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Agrarministerkonferenz will Gas-Versorgungsgarantie für Land- und Ernährungswirtschaft

Die Landwirtschaftsminister sehen die gesamte Agrar- und Ernährungsbranche als systemrelevant an. Beim Umbau der Tierhaltung pochen sie auf ein tragfähiges Finanzierungskonzept des Bundes.

Lesezeit: 9 Minuten

Die Agrarminister der Länder drängen für den Fall einer möglichen Gasmangellage auf die besondere Berücksichtigung der Land- und Ernährungswirtschaft. Laut einem Beschluss der heute in Quedlinburg zu Ende beendeten Agrarministerkonferenz (AMK) rufen die Ressortchefs Bund und Bundesnetzagentur auf, die Akteure der Grundnahrungsmittelproduktion als „geschützte Kunden“ im Sinne des Energiewirtschaftsgesetzes zu behandeln und sicherzustellen, dass man ihnen in einer Gasmangellage nicht den Gashahn zudreht. Begrüßt wurden auch die bestehenden und geplanten Maßnahmen der Bundesregierung zur Dämpfung der Energiekosten in der Landwirtschaft.

Die nordrhein-westfälischen Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen warnte in diesem Zusammenhang, dass die Gaskrise nicht zur Lebensmittelkrise werden dürfe. Deshalb müsse der Erzeugung und Verarbeitung der heimischen Nahrungsmittel eine hohe Priorität eingeräumt werden. Hierzu gehörr eine stabile Energieversorgung, stellte Gorißen klar. Dazu hätten die Agrarminister im Rahmen der AMK ein sehr intensives Gespräch mit der Bundesnetzagentur geführt.

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Der AMK-Vorsitzende Sven Schulze hält als Landwirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt die Düngerproduktion ebenfalls für „absolut systemrelevant“. Er wies darauf hin, dass bei Produktionsstopps der Werke nicht nur der Stickstoffdünger wegfalle, sondern auch die ebenso wichtigen Koppelprodukte wie beispielsweise AdBlue. Schulze zeigte sich deshalb erleichtert, dass für die SKW Piesteritz nach direkten Gesprächen mit dem Kanzleramt eine Lösung zum Weiterbetrieb zumindest für die „systemrelevanten Bereiche“ der Produktionsstrecke gefunden worden sei.

Der Minister sieht allerdings im Energiebereich gerade für den Düngersektor noch etliche „Hausaufgaben“ für die Bundesregierung. Wenn künftig das „extrem“ teurere Flüssiggas (LNG) als Grundstoff für die heimische Düngererzeugung herhalten solle, komme der Bund um einen Energiepreisdeckel nicht herum. Ansonsten sei die deutsche Düngerherstellung auf Dauer nicht mehr wettbewerbsfähig, verdeutlichte der AMK-Vorsitzende.

Özdemir wünscht sich „Rückenwind“ für Tierhaltungskennzeichnung

Neben der aktuellen Energiekrise diskutierte die Agrarministerkonferenz zusammen mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir über die Tierhaltungskennzeichnung und den Umbau der Tierhaltung in Deutschland. Verabschiedet wurde von der AMK, dass schnellstmöglich ein verbindliches Gesamtkonzept vorgelegt wird, wie die Ställe ausgestaltet werden sollen und ein beschleunigtes Genehmigungsverfahren für Stallneu- und Umbauten erreicht wird und wie dies verlässlich finanziert wird. Damit sollen die Nutztierhalter eine Perspektive für notwendige Investitionen erhalten.

Özdemir erläuterte seinen Gesetzentwurf für die Tierhaltungskennzeichnung und warb bei den Länderkollegen um „Rückenwind“ für seine Politik und die bisherigen Schritte zur Finanzierung der Transformation der Tierhaltung. Die vom Bund zur Verfügung gestellte 1 Mrd € sei dabei nur als Anschub gedacht, betonte der Bundesminister. Damit seien die Finanzierung von Umbau und laufenden Kosten für einige Jahre garantiert. Dem müsse eine tragfähige Anschlussfinanzierung folgen.

Den Vorschlag der FDP-Fraktion im Bundestag zur Finanzierung der Tierhaltungskennzeichnung nimmt Özdemir „zur Kenntnis“, bleibt aber skeptisch, ob eine Finanzierung über die Wirtschaft tragfähig ist. Der Bundeslandwirtschaftsminister ist aber offen für Vorschläge und will nichts ausschließen – auch eine Aufstockung des Agrarhaushaltes zu diesem Zweck nicht. Dies habe jedoch nicht er zu entscheiden, betonte der Minister. Ungeachtet dessen warb er nochmals um Unterstützung bei der Entwicklung eines Finanzierungskonzepts und warnte vor den Folgen eines Scheiterns:

Wer zur Finanzierung „Nein“ sagt, der sagt „Nein“ zur Tierhaltung in Deutschland.

Im Gegensatz zu kritischeren Äußerungen im Vorfeld gaben sich Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast und weitere Ministerkolleginnen in der Pressekonferenz deutlich konstruktiver, was die Tierhaltungskennzeichnung anging. Die niedersächsische Ministerin und Hessens Amtschefin Priska Hinz betonten ihren Willen zur Zusammenarbeit mit dem Bund in dieser Frage, drängten aber gleichwohl auf tragfähige Offerten des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Ebenso nötig seien langfristige Perspektiven für die Tierhalter und eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, unterstrich Hinz.

Beim Umbau der Tierhaltung keine Zeit mehr verlieren

Otte-Kinast pochte mit Blick auf die äußerst angespannte Situation auf den tierhaltenden Betrieben zur Eile. Längst liege der Lösungsvorschlag der Borchert-Kommission auf dem Tisch, wie man die Einkommensinteressen der Landwirtschaft mit dem Wunsch nach einer umwelt- und tierwohlgerechten Landwirtschaft unter einen Hut bekomme.

Die vom Bund in Aussicht gestellte Milliarde für den Einstieg in den Umbau der Nutztierhaltung reicht auch nach Otte-Kinasts Einschätzung auf Dauer „natürlich nicht und kommt auch fast schon zu spät“. Sie verlangte von der Bundesregierung ein deutliches Signal, „dass die Tierhaltung in Deutschland gewollt ist“.

Gorißen geht der vom Bund vorgelegte Gesetzesentwurf zur Kennzeichnung der Haltungsform bei frischem Schweinefleisch nicht weit genug. Insbesondere müssten die Fragen zur Finanzierung, aber auch zum Baurecht in einem Paket gelöst werden. "Die Betriebe brauchen jetzt schnell einen verlässlichen Rahmen, zumindest über den Zeitraum der Abschreibung der getätigten Investitionen“, verlangte die Ministerin.

Rechtlich fraglich und bürokratisch

Die Ressortchefs der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben darüber hinausgehend Bedenken hinsichtlich der Pläne des Bundeslandwirtschaftsministeriums zur Umsetzung der Haltungskennzeichnung. Sie stellten in einer Protokollerklärung fest, dass die aktuellen Ideen des Bundes für die Einführung einer verbindlichen Tierhaltungskennzeichnung für frisches Schweinefleisch und die vorgesehene Verortung kennzeichnungsrelevanter Mindestanforderungen für die einzelnen Haltungsformen in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in den Folgewirkungen nicht hinreichend geprüft und rechtlich fraglich seien.

Die vorgesehenen Regelungen schwächen nach Auffassung der Minister die Schweinehaltung in Deutschland insgesamt und gefährden das bestehende privatwirtschaftliche System der Initiative Tierwohl (ITW) sowie das damit verbundene System der Finanzierung von mehr Tierwohl für die Betriebe. Deshalb wie auch wegen des absehbar hohen Verwaltungsaufwandes lehnen sie das geplante Tierhaltungskennzeichnungssystem in der aktuellen Fassung ab.

Quarantänefrist bei ASP-Punkteintrag reduzieren

Die Agrarministerkonferenz folgte in ihrer jüngsten Sitzung auch einem Antrag Niedersachsens und Baden-Württembergs zum Umgang mit Schweinefleisch bei Ausbrüchen der Afrikanischen Schweinepest (ASP). Es soll nun geprüft werden, ob im Seuchenfall Schlacht-, Zerlege- und Verarbeitungsbetriebe sowie Kühlhäuser vorgehalten werden, die Tiere aus der Restriktionszone abnehmen und weiterverarbeiten. Außerdem soll sich das Bundeslandwirtschaftsministerium bei der EU dafür einsetzen, dass die Frist von 90 Tagen reduziert werden kann, wenn es sich wie im Emsland um einen Punkteintrag handelt. „Auch die Vorgabe für die Behandlung von Fleisch gehört auf den Prüfstand“, ergänzte Otte-Kinast.

Wenig Verständnis für diesen Antrag hat Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands e.V. (ISN). Schon am gestrigen Donnerstag hatte ISN-Geschäftsführer Dr. Torsten Staack klargestellt, dass es neben der Frage des Seuchen- und Tierschutzes in erster Linie darum gehen müsse, die durch die staatlichen Maßnahmen unverschuldet in Not geratenen Schweinehalter in den Restriktionsgebieten finanziell nicht alleine im Regen stehen zu lassen.

Italienisches Fondmodell auch in Deutschland einführen

Ihm zufolge wurde beispielsweise in Italien extra dafür ein entsprechender Fonds eingerichtet, mit dem die durch ASP-Restriktionen in der Lieferkette entstehenden Schäden abgepuffert werden sollen. „Warum wird ein solches Modell nicht auch in Deutschland eingerichtet“, fragte Staack.

Die Verpflichtung der Schlachtunternehmen zur Abnahme löst nach seiner Auffassung das Problem überhaupt nicht. Viel wirkungsvoller wäre es eher, die Gefährdung der Exportzulassungen einzelner Schlachtstandorte oder weiterer Lieferkettenglieder, die durch die Schlachtung von Tieren aus den Restriktionsgebieten oder der weiteren Verarbeitung des Fleisches entstehen könnten, vorbeugend mit staatlicher Unterstützung auszuschließen, erklärte der ISN-Geschäftsführer.

Nitrataustrag muss runter

Auf Antrag von Mecklenburg-Vorpommern stand die Anpassung des Düngerechts erneut auf der Tagesordnung der AMK. In der anschließenden Pressekonferenz betonte Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus den Handlungsdruck bei der Reduzierung des Nährstoffaustrags aus der Landwirtschaft: „Wir müssen mit der Nitratbelastung im Grundwasser runter, auch die Landwirtschaft muss hier ihren Beitrag erbringen, da gibt es keine zwei Meinungen.“

Backhaus will diesen Weg aber mit den Bauern gehen. Ihm zufolge braucht es eine nachhaltige Zukunftsstrategie, die den Schutz der natürlichen Ressourcen sicherstellt, aber gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Nahrungs- und Futtermittelproduktion in Deutschland nicht gefährdet. Das Gebot der Stunde sei es, Bürokratie abzubauen, Vorgaben zu harmonisieren sowie eine engere Verzahnung mit der Agrarförderung zu erreichen. Nur so könne Akzeptanz für das Düngerecht erreicht werden.

Messstellennetz bundesweit vereinheitlichen

Die Bundesländer rief der dienstälteste Landwirtschaftsminister auf, möglichst abgestimmt die Anpassung der Landesdüngeverordnungen zur Ausweisung der roten Gebiete zum Abschluss bringen. Dabei müsse ein deutschlandweit einheitliches Messverfahren zur Nitratbelastung entwickelt werden, damit nicht „jedes Bundesland sein eigenes Süppchen kocht“.

Die unionsgeführten Länder erneuerten ihre Forderung nach einem verursachergerechten Düngerecht. Landwirtschaftliche Betriebe in den „Roten Gebieten“, die nachweisen können, dass sie niedrige Stickstoffüberschüsse haben oder eine besonders grundwasserschonende Bewirtschaftung sicherstellen, sollten von den Auflagen in den „Roten Gebieten“ ausgenommen werden, erklärte Otte-Kinast.

Bürokratie macht die Bauern fertig

Zum Abschluss der AMK hatten Landwirte in Quedlinburg eine Demo veranstaltet und ihren Unmut mit der aktuellen Agrarpolitik und ihren Vertretern kundgetan. Im Fokus der Kritik von Landesbauernverbänden, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und LsV standen die hohen Betriebsmittelpreise und nicht zuletzt die zahlreichen Auflagen.

Laut der AbL drohen wichtige Zielsetzungen der GAP-Reform bezüglich des Klima- und Ressourcenschutzes, der Biodiversität sowie der Versorgungssicherheit und Verbesserung der Einkommenssituation von landwirtschaftlichen Betrieben durch bürokratische Regelungen oder Vorgaben torpediert zu werden. Schwerwiegende Hemmnissen und Blockaden wären die Folge, warnte der Verband.

„Wir haben Märkte, die wir nicht beeinflussen können. Wir haben ein Wetter, das wir nicht beeinflussen können. Und jetzt haben wir noch das große Unglück, dass uns die Politik so viele bürokratische Hürden aufbürdet", erklärte seinerseits der Präsident des Landesbauernverbands Sachsen-Anhalt, Olaf Feuerborn. Ihm zufolge brauchen die Bauern aber ein Grundvertrauen der Politik in die Landwirtschaft. Geplante Maßnahmen unter anderem beim Pflanzenschutz sorgten hingegen für existenzielle Sorgen der Betriebe, so der Verbandspräsident.

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