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Was hilft gegen Klimastress?

Lesezeit: 5 Minuten

Wetterkapriolen können Betriebe in den finanziellen Ruin treiben. Immer wichtiger wird daher eine funktionierende Risikovorsorge.


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Die Trockenheit im Jahr 2018 ließ die Erträge dahinschmelzen – und mit ihnen auch die Betriebsergebnisse. „In einem solchen Extremjahr sind Ad-hoc-Hilfen, wie wir sie im vergangenen Jahr geleistet haben, sinnvoll“, erklärte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) in ihrem Impulsreferat auf der kürzlich in Berlin stattgefundenen top agrar-Veranstaltung „Landwirtschaft im Dialog“. Das Ziel des 340 Mio. €-Hilfsprogramms sei es gewesen, den durch die Dürre in der Existenz gefährdeten Betrieben einen Teilausgleich zu zahlen. Dass dies offensichtlich erfolgreich war, zeigten die fast 9500 Anträge mit einem Volumen von 393 Mio. €.


Allerdings – so Dr. Hermann Onko Aeikens, Staatssekretär des BMEL – verlief die Abwicklung in einigen Bundesländern viel zu langsam. Obwohl der Bund die Mittel im vorherigen Jahr zügig zur Verfügung gestellt habe, kam das Geld oft erst sehr spät bei den Betrieben an.


Weil die Soforthilfen immer wieder gesellschaftliche Kritik auslösen und für die Bauern viel Bürokratie bedeuten, sollten sie eine Ausnahme bleiben. Darüber waren sich die Podiumsteilnehmer einig. Doch wie sieht ein optimales Risikomanagement aus?


Versicherungen als Lösung?


Möglich ist es, sich mit Versicherungen gegen Wetterrisiken zu wappnen. „Weil das Risikobewusstsein stetig wächst, sind bundesweit mittlerweile rund 1 Mio. ha gegen die Gefahren Sturm, Starkregen und Starkfrost versichert“, erklärte Dr. Rainer Langner, Vorstandsvorsitzender der Vereinigten Hagel. „Die Nachfrage wächst momentan enorm“.


Eine große Lücke klafft jedoch bei der Gefahr Dürre. Es gibt zwar Versicherungsprodukte, wegen des riesigen Schadpotenzials sind diese zurzeit aber sehr teuer. Daher liegt die gegen Dürre versicherte Fläche unter 50000 ha.


In diesem Punkt der Risikovorsorge hat Deutschland nach Meinung von Dr. Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Hagelversicherung, noch ordentlich Nachholbedarf. „Bei uns in Österreich liegt die Versicherungssteuer für alle Risiken wie Dürre, Sturm, Starkregen usw. einheitlich bei 1% der Prämie“, erklärte er. „Alle Risiken werden zudem mit 55% bezuschusst.“


Zudem bewerteten er und Eberhard Hartelt, Umweltbeauftragter des DBV, das Modell in den USA als wegweisend. Die US-Farmer zahlen bei abgesenkter Versicherungssteuer einen Eigenanteil. Bei Schäden wickelt die Versicherung zügig ab, als Rückversicherer haftet das US-Landwirtschaftsministerium.


Für die Einführung eines ermäßigten Steuersatzes für Versicherungen gegen Trockenheit von 0,03% (statt 19%) der Versicherungssumme sprach sich Ministerin Julia Klöckner aus. Die dafür nötigen Gesetzesänderungen könnten bereits in Kürze im Bundeskabinett behandelt werden.


Schwierig sei laut Aeikens aber die Bezuschussung von Versicherungsprämien. Einige EU-Länder nehmen das Geld dafür aus der 1. und 2. Säule, was dort dann fehle. Dazu kommt noch der Vorschlag der EU-Kommission, in der neuen Förderperiode die Gelder der 1. Säule um 3,9% und die der 2. Säule um 15% zu senken. Dann seien hitzige Debatten vorprogrammiert. Alternativ, so Aeikens weiter, sei es möglich, „fresh money“ aus dem nationalen Topf zu beantragen. Inwieweit sich der Bundesfinanzminister davon aber überzeugen lasse, bleibe zumindest fraglich.


Gibt es steuerliche Ansätze?


Diskutiert wurde im Rahmen der Veranstaltung auch die sogenannte steuerliche Risikoausgleichsrücklage, für die sich vor allem der Deutsche Bauernverband stark macht. Diese soll es Landwirten ermöglichen, in erfolgsstarken Jahren Liquiditätsreserven aus unversteuertem Gewinn auf einem separten Konto anzulegen. Diese Reserven könnten sie dann in Extremjahren gewinnwirksam auflösen.


Befürworter ist Prof. Dr. Norbert Hirschauer von der Universität Halle-Wittenberg. „Das Instrument kann zur betrieblichen Risikovorsorge beitragen, wenn es nicht nur zur Steuervermeidung dient. Das heißt, der Landwirt muss ab einem bestimmten Einkommen verpflichtet werden, ein Liquiditätsreserve aufzubauen. Und er muss diese auflösen können, wenn das Einkommen eine gewisse Grenze unterschreitet.“ Das BMEL beurteilte die Risikoausgleichsrücklage dagegen kritisch, weil sie eher den finanzstarken Betrieben helfe.


Ein weiteres Instrument, um sich vor Extremwetter zu schützen, ist die vom Gesetzgeber bereits beschlossene Tarif- bzw. Gewinnglättung. Demnach zieht der Fiskus bei der Bemessung der Einkommensteuer den geglätteten dreijährigen Durchschnittsgewinn eines Betriebes heran. Dadurch fällt die Steuerzahlung gleichmäßiger aus mit der Folge einer Steuerersparnis.


„Dieses System kappt die Progression und hilft den kleinen und großen Betrieben“, erklärte Befürworter Aeikens. Anders sieht das Prof. Norbert Hirschauer. „Die Regel ist das Papier, auf dem sie steht, nicht wert“. Dabei verweist er auf eine Untersuchung des Bayerischen Rechnungshofes, die der Gewinnglättung für bayerische Betriebe nur eine geringe Steuerentlastung bescheinigt. Aeikens führt dies auf die bayerischen Strukturen zurück. In anderen Bundesländern wird das Instrument seiner Ansicht nach sehr wohl greifen.


Eigene Vorsorge gefragt


Dass zur Risikovorsorge auch aufgelockerte Fruchtfolgen, wassersparende Bodenbearbeitungsverfahren oder eine Preisabsicherung an Börsen gehören, darüber war sich das Podium zusammen mit Landwirt Dr. Jürgen Ohls von der Agrargesellschaft Fahrenwalde einig. Wichtig war dem Landwirt zudem, dass die Politik unter den immer schwierigeren Produktionsbedingungen die Wettbewerbsverzerrungen abbaut. „Importware muss dieselben Kriterien erfüllen, die bei uns angelegt werden.“


Um die Planung für Landwirte zu verbessern, kann auch die Forschung helfen. „Wir entwickeln zurzeit PC-Simulationsprogramme, um Extremwetterlagen sehr langfristig und räumlich differenziert vorhersagen zu können“, sagte Dr. Christoph Gornott vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Sein Ziel ist, die Vorhersage so genau treffen zu können, dass Landwirte ihr Produktionsverfahren an die Großwetterlage anpassen können. Wie wichtig das ist, zeigt seine düstere Prognose: „Wir befinden uns mitten im Klimawandel. Ohne Maßnahmen steuern wir auf eine 4°C wärmere Welt hin.


matthias.broeker@topagrar.com

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