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Außerlandwirtschaftliche Investoren: Gibt es wirklich Handlungsbedarf?

Außerlandwirtschaftliche Investoren sind nicht unmittelbar für die steigenden Preise am Bodenmarkt verantwortlich, meinen Prof. Dr. Silke Hüttel von der Universität Bonn und Prof. Dr. Martin Odening von der Humboldt Uni Berlin: Verdrängen außerlandwirtschaftliche Finanzinvestoren Familienbetriebe vom Bodenmarkt?

Lesezeit: 4 Minuten

Außerlandwirtschaftliche Investoren sind nicht unmittelbar für die steigenden Preise am Bodenmarkt verantwortlich, meinen Prof. Dr. Silke Hüttel von der Universität Bonn und Prof. Dr. Martin Odening von der Humboldt Uni Berlin im top agrar-Interview:


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Verdrängen außerlandwirtschaftliche Finanzinvestoren Familienbetriebe vom Bodenmarkt?


Odening: Sicher kommt das vor. Wirtschaftlich weniger erfolgreiche Familienbetriebe kommen am Bodenmarkt schlechter zum Zuge als rentablere Familienbetriebe, juristische Personen und Finanzinvestoren. Niemand kann allerdings genau sagen, in welchem Umfang das in Deutschland der Fall ist.


Um trotzdem Licht ins Dunkel zu bringen, haben Sie den Bodenmarkt systematisch untersucht. Wie sind Sie vorgegangen?


Hüttel: Wir haben jüngere wissenschaftliche Veröffentlichungen und die Ausschreibungsergebnisse der BVVG für Ostdeutschland analysiert.


Wie viele Kauffälle waren das?


Hüttel: Wir haben 10000 Kauffälle von Januar 2005 bis September 2015 ausgewertet. Alle Fälle hatten mindestens zwei Bieter, um die Wettbewerbssituation untersuchen zu können.


Nach welchen Käufergruppen haben Sie die Daten differenziert?


Hüttel: Wir wollten wissen, ob es hinsichtlich Finanzierungskraft, Größe und Kapitalherkunft systematische Unterschiede gibt. Deshalb haben wir Rechtsformen verglichen und untersucht, ob es Unterschiede bei vormaligen BVVG-Pächtern oder Käufern bei ausländischer Beteiligung gab.


Kommen juristische Personen, ausländische Bieter oder Nicht-Pächter bei den Ausschreibungen überdurchschnittlich häufig zum Zuge?


Hüttel: Nein. Juristische Personen kommen bei ca. einem Drittel der Kauffälle zum Zuge, nicht als Pächter registrierte Bieter machen etwas mehr als zwei Drittel aus. Und Bieterkonsortien mit ausländischer Beteiligung sind im Vergleich dazu die mit Abstand kleinste Gruppe. Letztere interessieren sich eher für größere Lose.


Wie viele ausländische Käufer gab es?


Hüttel: Im Untersuchungszeitraum waren es knapp 100. Das sind rund 1% der Kauffälle.


Gab es Unterschiede bei den Kaufpreisen?


Hüttel: Nur kleine. Juristische Personen bezahlten im Schnitt aller Jahre 1,20 €/m2, natürliche Personen 1,17 €/m2. Pächter gaben 1,20 €/m2 aus, Nicht-Pächter 1,13 €/m2. Die Kaufpreise ausländischer Bieter lagen mit 1,08 €/m2 sogar leicht unter dem, was inländische Käufer zahlten (1,18 €/m2).


Danach wären außerlandwirtschaftliche Investoren kaum für die steigenden Bodenpreise der vergangenen Jahre verantwortlich, oder?


Odening: Ein Hauptfaktor für den Preisanstieg im vergangenen Jahrzehnt sind die niedrigen Zinsen. Dadurch werden Investitionen in Boden rentabler und sie gelten als sichere Anlage. Das gilt für Landwirte wie für Nichtlandwirte. Es ist schwer, den Effekt einzelner Bietergruppen auf den Bodenpreis herauszurechnen. Ich gehe aber davon aus, dass der innerlandwirtschaftliche Konkurrenzkampf einen höheren Effekt hat, als die Nachfrage außerlandwirtschaftlicher Investoren.


Wie groß ist die Gefahr, dass flächenstarke Bodeneigentümer die regionalen Pachtpreise bestimmen können?


Odening: Pachtpreise bilden sich aus Angebot und Nachfrage. Wenn ein Pächter sich rational verhält, wird er keine höhere Pacht als die Grundrente zahlen - unabhängig davon wie viel Fläche der Verpächter besitzt. Aber wenn einem großen Bodeneigentümer lokal viele potenzielle Pächter gegenüberstehen, kann dieser die Pächter möglicherweise gegeneinander ausspielen.


Kritiker behaupten, nichtlandwirtschaftliche Erwerber entzögen produzierenden Landwirten die Flächen. Stimmt das?


Odening: Was sollen Finanzinvestoren mit erworbenen Flächen anderes anfangen, als sie landwirtschaftlich zu nutzen? Das kann in der Weise geschehen, dass der vorherige Bewirtschafter die Flächen weiterhin pachtet. Alternativ kann der Käufer die Flächen einem anderen Unternehmen zur Verfügung stellen. Per se geht dem Agrarsektor also kein Boden verloren.


Investoren können auch Anteile von Agrarunternehmen kaufen. Ist das positiv oder negativ?


Odening: Freier Kapitalverkehr ist grundsätzlich etwas Positives für eine Volkswirtschaft. Warum sollte der Agrarsektor da eine Ausnahme bilden? Wenn die Branche profitable Anlagemöglichkeiten bietet, ist das ein gutes Zeichen. Die Beteiligung von Investoren ist eine Alternative zur Kreditaufnahme. Außerdem ist der Verkauf von Unternehmensanteilen eine freiwillige Entscheidung des Managements. Warum sollte man diese einschränken?


Welchen politischen Handlungsbedarf sehen Sie für den Bodenmarkt?


Odening: Einen unmittelbaren Regulierungsbedarf sehen wir nicht. Aber es sollten eine Reihe von Fragen geklärt werden: Wer zählt eigentlich zu den Finanzinvestoren auf dem Bodenmarkt? Wie groß ist deren Anteil und wie sehen die regionalen Besitzverhältnisse aus? An welchem agrarstrukturellen Leitbild bewerten wir, ob eine „ungesunde Verteilung von Bodeneigentum“ vorliegt? Hat die Konzentration von Bodeneigentum negative Auswirkungen auf ländliche Räume und wenn ja, welche? Das BMEL hat aktuell zwei Studien ausgeschrieben, die genau diese Fragen beantworten sollen.

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