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Glosse

„Wir Jäger machen unsere Hausaufgaben!“

Lesezeit: 5 Minuten

Je weniger Wildschweine es gibt, desto besser lässt sich die afrikanische Schweinepest (ASP) im Ernstfall kontrollieren. Tun die Jäger genug? DJV-Geschäftsführer Andreas Leppmann antwortet.


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Herr Leppmann, die Zahl der erlegten Wildschweine hat sich in 20 Jahren verdreifacht. Warum schaffen es die Jäger nicht, den Bestand zu senken?


Leppmann: Die Bestände wachsen, das stimmt. Wir Jäger sind dafür aber nicht verantwortlich. Wissenschaftler sehen den Hauptgrund für die Zunahme im Klimawandel, weil sich dadurch die Lebensbedingungen verbessern. Schwarzwild kommt inzwischen sogar über 1000 Höhenmetern vor. Milde Winter und ausreichend energiereiche Nahrung führen zu einer geringeren Sterblichkeit und einer erhöhten Reproduktion von bis zu 300% jährlich. Das gilt übrigens nicht nur für Schwarzwild in Deutschland. Die Jagdstrecke von Schalenwild (Reh-, Rot- und Schwarzwild) hat sich europaweit in den letzten 40 Jahren verdreifacht.


Welche Rolle spielt die Landwirtschaft?


Leppmann: Nahrung und Deckung führen zu einer starken Bestandsentwicklung. Das ist Fakt. Je mehr Raps und Mais angebaut wird, desto besser für das Schwarzwild.


Können wir jagdlich nichts gegen die wachsenden Bestände tun?


Leppmann: Das geht schon, aber wir müssen differenzieren. Zum einen gibt es große meist staatliche Waldgebiete mit naturnahem Waldumbau. Hier findet Schwarzwild gute Deckung und in Mastjahren auch Nahrung. Staatlich verordnete jagdfreie Zeiten im Frühjahr sind hier fehl am Platz. Zum anderen darf die Jagd in Schutzgebieten wie z.B. Feuchtgebieten kein Tabu sein. In der Agrarlandschaft wiederum brauchen wir Bejagungsschneisen in allen Kulturarten, ohne dass der Landwirt komplizierte Anträge stellen muss und irgendwelche Sanktionen zu befürchten hat. Die Änderung der Agrarzahlungen-Verpflichtungenverordnung ist ein wichtiger Schritt, ist aber nicht in allen Bundesländern umgesetzt.


Was wurde an der Verordnung geändert?


Leppmann: Die freiwillige Anlage von Blüh- und Bejagungsschneisen wurde erleichtert. Diese bleiben Teil der ansonsten einheitlich bewirtschafteten Ackerfläche und können zusammen mit der Hauptkultur angelegt werden – ohne Ausmessen. Hessen und NRW haben dies für alle Kulturen umgesetzt.


Gibt es Probleme in der Abstimmung mit den Landwirten, wenn ja warum?


Leppmann: Jäger, Landwirte und Lohnunternehmer müssen so eng wie möglich zusammenarbeiten. Das gilt vor allem in der Ernte. Landwirte sollten den Jagdausübungsberechtigten rechtzeitig informieren, wann eine Fläche geerntet werden soll. Nur dann reicht der Vorlauf, um eine sichere Erntejagd mit genügend Schützen zu organisieren. In der Praxis ist die Zeit oft zu knapp. Außerdem läuft die Ernte häufig bis in die Nacht hinein, so dass keine Jagd mehr möglich ist.


Einige Länderministerien wollen die Kosten für die Trichinenbeschau bezuschussen, um den Abschuss zu erhöhen. Liegt es wirklich am Geld?


Leppmann: Geld spielt sicherlich auch eine Rolle. Der stärkste Eingriff muss bei Frischlingen und Überläufern erfolgen, weil sie mit mehr als 80 Prozent zur Reproduktion der Schwarzwildpopulation beitragen. Das Problem: Wildschweine mit geringem Gewicht bringen auch geringe Erlöse. Fahrtkosten und Gebühren fressen die Einnahmen schnell auf. Bei Wildbretpreisen von zum teil 80 ct pro kg Wildschwein in der Schwarte ist es teurer, ein Stück zu schießen als es nicht zu tun. Am effektivsten ist wohl eine Aufwandsentschädigung zur Unterstützung von Trichinen-, Blut- und Tupferproben. Wichtig ist zudem ein dichtes Netz von Abgabestellen für die Proben, um ggf. rasch handeln zu können und natürlich eine schnelle Analyse.


Sind die deutschen Jäger auf einen ASP-Ausbruch vorbereitet?


Leppmann: Soweit das möglich ist, ja. Wir haben mit dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) Empfehlungen erarbeitet: Am wichtigsten ist, dass wir den Ausbruch früh erkennen. Nur dann haben wir Chancen die Seuche einzudämmen. Daneben haben wir alle möglichen Maßnahmen mit ihren Vor- und Nachteilen bewertet. Sie sind nach dem Baukasten-Prinzip frei kombinierbar. (www.jagdverband.de/node/7908)


Was würden Sie im Seuchenfall tun?


Leppmann: Jeder Fall ist für sich zu bewerten. Ein Allheilmittel gibt es leider nicht. Die Maßnahmen hängen von Landschaftslage, Jahreszeit, Temperatur, örtlichen Gegebenheiten oder logistischen Bedingungen ab. Fest steht nur, dass sofort ein Krisenstab eingerichtet wird, der alles koordiniert. Er legt auch unterschiedliche Zonen fest, in denen die Maßnahmen greifen.


Was ist das Ziel der Zonen?


Leppmann: Bei dem Pestfall in Tschechien wurden drei Zonen eingerichtet: Im Kerngebiet, das 2000 ha groß ist, tun die Tschechen alles, um ein Auswandern infizierter Tiere aus dem Kerngebiet zu verhindern z.B. mit Elektrozäunen. Im gefährdeten Gebiet, das 100000 ha umfasst, versucht man die Schweinedichte mit allen Mitteln drastisch zu reduzieren. In der Pufferzone (ca. 1,2 Mio. ha) wird intensiver gejagt und das Monitoring verschärft.


Muss das Jagdrecht angesichts der ASP-Bedrohung angepasst werden?


Leppmann: Ich halte die Aufklärung der breiten Bevölkerung für noch wichtiger. Das Für und Wider jagdrechtlicher Änderungen wird derzeit in Bund und Ländern intensiv diskutiert, muss aber wohl überlegt sein. Wir haben schon jetzt viele Möglichkeiten.-ab-

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