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Bittere Pillen aus Berlin

Die Weigerung aus Berlin, mehr Geld nach Brüssel überweisen zu wollen und Agrarkürzungen auszugleichen, kommentiert top agrar EU-Korrespondent Thomas A. Friedrich

Lesezeit: 4 Minuten

Günther Oettinger redet Klartext. Der CDU-Mann von Merkels Gnaden liest der Kanzlerin die Leviten. Wenn Berlin nicht endlich Ernst mache mit dem „Aufbruch für Europa“ wie im Koalitionsvertrag der GroKo festgeschrieben, seien weitere Kürzungen zulasten der europäischen Landwirte nicht auszuschließen. Es geht ums Geld.

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Die 27 EU-Chefs beraten kommende Woche erneut über die EU-Finanzen für das nächste Jahrzehnt. Der Brexit reißt ein 84 Milliarden Euro Loch in den nächsten siebenjährigen EU-Haushalt 2021-2027, rechnete EU-Haushaltskommissar Oettinger am Mittwoch in Brüssel vor.

Der im Mai 2018 von der EU-Kommission vorgelegte Entwurf für den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) sieht Kürzungen in den Bereichen Agrar von 5% und in den Kohäsionsfonds der EU von 7% vor.

Günther Oettinger nennt diese Einschnitte in die beiden größten Haushaltslinien im EU-Budget „angemessen und vertretbar“. Auch wenn es schmerzt, aber der Mann hat Recht. Denn der ursprüngliche Etatentwurf für die Brexit-bedingten Kürzungen im EU-Zahlenwerk 2021-2027 sah für den Agrarhaushalt ein Minus von 30 Prozent für den kommenden Siebenjahreszeitraum vor. Dies hätte konkret sechsfach höhere Einschnitte in Direktzahlungen und die Unterstützung der Ländlichen Gebiete in der EU bedeutet.

Einen derartigen Aderlass zulasten der europäischen Landwirte verhindert hat übrigens der Ire Phil Hogan. Der Noch-EU-Agrarminister drohte gar mit Rücktritt und legte sein Veto gegen derartige Budgetpläne schon im Jahre 2017 ein.

Der von Angela Merkel nach Brüssel entsandte ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident aus dem Ländle machte dann im Kollegium der EU-Kommission eine neue Formel mehrheitsfähig:

Die durch den Brexit verursachte Haushaltslücke sollte zur einen Hälfte aus Kürzungen im bisherigen EU-Haushalt und zur anderen Hälfte durch frisches Geld aus den EU-Staaten aufgebracht werden.

Ein derartiges „burden sharing“ schmeckt den 27 verbleibenden EU-Staats- und Regierungschefs und vor allem den Finanzministern gar nicht. Denn dies bedeutete, dass aus den EU-Hauptstädten - ohne London - mehr Geld nach Brüssel fließen müsste.

Zahlen die EU-Staaten in der laufenden Haushaltsperiode höchstens 1,01 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) in die EU-Kasse ein, soll es nach Vorstellungen der EU-Kommission künftig 1,114 % des BNE ausmachen.

Das EU-Parlament geht weiter und fordert die EU-Staaten auf, künftig 1,3% abzuführen. Nur so seien die neuen Herausforderungen bei der Grenzsicherung, Migration, Umwelt- und Klimaschutz sowie in Forschung und Verteidigung finanzierbar.

Jedoch den Deckel des BNE-Transfers anzuheben, blockieren u.a. Berlin, Den Haag und Stockholm. Diese Nettozahler-Staaten wollen den Geldfluss nach Brüssel deckeln auf nicht mehr als 1 Prozent. SPD-Außenminister Heiko Maas machte dies jüngst beim EU-Ministerrat in Brüssel fest.

Und was mach die Kanzlerin? Sie schweigt, taktiert und pokert. Die Wahrheit ist, dass die Naturwissenschaftlerin Merkel vor allem auf mehr Geld für Forschung, Digitalisierung und Verteidigung in der EU setzen will. Landwirtschaft steht für Sie nicht an erster Rangstelle. Die Verabreichung der bitteren Pille von EU-Agrarkürzungen, die letztlich Berlin wesentlich mit zu verantworten hat, hebt sich die CDU-Kanzlerin Merkel noch auf.

Es ist blamabel, dass Deutschland als Hauptnutznießer des europäischen Binnenmarktes, mit einem jährlichen Gewinn von fast 120 Milliarden Euro für deutsche Firmen in Geschäftsbeziehungen mit unseren europäischen Nachbarn, Solidarität in der EU bisher verweigert.

Für die mittel- und osteuropäischen Staaten, das Baltikum, aber auch die im internationalen Wettbewerb stehenden deutschen Landwirte, wären weitere Einschnitte in das EU-Agrarbudget und bei den Kohäsionsfonds existenzbedrohend.

Bleibt die Kanzlerin auch in der kommenden Woche stur, verschafft sie der neuen Kommissionschefin Ursula von der Leyen und ihrem `Green Deal`überdies einen schlechten Start. Denn der kostet viel Geld. Sollen die Landwirte dann auch noch dabei helfen, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen, muss frisches Geld aus Berlin fließen.

Bis zur 2. Hälfte des Jahres 2020, dem Beginn der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zuzuwarten, um den „Aufbruch für Europa“ mit Geld aus Berlin zu unterlegen, wäre fatal. Denn trotz Übergangs-Verordnungen, an denen derzeit in Brüssel bereits gearbeitet, sind Zahlungsunterbrechungen an die Bauern ab 2020 dann nicht mehr auszuschließen.

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