Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

Aus dem Heft

Wir brauchen neue Märkte!

Lesezeit: 6 Minuten

Geflügelfleisch wird in Deutschland immer beliebter. Davon haben die Hähnchenmäster in den vergangenen Jahren profitiert. Doch inzwischen wächst das Angebot schneller als die Nachfrage.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

In kaum einem Markt ist so viel Musik wie beim Geflügelfleisch. Denn nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa und auch weltweit verzehren die Menschen von Jahr zu Jahr immer mehr Hähnchen, Pute usw. Jedes Jahr essen die Deutschen etwa 4 % mehr Geflügelfleisch – und das bei einem Selbstversorgungsgrad von unter 100 %.


Kein Wunder also, dass große Geflügelverarbeiter nach wie vor Landwirte suchen (und finden), die die Hähchenmast ausbauen oder neu einsteigen wollen. Inzwischen hat der massive Ausbau der Mast- und Schlachtkapazitäten in Deutschland jedoch den jährlichen Nachfrageanstieg überholt. 2009 ist der Selbstversorgungsgrad bei Hähnchenfleisch erstmals auf über 100 % gestiegen und Deutschland ist zum Netto-Exporteur geworden.


Trotzdem spricht einiges dafür, dass deutsches Geflügelfleisch auch künftig im In- und Ausland begehrt sein wird. Das gilt besonders für Hähnchenfleisch.


Immer mehr Hähnchen auf dem Teller


Wie stark Geflügelfleisch in Deutschland in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen hat, zeigen folgende Punkte:


Von 1990 bis 2008 ist der Geflügelfleisch-Verbrauch bei uns von gut 11 auf knapp 19 kg pro Kopf und Jahr gestiegen. Davon waren über 11 kg Hähnchen- und 6 kg Putenfleisch. Im gleichen Zeitraum stagnierte der Schweinefleisch-Verzehr. Der Rindfleischverbrauch ging sogar zurück.


Der Trend zu mehr Geflügel ist ungebrochen. Auch im laufenden Jahr wird der Verbrauch um rund 4 % zunehmen.


Zurzeit verzehren die Deutschen damit etwa 1,5-mal mehr Geflügel- als Rindfleisch. Trotz dieser deutlichen Zuwächse essen wir im EU-Vergleich aber immer noch wenig Geflügelfleisch (siehe Übersicht 1). Unser pro Kopf-Verbrauch liegt rund 4 kg unter dem EU-Schnitt (23 kg pro Jahr). Spitzenreiter sind die Iren mit über 32 kg gefolgt von Portugal und Spanien mit ebenfalls mehr als 30 kg. Auch bei den Briten (27,7 kg) und Franzosen (24,5 kg) steht Geflügel deutlich öfter auf dem Speiseplan als bei unseren europäischen Nachbarn.


Aber selbst die EU-Spitzenreiter kommen bei den weltweit führenden Nationen nicht mit: Die größten „Hühner-Fans“ der Welt sind die US-Amerikaner, die 2008 pro Kopf rund 44 kg Hähnchenfleisch gegessen haben. Zwar schrumpft der Verbrauch dort seit drei Jahren leicht, nach wie vor ist Hähnchen aber mit Abstand das beliebteste Fleisch in den USA, vor Rind, Schwein und Pute.


In fast allen anderen wichtigen „Hähnchen-Ländern“ (China, EU, Mexiko und Brasilien) soll der Verbrauch in den kommenden Jahren weiter zulegen. Allein die Chinesen werden dieses Jahr mit über 12 Mio. t gut 2 % mehr Hähnchenfleisch verzehren als im Vorjahr. Weltweit dürfte der Hähnchenfleischverbrauch 2009 auf über 71 Mio. t anwachsen.


Deutschland wird Netto-Exporteur


Gemessen an den weltweiten Produktions- und Verbrauchszahlen sind die deutschen Werte vergleichsweise bescheiden: Die Geflügel-Schlachtungen betrugen im letzten Jahr ca. 1,25 Mio. t. Knapp 0,9 Mio. t entfielen davon auf die Produktion von Frisch- und Geflügelfleisch. Aber: Seit 1990 haben sich die Kapazitäten mehr als verdoppelt! Und der Ausbau geht weiter. Entsprechend steigt der Selbstversorgungsgrad für Geflügelfleisch spürbar an.


2008 lag er bei 87 Prozent. Bei den Hähnchen hat der Boom den Selbstversorgungsgrad von 95 % (2008) sogar auf knapp über 100 % im laufenden Jahr nach oben schnellen lassen. Das heißt, deutsche Hähnchenfleisch-Anbieter müssen künftig verstärkt auch Absatzmärkte im Ausland entwickeln und bedienen. Dafür gibt es gute Chancen, vor allem innerhalb der EU. Denn zwei Drittel der europäischen Hähnchen werden in lediglich sechs EU-Mitgliedstaaten produziert (Großbritannien, Spanien, Frankreich, Italien, Niederlande und Deutschland).


Etwas vorsichtiger sind die Perspektiven auf dem Geflügel-Weltmarkt zu sehen. Rein mengenmäßig dürften europäische Geflügelerzeuger zwar auch für den Weltmarkt gerüstet sein: Mit etwa 12 % der gesamten Geflügelfleisch-Erzeugung belegt die EU-27 den vierten Rang nach den USA (22 %), China (17 %) und Brasilien (16 %). Ob europäisches und besonders deutsches Geflügelfleisch jedoch kostenmäßig auf dem Weltmarkt mithalten kann, ist derzeit fraglich. Südamerikanische und asiatische Produzenten sind hier klar im Vorteil. Die deutschen und europäischen Haltungs- und Fütterungsvorschriften sorgen bei uns für zusätzliche Kosten, die auf die Wettbewerbsfähigkeit drücken (siehe Kasten).


Neue Märkte innerhalbEuropas


Für die hiesigen Produzenten dürfte daher der Inlands-Markt denn auch künftig der wichtigste Absatzkanal bleiben. Je weiter die Hähnchenfleisch-Erzeugung aber zulegt, desto mehr Fleisch muss künftig exportiert werden.


Marktbeobachter sehen in diesem Zusammenhang gute Chancen für verstärkte Lieferungen Richtung Süd- und Osteuropa. Dafür sprechen folgende Gründe:


Die deutschen Geflügelproduzenten setzen auf Frischfleisch. 2008 vermarkteten sie bereits rund 80 Prozent des Hähnchenfleischs frisch. Gegenüber gepökelter Tiefkühlware aus Übersee hat die Frischware einen deutlichen Qualitätsvorsprung.


Mit dem „5 mal D“-Siegel garantieren die deutschen Produzenten die Qualitätssicherung der kompletten Produktionskette in Deutschland. Das ist ein klarer Vermarktungsvorteil gegenüber international agierenden Anbietern.


Bereits heute wird viel Hähnchenfleisch über die Discounter vermarktet. Für den verstärkten Eintritt in andere EU-Länder könnte das ein Vorteil sein. Denn Aldi, Lidl und Co sind dort ebenfalls aktiv und könnten für ihre Geflügel-Angebote dort auf deutsche Ware zurückgreifen.


Vor allem dieser Absatzweg müsste aus Sicht der deutschen Geflügelwirtschaft weiter ausgebaut werden, damit die steigenden Produktionsmengen auch auf neuen Märkten platziert werden können.


Wir halten fest


Mit steigender Geflügelproduktion in Deutschland werden Exporte immer wichtiger. Zwar wächst der Geflügelfleisch-Verbrauch weiter, die massiven Investitionen in neue Ställe und Schlachtstätten haben den deutschen Selbstversorgungsgrad 2009 jedoch auf über 100 % ansteigen lassen.


Auch weltweit deutet vieles auf einen weiter steigenden Geflügelfleischverzehr, aber auch auf eine wachsende Produktion hin. Die Konkurrenz und der Wettbewerb um die Märkte wird künftig weiter zunehmen.


Doch sprechen die Marktnähe und die Qualitätsführerschaft der deutschen Produktion dafür, dass auch hier langfristig noch Wachstumschancen in der Hähnchenmast gegeben sind. Die heimischen Produzenten haben sich zu Spezialisten beim Frischfleisch-Angebot entwickelt, das genau den Geschmack vieler Verbraucher im In- und Ausland trifft.


Dr. Albert Hortmann-Scholten, Landwirtschaftskammer Niedersachsen,


Christian Brüggemann, top agrar

Die Redaktion empfiehlt

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.