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So überzeugen Sie Ihre Gemeinde

Lesezeit: 6 Minuten

Wollen Sie einen größeren Stall bauen, haben aber zu wenig Futterfläche, brauchen Sie einen Bebauungsplan. Dafür gilt es, die Gemeinde für Ihr Anliegen zu gewinnen. Wir haben uns umgehört, wie Sie am besten vorgehen und stellen drei Beispiele vor.


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Nachdem sich die Preise im vergangenen Jahr deutlich erholt haben, überlegt mancher Landwirt wieder zu bauen. Seit 2013 dürfen Sie größere gewerbliche Ställe aber nicht mehr im Außenbereich errichten. Ihr Stall gilt als gewerblich,wenn Sie weniger als 50% des Futters für ihre Tiere selber anbauen. Übersteigt die Tierzahl dann noch bestimmte Grenzen (siehe Übersicht 1), steht eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) an und Sie können den Stall nur bauen, wenn ihn ein Bebauungsplan (B-Plan) an dem geplanten Standort vorsieht.


Dabei gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die Gemeinde weist dort in einem B-Plan ein Sondergebiet für Tierhaltung aus oder Sie müssen den Bau gemeinsam mit der Gemeinde planen.


Dieses Verfahren nennt sich vorhabensbezogener B-Plan (VoB). Im Gegensatz zum B-Plan, den die Gemeinde alleine aufstellt, haben Sie beim VoB mehr Einfluss auf die Vorgänge. Sie müssen aktiv auf die Gemeinde zugehen und Ihr Projekt vorstellen. Zudem tragen Sie alle Planungs- und Erschließungskosten. „Das sind mit der Genehmigung 5 bis 10% der Baukosten“, weiß Mirko Leddermann, Planer und Büroleiter bei der Baukonzept Neubrandenburg GmbH. Auch muss Ihnen die Fläche des geplanten Standorts gehören oder langfristig zur Verfügung stehen.


Einen rechtlichen Anspruch auf einen VoB haben Sie nicht. Die Gemeinde entscheidet, ob Sie den VoB unterstützen will oder nicht. Der Plan muss dann mehrere Beschlussrunden überstehen, um rechtskräftig zu werden:


1. Aufstellungsbeschluss:

Als erstes sollten Sie Ihr Vorhaben dem Bürgermeister erklären und ihm einen formlosen Antrag überreichen mit dem Anliegen, einen VoB zu erstellen. Dieser Antrag geht je nach Größe der Gemeinde durch verschiedene Gremien bzw. Ausschüsse wie z.B. einen Bauausschuss. Diese treffen sich normal öffentlich, sodass Sie daran teilnehmen können. Leddermann kennt häufige Fragen, die auftauchen:


  • Welche Transportfahrten löst der Stall aus? Wo gehen die her?
  • Gelangen Keime in die Luft?
  • Wo entstehen Gerüche?
  • Gibt es Abluftfilter?
  • Was passiert mit der Gülle?
  • Welche Farbe und Höhe haben die Gebäude? Passen diese ins Landschaftsbild?
  • Welche Ausgleichsmaßnahmen führen Sie durch?


Diese Fragen beantwortet der Vorhabens- und Erschließungsplan, den Sie der Gemeinde vor dem Aufstellungsbeschluss vorlegen müssen. Den erstellt Ihr Architekt. Trotzdem sollten Sie an jeder Sitzung der Gremien und Ausschüsse teilnehmen. „Wollen Sie Ihre Pläne selbst vorstellen, klären Sie das vorher mit dem Leiter des Ausschusses ab. Sie dürfen dort nämlich nur auf Antrag sprechen“, weiß Matthias Reinkober, Abteilungsleiter für Planung und Umwelt der Stadt Lohne.


Die Ausschüsse tagen – in der Regel öffentlich – bis zu 12 Mal im Jahr. In großen Gemeinden noch häufiger. Den Aufstellungsbeschluss, die Entscheidung, ob der VoB aufgestellt wird oder nicht, trifft der Gemeinderat. Die Ausschüsse geben lediglich eine Empfehlung. „Drei Monate dauert es meist vom ersten Zusammentreffen mit der Gemeinde bis zum Aufstellungsbeschluss“, spricht Leddermann aus Erfahrung.


Ist der Beschluss getroffen, beauftragen Sie ein Planungsbüro, das den Planentwurf anfertigt. Meist hat die Gemeinde durch frühere Planverfahren eins an der Hand, das sie vorschlägt und dem sie vertraut. Wichtig ist, dass sich die Planer gut mit Ställeplanung auskennen. Wollen Sie daher ein bestimmtes Planungsbüro nehmen, verhandeln Sie mit der Gemeinde. Beharren Sie aber nicht auf Ihrem Recht wenn diese unbedingt ihr eigenes nehmen will.


2. Entwurfsphase:

Die Gemeinde ist gesetzlich verpflichtet, Bürger und zuständige Behörden, wie z.B. das Gewerbeaufsichtsamt, die Forstbehörde oder die Landwirtschaftskammer möglichst früh an den Planungen zu beteiligen. In der sogenannten Entwurfsphase prüfen die zuständigen Behörden den Standort und das Vorhaben. Dr. Daniela Schäfrich, Rechtsanwältin mit dem Schwerpunkt Landwirtschaft und Bauen, ergänzt dazu: „Für die Prüfung fertigen Gutachter beispielsweise Artenschutz- und Immissionsschutzgutachten an. Viele davon brauchen Sie später auch für ein großes BImSchG-Verfahren.“


Welche Gutachten Sie benötigen, weiß das Planungsbüro. Sie entscheiden, wer die Gutachten anfertigt. Nehmen Sie am besten Gutachter, die der Gemeinderat schon kennt und dem er vertraut. Aus allen Gutachten fertigt dann das Planungsbüro einen Vorentwurf für den B-Plan an. „Diese Phase dauert meist ca. ein Jahr, da Gutachten, wie beispielsweise das für den Artenschutz, viel Zeit kosten“, ergänzt Reinkober.


3. Auslegungsphase:

Diesen Entwurf legt die Gemeinde im Rathaus oder Bauamt aus und stellt ihn ins Internet. In dieser Auslegungsphase haben Bürger und Behörden einen Monat lang die Möglichkeit, Einwände an die Gemeinde zu tragen.


Die Gemeindegremien beraten über die Einwände und geben Empfehlungen. Als Landwirt erfahren Sie das in den Sitzungen. Letztendlich beschließt aber der Gemeinderat im sogenannten Abwägungsbeschluss, wie er auf die Einwände reagiert. Einwände, die nicht planverändernd wirken, berücksichtigt der Rat nämlich nicht. „Gibt jemand z.B. an, dass er pauschal gegen Massentierhaltung sei, wird der Einwand nicht berücksichtigt, da er nicht planungsrelevant ist“, erklärt Leddermann. Die Kommune teilt den Bürgern die Ergebnisse schriftlich mit. Der geänderte Plan liegt noch einmal für einen Monat aus, sodass Bürger und Behörden ggf. weitere Einwände anbringen können.


4. Satzungsbeschluss:

Wenn keine Einwände mehr kommen, erklärt der Gemeinderat in einem Satzungsbeschluss den VoB zu gemeingültigem Ortsrecht. Zudem legen Gemeinde und Landwirt in einem Durchführungsvertrag bestimmte Punkte fest, die nicht im Baugesetz stehen. Das kann z.B. die Farbe des neuen Stalls sein oder die zeitliche Frist, in welcher der Bauträger das Bauvorhaben umsetzen muss. Der VoB besteht aus dem anfänglichen Vorhabens- und Erschließungsplan, dem Durchführungsvertrag und dem B-Plan.


Viehstarke Regionen tolerant:

Wie aufgeschlossen Gemeinden gegenüber Stallbauten über VoBs sind, hängt oft vom Ausmaß bereits vorhandener Tierhaltung ab. „Meist sind Gemeinden in Regionen mit viel Tierhaltung toleranter gegenüber neuen Ställen“, sagt Mirko Leddermann. Sie kennen vorhandene Betriebe und reagieren gelassener, wenn diese sich erweitern wollen.


In NRW wurde hingegen trotz bereits zahlreich vorhandener Ställe bis heute kein einziger Stall über einen VoB realisiert. „Das liegt oft an den Kommunalpolitikern, welche die Wähler nicht verärgern wollen“, spricht Sonja Friedemann vom WLV aus Erfahrung. In NRW ist es seit dem Frühjahr 2017 noch schwieriger, da Sie laut neuem Landesentwicklungsplan Ställe nur noch an bestehende Siedlungen planen dürfen. Die neue Landesregierung will das aber wieder abschaffen, glaubt Friedemann. Leddermann ergänzt dazu: „Gegenwind von den Bürgern gibt es auch in touristischen Regionen oder Speckgürteln großer Städte.“Maike Schulze Harling

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