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AFP-Förderung: Viel Aufwand und wenig Nutzen?

Fluch und Segen zugleich: Eine Förderung nach dem Agrarinvestitionsförderprogramm erhält nur derjenige, der beim Bau seines Stalles verschärfte Auflagen einhält. Lohnt sich der Aufwand?

Lesezeit: 10 Minuten

Fluch und Segen zugleich: Eine Förderung nach dem Agrarinvestitionsförderprogramm erhält nur derjenige, der beim Bau seines Stalles verschärfte Auflagen einhält. Lohnt sich der Aufwand?


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Preiskrisen, knappe Flächen, steigende Pachtpreise, scharfe Bauvorschriften – all das hat in den vergangenen Jahren nicht nur Spuren in der Landwirtschaft hinterlassen, sondern auch in den Auftragsbüchern der Stallbauer. Insgesamt hat die Branche deutlich weniger investiert als in den Jahren zuvor. Was allerdings auffällt: Diejenigen, die investieren, nehmen immer seltener die Förderung nach dem Agrarinvestitionsförderprogramm in Anspruch. So haben 2017 „nur“ 215 Landwirte die Förderung beantragt. 2016 waren es noch 30% mehr.


Sind die Anforderungen möglicherweise zu hoch und die Förderbeträge zu gering? Um diese Frage zu klären, haben wir zusammen mit Elmar Brügger, Bauberater von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, nachgerechnet. Im ersten Teil unserer Serie gehen wir auf den Bau eines Mastschweinestalles ein. In den kommenden Ausgaben nehmen wir die Sauen- und Milchviehhaltung ins Visier.


Beispiel Maststall


Landwirt Max Müller hält rund 105 Sauen (Name und Beispiel frei erfunden). Um das Risiko sinkender Ferkelpreise noch stärker abzudämpfen, will er künftig rund drei Viertel seiner Ferkel selber mästen und muss daher einen neuen Stall bauen. Pro Sau kalkuliert er dazu mit etwa zehn Plätzen, in Summe somit 790 Plätze insgesamt.Sein Unternehmensberater schlägt ihm vor, die Förderung aus dem Agrainvestitionsförderprogramm in Anspruch zu nehmen. Doch ihm kommen Zweifel. Denn mit der Förderung, sind einige Auflagen verbunden, wodurch der Stall deutlich teurer wird.


Je nachdem, in welchem Bundesland Müller lebt, fallen die Förderbedingungen unterschiedlich aus. Zwar muss sich jedes Land an die Verordnung bzw. Richtlinie zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes EU-Richtlinie (GAK) orientieren, kann aber die Förderbedingungen individuell ausgestalten.

Grob lassen sich die Bundesländer in zwei Gruppen einteilen:


Basis- als auch Premiumförderung: In den meisten Bundesländern können Landwirte zwischen einer Basis- und Premiumförderung wählen. In der Premiumstufe sind die Anforderungen höher als in der Grundvariante, dafür gibt es aber auch einen höheren Zuschuss. Insgesamt acht Bundesländer setzen auf dieses Modell: Mecklenburg-Vorpom-mern, Saarland, Thüringen, Sachsen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Hessen und Sachsen-Anhalt.


Nur Premiumförderung: Fünf Bundesländer bieten nur die Premiumversion an. Hier steht den Landwirten eine Basisförderung nicht zu. Für dieses Modell haben sich die Landesregierungen in Bayern, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein entschieden.


Stellvertretend für den Querschnitt der Länder haben wir die Berechnungen für Müllers Stall anhand von drei Bundesländern vorgenommen: Sachsen-Anhalt, stellvertretend für die erste Gruppe. Nordrhein-Westfalen und Bayern für die Länder, die keine Basisförderung anbieten und höhere Ansprüche stellen (Premiumförderung).


Großzügige Grenzen


Angenommen, Müller lebt in Sachsen-Anhalt. Dann kann er entweder eine Basis- oder Premiumförderung in Anspruch nehmen. In der Basisversion stünde ihm ein Zuschuss von 20% auf seine Baukosten zu, sofern er alle Auflagen des Programmes erfüllt. In der Premiumvariante winkt ihm sogar der doppelte Betrag.Allerdings hat die Landesregierung den Zuschuss in der Premium- als auch in der Basisvariante gedeckelt. Anspruch hätte Müller lediglich auf einen Zuschuss für 2 Mio. € Baukosten innerhalb von drei Jahren. Das sind somit maximal 400000 € Förderung (20% von 2 Mio. €).


Angenommen Müller hat vor zwei Jahren bereits einen Stall gebaut und für Baukosten von 500000 € bereits einen AFP-Zuschuss erhalten. Dann könnte er aktuell nur noch für 1,5 Mio. € Baukosten eine Förderung bekommen. Das ist bei Müller aber nicht der Fall, er darf somit den Maximalbetrag voll ausschöpfen.

Um das Geld zu erhalten, muss Müller verschiedene Auflagen erfüllen. Für die Basisförderung sind das vor allem folgende Vorschriften:

  • Der Liegebereich muss ausreichend mit Stroh oder ähnlichem Material eingestreut werden, über einen Tiefstreubereich oder eine Komfortliegefläche verfügen.
  • Den Tieren müssen drei verschiedene Beschäftigungsmaterialien zur Verfügung stehen.
  • Der Stall muss über ausreichend tageslichtdurchlässige Flächen verfügen (mind. 3% der Stallgrundfläche).
Um eine Premiumförderung zu erhalten, müsste Müller nicht nur die Anforderungen der Basisförderung einhalten, sondern mind. 20 % mehr Bodenfläche, als nach der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vorgeschrieben, einplanen. Zusammen mit seinem Berater holt Müller Angebote für:

  • einen Standardstall (ohne Förderung),
  • einen Stall, der der Basisanforderung entspricht, und
  • einen Stall nach den AFP-Richtlinien für die Premiumförderung ein.
Deutlicher Vorteil


Nachdem die Kostenvoranschläge vorliegen, ziehen er und sein Berater von den Kosten für die AFP-Ställe die jeweils zu erwartende Förderung ab. So erhalten sie die Summe, die Müller aus eigener Tasche finanzieren müsste. Ergebnis: Die zusätzlichen Anforderungen nach AFP machen sich bemerkbar. Für einen Stall, der den gesetzlichen Mindestanforderungen entspricht, müsste Müller 515 €/Platz zahlen. Nimmt er die Basisförderung in Anspruch, muss er 523 €/Platz einkalkulieren und für den Premiumstall sind es sogar 592 €/Platz.


Trotzdem zahlt sich die Förderung rein ökonomisch betrachtet aus. Entscheidet er sich für die Basisförderung, hätte er durch die Förderung einen Vorteil von 5619 €. Noch deutlicher fällt der Unterschied in der Premiumvariante aus. Hier beträgt der Vorteil 9091 €. Würde der Stall größer ausfallen, sinken in der Regel die Kosten sogar noch etwas, die Förderung bliebe hingegen gleich. Beispiel: Angenommen, anstatt der 790 Plätze baut Müller einen Stall mit 1 499 Plätzen und die Kosten sinken um 4%. Dann ändert das an dem Ergebnis kaum etwas. Denn von der Degression profitiert sowohl der Standardstall als auch der mit AFP-Förderung. Die Unterschiede zwischen den Baukosten bleiben etwa gleich.


Grund für die positiven Zahlen: Müller kann in Sachsen-Anhalt die vollen Fördersätze ausschöpfen und die maximal bezuschussbaren Baukosten sind mit 2 Mio. € großzügig bemessen. In Müllers Fall würde der Deckel erst bei einem Stall mit 5000 Plätzen und mehr zum Tragen kommen. Dann müsste er den Stall allerdings nach Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigen lassen (BImSchG).



Strenge Auflagen


Doch wie rechnet sich der Maststall, wenn Müller die höheren Anforderungen in Bayern oder in Nordrhein-Westfalen einhalten müsste?Nordrhein-Westfalen (NRW): Hier steht Müller nur die Premiumförderung offen. Die Bedingungen sind ähnlich zu denen in Sachsen-Anhalt, auch die Förderhöhe liegt bei 40%. Die Baukosten fallen daher auch gleich aus wie für einen Stall in Sachsen-Anhalt. Der wesentliche Unterschied: In NRW erhält Müller nur einen Zuschuss auf die ersten 750 000 € Baukosten. Was darüber liegt, ist nicht förderfähig. Die Grenze hält er ein und auch unter diesen verschärften Bedingungen lohnt sich der Zuschuss: Der Vorteil liegt bei 8944 €/Jahr gegenüber einem Standardstall.


In Bayern gibt es ebenfalls nur eine Premiumförderung. Auch hier hat die Landesregierung einen Förderdeckel bei 400000€ Baukosten eingezogen. Erschwerend kommt hinzu: Zwar sind die Anforderungen vergleichbar mit denen in NRW und Sachsen-Anhalt, allerdings gibt es in der Premiumförderung nur einen Zuschuss von 25% für Mastschweineställe. Zudem ist der Bau eines Stalles aufgrund der höheren Löhne und Baumaterialien um rund 1,75 % teurer. Die Investition lohnt sich trotzdem: Unterm Strich bleibt ein Plus von 2968 €/Jahr.


Es lohnt sich


Ganz gleich, in welchem Bundesland Müller lebt und seinen Stall bauen würde, aus ökonomischer Sicht zahlt sich eine Investition auf jeden Fall aus. Oft sind es aber die Fördervoraussetzungen und deren Nebenbedingungen, die viele Landwirte vor einer Investition abhalten. Hier die wichtigsten:


GV-Grenze: In einigen Bundesländern gilt eine Großvieheinheitengrenze von 2 GV/ha selbstbewirtschafteter Fläche. Nur wer diese einhält, kann eine Förderung erhalten.

Diese Vorgabe müssen die Förderbetriebe außerdem nach dem Bau je Land mind. 5 Jahre lang einhalten – tagesgenau. Wenn die Behörden bei einer Kontrolle im Nachhinein feststellen, dass diese Grenze überschritten wurde, verlangen sie je nach Schwere des Verstoßes möglicherweise die komplette Förderung zurück.


Antragszeiten: In einigen Bundesländern wie Niedersachen gibt es nach wie vor nur die Möglichkeit, einmal pro Jahr zu einem bestimmten Stichtag einen Förderantrag einzureichen. Wer die Frist nicht einhalten kann, der muss somit ein Jahr lang warten.


Einkommen: Die Summe der positiven Einkünfte darf im Durchschnitt der letzten drei Einkommenssteuerbescheide gewisse Grenzen nicht überschreiten. In NRW sind es zum Beispiel 130.000 € bei Verheirateten, für Ledige liegt das Limit bei 100.000 €.


Zweckbindung:Wer einen AFP-Stall gebaut hat, darf diesen zwölf Jahre lang nicht umwidmen – auch wenn ein jahrelanges Preistief die Produktion unwirtschaftlich macht. Verstoßen die Betriebe dagegen, müssen diese einen Teil des Zuschusses zurückzahlen. Sogar ein Eigentümerwechsel ist ausgeschlossen – mit Ausnahme einer Hofübergabe.


Baubetreuer: Für den Bau eines AFP-Stalles ist ein Baubetreuer vorgeschrieben. Das ist in vielen Fällen sinnvoll, aber auch teuer. Beim Bau eines Stalles fallen so schnell 10.000 bis 20.000 € zusätzlich an. Ab einer Bausumme von 100.000 € werden die Kosten für den Betreuer aber teilweise erstattet. In unseren Kalkulationen haben wir das berücksichtigt.


Bestandsobergrenzen: In einigen Ländern gibt es Bestandsobergrenzen. Wer diese mit dem Neubau überschreitet, erhält erst gar nicht eine Förderung.


Güllelagerkapazität: In einigen Bundesländern verlangen die Vorschriften Güllelagerkapazität von mindestens neun Monaten. Ohne AFP-Förderung sind es hingegen meistens „nur“ sechs Monate, einige verlangen aber bereits schon längere Lagerzeiten.


Zeitaufwand: Wer eine Förderung in Anspruch nehmen will, darf den zeitlichen Aufwand dafür nicht unterschätzen. Außerdem müssen Sie für einen AFP-Stall möglicherweise mehr Arbeitszeit einplanen. So müsste Müller beispielsweise täglich seinen AFP-Stall einstreuen.


Denken Sie an die Zukunft


Wer die AFP-Förderung in Anspruch nimmt, muss somit einige Auflagen einhalten. Auch Müller empfindet das als Bürde. Sein Berater bringt aber in die Überlegungen noch ein weiteres Argument ins Spiel: Die Regierung als auch Gerichte haben die Vorschriften für die Tierhaltung immer weiter verschärft.


Bestes Beispiel: das Kastenstandurteil. Wer sich heute lediglich an den gesetzlichen Vorgaben orientiert, der muss seinen Stall möglicherweise in Zukunft noch einmal umbauen oder muss seinen Bestand abstocken.Müller will dieses Risiko nicht eingehen. Daher würde er sich beim Bau eines Stalles ohnehin nicht nur am gesetzlichen Standard orientieren, sondern großzügiger bauen. Der Schritt zu einem AFP-Stall ist vor diesem Hintergrund gar nicht mehr so groß. Daher entscheidet sich Müller auch für die Förderung.


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Die Daten zum Maststall


Bei den Kalkulationen haben wir uns an einem konventionellen Schweinemaststall mit 790 Plätzen orientiert. Für den Liegebereich haben wir 0,94 m2/Schwein eingeplant. Dieser muss per Hand eingestreut werden. Der Stall besteht aus zwei Abteilen mit je 395 Plätzen, einer Sortierschleuse, einem Technik- und Hygieneraum, einem Zentralabluftsystem sowie einem Güllekeller mit einem Zirkulationssystem. Die Fütterung übernimmt ein Rohrbreiautomat.


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Wieso die Länderunterschiede?


Warum gibt es unterschiedliche Förderbedingungen zwischen den Bundesländern? Ein Grund: der unterschiedliche Tierbesatz. In Sachsen-Anhalt liegt der Tierbestand mit 0,56 Großvieheinheiten pro Hektar (GV/ha). In Bayern beträgt der Wert 2,25 GV/ha, in NRW 1,34 GV/ha. Daher hat Bayern die GV-Grenze auch aus seinem Auflagenkatalog gestrichen, da viele Betriebe sonst keinen Zuschuss erhalten würden.

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