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Borchert-Kommission will Ampel beim Umbau der Tierhaltung wachrütteln

Der Ruf nach Korrekturen am Umbauplan für die Tierhaltung wird zur Grünen Woche immer lauter. Nun schaltet sich die Borchert-Kommission wieder ein und warnt vor einer Abwanderung der Tierhaltung.

Lesezeit: 6 Minuten

Aus Frust über das Konzept, wie die Ampel den Umbau der Tierhaltung angeht, hatte die Borchert-Kommission eigentlich ihre Arbeit ruhen lassen. Jetzt meldet sie sich mit einem eindringlichen Weckruf zurück.

Es wirkt, als wolle sie bei der eingeschlagenen Linie der Ampel-Koalition versuchen, noch das Schlimmste zu verhindern. „Wir nehmen jetzt nochmal Stellung, aber wenn die Vorlagen so bleiben, dann machen wir nicht mehr mit“, sagte der Kommissionsvorsitzende Jochen Borchert gegenüber top agrar.

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Ordnungsrecht und Kennzeichnung reichen nicht

Die Kommission macht keinen Hehl daraus, dass sie alle bisher vorgeschlagenen Entwürfe zur Tierhaltungskennzeichnung, zur Finanzierung und zum Baurecht für unzureichend hält. „Wenn die Politik die Transformation des Sektors nicht langfristig und umfassend gestaltet, sondern sich vor allem auf die Weiterentwicklung von Ordnungsrecht und Kennzeichnung beschränkt, wird Tierhaltung in Länder mit geringeren Anforderungen verlagert und der inländische Konsum zunehmend durch Importe gedeckt“, schreibt die Kommission in einer am Mittwoch verabschiedeten Erklärung.

Finanzierungsvorschläge bleiben "unzureichend"

Weiterhin fordert die Borchert-Kommission vor allem weitere Zugeständnisse bei der Finanzierung von Umbaumaßnahmen für Ställe und für laufende Tierwohlprämien ein. Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) hatte Ende Dezember erste Eckpunkte veröffentlicht, wie sie die bisher angesetzte 1 Mrd. € zum Umbau der Tierhaltung über ein Bundesprogramm verteilen will. Die Eckpunkte bezeichnet die Borchert-Kommission als „unzureichend“.

Nach den Vorschlägen des BMEL sollen nur 65 % der tierwohlbedingten Mehrkosten ausgeglichen werden, und die Prämie soll bei 3.000 erzeugten Mastschweinen bzw. 200 Sauen pro Jahr und Betrieb gedeckelt werden. Außerdem werden Vertragslaufzeiten von 10 Jahren angestrebt. „Zu diesen Bedingungen wird sich ein Großteil der schweinehaltenden Betriebe nicht darauf einlassen, einen Tierwohlstall zu bauen“, schreibt die Borchert-Kommission.

Die Kommission schlägt folgende Änderungen vor:

  • Den Landwirten sollten rechtssichere Verträge über einen Förderzeitraum von 20 Jahren (analog zum EEG) angeboten werden, damit sie ausreichende Planungssicherheit für die betriebswirtschaftlich erforderliche Abschreibungszeit erhalten. EU-rechtlich mögliche Vertragslaufzeiten sind hierfür auszuschöpfen.
  • Der Förderbetrag sollte zunächst auf 80-90 % der Mehrkosten festgesetzt werden. Die Verträge sollten eine Revisionsklausel enthalten, die bei einer relevanten Veränderung der Rahmenbedingungen zu einer Anhebung oder Senkung des Förderbetrags führen kann.
  • Sofern die Politik mit strikten Größenbegrenzungen arbeiten möchte, sollten die Werte so festgesetzt werden, dass der Großteil der Schweinebestände in das Programm einbezogen werden kann. Alternativ könnte auch eine größenabhängige Degression der Zahlungen vorgenommen werden. Eine strikte Deckelung des Förderbetrags hält die Kommission für prinzipiell fragwürdig, weil auch größere Betriebe sehr gut in der Lage sind, ein hohes Tierwohlniveau zu gewährleisten. Zudem gibt sie zu bedenken, dass solche Regelungen zumeist durch formale Betriebsteilungen umgangen werden.
  • Den teilnehmenden Betrieben sollte zugestanden werden, dass sie die Anforderungen hinsichtlich intakter Ringelschwänze schrittweise erfüllen. Die Einhaltung hoher Ringel­schwanz-Anforderungen ist nicht nur eine Frage des Haltungssystems, sondern erfordert auch Anpassungen und Lernschritte in den Vorstufen der Mast (Sauenhaltung und Ferkel­aufzucht) sowie anderen Bereichen (Management, Fütterung, Genetik).

Länder bei Investitionskosten einbinden

Bei der Förderung von Investitionen in den Umbau von Ställen schließt sich die Borchert-Kommission der Kritik eines Großteils der Bundesländer an. Diese hatten im Herbst 2022 gefordert, die Förderung statt über das Bundesprogramm besser weiter über die Bund-Länder Programme in der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) laufen zu lassen. Damit könnten auch mehr Mittel als die bisher vorgesehene 1 Mrd. €, die auch noch die laufenden Tierwohlprämien abdecken sollen, mobilisiert werden.

Baurecht zu streng gefasst

Nachbesserungen schlägt die Borchert-Kommission auch bei der geplanten Änderung des Baurechts vor. Die Bundesregierung will mit der Baurechtsänderung insbesondere die Genehmigung von Ställen mit Außenklimakontakt oder Auslauf verbessern. Hier sei die Regelung, dass ein Neubau an der gleichen Stelle wie der rückzubauende Altbau erfolgen müsse, zu eng gefasst, argumentiert die Borchert-Kommission. Denn das würde zu einem totalen Einkommensverlust für die Dauer der Bauphase führen.

„Hier sollte die räumliche Flexibilität erhöht werden: Eine Baumaßnahme sollte an einem anderen Standort zulässig sein unter der Voraussetzung, dass nach Fertigstellung des Neubaus die Grundfläche des Altbaus entsiegelt wird“, lautet der Verbesserungsvorschlag.

Auch die geplante Bestimmung, dass ein Betrieb von der beabsichtigten Öffnung des BauGB nicht profitieren kann, wenn er bei seiner Tierwohl-Baumaßnahme die Stallgrundfläche erweitert, müsse überdacht werden, so die Kommission. „Der faktische Zwang zur Abstockung um bis zu über 40 % des betrieblichen Tierbestands erhöht das wirtschaftliche Risiko erheb­lich, so dass sich insgesamt weniger Betriebe auf die Umstellung einlassen werden – vor allem, wenn die Tierwohlprämie nur einen Teilausgleich der tierwohlbedingten Mehrkosten liefern wird“, heißt es in der Stellungnahme.

Tierhaltungskennzeichengesetz krankt an politisch gesetzter Vorgabe

Als schwierig beurteilt die Borchert-Kommission Änderungen beim Tierhaltungskennzeichengesetz. Denn die Probleme mit dem Gesetz ergäben sich letztlich aus der politisch gesetzten Vorgabe für eine „obligatorische nationale Haltungskennzeichnung“. „Eine einfache Lösung gibt es nicht“, schreibt die Kommission. Das betrifft vor allem den Umstand, dass zunächst nur inländisches Fleisch von der verpflichtenden Kennzeichnung betroffen sein kann.

Als Lösung regt die Kommission lediglich an, dass sich die Bundesregierung „mit größtem Nachdruck für eine EU-weite Regelung“ einsetzen soll. National empfiehlt das Kompetenznetzwerk, die Kennzeichnung auf Basis von Mindestanteilen bzw. Schwellenwerten durchzuführen. Für den Beginn schlägt die Kommission ebenfalls vor, eine Koexistenz mit bestehenden privatwirtschaftlichen Kennzeichnungssystemen anzustreben.

Agrarverbände warnen vor Abbau des Tierhaltungsstandortes Deutschland

Weiteren Druck für wesentliche Veränderungen machten am Mittwoch auch die landwirtschaftlichen Verbände, die in der Borchert-Kommission vertreten sind. Sie warfen der Ampel in einem eigenständigen Positionspapier Versagen beim angestrebten Umbau der Tierhaltung vor. Stattdessen drohe ein politisch herbeigeführter Strukturbruch in der deutschen Veredelungswirtschaft, schreiben der Deutsche Bauernverband (DBV), der Bundesverband Rind und Schwein (BRS), der Deutsche Raiffeisenverband (DRV), die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) und der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG).

Die Verbände fordern Bundesminister Cem Özdemir und die Regierungskoalition auf, die Regelungen so zu gestalten, dass sie tatsächlich den Umbau der Tierhaltung in Gang setzen und nicht deren Abbau. Weiterhin erneuern die Verbände ihr Angebot der Zusammenarbeit und fordern die Berücksichtigung der Empfehlungen der Borchert-Kommission.

Die Verbände bekräftigen ihre Forderung, die Tierhaltungskennzeichnung durchgängig und praxisgerecht auf allen Stufen der Fleischerzeugung und -verarbeitung einzuführen. Eine Änderung des Baugesetzbuchs müsse den Umbau zu Tierwohlställen real voranbringen. Voraussetzung dafür sei eine „Tierwohlverbesserungsgenehmigung“, mit der die Ziele Tierwohl und Immissionsschutz gemeinsam gelöst würden.

Unumgänglich sei außerdem eine gesicherte Finanzierung der Tierwohlinvestitionen, die deutlich über die bislang vorgesehene Anschubfinanzierung hinausgehe. Dabei müsse die Tierwohlförderung die Breite der tierhaltenden Betriebe erreichen, anstatt über Obergrenzen einen Teil der Betriebe auszuschließen.

Schließlich mahnen die Verbände europaweit gleiche Standards für die deutsche Geflügelhaltung an, weil nur so deren Wettbewerbsfähigkeit gesichert werden könne.

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