Bei den EU-Plänen zur Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln und dem Verbot in Schutzgebieten fehlt jegliche Folgenabschätzung. Das kritisiert der stellvertretende Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Udo Hemmerling. Während einer Präsentation im Agrarausschuss des Europäischen Parlamentes am Mittwoch habe die EU-Kommission ihren Vorschlag zur Halbierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes ohne eine wissenschaftliche Folgenabschätzung vorgelegt.
„Fast drei Monate nach Vorstellung ihres Entwurfes zu einer neuen Verordnung zum nachhaltigen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln (SUR) hat die EU-Kommission gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit keine Folgenabschätzung vorgelegt. Es fehlt weiter eine mit konkreten Daten untermauerte Begründung für die vorgeschlagenen Einschränkungen“, ist Hemmerling empört.
Was war passiert?
Der Leiter des Referats für Pflanzen und ökologische Erzeugung in der Generaldirektion Gesundheit der EU-Kommission, Andrew Owen-Griffiths, bekräftigte vor den Agrarpolitikern des EU-Parlamentes die umstrittene Position der Kommission zum Pflanzenschutz. Zwar würden Bedenken und praktische Einwände bei der weiteren Arbeit an dem Entwurf berücksichtigt. Sensible Gebiete seien allerdings nicht ohne Grund als sensibel eingestuft worden; daher wolle man das Ambitionsniveau erhalten, stellte Owen-Griffiths klar.
Ziele müssen bis 2030 erreicht werden
Er wies zugleich darauf hin, dass die vorgesehenen Reduktionsziele bis zum Jahr 2030 erreicht werden müssten. Es gehe um einen Übergang zu einer nachhaltigeren Agrarproduktion. Wichtig werde es sein, aller Akteure „an Bord zu holen“. Ausdrücklich schloss der Kommissionsvertreter dabei die Landwirte ein. Owen-Griffiths stellte außerdem klar, dass es nicht um eine pauschale Halbierung des Einsatzes aller Pflanzenschutzmittel gehe. Grundlage seien gewichtete Verkäufe, bei denen die mit höheren Risiken verbundenen Wirkstoffe stärker berücksichtigt würden. Dadurch würden Anreize für den Einsatz von harmloseren Produkten und Alternativen geschaffen.
Kontroverse Diskussion
Erwartungsgemäß kontrovers diskutiert wurden die Pläne der EU-Kommission von den Abgeordneten. „Es ist ein bedeutendes Thema und ich habe nicht den Eindruck, dass sich die Kommission voll bewusst ist, was die Auswirkungen ihres Vorschlags sind“, erklärte der Vorsitzende des Ausschusses, Norbert Lins.
Ähnlich äußerte sich der Agrarsprecher der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), Herbert Dorfmann. „Ich habe jetzt wirklich nichts gehört, welche Auswirkungen das dann auf die landwirtschaftliche Produktion hat“, so der Italiener. Die SPD-Europaabgeordnete Maria Noichl sprach sich derweil klar für eine Verringerung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes in Europa aus. Ernährungsunsicherheit entstehe durch Abhängigkeiten von Pflanzenschutzmittelnd und Futterimporten.
Die Agrarsprecherin der liberalen Fraktion Renew Europe (RE), Ulrike Müller, zeigte sich offen für die Absicht der Kommission, die Gesetzgebung von einer Richtlinie in eine Verordnung zu überführen. Dadurch würden Wettbewerbsverzerrungen vermieden. Der agrarpolitische Sprecher der Grünen/EFA im Europaparlament, Martin Häusling, begrüßte die Vorlage der Kommission „ausdrücklich“. Es handele sich um einen wichtigen Schritt nach vorn, der weder die Landwirtschaft noch die Ernährungssicherheit gefährde, sondern der Biodiversität nütze.
Landvolkpräsident Dr. Holger Hennies erklärt in diesem Video, was es mit der EU-Verordnung vom 22. Juni 2022 auf sich hat und warum sie für Sorgenfalten bei Landwirten in Niedersachsen und Deutschland sorgt: