Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

Aus dem Heft

Welches Erbrecht für gewerbliche Betriebe gilt

Lesezeit: 4 Minuten

Für alle Betriebszweige, die erb­rechtlich zum landwirtschaftlichen Betrieb gehören, ist eine geschlossene Übergabe als Hof nach der Höfeordnung oder als Landgut nach dem Landguterbrecht möglich. Beide Regelungen stellen sicher, dass der landwirtschaftliche Betrieb im Erbfall geschlossen an den Hoferben fällt. ­Außerdem sind die Abfindungsansprüche der übrigen Erben sowohl im Erbfall als auch bei der Übergabe begrenzt. Diese berechnen sich nicht nach dem Verkehrswert des Betriebes, sondern nach dem deutlich niedrigeren Hofes- bzw. Ertragswert.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Nebenbetriebe

: Zum Hofvermögen im engeren Sinne zählen landwirtschaftliche Nebenbetriebe. Das sind Betriebszweige, die eindeutig dem landwirtschaftlichen Betrieb dienen. Typischerweise sind das gewerbliche Aktivitäten, die ausschließlich der Verarbeitung selbst erzeugter landwirtschaftlicher Produkte dienen, z. B. die hofeigene Molkerei oder Schlachterei. Solche Betriebe gelten in ihrer Gesamtheit als landwirtschaftlich und fallen komplett unter das landwirtschaftliche Erbrecht. Es sind auch keine Zuschläge bei der Abfindung vorzunehmen. Solche Fälle sind aber in der Praxis eher selten.


Auf der anderen Seite kann nach herrschender Meinung unter Agrar­juristen sogar eine Biogasanlage als ­hofeszugehörger Nebenbetrieb gelten, wenn die Anlage überwiegend mit betriebseigenen Substraten betrieben wird. Bisher gibt es dazu aber noch keine eindeutige Rechtsprechung. Deshalb sollten Landwirte im Zweifelsfall davon ausgehen, dass die Biogasanlage je nach Standort als Gemischt- oder Doppelbetrieb gilt und eine dementsprechende rechtliche Vorsorge treffen.


Die meisten gewerblichen Zusatzbetriebe wie Biogas-, Photovoltaik- oder Windkraftanlagen sowie Mietobjekte, Hofläden und Hofcafés gelten dagegen entweder als Gemischt- oder Doppelbetrieb. In diesen Fällen müssen Sie je nach rechtlicher Einordnung bestimmte Sonderregelungen für die Übergabe treffen. Im Einzelnen:


Gemischtbetriebe:

Ein Gemischtbetrieb liegt vor, wenn Landwirtschaft und Gewerbe so eng miteinander verflochten sind, dass eine Trennung für einen oder ­sogar beide Teilbereiche nachteilig wäre. Die gewerbliche Anlage gilt dann als hofzugehörig. Typische Beispiele sind der Hofladen, das Hofcafé oder die dachintegrierte PV-Anlage.


Gemischtbetriebe fallen, solange der landwirtschaftliche Teil überwiegt, als Gesamtheit unter die Regeln des landwirtschaftlichen Erb­rechts. Allerdings muss bei der ­Höfeordnung sowohl im Erbfall als auch bei der Übergabe ein Zuschlag zum Hofeswert ermittelt werden. ­Entsprechend höher muss auch die Abfindung für die weichenden Erben ausfallen. Dabei orientiert sich der Zuschlag zum Hofeswert am Verkehrs- oder Ertragswert, muss aber für jeden Fall individuell ermittelt werden. Wie das gehen kann, lesen Sie in unserem Beispiel ab Seite 34.


Ebenfalls als Gemischtbetrieb gelten alle gewerblichen An­lagen, die auf einer hofeigenen, landwirtschaftlich genutzten Parzelle stehen. In diesem Fall kann auch eine große Biogasanlage, die überwiegend mit zugekauften Substraten betrieben wird oder ein fremdvermietetes Landarbeiterhaus noch als hofeszugehörig gelten. Aber Vorsicht: Bei einem Hofgrundstück, das aus mehreren katasterrechtlichen Flurstücken besteht, gelten nur die Flurstücke als hofeszugehörig, die auch landwirtschaftlich genutzt werden. Wenn jedoch auf einem Flurstück eines Hofgrundstückes lediglich die gewerbliche Anlage betrieben wird, gelten Anlage und Flurstück nicht mehr als hofeszugehörig. Das geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofes aus dem vergangenen Jahr hervor.


Doppelbetriebe:

Als Doppelbetrieb bezeichnet man eine Kombination von landwirtschaftlichem und gewerblichem Betrieb, bei der beide Betriebs­teile nur lose verbunden sind. Typischerweise sind das verpachtete Windkraftstandorte sowie größere Biogasanlagen mit überwiegend zugekauften Substraten oder Mietobjekte, die auf einer eigenen, nicht hofeszugehörigen Parzelle stehen. Außerdem gelten auf dem Dach aufgeschraubte PV-Anlagen als Doppelbetrieb.


In diesen Fällen fällt der landwirtschaftliche Betrieb unter das landwirtschaftliche Sondererbrecht und die gewerblichen Betriebsteile unter das allgemeine Erbrecht. Um alles abschließend mit der Übergabe zu regeln, sollten Sie mit der gesamten Familie eine angemessene Abfindungsregelung vereinbaren und die weichenden Erben sollten einen Pflichtteilsverzicht unterschreiben. Wie das gehen kann, zeigt unser Beispiel ab Seite 31.


Wichtig ist: Bei gewerblichen Anlagen lässt sich nicht immer zweifelsfrei feststellen, unter welches Erbrecht die Anlage fällt und welche Regeln für die Übergabe und die Abfindung gelten. In solchen Zweifelsfällen sollten Landwirte und Berater auf Nummer Sicher gehen und entsprechend angepasste vertragliche Vereinbarungen mit den weichenden Erben treffen. Dann sind Sie als Landwirt auf der sicheren Seite.

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.