Bundesagrarminister Cem Özdemir muss sich gegenüber seiner eigenen Partei rechtfertigen, warum es mit dem Umbau der Tierhaltung nicht voran geht. Auch die Landwirte prangern seit Monaten an, dass sie gerne umbauen würden, die Finanzierung jedoch nicht steht.
Wie die taz in ihrer Dienstagsausgabe nun berichtet, fordern auch Tierschützer und die Initiatoren der "Wir haben es satt"-Demo den Minister auf, mehr Geld für den Umbau der Tierhaltung bereitzustellen. Ihnen sind auch die Kriterien des geplanten verpflichtenden Tierhaltungskennzeichens zu weich und Özdemir sei gegenüber der FDP zu lasch und nachgiebig.
„FDP blockiert“
Özdemir weist diese Vorwürfe zurück. "Wir Grüne sind fest davon überzeugt, dass wir sehr gute Argumente haben. Wir sollten aber nicht vergessen: Das sind andere Parteien auch. Und da wir nun mal nicht alleine regieren, braucht es eben auch Kompromisse, um zum Ziel zu kommen", sagte der Grünen-Politiker der taz.
Seine Macht sei begrenzt, auch wenn er die Kritik der Umwelt- und Tierschutzseite absolut teile. „Ich bitte nur um Geduld. Vergessen wir nicht: Wir bauen da gerade ein System grundlegend um", ergänzte Özdemir. "Ich habe auch harte Gegner, die den Umbau nicht wollen. Die Krise der Tierhaltung in Deutschland trifft ja nicht alle gleichermaßen. Vor allem die kleineren, landwirtschaftlichen Betriebe haut es aus der Kurve. Andere haben sich aber auch sehr gut damit eingerichtet, und die sind sehr wortstark und gut organisiert. Nicht jeder sieht die politische Notwendigkeit, dass auch kleine, familiengeführte Höfe mit tiergerechter Haltung eine Zukunft haben."
Fleischkonsum und Tierzahlen gehen dauerhaft zurück
Özdemir geht davon aus, dass der Fleischmarkt dauerhaft schrumpft. "Ich fürchte, dass der Absatzmarkt in China für deutsches Schweinefleisch nicht nur vorübergehend weg ist. China baut gerade massive Mastkapazitäten auf. Ich rate allen dazu, sich von der Illusion zu lösen, dass die alten Absatzmärkte wieder zurückkommen", sagte er der taz weiter.
"Das gleiche gilt aber auch für den nationalen Absatzmarkt. Die Konsumgewohnheiten ändern sich nicht vorübergehend, sondern dauerhaft. Man sieht einen langfristigen Trend, dass nicht nur die Zahl der Vegetarier und Veganer, sondern am stärksten die der Flexitarier hochgeht. Das sind Menschen, die weniger, aber dafür bewusst Fleisch essen. Und dieser Trend ist unabhängig davon, ob der Agrarminister Cem Özdemir heißt."