Eine zu drastische Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) wird es mit EU-Agrarkommissar Christophe Hansen nicht geben. „Eine 180-Grad-Wende sollten wir nicht provozieren. Viele Betriebe würden dann in die Unwirtschaftlichkeit gestürzt“, konstatiert der neue Brüsseler Agrarchef im Interview mit AGRA Europe.
Was den möglichen Zeitpunkt für die Vorlage der Reformvorschläge zur GAP angeht, macht der Kommissar Druck. Am liebsten wäre ihm ein Termin noch vor der Sommerpause.
Sorge vor Geldumschichtung zugunsten der Militärausgaben
Nachdrücklich warnt er vor einem Abschmelzen des EU-Agrarhaushalts im nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) nach 2027. Die mögliche Konkurrenz mit einem wohl ansteigenden EU-Verteidigungsbudget kontert der Kommissar mit der Aussage, dass „eine hinreichende Nahrungsmittelerzeugung auch Teil der Sicherheitspolitik“ sei. „Wenn es um Quantität und Qualität von landwirtschaftlichen Produkten geht, dürfen wir uns nicht von Drittländern abhängig machen“, argumentiert er im Interview.
Des Weiteren betont der Luxemburger, dass in vielen Regionen die landwirtschaftliche Produktion ohne die angepasste und angemessene Förderung nicht möglich oder nicht wirtschaftlich sei. Zudem stellt er klar, dass aus seiner Sicht EU-Agrargelder am meisten in Berggebieten und anderen benachteiligten Regionen gebraucht würden. Auch lässt er einen stärkeren Fokus auf eine anreizbasierte Politik durchblicken.
Direktzahlungen erhalten
Gleichzeitig plädiert Hansen für den Erhalt der Direktzahlungen. Viele Betriebe hätten schließlich Investitionsentscheidungen auf dieser Grundlage getroffen. Nichtsdestoweniger zeigt sich der Kommissar offen für eine „gewisse Degressivität der Beihilfen“. Schließlich sollte jedem einleuchten, dass ein Betrieb, der zehn Hektar bewirtschaftet, wahrscheinlich andere Bedürfnisse habe als ein Betrieb mit 1.000 Hektaren.
Die Hilfen sollten seiner Meinung nach dort ankommen, wo sie auch am meisten gebraucht würden. „Die Landwirte, die ich kenne, würden am liebsten alle von ihrer Produktion leben können, weil sie Unternehmer sind und an ihr Geschäftsmodell glauben.“ Gleichzeitig rechtfertigt der Agrarkommissar die Beihilfen auch mit vielen Anforderungen durch die Politik, die schließlich auch zu Einbußen führen würden.
Den Rotstift ansetzen könnte man laut dem Brüsseler Agrarchef gegebenenfalls bei kleinen Hobby-Betrieben, die quasi keine landwirtschaftliche Produktion haben. Überdies spricht sich der Kommissar dafür aus, den Faktor Arbeitskraft stärker als bisher bei den Beihilfen zu berücksichtigen. Details blieb Hansen hier allerdings schuldig.