Paukenschlag beim Bundesgerichtshof: Ein Schlachthof aus Thüringen muss im Streit um frühere Absatzfondsbeiträge rund 100 000 € Schadenersatz an bäuerliche Lieferanten zahlen. Das hat das höchste deutsche Gericht mit Urteil vom 24.3.2012 entschieden (Az: VIII ZR 220/11).
Das war passiert: Im Mai 2006 zweifelte das Kölner Verwaltungsgericht die Verfassungsmäßigkeit der Absatzfondsbeiträge an und rief das Bundesverfassungsgericht an. Daraufhin forderte die Erzeugergemeinschaft „Qualitätsfleisch“ w.V. im sächsischen Taubenheim den Schlachthof schriftlich auf, Widerspruch gegen alle künftigen Beitragsbescheide einzulegen. Doch dieser ignorierte das Schreiben, ließ weitere Beitragsbescheide bestandskräftig werden und zog den Bauern unverändert 0,51 € Absatzfondsbeitrag je Schlachtschwein ab.
Die Folge: Der Schlachthof konnte diese Beiträge, nachdem das Bundesverfassungsgericht das Absatzfondsgesetz kassiert hatte, nicht mehr zurückfordern und an seine bäuerlichen Lieferanten weiterleiten.
Daraufhin verklagten 13 Betriebe (EZG-Mitglieder) den Schlachthof auf Schadenersatz. Ihr Anwalt Thomas Zaeske aus Meißen trieb zwei Verfahren bis zum Bundesgerichtshof voran, die übrigen ruhten in dieser Zeit. Und die Rechnung ging auf: Der Schlachthof muss allen Klägern die ihnen von Ende 2006 bis 2008 abgezogenen Absatzfondsbeiträge vollständig erstatten – und hat dies inzwischen auch getan.
Folgende Überlegungen veranlassten die Bundesrichter zu ihrer eindeutigen Entscheidung:
- Aufgrund der bestehenden Liefervereinbarung mit der Erzeugergemeinschaft war der Schlachthof verpflichtet, auch die Interessen des Vertragspartners aktiv wahrzunehmen.
- Es war für den Schlachthof ohne weiteres erkennbar, dass die Aufforderung zum Widerspruch ausdrücklich im Namen der einzelnen Betriebe (EZG-Mitglieder) erfolgte. Im Zweifel hätte er bei diesen nachfragen müssen.
- Der Schlachthof könne sich auch nicht darauf berufen, mit dem Verzicht auf die Widersprüche habe er – sozusagen im Eigeninteresse – die Funktionsfähigkeit von CMA und Absatzfonds erhalten wollen.
- Hier sei das Interesse der Agrarbetriebe, die Beitragsbescheide rechtlich offen zu halten, vorrangig gewesen – zumal die Absatzfondsbeiträge für den Schlachthof lediglich ein „durchlaufender Posten“ waren, so dass er, unabhängig vom Erfolg oder Misserfolg der verlangten Widersprüche, keine Nachteile zu befürchten gehabt hätte.
„Für uns war die Entscheidung, gegen ein großes und finanzkräftiges Unternehmen rechtlich vorzugehen, nicht einfach“, betont EZG-Geschäftsführer Eberhard Nicklisch aus Taubenheim. Doch alle Versuche, zu einer gütlichen Einigung zu kommen, wurden vom Schlachthof abgeblockt. Sämtliche Klagen mussten lückenlos belegt und vorbereitet werden – „ein ziemlicher Kraftakt für uns“, so Geschäftsführer Nicklisch. „Um so glücklicher sind wir, dass der Bundesgerichtshof den Schweinemastbetrieben nunmehr in vollem Umfang Recht gegeben hat.“
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