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topplus Reportage

Wir brauchen ein einheitliches EU-Herkunftskennzeichen!

Lesezeit: 5 Minuten

An den Landwirten wird der Umbau der Tierhaltung nicht scheitern. Sie stehen bereit. Doch wer kommt für die Mehrkosten auf?


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Dass eine Investition in tierwohlgerechte Ställe nicht automatisch mit höheren Milchpreisen belohnt wird, musste das Ehepaar Prien aus Schillsdorf (Schleswig-Holstein) schmerzhaft feststellen. Dr. Kristin Prien (47) und ihr Mann Thomas (46) investierten vor sieben Jahren 1,2 Mio. € in einen neuen Boxenlaufstall für 170 Kühe (inklusive Melkhaus). Dabei sind sie weit über den gesetzlichen Standard hinausgegangen. So gibt es in dem modernen Stall nicht nur Hochboxen mit extra weichen Gummimatten und Tageslichtlampen, sondern auch einen 180 m² großen Auslauf für die Tiere. Außerdem planten sie für ihre kranken Tiere und Frischabkalber ein großzügiges Strohabteil mit sechs separaten Boxen ein.


Mehr Tierwohl aber nicht mehr Geld


Mit dem Plus an Tierwohl verfolgte das Ehepaar vor allem zwei Ziele: Sie wollten, dass es ihren Tieren gut geht und hatten sich natürlich auch einen höheren Milchpreis von ihrer Molkerei Arla erhofft. Doch die Realität sieht anders aus. „Die Molkerei bzw. die Gesellschaft vergütet uns den Mehraufwand nicht ausreichend“, sagt die promovierte Tierärztin Kristin Prien resigniert. Seit Anfang an ist der Betrieb beim Programm „Arlagarden“ dabei. Arla fordert dabei höhere Standards als der Gesetzgeber, z.B. müssen die Betriebe ihre Kälber unter Betäubung enthornen und dürfen ihre Kühe nur noch bei einer erhöhten Zellzahl trocken stellen. „Wir haben für das Programm immer 1 ct/kg mehr bekommen. Seit April 2021 hat die Molkerei diesen Cent jedoch in den Grundpreis integriert. Wer da nicht mitmacht, bekommt Abzüge“, erklärt Kristin Prien.


Derzeit zahlt Arla 30 ct/kg und belohnt den Betrieb Prien für hohe Fett- und Eiweißgehalte, niedrige Zellzahlen sowie eine gentechnikfreie Fütterung mit einem Zuschlag von 4,2 ct/kg. Doch trotz des höheren Milchpreises und einer guten Milchleistung von durchschnittlich 10000 kg/pro Kuh und Jahr erzielen die beiden Milchviehhalter keinen höheren Gewinn als vor dem Umbau. Dafür sind die Produktionskosten durch den neuen Kuhstall zu hoch.


Besonders wütend war Thomas Prien über die Ankündigung von Arla vor rund einem Monat: Das Unternehmen wollte den Milchpreis um einen Cent absenken und begründet den Schritt mit gestiegenen Kosten für Kraftstoffe, Energie und Verpackungen. „Als ich das Schreiben in der Hand hielt, dachte ich automatisch auch an meine Kosten. Denn die sind auch gestiegen. Ich war an dem Tag so deprimiert, dass ich das erste Mal ans Aufgeben gedacht habe“, so der gelernte Agrarbetriebswirt.


Die Schuld an den ruinösen Auszahlungskursen geben die Priens dabei nicht einmal in erster Linie Arla. „Der Preisdruck kommt eindeutig aus dem Lebensmitteleinzelhandel, der diesen an die Molkereien bzw. an uns Landwirte weitergibt“, stellt Thomas Prien enttäuscht fest und zeigt dennoch Verständnis für Edeka, Rewe und Co.: „Als Unternehmer würde ich auch versuchen, immer den günstigsten Preis für mich auszuhandeln.“ Er glaubt daher nicht, dass der Handel in Zukunft zum Wohltäter mutiert und aus Solidarität mit den Landwirten an der knallharten Geschäftspolitik etwas ändert.


Was die Priens in diesem Zusammenhang besonders umtreibt: Nicht nur die Gesellschaft fordert deutlich mehr Tierwohl ein. Ketten wie jüngst Aldi setzen eigenmächtig Standards fest. So will der Billigdiscounter in wenigen Jahren im Frischfleischsektor ausschließlich Produkte aus Haltungsform 3 und 4 anbieten. Deutschland sei aber kein autarker, in sich geschlossener Markt, sondern konkurriere an der Ladentheke mit meist deutlich günstigerer und unter hiesigen Standards produzierter Ware aus dem Ausland.


Sie wünschen sich von der neuen Bundesregierung daher auch eine klare Initiative in Brüssel für eine EU-weit einheitliche Herkunftskennzeichnung. Der Verbraucher müsse eindeutig erkennen können: Woher stammt das Fleisch und unter welchen Bedingungen wurde es produziert? Sonst sei die Mission Tierwohl zum Scheitern verurteilt.


Mitarbeiter sind Mangelware


Es sind nicht nur die Preise und die finanziell angespannte Situation, die den Priens Sorge bereiten. Die Mehrarbeit im neuen Stall können die beiden Betriebsleiter nicht alleine stemmen. „Dieses Jahr waren Thomas und ich nicht mal eine Woche gemeinsam im Urlaub“, sagt Kristin Prien resigniert. Ihre vier Kinder müssen vor allem am Wochenende mit anpacken. Hinzu kommen zwei Fremdarbeitskräfte, die melken und den Großteil der Stallarbeit erledigen. Mit einem anderen Landwirt teilen sie sich zudem einen Mitarbeiter für die 270 ha Ackerbau und für das Füttern.


Doch Fremdarbeitskräfte sind Mangelware. Es ist schwierig, gute Mitarbeiter zu finden und langfristig an den Betrieb zu binden. „Häufig scheitert es an der Bezahlung. Mit der Milchproduktion verdiene ich unter diesen Umständen zu wenig, um guten Mitarbeitern deutlich mehr als den Mindestlohn zu bieten“, weiß Thomas Prien.


Seinen vor ein paar Wochen gefassten Gedanken, aus der Milchviehhaltung auszusteigen, hat der Landwirt schnell wieder verworfen. Dafür hängt sein Herz zu stark an der Milchviehhaltung. Was das Ehepaar ebenfalls positiv in die Zukunft blicken lässt: Ihre älteste Tochter Ronja will einmal in die Fußstapfen ihres Vaters und der Mutter treten. Die 18-Jährige macht im Moment ihre Ausbildung zur Landwirtin, will danach Landwirtschaft studieren und in den Betrieb einsteigen. „Das motiviert, auch in Zukunft noch neue Ideen umzusetzen“, sagt der Betriebsleiter.


Ein Traum wäre es, einen Transitstall für die kurz vorm Abkalben stehenden Kühe bzw. Färsen zu bauen. „Das würde aber nur bei auskömmlichen Milchpreisen funktionieren“, sagt Kristin Prien.-msh-

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