zukünftig mit ähnlichen jährlich stark schwankenden Ereignissen zu rechnen ist.

Die mittlere jährliche Verteilung des Deutschlandmittels der Starkniederschläge zeigt ein Maximum in den Sommermonaten (Abb. 5), da sie häufig an das Auftreten von konvektiven Niederschlägen (Schauer, Gewitter) gebunden sind. Die Monate Juni und Juli zeigen in der Vergangenheit eine unterschiedliche Entwicklung. Während die Häufigkeit im Juni abgenommen hat, erfolgte im Juli eine Zunahme. Die Daten aus den Klimaprojektionen zeigen jedoch ein gegenläufiges Verhalten.



Abb. 5: Anzahl der Tage mit Starkregen (RR > 20mm), Deutschlandmittel für Vergangenheit (30-Jahreszeitraum), Gegenwart und Zukunft (11-Jahreszeitraum) (Gömann et al. 2015, verändert).



Fasst man die Monatswerte für die einzelnen Jahreszeiten zusammen, so ist eine deutliche Zunahme der Starkniederschläge im Frühling, Herbst und Winter zu erkennen (Tab. 2). Im Sommer steigen die Werte etwas an, jedoch sind immer auch Zeiträume mit einer kleinen Abnahme aufgetreten.


Tab. 2: Anzahl der Tage pro Jahreszeit mit Starkregen (RR > 20mm), Deutschlandmittel für Vergangenheit (30-Jahreszeitraum), Gegenwart und Zukunft (11-Jahreszeitraum)


1961-19901971-20001981-20102012-20222022-2032
Frühling0,760,770,830,890,91
Sommer1,841,801,861,891,88
Herbst1,011,061,101,221,23
Winter0,580,600,680,710,76



 

 

Im Zeitraum Mitte März bis Mitte Mai ist die Verfügbarkeit des Düngers für Wintergetreide besonders wichtig, da in diesem Zeitraum der größte Biomassezuwachs erfolgt. Ist der Oberboden zu trocken, können die Nährstoffe nicht gelöst werden und stehen somit den Pflanzen nicht zur Verfügung. Einen Hinweis darauf, wie häufig diese Bedingungen auftreten, gibt die Anzahl der niederschlagsfreien Tage. Abbildung 6 zeigt die regionale Verteilung der mittleren Anzahl dieser Tage für 30-jährige Zeiträume. Niederschlagsfreie Tage treten im Nordosten Deutschlands häufiger als im Südwesten auf. Deutlich ist in den zurückliegenden Zeiträumen eine Tendenz zur Zunahme dieser Tage zu erkennen.



Abb. 6: Regionales Auftreten der Tage ohne Niederschlag (RR < 0,1 mm) im Zeitraum 15. März bis 15. Mai, 30-jährigen Mittelwerte 1961-1990, 1971-2000, 1981-2010 (Gömann et al., 2015)



Die Ergebnisse der Klimaprojektionen zeigen eine große Schwankungsbreite. Von einer Verschärfung der Situation, über keine Änderung bis zu einer Entspannung und besseren Verfügbarkeit des Düngers ist alles vertreten (Gömann et al., 2015). Eine fundierte Prognose für die Zukunft ist für den Frühling jedoch nicht möglich, da die Klimamodelle nicht in der Lage sind, den Trend der Frühjahrsniederschläge in der Vergangenheit korrekt zu simulieren (vgl. Abb. 13 zur Bodenfeuchte). In den übrigen Jahreszeiten stimmen die Simulationen der Niederschläge gut mit den Beobachtungen überein.

Auch zum Zeitpunkt der Ernte kann permanenter Niederschlag dazu führen, dass sich die Ernte verzögert oder bei ungünstigen Bedingungen geerntet werden muss. Dadurch fallen z.B. zusätzliche Trocknungskosten beim Getreide an, was für den ohnehin knapp bemessene Gewinnmarge des Landwirtes verheerend sein kann.

Der Sommer 2017 war recht verregnet. Aus diesem Grund sollen die Erntebedingungen von Winterweizen im Vergleich zu anderen Jahren näher untersucht werden. Hierzu wurde die Zeitspanne 14 Tage ab dem 6. Tag nach Gelbreife untersucht. Da sich die Qualität des Getreides über die Zeit nach Erntefähigkeit verschlechtert, wurden nur diese 14 Tage betrachtet. Im diesem Zeitraum wurde ausgezählt, wie häufig Tagesniederschläge mit Niederschlagsmengen über 2 mm auftreten. Die Anzahl der Stationen wurde erfasst und zusätzlich alle Tage an den betroffenen Stationen ausgezählt, an denen die Bedingung erfüllt war. Der Schwellenwert wurde auf 5 mm gesetzt, da unter diesen Bedingungen die Körner nicht die für die Lagerung nötige Trockenheit erreichen können. Die phänologische Phase Gelbreife des Winterweizens wurde für jede der 188 Stationen in jedem Jahr individuell bestimmt.

Das Ergebnis in Abbildung 7 zeigt schon sehr anschaulich, dass im Jahr 2017 schlechte Erntebedingungen herrschten. Nur in den Jahren 1993 und 1963 wurden vergleichbar schlechte Bedingungen analysiert.

 

Abb. 7: Jährliche Anzahl der Stationen (rote Kurve) und Anzahl der Tage (grüne Kurve) an den Stationen mit Niederschlägen über 5 mm in dem Zeitfenster +6 bis +20 Tage nach der Gelbreife vom Winterweizen. Es wurden 188 deutsche Stationen in der Analyse berücksichtigt.





Einen linearen Trend bei der Anzahl der Tage mit schlechten Erntebedingungen lässt sich nicht ausmachen. Vielmehr hat es den Anschein, dass die Anzahl ab 1961 bis ca. 1990 abgenommen hat, um danach wieder anzusteigen.

Eine räumliche Verteilung der ungünstigen Erntetage in 2017 für Winterweizen ist in Abbildung 8 dargestellt. Demnach lagen die ungünstigsten Gebiete mit über 5 von 14 Tagen in weiten Teilen von Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Brandenburg. Im Rahmen des Extremwetterprojektes (Gömann et al. 2015) wurden zur Abschätzung der Erntebedingungen die Häufigkeit von Niederschlagsmengen über 5 mm untersucht. Abbildung 9 zeigt für den Monat Juli die mittlere regionale Verteilung für die Vergangenheit. In einzelnen Regionen hat die Anzahl an Tagen mit Dauerregen zugenommen. Die Klimaprojektionen gehen jedoch Größtenteils von einem Rückgang und besseren Erntebedingungen aus.

Bei solchen Betrachtungen sollte allerdings immer berücksichtigt werden, dass ungünstige Erntebedingungen für Getreide in der Regel gut für den Aufwuchs von Mais und Zuckerrüben sind. Eine schlechtere Ernte bei Getreide bedeutet in der Regel auch finanzielle Mindererträge, da die Preise auf dem Weltmarkt generiert werden. Bei Obstbauern müssen geringere Erträge nicht unmittelbar zu finanziellen Einbußen führen, da der Markt regionaler organisiert ist und dadurch mehr Spielräume für Preisanpassungen bestehen. 

 

Abb. 8: Anzahl der Tage mit ungünstigen Bedingungen zum Ernten von Wintergetreide im Jahre 2017. Untersucht wurde das zwei wöchige Zeitfenster +6 - +20 Tage nach Gelbreife.






Abb. 9: Anzahl der Tage mit Dauerregen > 5mm, Monat Juli (Gömann et al., 2015)



Trockenheit


Trotz des feuchten Sommers wird schnell vergessen, dass es eine recht trockene Phase im Frühjahr gab, die sich negativ auf das Pflanzenwachstum ausgewirkt hat. Die Trockenheit lässt sich am Besten in Form der Bodenfeuchte darstellen, da sie letztlich das für die Pflanzen zur Verfügung stehende Wasserangebot beschreibt. Für die Berechnung der Bodenfeuchte muss neben dem Niederschlag die realen Pflanzen- und Bodenverdunstung berücksichtigt werden. Eine Pflanze hat optimale Wachstumsbedingungen, wenn die Verdunstung nicht aufgrund von Wassermangel im Boden reduziert werden muss. Im Allgemeinen gelten Werte von 50 % des im Boden für die Pflanze verfügbaren Wassers (%nFK) als Grenze unter die die Bodenfeuchte möglichst nicht sinken sollte.

Anhand des Bodenfeuchteverlaufs unter der wichtigsten Anbaukultur Winterweizen soll ein typischer Jahresgang der Bodenfeuchte als Mittel für ganz Deutschland gezeigt und in Bezug zu 2017 gesetzt werden (Abb. 10).



Abb. 10: Durchschnittlicher Verlauf der Bodenfeuchte unter Winterweizen und sandigem Lehm über das Jahr in Deutschland. Die schwarze Kurve zeigt das Mittel, die rote das Maximum, die blaue das Minimum und die orangene das Jahr 2017.




Normalerweise, wie auch in diesem Jahr, ist der Boden zum Jahresanfang gut mit Wasser gefüllt und sinkt erst ab April mit Einsetzen der Vegetation unterhalb von 100 %nFK. Mit Einsetzen des Schossens gegen Ende April verbraucht der Winterweizen mehr Wasser und die Bodenfeuchte sinkt allmählich ab. Mit Einsetzen des Ährenschiebens gegen Ende Mai bis zur Blüte ist der Wasserverbrauch des Winterweizens am höchsten, um dann wieder bis zur Gelbreife Mitte Juli abzufallen. Nachfolgend wird von der Pflanze so gut wie nichts mehr aktiv verdunstet. Die jetzt fallenden Niederschläge beeinflussen die Abreife und die Kornfeuchte. Nach der Ernte wird der Boden bis zum Winter langsam wieder auffüllt. Aus dem Bodenfeuchteverlauf des Jahres 2017 wird deutlich, dass bis Mitte Mai die Wasserverfügbarkeit im Boden durchschnittlich war. Bis Ende Juni fallen dann die Bodenfeuchtewerte stark auf unter 40 %nFK ab.  Dies lässt darauf schließen, dass in dieser Zeit zu wenig Niederschlag gefallen ist.

Um zu bewerten, ob dieses Jahr ein besonderes Jahr war, wurde wieder anhand der seit 1961 vollständig vorliegenden Stationen eine Auswertung mit Hilfe der phänologischen Daten durchgeführt. In einem Zeitfenster -5 Tage bis +14 Tage um das Ährenschieben des Winterweizens wurde die Bodenfeuchten aller Stationen jährlich ausgewertet und die Tage gezählt, an denen die Grenze von 50 %nFK unterschritten wurden. Das Ergebnis ist in Abbildung 11 dargestellt und zeigt, dass das Jahr 2017 bezüglich der Trockenheit kein außergewöhnliches Jahr war, denn in den Jahren 2011 und 2015 wurden extremere Ereignisse beobachtet.



Abb. 11: Jährliche Anzahl der Stationen (rote Kurve) und Anzahl der Tage (grüne Kurve) mit Bodenfeuchten unter 50 %nFK um das Zeitfenster -5 Tage bis +14 Tage um das Ährenschieben von Winterweizen. Es wurden 188 deutsche Stationen in der Analyse berücksichtigt.




Wie das Jahr 2015 zeigt, muss ein trockenes Jahr nicht zwangsläufig zu einem Minderertrag bei der Ernte führen, sondern es spielen weitere Wetterfaktoren wie der Witterungsverlauf im Winter, Häufigkeit und Schwere von Hagelereignissen, Wind in Kombination mit Niederschlag sowie Wetterbedingungen zur Erntezeit eine zusätzlich zu berücksichtigende Rolle.

Eine räumliche Verteilung der Trockenheit in 2017 um den Termin des Ährenschiebens von Winterweizen wird in Abbildung 12 gezeigt. Danach war Brandenburg im Jahr 2017 besonders stark von dem Wassermangel betroffen, was sich allerdings in den durchschnittlichen Erträgen nicht widerspiegelt, was daran liegen kann, dass diese Trockenheit gerade in dieser Region häufiger beobachtet wird und somit eher das geringere Ertragspotential mit erklären mag.



Abb. 12: Anzahl der Tage mit Bodenfeuchten unter 50 %nFK in einem Zeitfenster von -5 Tage bis + 14 Tage um das Ährenschieben von Winterweizen im Jahre 2017.




Im Abschnitt zum Niederschlag wurde schon darauf hingewiesen, dass die Klimamodelle die Entwicklung der Frühjahrsniederschläge nicht korrekt modellieren. Die Beobachtungen zeigen einen Rückgang der Niederschläge (Frühjahrstrockenheit), die von den Modellen jedoch nicht wiedergegeben werden. Die mit Hilfe der Klimaprojektionsdaten berechneten Bodenfeuchten werden im Frühjahr aus diesem Grund ebenfalls überschätzen. Besonders ausgeprägt ist dies beim Monat April zu sehen (Abb. 13).  So ist in der Vergangenheit eine Abnahme der Bodenfeuchte in der Schicht 0-60 cm zu beobachten, die auf eine Zunahme der Frühjahrstrockenheit hin deutet. In diesem Zeitraum ist besonders die Bodenfeuchte in den obersten Zentimetern wichtig, da das Saatgut nach der Aussaat zum Auskeimen Feuchtigkeit benötigt. Für die Vergangenheit und die Zukunft zeigen die Klimaprojektionen keine Änderungen in der modellierten Bodenfeuchte. Die Frühjahrstrockenheit wird somit in der Vergangenheit nicht korrekt wiedergegeben. Aus diesem Grund müssen für das Frühjahr die Prognosen für die Zukunft angezweifelt werden.



Abb. 13: Beobachtete und erwartete mittelfristige Entwicklung des Deutschlandmittels der Bodenfeuchte unter Wintergetreide (leichter Boden, Schicht: 0-60 cm) für den Monat April (www.deutscher-klimaatlas.de)

Anders sieht es für den Sommer aus, denn hier sind die Klimaprojektionen verlässlicher. In den Sommermonaten muss mit der Zunahme der Anzahl an Tagen gerechnet werden, an denen der Bodenfeuchte-Grenzwert von 50%nFK unterschritten wird.




 

Literatur:

Gömann, H., Bender, A., Bolte, A., Dirksmeyer, W., Englert,

H., Feil, J.-H., Frühauf, C., Hauschild, M., Krengel, S., Lilienthal,

H., Löpmeier, F.-J., Muller, J., Mushoff, O., Natkhin, M.,

Offermann, F., Seidel, P., Schmidt, M., Seintsch, B., Steidl, J.,

Strohm, K., Zimmer, Y. (2015) Agrarrelevante Extremwetterlagen

und Möglichkeiten von Risikomanagementsystemen:

Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung

und Landwirtschaft (BMEL); Abschlussbericht: Stand

3.6.2015. Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut,

312 p, Thünen Rep 30, doi:10.3220/REP1434012425000.

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