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Tücken im Arbeitsvertrag

Lesezeit: 10 Minuten

Wer einen neuen Mitarbeiter einstellt, sollte unbedingt einen schriftlichen Arbeitsvertrag abschließen. Im schlimmsten Fall drohen sonst teure Rechtsstreitigkeiten.


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Theresa Krusen ist geschockt (alle Namen frei erfunden). Ihr Mitarbeiter Markus Schmidt verlangt die Auszahlung seiner Überstunden der vergangenen Jahre. Vor drei Jahren hat sie Schmidt auf ihrem Betrieb eingestellt, weil ihre Eltern etwas kürzergetreten waren. 100 Kühe plus Nachzucht schafft sie alleine nicht. Schmidt hatte damals seine landwirtschaftliche Ausbildung abgeschlossen. Er startete mitten in der Ernte. Die Zeit war hektisch und der Arbeitsvertrag liegt noch immer unbearbeitet auf Krusens Schreibtisch. Mündlich hatten beide abgemacht, dass Schmidt die Überstunden in ruhigeren Zeiten abfeiert. Laut seinen Aufzeichnungen sind aber noch 600 Stunden offen. Wer hat nun recht?


Schriftlicher Vertrag: ein Muss


Ein mündlicher Arbeitsvertrag ist zwar gültig. Im Streitfall fehlt aber der Beweis für verbal getroffene Abmachungen, z.B. die Bezahlung von Überstunden. Dann gilt das Gesetz, in diesem Fall das Mindestlohngesetz. Für Theresa Krusen heißt das: Schmidt hätte die Überstunden spätestens innerhalb eines Jahres abfeiern müssen, ansonsten hat er Anspruch auf die Auszahlung. Weil er diese nicht abgefeiert hat, muss Krusen ihrem Mitarbeiter die Überstunden der letzten drei Jahre auszahlen.


Beim nächsten Mitarbeiter wird alles anders. Krusen kennt nun das Nachweisgesetz. Demzufolge hat sie die wichtigsten Absprachen mit ihrem Mitarbeiter wie Höhe des Arbeitsentgeltes oder die vereinbarte Arbeitszeit spätestens einen Monat nach Arbeitsbeginn schriftlich festzuhalten. Dieses Schriftstück muss sie ihrem Mitarbeiter unterschrieben aushändigen. Deshalb schließt die Landwirtin am besten den kompletten Arbeitsvertrag schriftlich ab. Beide Parteien müssen den Vertrag unterzeichnen und er muss folgende Punkte enthalten:


  • Name und Anschrift von Arbeitgeber und Arbeitnehmer
  • Beginn des Arbeitsverhältnisses
  • bei Befristung die Dauer des Arbeitsverhältnisses
  • Arbeitsort
  • Beschreibung der Aufgaben
  • Lohn
  • Arbeitszeit und Überstundenregeln
  • eventuelle Nebentätigkeiten
  • Verschwiegenheitsverpflichtung
  • Urlaub
  • Kündigungsfristen
  • Ausschluss- und Verfallsfristen
  • bei einer Tarifbindung, Hinweis welcher Tarifvertrag gilt. Eine Tarifbindung liegt vor, wenn der Arbeitgeber im Arbeitgeberverband ist und dieser einen Tarifvertrag abgeschlossen hat. In der Landwirtschaft wäre das der Tarifvertrag für Landarbeiter.


Arbeiten auf Probe


Krusen will zunächst jemanden auf Probe einstellen und versucht es mit Matthias Hoffmann. Er hat zuvor drei Tage auf dem Hof mitgeholfen, damit die beiden sich besser kennen lernen. Dieses Mal steckt die Landwirtin rechtzeitig die Eckpunkte des Arbeitsvertrags mit ihrem Berater ab.


Um sicher zu gehen, dass sie sich in ihrem guten Gefühl nicht täuscht, vereinbart sie eine dreimonatige Probezeit. Sie schreibt Beginn und Ende der Probezeit in den Vertrag, damit nachher kein Streit über die Kündigungsfrist entsteht. Denn in der Probezeit dürfen beide innerhalb von zwei Wochen kündigen. Gesetzlich darf die Probezeit maximal sechs Monate betragen. Nach der Probezeit geht Hoffmanns Arbeitsverhältnis automatisch in eine unbefristete Anstellung über.


Ihr Berater weist sie auf die Fallstricke hin: Ein Arbeitsverhältnis kommt auch durch übereinstimmendes schlüssiges Verhalten, z. B. „geduldete Arbeitsaufnahme“ zustande. Das ist der Fall, wenn der Mitarbeiter auf dem Hof zu arbeiten beginnt und der Chef das duldet. Es entsteht eine gültige unbefristete Anstellung. Im Streitfall kann Krusen nur unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist (vier Wochen jeweils zum 15. oder zum Ende eines Monats) kündigen.


Will sie ihren Mitarbeiter nur befristet einstellen, müsste sie im Arbeitsvertrag Beginn und Ende des Arbeitsverhältnisses festlegen. Die Anstellung endet dann mit Fristablauf und ohne vorherige Kündigung.


Keine konkrete Arbeitszeit vereinbaren


Krusen beschreibt ebenfalls die Tätigkeit für Hoffmann im Vertrag. Hier reicht es, wenn sie ein entsprechendes Berufsbild wie „landwirtschaftlicher Geselle oder Hilfskraft“ einträgt. Damit Hoffmann im Streit nicht auf bestimmte Tätigkeiten oder einen konkreten Arbeitsort pochen kann, legt Krusen in einer Klausel fest, dass Hoffmann auch andere, vergleichbare Arbeiten auszuführen hat.


Krusens Berater hat ihr empfohlen, sich auf eine regelmäßige Monatsarbeitszeit von 174 Stunden (40 Stunden-Woche) zu einigen, die Hoffmann in ein Monatsarbeitszeitkonto einträgt. Die Stunden am Wochenende feiert er dann in der Woche ab. So lassen sich gerade auf tierhaltenden Betrieben, wie bei ihr, Wochenenddienste gut in die regelmäßige Arbeitszeit integrieren.


Neben der monatlichen Arbeitszeit hätte Krusen auch die Möglichkeit, eine Wochen-, oder Jahresarbeitszeit in den Vertrag zu schreiben. Eine wöchentliche Arbeitszeit passt bei Krusen mit den Wochenenddiensten nicht. Auch die Jahresarbeitszeit kommt für sie nicht infrage. Ihr ist es wichtig, dass Hoffmann die Mehrstunden der Wochenenddienste auch jeden Monat abfeiert, damit diese sich nicht am Jahresende häufen und er die Mehrstunden nicht mehr abfeiert. Dann muss sie diese als Überstunden auszahlen.


Krusen sollte auch bedenken, dass ein Übertragen der Mehrstunden auf den nächsten Monat arbeitsrechtliche Konsequenzen hat. Stehen auf Hoffmanns Arbeitszeitkonto mehr Monatsstunden als vereinbart, hat er immer das Recht, sich diese auszahlen zu lassen, auch wenn er dann vielleicht mal einen Monat weniger Stunden macht.


Das Problem trifft oft für Vertragsmuster aus dem Internet zu: Diese gehen von einer Wochenarbeitszeit aus, obwohl auf den Betrieben andere Überstundenregeln gelebt werden.


Damit Krusen ihren neuen Mitarbeiter flexibel einsetzen kann, legen beide keine konkrete Kernarbeitszeit fest, z.B.: 7.00 bis 16.00 Uhr. Sonst kann Hoffmann auf den Zeitraum bestehen.


Krusens Berater gibt ihr auch noch einen Tipp mit, da sie noch einen Minijobber mit ca. zehn Wochenstunden zum Melken einstellen will. Auch bei diesem muss die Milchviehhalterin eine regelmäßige Arbeitszeit im Vertrag vereinbaren. Ansonsten geht der Gesetzgeber von einer 20-Stunden-Woche aus, was Konsequenzen im Sozialrecht hätte. Die Deutsche Rentenversicherung könnte dann anlässlich von Betriebsprüfungen zu dem Ergebnis kommen, dass bei den Minijobbern eine Sozialversicherungspflicht besteht, da diese die zulässige Verdienstgrenze überschreiten. Dann müsste Krusen Beiträge nachzahlen.


Wie Überstunden behandeln?


Trotz des Wochenendausgleichs fallen bei Krusens gerade in der Ernte noch Überstunden an. Kann Hoffmann diese in dem Monat nicht abfeiern, müsste Krusen ihm diese auszahlen. Sie überlegt nun, welche Möglichkeiten sie hat:


  • Pauschalierung: Mit einer Überstundenpauschale, die die Landwirtin ihrem Mitarbeiter neben dem vereinbarten Monatslohn bezahlen würde, könnte sie max. 20% der vereinbarten Arbeitszeit als Überstunden abgelten. Das wären bei 174 Monatsstunden zusätzlich ca. 33 Überstunden pro Monat. Mehr sind laut Arbeitszeitgesetz nicht möglich, da dort nur 48 Wochenstunden erlaubt sind. Da läge Hoffmann dann drüber. Wichtig ist, dass die Milchviehhalterin die genaue Anzahl der Überstunden festlegt, die mit dem Gehalt abgegolten sind. Ansonsten ist die Vereinbarung nach dem Transparenzgesetz ungültig.
  • Auszahlung: Krusen muss Hoffmann die Überstunden mindestens zum vereinbarten Stundenlohn auszahlen. Er hat allerdings keinen Anspruch auf einen Überstundenzuschlag. Den gibt es nur, wenn eine Tarifbindung besteht oder beide den Zuschlag ausdrücklich im Vertrag vereinbart haben. Damit kein Streit entsteht, sollte Krusen den Zuschlag ausdrücklich ausschließen, wenn sie ihrem Mitarbeiter keinen regelmäßigen Zuschlag zahlen will.


Die Überstundenpauschale kommt für Krusen nicht in Frage. Gerade zur Erntezeit fallen mehr als 20% Überstunden an. Daher zahlt sie Hoffmann seine Überstunden aus. Sie einigen sich auf einen Überstundenzuschlag von 5 €.


Fester Lohn oder Erfolgsbeteiligung?


Bei der Lohnhöhe orientiert sich Krusen an der Qualifikation und Erfahrung von Hoffmann. Er ist 32 Jahre alt, und hat vor sieben Jahren seinen staatlich geprüften Agrarbetriebswirt absolviert. Daher vereinbaren sie einen Stundenlohn von 17 €. Angestellte mit weniger Erfahrung haben trotzdem Anspruch auf den Mindestlohn von 9,60 € (ab dem 1.1.2022 9,82 €). Außerdem will Krusen ihrem Mitarbeiter noch eine Erfolgsbeteiligung zahlen. Stimmen die Leistungen im Stall, möchte sie ihn damit zusätzlich motivieren.


Ihr Berater hat noch einen wichtigen Tipp: Wenn sie diese oder andere Sonderleistungen wie Weihnachtsgeld etc. in den Vertrag schreibt, muss sie diesen Betrag jedes Jahr an Hoffmann zahlen, egal wie es dem Betrieb finanziell geht.


Ihr Berater empfiehlt ihr, auf solche Passagen im Vertrag zu verzichten und ihrem Mitarbeiter lieber jedes Jahr individuell einen Mehrbetrag auf den Lohn draufzuzahlen. Dabei muss sie in der Lohnabrechnung vermerken, dass sie dieses Geld freiwillig gezahlt hat. Ansonsten sind auch solche außervertraglichen Beträge bindend, wenn die Landwirtin diese mindestens drei Jahre nacheinander auszahlt ohne den Mitarbeiter darauf hinzuweisen.


Krusen und Hoffmann könnten sich auch am Tarifvertrag orientieren. Dann ist im Arbeitsvertrag zu regeln, in welche tarifliche Lohngruppe der Arbeitnehmer passt. Besagt der Vertrag nur, dass der Arbeitnehmer nach den tariflichen Bestimmungen vergütet wird, ist das zu unbestimmt. Der Streit über die Lohnhöhe ist dann vorprogrammiert.


Wie hoch ist der Urlaubsanspruch?


Gesetzlich stehen einem Mitarbeiter so viele Urlaubstage zu, dass dieser vier volle Wochen Urlaub nehmen kann. Hoffmann stehen demnach 24 Urlaubstage zu, da er im Mittel sechs Tage in der Woche arbeitet. Bei Teilzeitkräften berechnet sich der Urlaub anteilig an der Arbeitszeit. So stehen einem Mitarbeiter, der 24 Stunden die Woche arbeitet, gesetzlich nur zwölf Urlaubstage zu.


Steht zum Urlaub nichts im Vertrag, gilt der gesetzliche Mindestanspruch. Krusen und Hoffmann einigen sich aber auf 30 Urlaubstage für das laufende Kalenderjahr. Die Milchviehhalterin kann Hoffmanns Urlaub bis auf den 31. März des Folgejahres schieben, wenn dringende betriebliche Gründe, wie ein erkrankter Mitarbeiter, dies erfordern. Auch Hoffmann sollte den Urlaub nicht ins nächste Jahr schieben, sonst verfällt der Urlaub womöglich. Krusen muss ihn allerdings jedes Jahr schriftlich darauf hinweisen, dass er den Urlaub bis zum 31. März des Folgejahres nehmen muss, ansonsten behält Hoffmann seinen Urlaub.


Die Landwirtin ist sich auch bewusst, dass Sie nur aus dringenden betrieblichen Gründen, z.B. in der Ernte, den Urlaub verweigern kann. Auch wird die Freizeitgestaltung in der Gesellschaft immer spontaner: Hoffmanns Familie wünscht sich ebenfalls Flexibilität in der Urlaubsorganisation. Daher planen er und Krusen so gut es geht die Wochenenden und große Urlaube. Die Landwirtin erstellt einen Plan für die Urlaubstage und die Wochenenddienste. Bei größeren Urlauben von mehr als drei Tagen soll Hoffmann möglichst zwei Monate vorher Bescheid geben. Ein oder zwei Urlaubstage kann er kurzfristiger anmelden.


Dauer und Beendigung des Arbeitsverhältnisses


Hoffmann hat mit Krusen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis abgeschlossen. Außerdem notierte sie eine längere Kündigungsfrist als gesetzlich vorgeschrieben im Vertrag. Sie hat Angst, dass sie nicht so schnell einen Ersatz findet, falls Hoffmann den Betrieb verlassen sollte.


Die gesetzliche Kündigungsfrist beträgt vier Wochen jeweils zum 15. oder zum Ende des Monats. Für Mitarbeiter, die länger als zwei Jahre im Unternehmen arbeiten, gelten je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit längere Kündigungsfristen. Das Gesetz sieht bis zu sieben Monate bei 20-jähriger Zugehörigkeit vor. Diese Fristen gelten für Krusen als Arbeitgeberin. Hoffmann könnte als Angestellter auch nach 20 Jahren im Betrieb innerhalb von vier Wochen kündigen, sofern im Vertrag nichts anderes steht. Damit das nicht passiert, vereinbart Krusen mit Hoffmann eine Kündigungsfrist von drei Monaten.


Hätte Krusen einen älteren Mitarbeiter eingestellt, endet sein Arbeitsverhältnis nicht automatisch, wenn er die gesetzliche Regelaltersrente beziehen kann. Sein Alter stellt auch keinen Kündigungsgrund dar. Hier entstünde ein klarer Cut, würde Krusen eine Altersgrenzenregelung in den Vertrag aufnehmen. Dann endet das Arbeitsverhältnis mit Erreichen der Regelaltersgrenze.


Ansprüche verfallen


Nach ihrer letzten Erfahrung will Krusen späteren Lohnansprüchen von Hoffmann bei einer Kündigung entgegenwirken. Sie verkürzt die Ausschlussfrist für Lohnansprüche auf drei Monate. Macht Hoffmann innerhalb dieser Frist ausstehende Lohnansprüche nicht geltend, verfallen diese. Gesetzlich gilt die Frist drei Jahre lang, falls nichts anderes im Arbeitsvertrag steht. Mindestens muss sie drei Monate betragen.


Krusen vertraut gerade bei dieser Klausel auf ihren Berater. Denn die vertraglichen Ausschlussfristen sind nach Auffassung der Rechtsprechung zwar zulässig; allerdings gibt es regelmäßig neue Urteile dazu. Berücksichtigen die Vertragsklauseln diese Urteile nicht, sind die Fristen ungültig.


Beispielsweise sind Ausschlussfristen, die Ansprüche in Schriftform verlangen, seit dem 1.10.2016 unwirksam. Laut Rechtsprechung sind auch Mails, Faxe oder sogar Whatsapp erlaubt. Bisher ist Krusens Vertrag in Bezug auf die Anschlussfrist korrekt. Damit durch neuere Urteile die Ausschlussfrist in Krusens Vertrag nicht ungültig wird, kann sie in dem Fall nachträglich eine Zusatzvereinbarung einbringen.


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Unser Autor


Torsten Kasimir, Arbeitgeberverband AGE Niedersachsen eV. Oldenburg

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