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Achim Spiller: „Ich bin praxisnah, aber unabhängig!“

Im Zuge des Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens der KTG agrar sind Zweifel an der Unabhängigkeit des Göttinger Agrarökonomen Prof. Dr. Achim Spiller aufgekommen. Im Gespräch mit top agrar weist Spiller, der auch Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats Agrarpolitik beim BMEL ist, die Unterstellungen zurück.

Lesezeit: 6 Minuten

Im Zuge des Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens der KTG agrar sind Zweifel an der Unabhängigkeit des bundesweit bekannten und renommierten Göttinger Agrarökonomen Prof. Dr. Achim Spiller aufgekommen. Im Gespräch mit top agrar weist Spiller, der auch Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats Agrarpolitik beim Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) ist, die Unterstellungen zurück.


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top agrar: Welche Verbindungen haben Sie zu KTG agrar?


Spiller: Keine persönlichen bzw. direkten. Indirekte Verbindungen gibt es über eine Gesellschaft, die ich mit einem heutigen Aufsichtsratsmitglied von KTG agrar, Prof. Julian Voss, 2008 gegründet habe: Spiller, Zühlsdorf + Voss Agrifood-Consulting GmbH. Herr Voss ist Geschäftsführer dieser Gesellschaft. Und Herr Voss hat unter ähnlichen Namen zwei weitere Gesellschaften mit anderen Partnern gegründet, Agrifood Holding GmbH und Agrifood Management & Strategy GmbH sowie mit Areano ein weiteres Unternehmen, an dem KTG agrar beteiligt ist. Insofern gibt es eine indirekte Verbindungslinie.


top agrar: Inwieweit sind Sie persönlich in diesen Unternehmen geschäftlich aktiv?


Spiller: Ich habe nur an Projekten in der Spiller, Zühlsdorf + Voss Agrifood-Consulting GmbH mitgewirkt, an den anderen später gegründeten Unternehmen bin ich weder beteiligt noch für sie aktiv gewesen. Zudem habe ich mit dem Beginn meiner Tätigkeit als Dekan der agrarwissenschaftlichen Fakultät der Universität Göttingen im Jahr 2011 keine Zeit mehr für Beratungsprojekte gehabt und daher keine Beratungsprojekte mehr durchgeführt. Einige wenige Projekte mit unmittelbarem Forschungsbezug, insbesondere die Verbraucherforschung zu Lebensmittelklarheit, habe ich noch wissenschaftlich begleitet, hieraus sind zahlreiche wissenschaftliche Publikationen entstanden.


top agrar:Aber Gesellschafter sind Sie noch?


Spiller: Ja, Minderheitsgesellschafter in der Spiller, Zühlsdorf + Voss Agrifood-Consulting GmbH. Aber diese Gesellschaft ist seit 2013/2014 weitgehend inaktiv. Eine Auflösung ist geplant.


top agrar:War Ihnen die Beratertätigkeit von Prof. Dr. Julian Voss, Geschäftsführer der "Spiller, Zühlsdorf + Voss Agrifood-Consulting GmbH", für die KTG agrar bekannt und wussten Sie auch, dass Herr Voss Aufsichtsratsmitglied der KTG agrar ist?


Spiller: Ja, Julian Voss hat mir von seiner Aufsichtsratstätigkeit berichtet. Dies ist ja auch eine spannende Aufgabe für einen jungen Hochschulprofessor. 


top agrar: Sind Sie in Ihrer Funktion als Universitätsprofessor oder in einem anderen Zusammenhang jemals persönlich für die KTG agrar tätig gewesen oder sind es noch?


Spiller:Ich habe selber nie mit KTG agrar zu tun gehabt, weder geschäftlich oder privat. Ob es Tätigkeiten der Spiller, Zühlsdorf + Voss Agrifood-Consulting GmbH für KTG agrar gegeben hat, kann ich nicht verbindlich sagen, da, wie bereits an anderer Stelle dargelegt, mir nicht alle Geschäftsdaten vorliegen. Mir sind keine solchen Projekte bekannt. In der Zeit, seit Prof. Voss im Aufsichtsrat der KTG agrar tätig ist, bin ich geschäftlich nicht mehr aktiv gewesen.


top agrar: Kennen Sie den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Siegfried Hofreiter persönlich oder weitere Mitglieder des Vorstands?


Spiller: Meiner Erinnerung nach habe ich Herrn Hofreiter nie persönlich kennen gelernt. Grundsätzlich wäre es aber auch kein Problem, wenn wir uns kennen würden. Ich habe diesen Punkt in Interviews nur betont, weil die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) in ihrer ersten Pressemitteilung eine enge Verbindung zwischen der Göttinger Agrarökonomie insgesamt und KTG agrar suggeriert hat und damit die Göttinger Fakultät als von Großunternehmen abhängig darstellen wollte. Hier wollte ich mit meiner Aussage, dass wir uns gar nicht kennen, ein deutliches Zeichen setzen und klar stellen, dass dieser Vorwurf der AbL wirklich aus der Luft gegriffen ist.


top agrar: Kennen Sie ihn wirklich nicht? Bei den Agrarmarketingtagen 2012 in Berlin, die die "Agrifood Consulting GmbH - Spiller, Zühlsdorf und Voss" organisiert hat und die von der Universität Göttingen wissenschaftlich begleitet wurde, hat Herr Hofreiter einen Vortrag gehalten. Da müssen Sie sich doch begegnet sein.


Spiller: Die Agrarmarketingtage 2012 wurden von einer Mitarbeiterin sehr erfolgreich vorbereitet. Ich war in die Organisation des Programms im Detail nicht eingebunden. Meiner Erinnerung nach habe ich nicht einmal an der Veranstaltung teilgenommen, sondern nur ein schriftliches Grußwort verfasst. Das kann ich aus dem Urlaub heraus derzeit nicht verlässlich prüfen. Wie gesagt, ich kann mich nicht an ein persönliches Treffen mit Herrn Hofreiter erinnern. Aber bei der Vielzahl der Tagungen im Agrarsektor, bei denen ich Vorträge gehalten habe, kann ich auch nicht ausschließen, dass wir mal in einem Raum waren.


top agrar: Welche Beratungsaufträge und Gutachten darf ein Professor einer privaten oder öffentlichen Hochschule annehmen und welche nicht, um seine Unabhängigkeit nicht zu gefährden?


Spiller:Hier könnte ich es mir leicht machen und darauf verweisen, dass es ohne Industrieaufträge und Beratungen keine erfolgreiche deutsche Ingenieurwissenschaft geben würde. Auch die Studierenden der Agrarwissenschaft wünschen sich Professoren, die wissen, was in der Praxis abgeht. Aber auf der anderen Seite kann es eine zu große Nähe geben, z. B. wenn ein oder wenige Auftraggeber einen großen Teil der Drittmittel eines Lehrstuhls ausmachen. Mehr als 90 Prozent meiner Drittmittelgelder kommen von öffentlichen Forschungsförderungsinstitutionen wie Ministerien oder der DFG.


top agrar: Gilt das auch für Aufsichtsratsmandate? Können Wissenschaftler diese bedenkenlos annehmen?


Spiller: Bedenkenlos nicht. Das Grundgesetz garantiert die Freiheit von Forschung und Lehre. Diese Freiheit ist auch eine Pflicht, als Professor auf seine Unabhängigkeit zu achten. Aber auf der anderen Seite kann eine Aufsichtsratstätigkeit wichtige Erfahrungen mit sich bringen, die zum Beispiel für Fachhochschulen, die explizit solches Praxiswissen weiter geben wollen, wichtig sind.


top agrar: Wie gehen Sie mit entsprechenden Anfragen um?


Spiller:Ich habe bisher keine Anfrage zu einem Aufsichtsratsmandat erhalten. Wenn mir das Geschäftsmodell eines Unternehmens sehr gut gefallen würde und ich irgendwann mal mehr Zeit hätte, warum nicht. Derzeit bin ich in Forschung und Lehre aber mehr als ausgelastet. Wir haben jedes Jahr mehr als 400 neue Bachelorstudierende in Göttingen.


top agrar: Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus der Diskussion der vergangenen Tage?


Spiller:Hier bin ich wohl in verschiedene Schusslinien geraten. Zunächst wollte die AbL offensichtlich die Göttinger Agrarökonomie aufs Korn nehmen, welches bekanntlich für eine marktwirtschaftliche Orientierung steht. Dem Verband passte unsere Stellungnahme zur Milchmarktpolitik nicht. Entsprechend gab es eine Pressemitteilung mit einer Überschrift, die eine Befangenheit unseres Departments im Zusammenhang mit dem Insolvenzantrag der KTG agrar unterstellte.


Andere im Agrarsektor sind wohl immer noch sauer auf das Tiergutachten, das ich federführend mit verfasst habe.


Aber etwas merkwürdig ist das Ganze im Sommerloch auch: Selbst wenn ich Herrn Hofreiter kennen würde (was ich nicht tue), wo wäre das Problem? Ich kenne viele Unternehmer aus der Fleischwirtschaft ziemlich gut, würde aber nicht sagen, dass ich deshalb in den letzten Jahren keine kritischen Positionen eingenommen habe. Ich bin im Beirat des Tierschutzbundes, aber auch im Beirat der Lebensmittelwirtschaft e.V. und bei QS.


Und genau so versuche ich auch meine Forschung auszurichten: Praxisnah, aber mit eigenständigen an der Sache orientierten Positionen, die in der Vergangenheit mal dieser, mal jener Interessengruppe passten oder aber auch nicht.


top agrar: Herzlichen Dank für das Gespräch.

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