Der Empfang für Cem Özdemir auf dem Bauerntag im vergangenen Jahr in Cottbus war freundlich, der für den neuen Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) auf dem diesjährigen Bauerntag in Berlin konnte aber schon regelrecht herzlich genannt werden. Rainer nutzte die Gelegenheit am Donnerstag in Berlin auch, um seine Nähe zum landwirtschaftlichen Berufsstand zu zeigen. Er wolle Minister für Wertschätzung und Wertschöpfung sein, ruft er den Delegierten gleich am Anfang seiner Rede zu. Die Landwirte seien es, die tolle Lebensmittel herstellen. Das müsse man auch wertschätzen.
Dann wählt er eine bewusste Abgrenzung zu seinem Vorgänger. „Kein Mensch braucht beim Thema Ernährung einen Kulturkampf“, sagt Rainer. Er stehe für eine ausgewogene Ernährung, die Obst, Gemüse, Salat, aber auch Fisch und Fleisch enthalte. Da habe sich die Politik nicht einzumischen, sondern nur zu informieren, sagte er. Jeder Einkauf vor Ort entscheide über die Landwirtschaft. Deshalb wolle er regionale Vermarktung unterstützen und konventionell und Bio nicht gegeneinander ausspielen.
Rainer sieht seine ersten 50 Tage als Erfolg
Es folgt eine Aufzählung, mit Dingen, die Rainer in seiner kurzen Amtszeit von 50 Tagen schon erreicht haben will. Er nennt den Wachstumsbooster mit steuerlichen Erleichterungen, die auch der Landwirtschaft zugutekommen sollen, wie 30 % Afa. Es folgen die Wiedereinführung der Rückvergütung für Agrardiesel ab 1.1.2026 und die Ergebnisse aus dem Bundeshaushalt, wonach die Landwirtschaftliche Unfallversicherung (LUV) 20 Mio. € mehr Unterstützung bekommt und das nationale Agrarförderprogramm GAK aufgestockt wird. „Das ist ein Erfolg“, sagte Rainer.
Eine Lanze bricht der Minister auch für Bioethanol und Biodiesel. Er stellt klar: „Es geht einfach nicht, dass Sie Fahrzeuge in der Landwirtschaft rein elektromotorisch betreiben, deshalb braucht es alternative Kraftstoffe.“ Er will sich daher für Steuererleichterungen für Kraftstoffe vom Acker stark machen.
Bei der Frage des Mindestlohns lässt Rainer sich ein Türchen offen. Er lasse prüfen, ob es Ausnahmen davon geben könne, sagt er zu den Delegierten. Nach der Abschaffung der Stoffstrombilanzverordnung will sich Rainer auch das Düngerecht weiter vornehmen. "Wir werden praxistaugliches Düngerecht schaffen", versprach er. Dafür wolle er Ermessensspielräume bei der nationalen Umsetzung von EU-Regeln ausnutzen.
Keine Mehrwertsteuererhöhung auf Fleisch
Zur umstrittenen Frage der Finanzierung von mehr Tierwohl erteilt Rainer auf dem Bauerntag einer Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Fleisch, so wie es die Borchert-Kommission erarbeitet hatte, eine Absage. Er unterstütze die Forderung aus der Landwirtschaft nach mehr Geld für die Tierhaltung. „Die Mehrwertsteuer ist der falsche Weg“, sagte er aber. Gleichwohl unterstützt Rainer die Forderung des Berufsstands nach mehr Geld für mehr Tierwohl. Für genauso wichtig erachtet er Planungssicherheit und Bestandsschutz: „Es kann nicht sein, dass viel Geld für Stall ausgegeben und fünf Jahre später kommt eine neue Richtlinie. Damit muss Schluss sein.“
Die Position der Weidehalter zum Wolf kann Rainer offenbar gut nachvollziehen. Er sprach sich auf dem Bauerntag für einen konsequenten Schutz von Weidetieren aus und kündigte eine Überarbeitung des Bundesjagdgesetzes an, das die Bejagung des Beutegreifers ermöglichen soll. Das reiche aber nicht aus, betonte der Agrarminister. Zusätzlich müsse auch der günstige Erhaltungszustand des Wolfs nach Brüssel gemeldet werden und es müsse eine echte Regulierung des Wolfbestands erfolgen.
Pflanzenschutz kein Selbstzweck
Einen anderen Ton als bei Özdemir hört man bei Rainer auch beim chemischen Pflanzenschutz. Der sei kein Selbstzweck, sondern die Voraussetzung für sichere Ernte und stabile Lebensmittelpreise, so der Ressortchef zu den anwesenden Landwirten. Nicht zuletzt wegen neuer Schädlinge wie der Schilfglasflügelzikade brauche es schnellere Zulassungsverfahren bei Wirkstoffen.
Und das Thema Bürokratieabbau wird ebenfalls nicht ausgelassen. Rainer prüft aktuell die 194 Vorschläge aus dem Vorjahr auf ihre Umsetzbarkeit, will sich dabei aber noch nicht in die Karten sehen lassen. Er stellt jedoch klar: „Wir brauchen Regeln, aber diese Regeln müssen erfüllbar sein und diese Regeln müssen auch Sinn machen. Regelungen, die keinen Sinn haben, die müssen weg.“
GAP muss effizienter und einfacher werden
Bestandschutz fordert Rainer jedoch für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) mit ihrem Zwei-Säulen-Model, denn die GAP bleibe ein zentrales Instrument zur Unterstützung der Landwirtschaft. Sie müsse aber einfacher werden für Betriebe und Verwaltungen. Rainer plädiert deshalb auch angesichts der aktuellen Grundsatzdiskussion um die EU-Mittelverwendung für eine gut ausbudgetierte, effiziente und bürokratiearme Agrarpolitik, die Einkommensanreize für Junglandwirte und gesellschaftliche Leistungen umfasst. Damit verbindet der Agrarminister auch ein persönliches Ziel: „Wir wollen mit unserer Politik ein Umfeld schaffen, in dem es sich wieder lohnt, in einen Hof, in eine Existenz, auch in einen Handwerksbetrieb zu investieren.“
In der anschließenden Diskussion kommt ein bemerkenswerter Wunsch von der Vizepräsidentin des Bauernverbandes MV, Dr. Sabine Firnhaber, an den Bundesminister: Der Begriff „Einkommensgrundstütze“ im Agrarantrag wird nicht nur von ihr als unerträglich wahrgenommen. Firnhaber weist darauf hin, dass die Bauern oft rund um die Uhr arbeiten, so ein Wort könne man so nicht stehen lassen. Die Landwirtin bittet Rainer deshalb, hier Einfluss zu nehmen und besser wieder den alten Begriff „Agrarprämie“ einzuführen. Dessen Meinung: "So ein Unsinn, so etwas zu schreiben." Rainer versteht den Unmut und will sich kümmern.