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Was zum Hof gehört – und was nicht

Lesezeit: 10 Minuten

Wovon es abhängt, wie gewerbliche Betriebszweige erbrechtlich behandelt werden.


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Nicht jede gewerbliche Aktivität ist erbrechtlich problematisch. Es kommt u.a. darauf an, wie eng oder locker sie mit dem landwirtschaftlichen Betrieb verbunden ist, welcher Bereich dominiert und ob Betrieb und Gewerbe ohne größere Probleme trennbar sind.


Hier ein Überblick über die wichtigsten Fälle und Beispiele aus der Praxis.


Das gilt beiBiogasanlagen


Wie eine Biogas-Anlage erbrechtlich eingestuft wird, ist in zwei Schritten zu prüfen. Als erstes geht es um die Frage, ob die verwendeten Gärsubstrate überwiegend (zu mehr als 50 %) selbst erzeugt werden, oder ob sie überwiegend zugekauft wurden.


Stammen die Input-Materialien überwiegend vom eigenen Betrieb, wird unter Agrarjuristen die Auffassung vertreten, die Biogasproduktion stelle einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb dar. Im Erbfall gilt dann auch für sie das Höfe- oder Landgut-Erbrecht.


Erst wenn überwiegend Zukauf-Sub-strate eingesetzt werden, soll kein Nebenbetrieb mehr vorliegen, sondern ein Doppel- oder Gemischtbetrieb.


Es ist dann (als zweite Stufe) zu prüfen, ob das Grundstück, auf dem die Anlage steht, noch zum Hof gehört oder nicht. Hofzugehörig ist eine Parzelle dann, wenn sie von der Hofstelle aus landwirtschaftlich genutzt wird, z.B. ackerbaulich. Ist der Biogas-Standort ausgemessen und abparzelliert, wird man davon ausgehen können, dass eine rechtliche und tatsächliche Trennung der Biogasproduktion vom landwirtschaftlichen Betrieb möglich ist. Dann liegt – erbrechtlich gesehen – ein Doppelbetrieb vor. Der landwirtschaftliche Betrieb vererbt sich also nach Höfe- oder Landgutrecht, der Biogasbetrieb nach allgemeinem Erbrecht. Sind mehrere Erben vorhanden, entsteht bezüglich der Biogas-Anlage eine Erbengemeinschaft – mit dem entsprechenden Konfliktpotenzial. Wenn sich diese auseinandersetzt, wird dies in der Regel auf der Basis der Verkehrswerte geschehen.


Steht die Biogasanlage aber z.B. auf der Hofstelle oder auf einer ungeteilten, vom Hof aus weiterbewirtschafteten Fläche, ist eine rechtliche Trennung nicht möglich. Dann liegt ein Gemischtbetrieb vor. Die Konsequenz: Im Erbfall gilt für Betrieb plus Biogas-Anlage entweder insgesamt das landwirtschaftliche Erbrecht oder das allgemeine Erbrecht – je nachdem, welcher Teil überwiegt (siehe Seite 42 bis 34).


Leider gibt es zu diesen Fragen bisher keine eindeutige Rechtsprechung. Es bleiben also Unsicherheiten. So könnte argumentiert werden, dass die Biogas-Anlage auch dann nicht als Nebenbetrieb einzustufen wäre, wenn überwiegend eigene Substrate eingesetzt werden. Begründung: In der Biogas-Anlage finde nicht einfach nur eine Verarbeitung statt, sondern es entstehe ein ganz neues Produkt in Form von Strom und Wärme.


Demnach gehöre zwar der Anbau der Energiepflanzen unverändert zur Landwirtschaft. Der Betrieb der Biogas-Anlage, deren Strom und Wärme verkauft (also eingespeist) werden sollen, sei aber schlicht als gewerbliche Tätigkeit einzustufen. Nach dieser Sichtweise läge erbrechtlich kein Nebenbetrieb, sondern entweder ein Doppel- oder ein Gemischtbetrieb vor.


Die Folge: Steht die Biogas-Anlage auf einer ausparzellierten Fläche, könnte es im Erbfall passieren, dass sich zwar der Hof nach landwirtschaftlichem Erbrecht vererbt, nicht aber die Biogas-Anlage. Insofern ist es in jedem Fall ratsam, rechtzeitig Vorsorge zu treffen, entweder durch ein Testament oder eine andere erbrechtliche Regelung (siehe Beitrag ab Seite 48).


Wird die Biogas-Anlage in Form einer Gesellschaft betrieben, gilt folgendes: Handelt es sich um eine Ein-Mann-Gesellschaft, gelten die gleichen Grundsätze wie beim Eigenbetrieb der Anlage durch den Hofeigentümer. Betreiben mehrere Landwirte gemeinsam die Biogas-Anlage, kommt es darauf an, ob diese per Liefer- und Abnahmeverträge verpflichtet sind, Substrate zu liefern bzw. Gärreste abzunehmen. Allenfalls unter diesen Voraussetzungen kann man annehmen, dass der bzw. die Gesellschaftsanteile an der Biogas-Anlage im Erbfall dem Hof zugerechnet werden und deshalb nach der Höfeordnung oder dem Landgutrecht auf den Hoferben übergehen. Einzelheiten dazu sind rechtlich bisher ungeklärt. In allen Fällen, in denen die Biogas-Anlage in Form einer Gesellschaft betrieben wird, empfiehlt es sich daher, Vorkehrungen zu treffen, um ein Auseinanderfallen von Hof und Gesellschaftsanteil im Erbgang zu vermeiden.


Das gilt bei Photovoltaik


Die meisten PV-Anlagen speisen den Strom in das öffentliche Netz ein. Sie werden gewerblich betrieben, sind durchweg auf Dachflächen des Hofes aufgeschraubt. Wegen ihrer engen Verbindung mit dem Hof bzw. der Hofstelle könnte man erbrechtlich von einem Gemischtbetrieb ausgehen. Das ist aber durch die Rechtsprechung noch nicht geklärt. Mit der Begründung, dass eine „Trennung“ von Stromerzeugung und landwirtschaftlicher Erzeugung leicht möglich sei, könnte auch ein Doppelbetrieb angenommen werden. Die PV-Anlage kann nämlich ohne Schaden für die landwirtschaftlichen Gebäude demontiert werden.


In diesem Fall würde sich die PV-Anlage nach allgemeinem Erbrecht vererben, der Hof nach Höferecht oder als Landgut. Dies kann – wenn der Hofeigentümer nicht rechtzeitig eine anderslautende letztwillige Verfügung trifft – fatale Folgen haben. Der Hof geht an den Hofnachfolger, die PV-Anlage an eine Erbengemeinschaft. Diese rückt einerseits als Schuldner in den Finanzierungsvertrag mit der Bank ein, andererseits als Gläubiger in den Einspeisevertrag mit dem Netzbetreiber.


Mögliche Konflikte sind dann geradezu vorprogrammiert. Der Hoferbe muss sich mit den übrigen Erben auseinandersetzen. Im schlimmsten Fall entzündet sich der Streit schon daran, wer Zutritt zum Hof und zu den Gebäuden erhalten soll, wenn es um die Instandhaltung der Anlage geht. Ein Konfliktpotenzial also, dass der Hofeigentümer durch rechtzeitige Bestimmungen besser vermeiden sollte.


Erbrechtlich unproblematischer sind dagegen dachintegrierte PV-Anlagen. Sie gehören insofern zum Hof, weil sie nicht ohne Schaden für ein betriebliches Gebäude von diesem getrennt werden können. Würde eine solche Anlage abgebaut, fehlt der Scheune/dem Stall das Dach. In diesen Fällen gilt die PV-Anlage als wesentlicher Bestandteil des Hofes (§§ 93, 94 BGB). Sie teilt somit die eigentums- und erbrechtlichen Eigenschaften des Grundstücks bzw. Gebäudes selbst. Ist dies hofzugehörig, ist es es auch die PV-Anlage. Dann gibt es im Erbfall für den Hofübernehmer keine Probleme.


Das gilt beiWindkraft-Anlagen


Vielfach werden Windkraft-Anlagen – wie Biogas-Anlagen – durch den Hof-eigentümer in Form einer GmbH betrieben. Das Grundstück, auf dem die Anlage steht, wurde vermessen und ausparzelliert. Per Erbbaurechtsvertrag erhielt die GmbH das Recht, das Windrad auf der Fläche zu errichten.


Hier handelt es sich um einen „Doppelbetrieb“. Insofern vererbt sich der Hof nach Höfe- oder Landgutrecht, das Grundstück, auf dem die Anlage steht, sowie die Gesellschaftsanteile an der GmbH aber nach allgemeinem Erbrecht. Das heißt: Hof und Windkraft-Anlage gehen nicht geschlossen an den Hoferben über, sondern fallen im Erbfall – wenn nichts geregelt wurde – auseinander.


Weniger problematisch ist der Fall, wenn die Windkraft-Anlage auf einem hofzugehörigen, nicht abparzellierten Grundstück errichtet wurde. Dies kommt mitunter vor, weil der Hofeigentümer (und Betreiber der WKA) die Kosten für die Ausparzellierung sparen wollte.


Beispiel: Die WKA steht auf einer großen Parzelle, die im übrigen vom Hof aus weiter ackerbaulich genutzt wird. Gemäß § 2 a der Höfeordnung gehören zum Hof alle Grundstücke, die vom Hof aus landwirtschaftlich genutzt werden. Die Ackerparzelle gehört damit eindeutig zum Hof im Sinne der Höfeordnung. Da aber für ein und dieselbe Grundbuchparzelle nicht zwei verschiedene erbrechtliche Regelungen gelten können, gehört das Grundstück einschließlich der Windkraft-Anlage zum Hof. Sie geht also im Erbfall mit dem Hof auf den Hoferben über.


Allerdings ist dieser Fall anders zu beurteilen, wenn der Hofeigentümer den Standort per Pachtvertrag einer GmbH überlassen hat, bei der er selbst Gesellschafter ist, und die die WKA betreibt. Hier wird in der Regel im Pachtvertrag bestimmt, dass die Windkraft-Anlage einen Scheinbestandteil darstellt (§ 95 BGB), sie also nicht Bestandteil des Grundstücks wird. Dann liegt hinsichtlich der Windkraft-Anlage ein „Doppelbetrieb“ vor, die sich nach den allgemeinen Regeln vererbt. Das Grundstück selbst bleibt hofzugehörig und wird im Erbfall mit dem Hof auf den Hoferben übergehen. Fazit: Es kommt sehr auf den genauen Sachverhalt im Einzelfall an!


Und die Pachterlöse?

In vielen Fällen haben Landwirte nicht selbst investiert, sondern zum Hof gehörige Grundstücke an einen fremden Betreiber zum Bau und Betrieb einer Windkraftanlage verpachtet. Diese Grundstücke bleiben hofzugehörig, wenn der Standort nicht ausparzelliert wurde, was oft der Fall ist. Wurde die Fläche dagegen ausgemessen und abparzelliert, wird sie hofesfrei und fällt im Erbfall unter das allgemeine BGB-Erbrecht. Die Vererbung würde also getrennt vom landwirtschaftlichen Betrieb erfolgen. Auch hier kommt es auf die Details des Einzelfalles an.


Die WKA-Betreiber zahlen teilweise recht ansehnliche Pachten für die Standort-Nutzung. Diese Pachtzinsforderung stellt gemäß § 99 Abs. 3 BGB eine Frucht des Grundstücks dar. Sie folgt daher erbrechtlich dem Grundstück: Gehört die Standortfläche zum Hof, dann gilt dies auch für die Pachtzinsforderung. Gehört sie nicht mehr zum Hof, stehen die Pachteinnahmen nicht mehr dem Hoferben zu, sondern der entstandenen Erbengemeinschaft.


Aber auch dann, wenn die WKA-Fläche zum Hof gehört und damit im Erbfall auf den Hoferben übergeht, ist dieser keinesfalls aus dem Schneider. Denn aufgrund des Pachtvertrages mit dem WKA-Betreiber können die weichenden Erben eine deutlich höhere Abfindung verlangen. Die Höfeordnung schreibt für solche Fälle vor, dass der Hofeswert (1,5facher Einheitswert), nach dem sich die Abfindung bemisst, durch Zuschläge erhöht werden muss. Der Hoferbe wird also einen Teil der Erlöse aus der Verpachtung der WKA-Fläche im Ergebnis an die weichenden Erben abgeben müssen. Wie viel, das hängt u.a. von der Laufzeit des Pachtvertrags und damit vom betriebswirtschaftlichen Ertrag ab.


Das Problem: Die vom Hoferben zu zahlende Abfindung ist grundsätzlich als Einmalzahlung fällig. Zwar sieht das Höferecht – wie auch das BGB-Pflichtteilsrecht – die Möglichkeit von Stundungen vor. Doch dies liegt, wenn es zum Streit kommt, im Ermessen des zuständigen Richters. Im ungünstigsten Fall muss der Hoferbe also eine deutlich höhere Abfindung zahlen, obwohl ihm die Pachterlöse aus der WKA-Fläche erst im Laufe vieler Jahre zufließen. Auch hier ist es also besser, wenn der Hofeigentümer zu Lebzeiten eine klare und für alle Beteiligten möglichst gerechte Verfügung trifft.


Das gilt bei Wohnhäusern


Vorsicht ist aus erbrechtlicher Sicht auch immer dann geboten, wenn fremdvermietete Wohnhäuser vorhanden sind, z.B. ein ehemaliges Landarbeiterhaus oder ein fremdvermietetes Altenteilerhaus. Hier ist die Rechtslage eindeutig, wenn sich die Immobilie auf der Hofparzelle befindet. Oder auf einer anderen Fläche, die ansonsten noch vom Hof aus bewirtschaftet wird. Mit dem Grundstück gehört dann auch das vermietete Wohnhaus erbrechtlich zum Hof. Das heißt, es geht im Erbfall mit dem Hof auf den Hoferben über, auch ohne dass ein Testament oder eine erbrechtliche Verfügung vorliegt.


Die weichenden Erben können und werden dann als Ausgleich jedoch eine deutlich höhere Abfindung verlangen, und zwar durch entsprechende Zuschläge zum Hofeswert. Manche Betriebe verfügen auch über vermietete Immobilien, die auf abparzellierten Flächen errichtet wurden, z.B. als Reinvestitionsobjekt. Dann ist die Immobilie nicht mehr hofzugehörig, geht also im Erbfall nicht mit dem Hof an den Hoferben, sondern vererbt sich nach allgemeinem Recht. Das heißt: Sind mehrere Erben vorhanden, entsteht eine Erbengemeinschaft. Das gilt unabhängig davon, ob das vermietete Haus seinerzeit aus betrieblichen Geldern bzw. Rücklagen errichtet oder erworben worden ist.Hubertus Schmitte

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