In einem tiefgreifenden Wandel sieht der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Werner Schwarz, die berufsständische Interessenvertretung.
„Verbandsarbeit läuft nicht mehr so, dass einer vorweggeht und alle anderen folgen“, sagt Schwarz im Interview mit AGRA-EUROPE. Darin bezeichnet er es als „sinnvoll und richtig“, um den zukunftsfähigen Weg für die Landwirtschaft zu streiten.
Der Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein wirbt für Gelassenheit im Umgang mit abweichenden Positionen innerhalb des Berufsstands: „Wir können niemanden zwingen, die von der Mitgliederbasis entwickelten Konzepte als allein gültig zu akzeptieren.“
Schwarz spricht sich für eine Weiterentwicklung des DBV-Leitbildes aus und warnt vor einem falsch verstandenen Korpsgeist. Gerade jüngere Landwirte seien es satt, sich dafür zu rechtfertigen, wie manche Berufskollegen arbeiteten. Er könne nur jeden Landwirt ermuntern, das Gespräch mit dem Betreffenden zu suchen, wenn sie Fehlverhalten erkennen.
Ausdrücklich bekräftigt der 60-Jährige den Willen des Bauernverbandes, jünger und weiblicher zu werden: „Auch Bauern leben im 21. Jahrhundert.“ Die Entscheidungen darüber fielen jedoch an der Basis. Eine Frauenquote sei nicht vorgesehen.
Positiv wertet Schwarz seine Zusammenarbeit mit grünen Landwirtschaftsministern in Schleswig-Holstein: „Beiderseitige Offenheit erzeugt Vertrauen.“ Auf dieser Grundlage könne man trotz unterschiedlicher Standpunkte Zukunft gestalten.
Ohne Wenn und Aber
Der DBV-Vizepräsident bekräftigt seine Zustimmung zu den Empfehlungen der Borchert-Kommission für einen langfristigen Umbau der Tierhaltung. Das sei „ein guter Vorschlag, den wir ohne Wenn und Aber bejahen“. Nunmehr gehe es insbesondere darum, die Finanzierung zu klären. Zu den Details sei man noch in der Meinungsbildung.
Von den Koalitionsfraktionen erwartet Schwarz, dass sie sich dazu durchringen können, einen gemeinsamen Antrag zu den Vorschlägen einzubringen. „Mit wachsender Ungeduld“ verfolgt er die stockenden Verhandlungen der Länder zur Neuregelung der Kastenstandhaltung von Sauen. Viele Landwirte warteten darauf, endlich Rechtssicherheit zu bekommen, um investieren zu können. Schwarz schließt nicht aus, „dass Landwirte auch mal für eine Verordnung auf die Straße gehen“.
Skeptisch sieht der Landesbauernpräsident Forderungen, gegen die neue Düngeverordnung zu klagen. Man stehe am Ende eines abgeschlossenen Rechtsverfahrens auf europäischer Ebene. „Das sollten wir als Landwirte alle akzeptieren“, so Schwarz. Die anstehende Erarbeitung einer Verwaltungsvorschrift biete die Möglichkeit, die Richtigkeit der Messstellen zu hinterfragen: „Das erscheint mir lohnender als der Versuch, auf juristischem Weg die Regelungen in den Roten Gebieten zu Fall zu bringen.“
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