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topplus Auf Bio Umstellen?

Wie tickt der Biomarkt?

Lesezeit: 8 Minuten

Die Verbraucher geben immer mehr Geld für Biolebensmittel aus – wo Biobetriebe profitieren können, erklärt Diana Schaack von der AMI.


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Was muss ich produzieren, um als Biobetrieb wirtschaftlich zu sein? Diese Frage stellt sich wohl jeder Umsteller. Sich ein Bild von den Chancen auf dem Biomarkt zu verschaffen, ist für Umstellungswillige aber nicht gerade einfach. Denn der Biomarkt funktioniert anders als der konventionelle:


  • Der Markt ist klein, Einsteiger sorgen leicht für Ungleichgewichte.
  • Oft sind unterschiedlichste Qualitäten gesucht. Landwirt und Verarbeiter stimmen sich oft sehr eng ab.
  • Biolandwirte handeln sehr viel untereinander, auch sind Tauschgeschäfte wie insbesondere Futter-Mist-Kooperationen gang und gäbe.
  • Große Erfasser steigen erst jetzt in den Markt ein, teilweise fehlt Infrastruktur wie dezentrale Lagerkapazitäten mit vielen Lagerzellen.
  • Durch das Wachstum des Bio-Marktes tummeln sich viele noch unerfahrene Akteure im Markt.
  • Durch die vielen Verbände und EU-Bio spaltet sich der Markt zusätzlich auf.
  • Notierungen von zentralen Produktbörsen wie etwa der Matif in Paris oder eine offizielle Preisfindung über die Landwirtschaftskammern, die für Transparenz sorgen, gibt es nicht.


Das alles macht den Biomarkt zunächst einmal intransparenter. Dazu kommt: Durch die Umstellungswelle seit 2016/17 mussten manche Umsteller ihr Getreide im Herbst 2019 zu konventionellen Preisen vermarkten. Nun fürchten viele Landwirte, dass die Politik bei der Ausweitung von Bio zu sehr auf das Tempo drückt und die Preise für Biowaren sinken.


Einzelhandel: 11% Wachstum


Andererseits gibt es vom Biomarkt auch ein ganz anderes Bild. Er wächst mit Wachstumsraten, von denen andere Wirtschaftsbereiche nur träumen können: Im Jahr 2019 stiegen die Verbraucherausgaben von 10,91 Mrd. € um knapp 10% auf 11,97 Mrd. €, wie Übersicht 1 zeigt. Vor allem der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) startet im Biogeschäft durch. So meldet der Discounter Lidl ein Jahr nach Beginn der Kooperation mit Bioland einen Wachstumssprung von 40% im Biosegment. Insgesamt setzten Discounter und Vollsortimenter knapp 60% der gesamten Biowaren ab. Aber auch der traditionelle Naturkosthandel wächst. Alles gute Botschaften, die Frage ist aber: Wo liegen hier Chancen für heimische Biobetriebe? Wo lassen sich hohe Importe zu angemessenen Preisen durch inländische Ware ersetzen?


Wo stehen die Produkte?


Die einzelnen Marktsegmente stellen sich derzeit wie folgt dar:


Gemüse: Stark nachgefragt sind weiterhin Kartoffeln, Gemüse und Obst. Alle LEH-Ketten haben ihre betreffenden Sortimente ausgeweitet. Die Importraten sind immer noch hoch, teils höher als im konventionellen Bereich. Gäbe es mehr Kartoffeln, Äpfel, Zwiebeln aus heimischem Angebot, könnte der Handel auf ausländische Frühkartoffeln und Überseeäpfel verzichten.


Milch: Trotz Mengensteigerung sind die Biomilchpreise nahezu stabil geblieben (s. Übersicht 2). Im Jahr 2019 lagen sie durchschnittlich bei 47,4 ct/l nach 48,37 ct/l im Jahr 2018. Das ist das Resultat einer konsequenten Mengensteuerung der Molkereien. Derzeit nehmen kaum noch Molkereien neue Biolieferanten auf, es gibt meist Wartelisten. 2017 und 2018 stieg die Produktion jeweils um 19%, 2019 erwarten wir 6% mehr. Diese Mehrmengen wurden gut am Markt untergebracht – auch der Verkauf der Milchprodukte wuchs jeweils zwischen 10 und 15%. Trotzdem sind die Importanteile nicht zurückgegangen. Ca. 30% der Bio-milch kommt (umgerechnet in Milchäquivalente) nicht aus Deutschland. Hauptlieferanten sind Dänemark bei Butter und Österreich bei Trinkmilch, Joghurt und Käse. Beide Länder liefern nach wie vor große Mengen.


Getreide: Rund die Hälfte der ökologischen Ackerflächen (s. Übersicht 3, Seite 32) sind mit Getreide bestellt. Die Umstellungswelle ließ die Getreidefläche von 199000 ha im Jahr 2014 auf 302000 ha in 2019 wachsen.


Weil es in der Umstellungszeit für die Betriebe wenig Alternativen zum Getreide gibt, laufen die Getreidemärkte für Umstellungsware teilweise über. Absatzmärkte bieten hier vor allem die Biotierhalter, die zu 30% Umstellungsware (U-Ware) im Futter einsetzen dürfen. Dieser Markt war im Herbst 2019 allerdings gesättigt.


Rund zwei Drittel des Biogetreides geht ins Futter, hier steigt die Nachfrage. Anbaustärkstes Getreide ist Bioweizen, dessen Ernte im Jahr 2019 auf 302000 t (Übersicht 4) stieg. Die Preise für Biobrotweizen A-Ware lagen in der Ernte 2019 bei knapp 40 €/dt franko Mühle, sind aber seitdem leicht gesunken, so wie bei den meisten Getreidearten. Die Versorgung mit Dinkel und Hafer dagegen ist eher knapp. Dadurch liegen die Preise stabil bei rund 50 €/dt für Dinkel und bei rund 33–38 €/dt für Hafer. Die Getreideimporte sinken weiter, 2017/18 waren es 20%.


Bei der Vermarktung tut sich im Biogetreidebereich einiges: Konventionelle Landhandelsunternehmen wie z.B. Raiffeisen, Baywa und Agravis stellen einzelne Getreidelager um und tasten sich an die Vermarktung von Biogetreide heran. Hier geht es vornehmlich zunächst um EU-Biogetreide, aber auch Verbandsware wird gehandelt. Auch produzieren die Mischfutterhersteller mehr Biomischfutter. Um wirtschaftlich zu arbeiten, sind langfristige Kontrakte wünschenswert. Für viele alteingesessene Bioverarbeiter ist das seit langem Standard.


Leguminosen und Raps: Ackerbohnen, Erbsen, Lupinen und Futtersoja sind weiterhin gesucht. Die Preise sind stabil, und liegen z.B. bei Ackerbohnen um die 45 €/dt. Jederzeit verkäuflich ist der schwierig anzubauende Bioraps – hier können Landwirte mit Preisen zwischen 95 und 100€/dt rechnen. Potenzial gibt es z.B. auch bei anderen Ölsaaten wie Öllein oder Sonnenblumen.


Zuckerrüben: Die Südzucker sucht für Warburg und Rain am Lech, die Nordzucker mit verschiedenen Standorten Anbauer für Biozuckerrüben. Verbandsware wird in Frauenfeld in der Schweiz verarbeitet. Für Biozuckerrüben gibt es grob 110–115 €/t, meist plus Früherntezuschläge wegen der Verarbeitung am Anfang der Kampagne.


Schweine: Die Umstellung ist im Schweinebereich immer noch gut möglich. Bei Schlachtschweinen ist die Umstellung 2019 abgeflaut und ein zwischenzeitliches Überangebot im Frühjahr/Sommer 2019 hat sich nun wieder vor allem bei Verbandsware in knappere Versorgung verwandelt. So haben sich die Preise bei 3,57 €/kg bei pauschal abgerechneten Schweinen und 3,77 €/kg bei Handelsware E stabilisiert und liegen damit weit über dem Niveau der Nachbarländer, wo teilweise Überangebot herrscht. Der Import von Bioschweinefleisch konzentriert sich auf Verarbeitungsware und liegt gleichbleibend bei 25%.


Nur wenige Schweinebetriebe sind aber umstellbar: Große moderne Betriebe müssen Kredite bedienen, sie müssten die neuen Ställe umbauen oder abreißen, um die Biovorschriften zu erfüllen. Gute Chancen haben kleinere Betriebe mit wenig Fremdkapital und guten Leistungen.


Rinder: Viele extensive Biorinderhalter haben ihre Tiere bislang konventionell vermarktet. Das ändert sich jetzt, denn die Nachfrage nach Biorindfleisch, insbesondere Verarbeitungsware wie Kuhfleisch und Vorderviertel, hat sich erhöht. Zusätzlich hat sich die Bündelung der Tiere, z.B. in den Mittelgebirgen, verbessert. Nach wie vor wird aber längst nicht jeder Bioabsetzer als Biorind gemästet. Hier gäbe es Potenzial, wenn sich ein Preis für Bioabsetzer entwickeln würde. Auch müssten die Preise für Bioschlachtrinder noch steigen. Sie liegen derzeit für Jungbullen und Färsen Handelsklasse R bei ca. 4,40–4,60 €/kg SG frei Schlachtstätte.


Legehennen: 14% der in Deutschland gekauften Eier sind Bioeier. Hier ist von weiterem Wachstum auszugehen, der Einstieg ist gut möglich. Ein Problem ist, dass die Biohennenhaltung in Altgebäuden oder Mobilställen oft nur als Zubrot dienen kann. Wer im größeren Stil einsteigen will, benötigt eine Baugenehmigung für einen neuen Stall. Legehennenbetriebe wirtschaften häufig als EU-Biobetrieb und versorgen die Discounter mit Bioeiern. Als günstig anzusehen ist, dass die Kreislaufwirtschaft hier gut funktioniert: Die Legehennen veredeln das eigene Getreide und produzieren durch den Hühnertrockenkot einen flexibel einsetzbaren Dünger.


EU-Bio oder Verband?


Immer stärker kristallisiert sich der Unterschied zwischen Verbandsware und EU-Bioware heraus. Der Preisunterschied bei Getreide liegt bei 2 bis 4 €/dt. Bei Schlachtschweinen liegt er um die 10 bis 15 ct/kg. Auch setzen die Handelsketten zunehmend auf Verbandsware. Die Kooperationen Lidl/Bioland, Rewe/Naturland, Kaufland/Demeter, Real/Demeter, Edeka/Bioland, Biopark, Demeter zeigen, wohin die Reise geht. Schon jetzt sind bei Verbandsware deutliche Knappheiten spürbar, z.B. in den Bereichen Demeter-Milch oder Bioland-Fleisch.


Gleichzeitig wächst das Bestreben, vor allem deutsche Ware anzubieten. So will Aldi die deutsche Herkunft kennzeichnen. Gleichzeitig sind die deutschen Landwirte ihren Kollegen aus dem Ausland gegenüber vor allem bei Verbandsware durchaus konkurrenzfähig. Das spricht für eine Ausweitung der deutschen Produktion. Insgesamt würde die deutsche Biolandwirtschaft von einer Kennzeichnung deutscher Produkte profitieren.


Nur mit Plan umstellen!


Niemand sollte umstellen, ohne sich vorher um die Vermarktung zu kümmern. Denn in der Umstellungszeit wird es weniger Preisaufschläge geben als in den vergangenen Jahren, da das Angebot groß ist. Und der Bio-Markt ist zu klein, um große Angebotsschwankungen abzupuffern.


Trotzdem kann die Umstellung lohnen, denn Handel und Verbraucher setzen zunehmend auf Bio. Der Landwirt muss allerdings zur Vermarktung Lust haben und zu den Abnehmern in der Region Kontakt aufbauen – er muss sich also seinen eigenen Markt ein Stück mitentwickeln. Zusätzlich sollte jedem bewusst sein, wie wichtig es ist, die ökologische Wirtschaftsweise den Verbrauchern transparent zu machen, um die Preise zu erklären und zu festigen.


gesa.harms@topagrar.com

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