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Umbauen für Senioren

Lesezeit: 5 Minuten

Pflegebedürftige Senioren und Bauernhof – das kann gut zusammenpassen. Wir zeigen, wie das in der Praxis funktioniert.


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Ein Leben auf dem Bauernhof können sich viele pflegebedürftige Senioren gut vorstellen: eine oft schöne Umgebung, reichlich Platz und vor allem Anregungen durch das alltägliche Hofleben. Fragt man Experten, ist die Nachfrage danach sehr groß. Bislang sind es aber nur wenige Höfe, die z.B. Tagespflegeeinrichtungen oder Pflege-Wohngemeinschaften anbieten.


Vielleicht eine Chance für den ein oder anderen Betrieb, das ein oder andere alte Gebäude? Dabei eins vorab: Pflegerisches Know-how brauchen Sie dafür nicht, wohl aber Offenheit und echtes Interesse an alten Menschen.


So funktioniert Tagespflege


Tagespflege ist ein Angebot, bei dem pflegebedürftige Menschen tagsüber in einer Einrichtung betreut werden. Angehörige oder Fahrdienste bringen die Senioren morgens hin und holen sie nachmittags wieder ab. Die Kosten der Tagespflege trägt i.d.R. die Pflegekasse.


Vorteil für Landwirte ist, dass die Senioren nur bestimmte Zeiten da sind, so können lärm- und geruchsintensivere Arbeiten wann anders erledigt werden.


Erste Voraussetzung für eine Tagespflege auf dem Hof ist ein geeignetes Gebäude, das zu einem großzügigen Raum mit Küche und großem Bad umgenutzt werden kann. Am besten ist ein ebenerdiger, barrierefreier bzw. -armer Raum. Günstig ist außerdem eine Terrasse oder ein Zugang zu einem abgegrenzten Garten. Auf den Hof gehen die Tagesgäste nur in Begleitung.


Baurechtlich ist eine Tagespflegeeinrichtung auf landwirtschaftlichen Betrieben genehmigungsfähig, sowohl im Innen- als auch im Außenbereich. Erhöhte Anforderungen gibt es aber z.B. beim Brandschutz und bei der Anzahl an Parkplätzen. „Für Geruchsimmissionen gibt es keine speziellen Grenzwerte“, erklärt Baurechtsexpertin Sonja Friedemann vom Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverband. Sie rät Landwirten aber schon im Vorfeld Immissionsgutachten zu beauftragen. Kostenpunkt: ca. 2000 €. „Unserer Erfahrung nach sind die Anforderungen aber weniger streng als bei Wohnungen“, berichtet Maria Nielsen, Beraterin für Soziale Landwirtschaft der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein.


Die fertige Tagespflegeeinrichtung selbst übernimmt dann meistens ein Träger der Altenpflege als Mieter. Der Landwirt ist lediglich Vermieter. Der Arbeitseinsatz für den Landwirt und die Familie bleibt damit überschaubar.


Die Kosten für den Umbau hängen maßgeblich vom Gebäude ab, am ehesten vergleichbar mit dem Bau einer Wohnung. Förderung gibt es ggf. durch Diversifizierungsprogramme, zinsgünstige KfW-Kredite oder länderspezifische Programme für die Pflege.


Investieren sollten Sie aber nur, wenn vor Ort ein entsprechender Bedarf vorliegt. Sprechen Sie deshalb im Vorfeld mit Akteuren aus dem Pflegebereich und der Verwaltung. Als Mieteinnahmen, so Maria Nielsen, können Landwirte dann die ortsübliche Miete kalkulieren, ggf. auch etwas mehr.


Senioren-WG auf dem Hof


In einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft leben mehrere pflegebedürftige Senioren gemeinsam in einer großen Wohnung bzw. einem Haus. Dabei vermietet der Landwirt i.d.R. jedem Bewohner sein eigenes Zimmer plus Bad (ggf. geteilt), hinzu kommen WG-Küche und Gemeinschaftsräume. Für die Pflege nehmen die Bewohner einen Pflegedienst (ggf. mehrere) in Anspruch.


„Landwirtschaftlicher Betrieb und Hoffamilie können den Bewohnern ein ideales Umfeld bieten“, so Nicolas Teixeira, der zusammen mit Guido Pusch, dem Pflegebauernhof-Pionier aus Marienrachdorf, Rheinland-Pfalz, „Zukunft Pflegebauernhof“ gegründet hat. Gemeinsam unterstützen sie Landwirte bei der Entwicklung solcher Angebote.


Der Betrieb kann sich mit Pflege-WGs eine zusätzliche Einnahmenquelle schaffen. „Vorausgesetzt, Betrieb und Familie stehen mit ganzem Herzen dahinter“, so Kerstin Rose, Beraterin für Soziale Landwirtschaft beim Landwirtschaftsamt in Passau.


An der Pflege der Bewohner muss sich der Landwirt bzw. seine Familie nicht beteiligen. Meist ist es ein Pflegedienst, der im Auftrag der Bewohner die Pflege für alle Senioren übernimmt. „Das ist schon deshalb sinnvoll, da nur so die vielfach notwendige 24-Stunden-Pflege gewährleistet werden kann“, erklärt Maria Nielsen. „Und das funktioniert in der Praxis auch nur dann“, so die Beraterin, „wenn die WG mindestens zehn bis zwölf Bewohner hat.“ Nicolas Teixeira empfiehlt aus wirtschaftlichen Gründen sogar 20 bis 24 Bewohner, verteilt auf zwei Pflege-WGs, am besten ergänzt durch eine WG für rüstige Senioren. Pro Bewohner sollten dabei mindestens 30 bis 40 m² geplant werden, so die Meinung von Experten. Für interessierte Betriebe heißt das: Sie müssen in die Vollen gehen.


Entsprechend große Gebäude sind oft vorhanden. „Gerade alte Kuhställe eignen sich schon von den Maßen her oft sehr gut“, weiß Nicolas Teixeira. Baurechtlich gilt eine WG in der Regel als Wohnung und ist im Innen- und Außenbereich genehmigungsfähig, so Sonja Friedemann (top agrar 2/22 Seite 40 ff). Für z.B. den Brandschutz gelten aber erhöhte Anforderungen.


Hoher Planungsaufwand


Angesichts der explodierenden Baukosten kommen schnell Investitionskosten in Millionenhöhe zusammen. Ohne eine passende Förderung ist das oft kaum machbar. Dabei greifen z.B. Diversifizierungs- und KfW-Programme, die LEADER-Förderung, ggf. auch länderspezifische Programme für die Pflege.


„Auf der Haben-Seite stehen aber sichere Mieteinnahmen, oft oberhalb der ortsüblichen Miete – getragen von den Bewohnern. Gegebenenfalls springt sogar das Sozialamt ein“, so Nicolas Teixeira. Darüber hinaus können Landwirte Dienstleistungen anbieten, wie zum Beispiel Hausmeistertätigkeiten, Wäsche- und Einkaufsdienste oder Fahrdienste. Diese Leistungen zahlen die Bewohner, ggf. ist auch eine Abrechnung mit den Pflegekassen möglich.


„Die Einrichtung von Senioren-WGs ist für Landwirte vielfach Neuland und mit komplexen Fragestellungen verbunden“, so Teixeira. Als Einstieg können Landwirte z.B. Seminare zur Sozialen Landwirtschaft besuchen, Betriebe besichtigen und sich beraten lassen. Dann geht es darum, den Bedarf vor Ort zu ermitteln und sich ehrlich zu fragen, ob das Konzept zu Betrieb und Familie passt. Ist die Entscheidung gefallen, sollten Landwirte alle Akteure ins Boot holen: Bürgermeister, Gemeinde, Landwirtschaftsamt bzw. -kammer, Baubehörde, Pflegeaufsicht usw. ▶


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anne.schulzevohren@topagrar.com

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