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Das war die Rede

Bauerntag: Rukwied über Transformation und die Hoffnung auf die junge Generation

Was macht der DBV eigentlich? Diese Frage griff Verbandspräsident Rukwied in seiner Rede auf dem digitalen Bauerntag auf und lieferte die Antwort. Kein gutes Haar lässt er an der Politik.

Lesezeit: 7 Minuten

Die 89. Mitgliederversammlung des Deutschen Bauernverbandes (DBV) ist eröffnet. Verbandspräsident Joachim Rukwied begrüßte am Mittwochnachmittag 322 von 499 angemeldeten Delegierten der 18 Landesbauernverbände per Videoschalte. Die zugeschalteten Mitglieder vertraten 329 Stimmen, so dass die Versammlung beschlussfähig war. Per Youtube-Livestream schauten weitere gut 200 interessierte Personen zu.

In seiner 40-minütigen Rede erinnerte Rukwied daran, welche Leistungen die Bauern im Coronajahr erbracht hätten: Die Läden waren immer voll, die Versorgung stets gesichert. Das sollte die Bauern stolz machen, so der Präsident. „Die Bauern sind ein Garant für sozialen Frieden, für gesellschaftliche und politische Stabilität. Das ist ein Gut, dass gar nicht hoch genug zu schätzen ist.“ Er sehe, dass Politik und weite Teile der Gesellschaft das auch wertschätzen.

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Was tut der DBV?

Von seinen Mitgliedern hört Rukwied dagegen auch kritische Töne und die Frage, was der Verband eigentlich macht. Hierzu stellte der Präsident klar, dass die Mitarbeiter und ehrenamtlichen Vertreter tagtäglich für die Mitglieder arbeiteten. Das sei oft hartes Brot, weil die Politik ja nicht 1:1 einseitige Forderungen umsetzt, sondern stets ein Kompromiss am Ende steht, mit dem alle Seiten leben müssen. So ein Kompromiss sichere aber auch den Bauern eine Zukunft, betonte Rukwied.

Als Erfolge des DBV hob er die Ausweitung der saisonalen Beschäftigung auf 102 Tage hervor – „Das kann sich schon sehen lassen“, wie er sagte – oder die 40.000 Erntehelfer, die 2020 auf die Betriebe per Ausnahmeregelung kommen durften; nach langen Verhandlungen des DBV mit den Ministern.

Auch die GAP enthalte große Erfolge, wie die schwarze Null beim Agrarbudget statt einer Reduzierung. Zudem habe der DBV dafür gesorgt, dass weitere Schärfen bei der Düngeverordnung entfallen sind und dass das umstrittene Nitratmessnetz mit seinen Fehlern nun überprüft werden muss. Auch beim Insektenschutzpaket habe der DBV umfangreich interveniert. „Die gemeinsame Arbeit ist daher am Ende ein Erfolg. Ich kann aber - auch als praktischer Landwirt - nachvollziehen, dass damit nicht jeder zufrieden ist.“

DBV auf junge Mitglieder angewiesen

In der weiteren Rede wiederholte Rukwied seinen Wunsch nach mehr Engagement von Landwirten in Parlamenten, auf Ort-, Kreis- und Landesebene. „Wir müssen selbst bereit sein, politische Verantwortung zu übernehmen.“ Er appellierte vor allem an die junge Generation, sich einzubringen. Auf die setze der DBV, der für die Zukunft essentiell auf Junglandwirte – auch in der Verbandsarbeit – angewiesen sei. „Wir müssen jünger und weiblicher werden, die Angebote attraktiver machen und besser in Richtung Mitgliedschaft kommunizieren“, so Rukwied. Das könne die Unzufriedenheit reduzieren. Den Schritt zu mehr digitaler Vernetzung und Kommunikation habe der Verband ja bereits erfolgreich eingeläutet, wie dieser Bauerntag zeige.

Herausforderungen: Rauer Ton, Spannungen, Blasenbildung

In Zukunft kommt weiter einiges auf Gesellschaft und Landwirtschaft zu. Rukwied sprach Punkte wie die Mobilität, Energieversorgung, Klimawandel, geopolitische Machtansprüche Chinas sowie Spannungen zwischen Russland, der Ukraine und der EU an. Zudem gebe es Verwerfungen im sozialen Bereich.

Er bedauert, dass der Ton in der Gesellschaft und vor allen in den digitalen Bereichen immer rauer wird. Es gebe eine Blasenbildung, man gehe immer seltener aufeinander zu. Es gibt festgefahrene und auch extreme Positionen, Tunnelblicke und einseitige Schuldzuweisungen. Das alles hilft laut dem Landwirt aus Baden-Württemberg nicht weiter, um Lösungen zu finden.

Mutige Politiker mit Weitblick gesucht

Rukwied hofft, dass alle Seiten zu konstruktiven Gesprächen zurückkehren, um gemeinsam Zukunftsperspektiven zu finden, von denen alle profitieren. Aktuell befänden wir uns in einer Zeit der Transformation, die große Herausforderungen mitbringe. Für zwingend erforderlich hält er entscheidungsfreudige und engagierte Politiker, die mit Mut und Weitblick agieren. Gerade in der ablaufenden Legislaturperiode habe er dies oft vermisst, gerade bei den Agrarthemen. Besonders der SPD machte er Vorwürfe.

Immerhin habe die Politik mit dem Investitions-Zukunftsprogramm, mit der Aufstockung der LSV und dem Forstprogramm zukunftsweisend gehandelt. „Wir brauchen Politik als Begleitung und für die finanzielle Unterstützung“, sagte Rukwied dazu. Nicht zufrieden ist er aber mit den vielen anderen Baustellen. Da sei z.B. der Borchert-Plan, den der DBV und die Bauern absolut unterstützen, eben weil die Betriebe entschlossen sind, mehr Tierwohl umzusetzen. „Was nun fehlt, ist das politische Ja. Und wie können die 4 Mrd. € Mehrkosten für die Bauern aufgefangen werden? Wir müssen jetzt ein Finanzierungskonzept auf den Weg bringen, die Politik muss jetzt entscheiden!“, rief der Verbandspräsident in Richtung der zugeschalteten Politiker.

Ein anderes Negativbeispiel ist das Insektenschutzpaket, wo die Protokollerklärung doch nicht 1:1 umgesetzt wird und es bei „Kann-Regeln“ bleibt. Rukwied erinnert in dem Zusammenhang an den kooperativen Naturschutz, die freiwilligen Bemühungen der Bauern, Vertragsnaturschutz und Blühstreifen. „Und dieser höhere Aufwand muss auch ausgeglichen werden“. Als weitere Kritikpunkte sprach Rukwied den Wegfall der Umsatzsteuerpauschalierung und mehr Bürokratie an.

Forderungen an die künftige Regierung

Mit Blick auf die Bundestagswahl verwies der Präsident auf das klare Forderungspapier des DBV, das u.a. eine Stärkung der Landwirtschaft und der ländlichen Räume betont. Zentrale Forderungen darin sind außerdem die Zukunftsfähigkeit, Verlässlichkeit, Planbarkeit und Sicherheit.

„Ein Beispiel sind die Investitionen in einen Tierwohlstall. Das geht schnell in 7-stellige Beträge und amortisiert sich erst nach 25 bis 30 Jahren“, betonte der Redner. Es gehe hier um die Sicherheit und Zukunft der kommenden Generation und da brauche man Verlässlichkeit.

Unverständnis habe man im Verband auch für die zähen GAP-Verhandlungen, die Entscheidung hätte längst fallen müssen und sei jetzt zwingend notwendig. Rukwied zeigte sich dabei sehr unzufrieden mit EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski, der weitgehend abgetaucht ist. Laut Rukwied sei auf dem Posten eine engagierte Persönlichkeit notwendig, die mit Interesse und Freude das Thema bearbeitet. Auch Frans Timmermans hat in Rukwieds Augen eine unglückliche Rolle gespielt und nicht zu einer schnellen Einigung beigetragen.

Für zwingend erforderlich hält Rukwied nun die Folgenabschätzung der kommenden Agrarreform, ohne diese sei es grob fahrlässig. Vorgaben, wie die Eco-Schemes seien ja jetzt schon nahezu endgültig beschlossen, bedürfen aber Nachbesserungen. Ebenso hat der Verband dringende Änderungswünsche am Fruchtfolgeplan. Auf jeden Fall hofft der DBV auf einen Beschluss noch im Juni.

Gute Handelsabkommen und freier Zugriff auf Zukunftstechnologien erwünscht

In seiner Rede hob der Präsident weiter hervor, dass der DBV zu Handelsabkommen steht, wenn diese ausgeglichen sind. Das sei bei Mercosur nicht der Fall, weshalb der Verband dieses ablehnt. Überhaupt seien neue Regeln für den Handel wichtig, in denen auch die Nachhaltigkeit berücksichtigt ist.

„Die Betriebe müssen auch auf neue Produktionsmittel zugreifen können, um Insektenschutz, Düngereduktion etc. umsetzen zu können“, betonte der oberste Bauernvertreter und sprach den Wunsch nach neuen resistenten Sorten an. Sein offener Appell: „Wir müssen die Möglichkeiten neuer Techniken wie Crispr/Cas auf den Weg bringen. Eine Technik- und Forschungsfeindlichkeit schadet.“

Ganz kurz ging er anschließend auf den Markt ein, auf das Überangebot bei Schweinen und die hohen Produktionskosten bei der Milch. In dem Zuge wünscht er sich eine neue Partnerschaft mit dem Markt. So richtete er den Appell an den Handel und die Verarbeitung, neue Partnerschaften zu leben. Der DBV sei aktuell intensiv im Aufbau der Koordinierungsstelle, was aber eine Herkulesaufgabe sei, da es gilt, unterschiedliche Positionen unter einen Hut zu bringen. Rukwied selbst ist aber von einer Lösung überzeugt und bereit dazu, wie er betonte.

Zum Ende der Rede hob der Präsident hervor, wie eng Ernährungssicherheit und Klimaschutz zusammenhängen. Daher müsse das aufgewertet und auch im Grundgesetz §20a festgeschrieben werden. Zudem sei Eigentum eine der Grundlagen unseres Wohlstandes und der Zukunftsfähigkeit.

„Es wird nicht einfacher werden. Wenn wir aber auf Höhe der Zeit intelligent und mit Herzblut für eine gute Zukunft arbeiten, dann bin ich zuversichtlich, dass wir erfolgreich bleiben werden“, so Rukwied. Die Bauern seien jedenfalls bereit, sich zu verändern, das Tierwohl auszubauen und sich bei Artenschutz und Biodiversität einzubringen. „Wir setzen auf Kooperation, erwarten aber auch Wertschätzung.“

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