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Özdemir über Fleischverzicht, Tierwohlumbau und Verzicht auf Pflanzenschutzmittel

Im Interview mit t-online berichtete Cem Özdemir, dass er gerade die Details für den Umbau der Tierhaltung erarbeite, die FDP aber zur Finanzierung schweige und die Ideen sogar ablehnen könnte.

Lesezeit: 5 Minuten

Bundesagrarminister Cem Özdemir empfiehlt den Verbrauchern, weniger Fleisch zu essen. „Ich würde als Ernährungsminister dazu raten, den Fleischkonsum den planetaren Grenzen und der eigenen Gesundheit zuliebe anzupassen“, sagte er im Interview mit t-online.

„Wir sollten insgesamt weniger Fleisch essen und darauf achten, dass es von artgerecht gehaltenen Tieren kommt. Damit leistet man in mehrfacher Hinsicht einen guten Beitrag: Es ist gesünder, ist gut fürs Klima und hilft der globalen Ernährungssituation, weil Flächen frei werden, die wir bisher für den Anbau von Futtermitteln brauchen“, so der Grünen-Politiker. Wir seien zwar noch weit von dem entfernt, was Gesundheitsexperten empfehlen, aber der Trend stimme.

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Tierhaltung vom Kopf auf die Füße stellen

Für Tierhaltung fordert Özdemir dringend Reformen. Auch die Bauern stünden dahinter, ebenso die Politik. Das jetzige System der Tierhaltung setzt laut dem Minister vor allem auf möglichst viel billig produziertes Fleisch. „Dabei verlieren am Ende eigentlich alle – Landwirte, Tiere, Klima und Umwelt.“

Özdemir will die Tierhaltung vom Kopf auf die Füße stellen, also die Ställe den Tieren anpassen und nicht wie bisher umgekehrt. Es gehe darum, weniger Tiere besser zu halten. „Damit leisten die Bauern einen Beitrag für mehr Tierwohl, insbesondere auch für den Klima- und Umweltschutz. Und das gilt es dann auch zu honorieren.“

Ohne Tierhaltung geht es nicht

Dabei sei es nicht das Ziel, die Nutztierhaltung abzuschaffen. „Da kann ich meine Kritiker von veganer Seite leider nicht glücklich machen. Auch mein Gemüse braucht Fleisch – genauer gesagt: Tiere. Denn der Dünger, der in der Tierhaltung entsteht, ist wichtig für eine funktionierende, natürliche Kreislaufwirtschaft. Mit ihm machen wir uns unabhängiger von mineralischem Dünger, der klimaschädlich ist und mit russischem Gas erzeugt wird“, betonte Özdemir.

Ihm gehe es darum, dass auch in Zukunft gutes Fleisch aus Deutschland kommt und die Landwirte endlich gutes Geld dafür bekommen. Er erinnerte an die staatlich verbindliche Tierhaltungskennzeichnung und den tiergerechten Stallumbau.

„Wir sollten die Menschen nicht für dumm halten. Alle Umfragen bestätigen, dass sie eine bessere Tierhaltung wünschen. Und wenn der Staat für das Kennzeichen bürgt, dann können die Leute guten Gewissens und für nur ein paar Cents mehr entscheiden, dass das Tier Auslauf und Frischluft hatte“, so der Minister. Allerdings könne man die Verbraucher und auch den Handel nicht aus ihrer Verantwortung entlassen. D.h. die Kunden müssten dann schon mehr zahlen für Fleisch und höhere Haltungsstufen honorieren.

Ausgestaltung des Stallumbaus in Arbeit, aber FDP schweigt

Özdemir wisse, dass die Betriebe die Mehrkosten nicht am Markt erwirtschaften können. Es brauche eine Weile, bis sich das Konsumverhalten ändert. Aber jeder Euro ist da für den 56-Jährigen gut angelegtes Geld, wenn man den immensen Nutzen für Umwelt, Klima und Tierschutz bedenkt. Und man gebe den Landwirten eine verlässliche Perspektive.

Aktuell sei sein Haus dabei, das auszugestalten. „Ich habe für die erste Zeit zunächst 1 Mrd. € gesichert, aber das reicht mittelfristig nicht für Umbau und Unterhalt. Wir brauchen dann weitere Wege der Finanzierung.“ Eine Möglichkeit sei die Tierwohlabgabe auf Fleisch. Er sei sich aber noch nicht sicher, ob die FDP das wirklich ernst meint.

Laut Özdemir ist es an der Zeit, dass Fraktionschef Christian Dürr mitteilt, wie er und die FDP im Bundestag dazu stehen. „Es liegen mehrere gute, machbare Vorschläge zur Finanzierung auf dem Tisch. Aber von der FDP höre ich leider bislang immer nur, was sie nicht will. Irgendwann sollte sie auch mal sagen, was sie will. Denn die Landwirte brauchen Planungssicherheit. Sie fangen erst an, ihre Ställe umzubauen, wenn sie die haben.“

Gebiete mit Pflanzenschutzverbot genau anschauen

Von t-online auf die Reduzierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes angesprochen stellte Özdemir klar, dass er die Sorge des Bauernverbandes bezüglich einer Ernährungskrise nicht teilt. „Ich halte nichts davon, wenn man mit der Angst der Menschen spielt und Schreckensszenarien verbreitet.“

Aber der Kommissionsvorschlag müsse auch berücksichtigen, was Deutschland in der Vergangenheit geleistet hat. Die von der Kommission vorgeschlagenen Flächenkulissen, in denen gar keine Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden sollen, werde er sich genau anschauen. „Landschaftsschutzgebiete gibt es beispielsweise als Schutzkategorie in vielen Mitgliedsstaaten nicht. Dass diese Gebiete nun eingerechnet werden, finde ich schwierig. Da werden wir zu einer guten Lösung kommen. Die Verhandlungen gehen ja erst los“, sagte Özdemir.

Es geht auch ohne chemischen Pflanzenschutz

Andererseits dürfe man auch nicht vergessen, dass die Forschung längst gute Alternativen zum Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln aufgezeigt hat. Dänemark habe in den letzten Jahren die Pestizidbelastung um 40 % reduziert – und zwar ohne nennenswerte Ertragsrückgänge. Und rund 35.000 ökologisch wirtschaftende Betriebe allein in Deutschland zeigten jeden Tag, dass eine gute Landwirtschaft auch ohne Pestizideinsatz möglich ist.

„Aber an einer Tatsache können wir nicht rütteln: Der Einsatz von Pestiziden muss insgesamt deutlich runter. Vergessen wir nicht, dass diese die Artenvielfalt und damit die Widerstandsfähigkeit unserer Ökosysteme bedrohen.“

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