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Steuerbescheide: Bestehen Sie auf Ihr Recht!

Lesezeit: 7 Minuten

Steuerbescheide sind oft falsch. Wann sich ein Einspruch lohnt und wie Sie dabei vorgehen müssen, haben wir Steuerberater Arne Suhr aus Bremervörde gefragt.


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Wie lange hat das Finanzamt für die Bearbeitung einer Steuererklärung Zeit?


Suhr: Grundsätzlich gibt es dafür keine gesetzliche Vorgabe. Die Bearbeitung kann je nach Abgabezeitpunkt und durch Urlaub oder Krankheit des Bearbeiters einige Wochen bis Monate dauern. Wenn Sie länger als 12 Wochen auf den Bescheid warten müssen, sollten Sie ggf. beim Finanzamt nachfragen.


Steuerbescheide falle nicht immer positiv aus. Wie kann ich dann reagieren?


Suhr: Soweit der Steuerbescheid von der abgegebenen Steuererklärung abweicht, ist das Finanzamt verpflichtet, die Gründe dafür im Steuerbescheid zu benennen. Soweit für Sie die Argumentation des Finanzamtes nicht nachvollziehbar ist oder von der Rechtsprechung abweicht, können Sie in jedem Fall Einspruch einlegen.


Prüft meine Buchstelle oder der Steuerberater den Bescheid automatisch?


Suhr: Grundsätzlich ist die Prüfung des Bescheides ein eigenständiger Auftrag, der auch gesondert durch den Steuerberater abgerechnet werden kann. Ich empfehle immer, dem Steuerberater eine Empfangsvollmacht für die Steuerbescheide zu erteilen verbunden mit einer Prüfung der eingehenden Bescheide. Damit verpassen Sie dann auch keine Fristen. Passiert das doch, können Sie Ihren Steuerberater dafür haftbar machen.


Worauf sollte ich beim Prüfen des Bescheides besonders achten?


Suhr: Es gibt verschiedene Fehlerquellen. Überprüfen sollten Sie, ob alle Einträge aus Ihrer Steuererklärung im endgültigen Bescheid richtig übernommen wurden. Zahlendreher kommen leider immer wieder mal vor.


Lohnt sich ein Einspruch?


Suhr: Das Bundesfinanzministerium führt eine Statistik. Danach sind in etwa zwei von drei Einsprüchen erfolgreich.


Wie kann ich Einspruch erheben?


Suhr: Sie müssen Ihrem Finanzamt Ihren Einspruch per Post, E-Mail oder Fax zukommen lassen. Darüber hinaus können Sie Ihren Einspruch mündlich vortragen, die Angestellten werden Ihren Einspruch dann notieren und Sie müssen das Papier unterzeichnen.


Wie viel Zeit habe ich für einen Einspruch?


Suhr: Einen Monat nach Zustellung des Steuerbescheides. Als „zugegangen“ gilt der Steuerbescheid dabei drei Tage nach dem Datum des Bescheides. Fällt das Ende der Frist auf das Wochenende (Sonnabend oder Sonntag) oder einen Feiertag, endet die Frist am folgenden Werktag.


Muss ich den Einspruch unterschreiben und als Einspruch kennzeichnen?


Suhr: Nicht zwingend. Es muss sich aber aus dem Inhalt des Schreibens ergeben, welcher Steuerpflichtige bei welchem Bescheid (z.B. Einkommensteuererklärung 2016, Bescheid vom …) „Änderungswünsche“ hat.


Ist ein Einspruch kostenpflichtig?


Suhr: Nein. Soweit Ihr Steuerberater den Einspruch für Sie einlegt, wird er hierfür allerdings eine Gebühr nach der Steuerberatergebührenverordnung erheben. Die Höhe der Gebühr ist dabei von dem Streitwert abhängig und kann daher sehr unterschiedlich ausfallen. Am besten fragen Sie Ihren Steuerberater bezüglich der voraussichtlich anfallendenKosten.


Wann lohnt es sich, Einspruch zu erheben?


Suhr: Wenn Sie durch den Einspruch höhere Kosten haben als Sie möglicherweise vom Finanzamt erstattet bekommen, lohnt es sich aus rein finanzieller Sicht nicht. Allerdings sollten Sie nicht nur an das Kosten-Nutzen-Verhältnis denken. Wenn die Finanzbeamten beispielsweise einen Sachverhalt falsch eingeordnet haben, schlägt sich das nicht immer sofort im betroffenen Steuerbescheid nieder. Der Fehler kann Sie aber zu einem späteren Zeitpunkt einholen. Daher empfehlen wir, in einem solchen Fall den Zusammenhang mithilfe eines Einspruches direkt richtig zu stellen.


Muss der Fiskus den Einspruch prüfen?


Suhr: Ganz gleich um welche Beträge es sich handelt, das Amt muss Ihren Einspruch prüfen, soweit er zulässig war.


Welche Risiken sind mit einem Einspruch verbunden?


Suhr: Es kann passieren, dass der Steuerbescheid nach dem Einspruch schlechter ausfällt. Experten sprechen auch von der „Verböserung“. Wenn Sie Einspruch erheben, wird der gesamte betroffene Bescheid noch einmal geprüft. Fallen dem Finanzamt dann noch Fehler zu Ihren Ungunsten auf, kann der korrigierte Bescheid auch im Nachhinein schlechter für Sie ausfallen als der ursprüngliche.


Wie kann ich darauf reagieren?


Suhr: Wenn der Fall der „Verböserung“ eintritt, muss Sie das Finanzamt darüber informieren. Dann haben Sie Gelegenheit sich dazu zu äußern und Sie können Ihren Einspruch zurückziehen. Dann bleibt es bei dem ursprünglichen Bescheid.


Was kann ich unternehmen, wenn der Einspruch abgelehnt wird?


Suhr: Wenn der Einspruch abgelehnt wird und Sie der Meinung sind, dass die Ablehnung zu Unrecht erfolgte, haben Sie die Möglichkeit innerhalb eines Monats Klage vor dem zuständigen Finanzgericht zu erheben.


Angenommen der Fiskus erkennt Ausgaben nicht an, weil ich keine Belege eingereicht habe. Kann ich diese nachreichen?


Suhr: Ja, das ist auf jeden Fall möglich. Wenn Ihnen beispielsweise Spenden gekürzt wurden, weil die Spenden-quittungen fehlten, muss das Finanzamt Sie in dem Steuerbescheid darauf hinweisen. Dann können Sie die Spendenquittungen im Rahmen eines Einspruches beim Finanzamt nachreichen.


Was kann ich tun, wenn ich einen Teil meiner Betriebsausgaben oder einen Freibetrag vergessen habe, anzugeben?


Suhr: Dann empfehle ich ebenfalls, Einspruch zu erheben und die unterlassenen bzw. vergessenen Angaben nachzuholen und entsprechende Nachweise dem Finanzamt einzureichen.


Kann ich Steuernachzahlungen stunden?


Suhr: Eine Stundung von Steuerzahlungen ist nur in sehr engen Grundsätzen möglich. Das Finanzamt handelt nach dem Motto „das Finanzamt ist keine Bank“.


Grundsätzlich muss man zwischen einer technischen und echten Stundung unterscheiden. Wenn Sie beispielsweise Steuern nachzahlen müssen und gleichzeitig welche erstattet bekommen, dürfen Sie diese Beträge miteinander verrechnen. Das ist eine technische Verrechnung, die das Finanzamt in der Regel akzeptiert.


Eine „echte“ Stundung ist dagegen schwieriger und nur möglich, wenn die Begleichung der Steuerschuld eine „erhebliche Härte“ für Sie bedeuten würde, Sie aber auch gleichzeitig nachweisen können, dass Sie zu einem späteren Zeitpunkt solvent sind. Der Nachweis ist nicht immer einfach.


Bedenken Sie auch: Grundsätzlich fallen für Stundungen Zinsen an, die derzeit bei 6 % liegen.


Was ist eine erhebliche Härte?


Suhr: Das lässt sich nicht pauschal beantworten. Das Finanzamt muss dazu zwischen seinem eigenen und Ihrem Interesse abwägen. Nur wenn Ihnen durch die sofortige Zahlung der Steuerschuld eine „Ungerechtigkeit“ entsteht, liegt eine „erhebliche Härte“ vor.


Können Sie ein Beispiel nennen?


Suhr: Wenn infolge wegen einer Krankheit oder eines Spätfrostes oder starker Dürre die Ernte ausfällt und die Liquidität des Betriebes stark angeschlagen ist, kann eine „erhebliche Härte“ vorliegen. Allerdings prüft das Finanzamt in solchen Fällen auch die weiteren persönlichen Einkommensverhältnisse. Erst wenn auch diese angespannt sind, haben Sie möglicherweise mit einer Stundung Erfolg.


Mein Steuerbescheid enthält einen Vorläufigkeitsvermerk. Was bedeutet das?


Suhr: Es gibt zwei verschiedene Arten von „Vorläufigkeit“. Das Finanzamt kann zum einen Teile des Bescheides für vorläufig nach „§ 165 Abgabenordnung“ erklären. Das ist immer dann der Fall, wenn die Mitarbeiter des Finanzamtes einen bestimmten Sachverhalt noch nicht abschließend klären konnten. Darauf weist Sie das Finanzamt in Ihrem Bescheid hin.


Beispiel: Der Fiskus hat Zweifel, ob Sie überhaupt mit Ihrem Betrieb einen Gewinn erzielen wollen oder ob sie z.B. eine Nebenerwerbslandwirtschaft nur hobbymäßig betreiben. Wird Ihr Betrieb als Hobby eingestuft, dann dürfen Sie nämlich hieraus keine Verluste steuermindernd von Ihren sonstigen positiven Einkünften abziehen. Der Fiskus erklärt dann den Bescheid solange als vorläufig, bis der Sachverhalt abschließend geklärt wurde.


Das Finanzamt erklärt Steuerbescheide auch als vorläufig, wenn bestimmte Fragen noch vom Gericht geklärt werden müssen. Das betrifft zurzeit z.B. die Frage, ob die Höhe des Grundfreibetrages verfassungsgemäß ist. Die Finanzverwaltung erklärt dann die Bescheide vorsichtshalber als „vorläufig“, um so Masseneinsprüche zu vermeiden. Diese Gründe werden im Bescheid aber gesondert erläutert.


Während der Phase der „Vorläufigkeit“ verjährt der Bescheid nicht. Die Verjährung beginnt erst dann, wenn der Steuerbescheid gültig ist.


Ich kann auch „ein Ruhen des Verfahrens“ beantragen. Was bedeutet das?


Suhr: Soweit es zu einer bestimmten Rechtsfrage ein gerichtliches Verfahren gibt, kann man das Ruhen des Verfahrens im Rahmen eines Einspruchs beantragen, bis der Rechtsstreit geklärt ist und die Urteilsbegründung Hinweise auf die Beurteilung der eigenen Rechtsfrage gibt. Dies sollte man schriftlich machen mit einem Hinweis auf das laufende Verfahren – am besten also das Aktenzeichen des Verfahrens dem Finanzamt mitteilen. -ro-

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