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Unser Weg zum Vollweide-Betrieb

Lesezeit: 6 Minuten

Familie Breinbauer hat ihre Kühe vor acht Jahren auf Vollweide mit saisonaler Abkalbung umgestellt. Hat sich dieser Schritt gelohnt? Es berichtet Siegfried Steinberger, LfL Bayern.


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Steigende Produktionskosten bei gleichzeitig sinkenden Milcherlösen. Diese Situation veranlasste Franziska und Georg Breinbauer aus Tittling (Lkr. Passau) dazu, sich vor etwa zehn Jahren intensiv über die künftige Milchviehhaltung Gedanken zu machen.


Die Ausgangssituation:

Zu diesem Zeitpunkt hielten sie 80 Kühe der Rasse Fleckvieh sowie einige Kreuzungstiere. Hinzu kamen etwa 120 Stück Nachzucht. Die Fütterung haben sie einige Jahre vorher auf Voll-TMR umgestellt, die Milchleistung betrug knapp 8000kg Milch je Kuh und Jahr. Der Hofnachfolger Michael befand sich damals noch in der Schulausbildung und das Ehepaar Breinbauer war nicht mehr bereit, die enorme Arbeitsbelastung zu schultern.


2008 erfuhr Georg Breinbauer vom Vollweideprojekt der LfL Bayern, bei dem Pilotbetriebe auf Vollweide mit Kurzrasen und saisonaler Abkalbung in den Wintermonaten umgestellt wurden. Nach einer eingehenden Betriebsberatung durch die LfL stand sein Entschluss fest, die Milchviehhaltung von ganzjähriger Stallhaltung komplett auf Weidehaltung umzustellen.


Systematische Umstellung.

Weil ausreichend arrondierte Flächen zur Verfügung standen, begannen im Winter 09/10 intensive Planungen zur Verwirklichung des Vorhabens. 32ha mussten eingezäunt, Tränken installiert werden. 25ha Acker waren in Grünland umzuwandeln.


Im Mai 2010 folgte der erste Weideauftrieb des Jungviehs. Gleichzeitig wurde ab Juni kein Tier mehr belegt, damit die letzten Kalbungen Anfang März 2011 erfolgten. Kühe, die regelmäßig rinderten, nicht zu besamen, kostete die Landwirte einiges an Überwindung. Im Herbst 2010 – ein Großteil der Kühe war altmelkend – gewöhnten sie die 80 Kühe an die Weide. „Es ist unglaublich schwer, Tiere, die ein Leben lang TMR gefressen haben, wieder an die Weide und ans Gras zu gewöhnen“, so die Erfahrung der Familie.


Mittlerweile ist die Milchviehherde auf 120 Kühe angewachsen und die Weidehaltung des gesamten Viehbestandes Routine. Für das Jungvieh stehen 8ha und für die Milchkühe mittlerweile 32ha zur Verfügung. In den Sommermonaten sind die Tiere ausschließlich draußen, dabei setzt der Betrieb konsequent auf das System der Kurzrasenweide.


Problem Sommertrockenheit:

In den Wintermonaten legt Georg Breinbauer eine auf ca. 30kg Milch ausgelegte Voll-TMR vor.


Zu Beginn der Weidesaison gibt es noch etwas Kraftfutter am Futtertisch als Lockfutter, damit der Durchtrieb durch den Melkstand flotter läuft. Die Milchleistung der Herde beträgt aktuell 7500 kg Milch je Kuh und Jahr. In den letzten Jahren machten sich auch am Betrieb Breinbauer die Auswirkungen des Klimawandels in Form einer immer stärker ausgeprägten Sommertrockenheit bemerkbar. Vor allem 2017 musste über einen Zeitraum von sechs Wochen Silage zugefüttert werden.


Damit in der sommerlichen Trockenheit die Kühe bereits altmelkend sind, haben sie die Abkalbungen vorgezogen. In der Regel beginnen sie bereits ab dem 1. Januar mit der künstlichen Besamung. Bis zum Weideaustrieb ist dann ein Großteil der Tiere bereits trächtig, was zu wesentlich mehr Ruhe auf der Weide beiträgt.


Bis Ende Mai läuft ein Deckbulle in der Herde mit. Etwa 90% der Kälber werden von Oktober bis Januar geboren. Nachzügler kommen bis Anfang März zur Welt. Neben der Verbesserung der Arbeitseffizienz in der Kälberaufzucht ist die Unterbrechung der Infektionskette durch die konsequente Stallruhe im Sommer ein weiterer entscheidender Vorteil der saisonalen Abkalbung.


Weniger Verluste:

Kälberstall, Iglus und deren Standplätze werden nach der Kalbesaison gewaschen und desinfiziert. Die gesamte Anlage trocknet über den Sommer aus und die Keimbelastung reduziert sich auf ein Minimum.


Die Kälberverluste – einschließlich der Zwillingsgeburten – sanken dadurch seit der Umstellung deutlich (Übersicht 1). Das trägt nicht nur zur wirtschaftlichen Verbesserung bei, sondern mindert vor allem auch die psychische Belastung von Franziska Breinbauer, die für die Kälberaufzucht verantwortlich ist.


Die Kälber verbringen die ersten zwei Wochen in Einzeliglus, danach gehen sie in die Gruppenhaltung. Aus dem Milchtaxi erhalten sie Joghurttränke, die bei extremer Kälte angewärmt wird. Nach einer Tränkedauer von ca. zehn Wochen sind die Tiere bereits an eine Trocken-TMR gewöhnt. Ende April/Anfang Mai erfolgt der Weideauftrieb unter Vollweidebedingungen – also ohne Zufütterung von Kraftfutter.


Im darauffolgenden Winter steht bei Rindern ab 14 Monaten – wiederum ab dem 1. Januar – die künstliche Besamung an. Auch bei ihnen läuft bis Anfang Mai ein Deckbulle auf der Weide mit. Am Betrieb selbst gibt es dann nur noch Kälber oder trächtige Kalbinnen. In Übersicht 2 auf Seite 38 ist die Entwicklung des Erstkalbealters (EKA) der Herde im Vergleich zum Durchschnitt im Landkreis dargestellt.


Obwohl internationale und deutsche Untersuchungen ein Erstkalbealter von 24 bis 26 Monaten als optimal ansehen, findet man in der Praxis noch viel Skepsis für dieses Vorgehen.


Dabei müssen die Tiere nicht „intensiv“ aufgezogen werden, die erforderlichen Lebenstagzunahmen von im Mittel ca. 750g sind auch für einen Durchschnittsbetrieb keine Hexerei. Vielfach herrscht die Meinung, dass so jung abkalbende Tiere an „Lebenskraft“ verlieren und verfrüht abgehen. Beobachtungen auf gut geführten Weidebetrieben zeigen jedoch genau das Gegenteil. In Übersicht 3 ist die Entwicklung der durchschnittlichen Nutzungsdauer (ND) der lebenden Kühe im Betrieb Breinbauer abgebildet. Vor der Umstellung auf Weidehaltung lag der Betrieb hinsichtlich der ND unter dem Durchschnitt des Landkreises. Danach stieg sie trotz Aufstockung mit eigener Nachzucht kontinuierlich an. Aktuell liegt sie um circa 326 Tage – und damit mehr als eine gesamte Laktation – über dem Schnitt der Vergleichsbetriebe! Analog dazu stieg die durchschnittliche Lebensleistung der lebenden Kühe auf 23335 kg Milch je Kuh und übertrifft die Vergleichsbetriebe um 5100kg Milch (Übersicht 4).


Mehr Futterfläche?

Durch die konsequente Weidehaltung mit saisonaler Abkalbung, wurde Futterfläche frei. Warum? Die saisonale Abkalbung zwang den Betriebsleiter, seine Kalbinnen mit 24 bis 25 Monaten das erste Mal abkalben zu lassen. Ein EKA von 36 Monaten ist hierbei keine Option.


Die Senkung des EKA um drei bis vier Monate reduzierte den Futterbedarf in der Jungviehaufzucht und machte Stallplätze frei. Da die ND mittlerweile fast um ein Jahr verlängert werden konnte, ist nicht mehr so viel Jungvieh für die Remontierung nötig. Aktuell werden 30 Kälber zur Nachzucht aufgezogen. Auch diese Entwicklung setzt wieder Futter und Stallplätze frei. So ist zu erklären, dass die Aufstockung der Milchviehherde von 80 auf 120 Kühe (+ 50%) ohne zusätzliche Futterfläche möglich war. Dies gilt ebenso für die produzierte und verkaufte Milchmenge, die ebenfalls um ca. 50% ohne Flächenzupacht und ohne Leistungssteigerung erhöht werden konnte.


Für Betriebe, die die Vorgaben der Düngeverordnung hinsichtlich Nährstoffsalden nicht erfüllen, würde die beschriebene Entwicklung mit niedrigerem EKA und längerer Nutzungsdauer eine spürbare Entlastung mit sich bringen.


Wir halten fest:

Für Familie Breinbauer hat sich die Umstellung des Betriebes auf Vollweide mit saisonaler Abkalbung bewährt. Die Herdengesundheit und die biologischen Leistungen haben davon deutlich profitiert. Als größten Zugewinn sehen Franziska und Georg Breinbauer jedoch den enormen Zugewinn an Arbeits- und Lebensqualität. Und so ist auch der Hofnachfolger Michael bereits vom „Weidefieber“ infiziert und lebt dieses System.


Nachahmern raten sie dazu, sich vor einer solchen Betriebsumstellung umfangreiche Informationen einzuholen und einen Umstellungsplan zu erstellen. Dieser müsse die nötigen Maßnahmen sowie Terminvorgaben beinhalten. Familie Breinbauer betont: „Der Erfolg des Milchproduktionssystems „Vollweide mit saisonaler Abkalbung“ liegt in erster Linie in einer konsequenten Umsetzung.“-sl-

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