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Schlachthöfe:Wer bleibt übrig?

Lesezeit: 6 Minuten

Der Wettlauf um Schlachtvieh wird im Süden noch härter. Die Fleischriesen wachsen rasant, kleineren Schlachthöfen geht die Luft aus.


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Wer in der süddeutschen Schlachthofszene auf dem Laufenden bleiben will, hat derzeit viel zu tun. Denn es bewegt sich einiges: In Baden-Württemberg hat Vion kurzerhand das Aus für seinen Standort in Riedlingen verkündet. Das gleiche Schicksal erwartet die Schlachthöfe in Mannheim und Offenburg – wenngleich aus unterschiedlichen Gründen. Gesichert scheint dagegen die Rinderschlachtstätte in Tauberbischofsheim, die im April von der OSI-Gruppe aus Günzburg gekauft wurde.


Strukturen stabilisieren sich:

In Bayern haben sich die Strukturen nach der Schließung von Pfarrkirchen, Straubing und Weiden stabilisiert. Der Umbau von Vion in Landshut ist abgeschlossen, sodass wöchentlich 20000 Schweine geschlachtet werden können. Den Standort Waldkraiburg baut der niederländische Konzern für 5000 Rinder in der Woche aus. Und auch in Fürstenfeldbruck sollen die Bänder nach Investitionen in mehr Tierschutz bald wieder anlaufen.


Im Freistaat steigt derzeit sogar noch ein neues Unternehmen ins Schlachtgeschäft ein: Das Frische-Zentrum Kreipl aus Straßkirchen erstellt in Atting bei Straubing gerade einen Neubau für die Schlachtung von 250t Lebendgewicht pro Woche. 2018 soll die Anlage in Betrieb gehen.


Mehr Wertschöpfungstiefe:

Die aktuellen Entwicklungen in der Branche zeigen: Der Preiskampf bei Fleischwaren und der anhaltende Strukturwandel, vor allem bei den Schweinehaltern, heizt den Wettkampf um das Schlachtvieh an. Die drei großen Player Tönnies, Vion und Müller Fleisch setzen ihren Wachstumskurs in Regionen mit guten Erzeugerstrukturen fort und investieren weiter in die Schlagkraft und Zukunftsfähigkeit ihrer Standorte. Dabei geht es allerdings nicht mehr so sehr um Mengenwachstum – auch wenn die Müller-Gruppe ihre Schweineschlachtungen im letzten Jahr dank des Umbaus von Landshut noch um 12,3% steigern konnte! Für 2017 rechnet Geschäftsführer Rolf Michelberger in diesem Segment mit einem Plus im einstelligen Prozentbereich.


Der Weg geht künftig vielmehr in Richtung qualitatives Wachstum und mehr Wertschöpfung: „Am Stammsitz in Birkenfeld wollen wir bis 2020 in die Wertschöpfungstiefe investieren, in Ulm schwerpunktmäßig in den Tierschutz und ins Tierwohl bei der Schweineanlieferung, Betäubung und Entblutung“, so Michelberger.


Sich mehr Glieder in der Wertschöpfungskette vom Landwirt bis zum Einzelhandel zu sichern und somit Zwischenstufen auszuschalten, steht bei der Tönnies-Zur-Mühlen-Gruppe und bei Vion oben auf der Agenda. So teilen sich die beiden Marktführer das insolvente Unternehmen Lutz Fleischwaren in Landsberg – das bis vor drei Jahren noch zu Vion gehörte – untereinander auf. Eine ähnliche Strategie fährt die weltweit agierende OSI-Gruppe, die für McDonald‘s Burger herstellt, mit Tauberbischofsheim: Mit diesem zweiten Schlachthof, der bald 1250 Rinder pro Woche bewältigen soll, kann sie das gemeinsam mit Edeka Südbayern betriebene Zerlegewerk „Bayernfleisch“ in Traunstein stärker mit eigenem Fleisch auslasten als bisher. Von den Erzeugern wird die zunehmende vertikale Integration kritisch gesehen, auch wenn z.B. OSI als neuer Wettbewerber um Schlachtvieh der Region durchaus guttue: „Diese Entwicklung ist nur zu befürworten, wenn die höhere Wertschöpfung auch bei allen Stufen in der Kette ankommt“, erklärt Herbert Klein von der UEG Hohenlohe-Franken.


Die Erfahrung der letzten Wochen mit Hauspreisen und zum Teil verlängerten Zahlungszielen bei Vion und Tönnies, trotz eines knappen Angebots an Schweinen, lassen ihn daran zweifeln. Vermarkter befürchten, dass die Unternehmen dadurch einen stärkeren Zugriff auf die gesamte Produktionskette bekommen und die Bedingungen für alle Glieder diktieren. „Schon jetzt haben wir durch die zahlreichen Qualitätsprogramme weniger Wahlfreiheit, was den Partner mit den attraktivsten Konditionen angeht. Viele Warenströme sind heute bereits im Voraus festgelegt“, sagt Sebastian Brandmaier von der VVG Oberbayern-Schwaben.


Aber auch für die Schlachtkonzerne selbst wird die Situation angesichts der zahlreichen Verflechtungen schwieriger, da aus Kunden oder Partnern plötzlich Konkurrenten werden.


Viele kleine und mittelständische Schlachtunternehmen haben es in diesem Machtpoker nicht leicht. Der Schlachthof Mannheim steht z.B. vor allem deshalb vor dem Aus, weil er seinen Großkunden Edeka Südwest an Müller in Ulm und Vion in Crailsheim verloren hat. „Die Nähe zu den Erzeugern ist dort besser gegeben“, begründet der Lebensmittelkonzern. Niedrigere Kosten dürften dabei aber wohl die entscheidendere Rolle gespielt haben. Stefan Kampa, Geschäftsführer in Mannheim: „Wir haben als städtisch geführter Betrieb, noch dazu in einem Zuliefergebiet wie Mannheim, einfach eine andere Kostenstruktur als private Schlachthöfe.“ 2016 lag der Verlust bei ca. 1Mio. €.


Druck auf die Kleinen:

Unter dem Rückgang der Schlachtzahlen und sinkender Auslastung haben etliche Schlachthöfe zu leiden. Vor allem in Regionen mit starkem Strukturwandel.


Hinzu kommen immer höhere Auflagen zum Tierschutz oder neue Zertifizierungen und damit stetig steigende Kosten. Diesem Druck werden auf Dauer vermutlich nicht alle standhalten können. „Die Entwicklung ist genau konträr zum Verbraucherwillen, der regionale Produkte will. Da ist letztlich auch die Politik gefragt“, sagt ein Branchenvertreter. Ob von dort allerdings auf Hilfe zu hoffen ist, bleibt fraglich. In der Ortenau z.B. warten die Erzeuger vergeblich darauf, dass sich der Kreis gemeinsam mit dem Nachbarlandkreis Rastatt für den Erhalt von Schlachtstrukturen in der Region engagiert.


Noch genug Wettbewerb?

Trotz der Dominanz von Müller, Vion und Färber und dem Verlust regionaler Schlachthöfe wie Mannheim oder Offenburg sei in Baden-Württemberg derzeit noch genug Wettbewerb vorhanden, urteilt Richard Riester von der Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume (LEL) in Schwäbisch Gmünd.


Auch in Bayern finden die Betriebe noch ausreichend Schlachtkapazitäten in erreichbarer Nähe – auch wenn Vion über 50% Marktanteil hält. Etwas dünner sei das Netz aber inzwischen in Mittelfranken und in der Oberpfalz: „Die Transportwege sind hier zum Teil schon recht lang. Ein paar Metzgerschlachthöfe mehr wären hier wünschenswert“, meint Herbert Klein, UEG Hohenlohe-Franken.


Auch im Schwarzwald und im Rheintal müssen Landwirte und Händler heute schon etwas weiter fahren, um an der Emil Färber GmbH vorbeizukommen. Sie betreibt allein 19 der insgesamt 27 Standorte im Ländle. Der Großteil davon sind Schlachthöfe mit angeschlossenen Zerlegebetrieben, die pro Jahr insgesamt ca. 41500 Rinder und 218000 Schweine schlachten: „Wir sorgen mit Lohnschlachtungen und unseren eigenen Schlachtungen in den Regionen für einen stabilen Absatzweg“, sagt Harald Koneberg von Färber.


Stabile Mittelständler:

Vor allem die Mittelständler sind es, die auch in Zukunft für eine gute regionale Vermarktung auf höherem Preisniveau unverzichtbar sind. „Wir sehen unsere Chance im regionalen Markt mit GQ-Bayern-Qualität. Außerdem bauen wir gerade weitere Programme auf, z.B. mit GVO-freiem Fleisch oder mit Biofleisch“, sagt Geschäftsführer Gerd Leucht von Schillerfleisch in Hof.


Und auch die Unifleisch aus Erlan-gen verfolgt den Weg der Qualitäts- und Serviceführerschaft. Geschäftsführer Günter Härtl: „Unsere Betriebe verfügen über sämtliche Audits vom Tier- und Umweltschutz bis hin zu Halal. Zudem bieten wir Rindfleisch ohne Gentechnik an. Damit heben wir uns ab und sind für langjährige strategische Partnerschaften gut aufgestellt.“ Silvia Lehnert

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