Eine Kolumne von Agrarjournalist Rainer Münch aus Berlin.
Das Borchert-Konzept bleibt auf Achterbahnfahrt. Einst gewogen und für schwergewichtig befunden, wurde es gefeiert von Verbänden und Organisationen, Regierungen und Oppositionen. Die Botschaften von Jochen Borchert und seiner Kommission hörte man gern, allein es fehlte die Traute. Bei den Schwarzen, die stritten und zögerten, den Grünen, die schwätzten und schwächelten, den Gelben, die polterten und blockierten, den Roten, die schauten.
Aber unverhofft kommt oft. Nach Ampelbruch und Regierungswechsel liegt er wieder auf dem Elfmeterpunkt, der Borchert-Ball. Nur – keiner kommt zum Schießen aus CDU und CSU, die dafür die Vorgänger noch scharf gescholten hatten. Die vor kurzem größten Kritiker der Elche sind heute selber welche.
Alte Vorbehalte werden vorgebracht, neue Bedenken geäußert. Die Finanzierung laufender Kosten – nicht sicher trotz staatlicher Verträge. Tierwohl und Tierschutz – die Leute heute haben andere Sorgen. Der Staat am Steuer – hat Wichtigeres zu tun, der Markt wird`s richten mit Aldi, Lidl & Co. Und über allem die geopolitische Lage mit Trump und Putin, Krieg und Krisen – zu unsicher die Zeiten, als dass man sich auf lange Linien einlassen könnte.
Gemeinsames Konzept von Tierhaltern und Tierschützern
Und nun? „Irgendwas mit Borchert“, das ist klar. Nur was? Erinnern wir uns an die Mission der Kommission: Es ging darum, einen Konflikt zu lösen, wie er festgefahrener kaum sein konnte: Tierschützer gegen Tierhalter auf den Barrikaden und vor Gericht, Wirtschaftlichkeit im Widerspruch zu mehr Wohlbefinden im Stall, große Tierschutzbekenntnisse, aber kleine Tierschutzportemonnaies, Strohfeuer in der Politik und Orientierungslosigkeit auf den Höfen. Hinten raus kam kein Stückwerk, sondern ein abgestimmtes und von Tierhaltern und -schützern gemeinsam getragenes Konzept: Die Tiere besser halten, Kosten für die Landwirte kompensieren, Tierschutzstandards mit klarem Plan und vertretbaren Fristen anheben, über Verlässlichkeit und Vertrauen für Akzeptanz und Perspektiven schaffen.
Ein bisschen geht nicht
Auch mit „bisschen Borchert“ müssten Fragen beantwortet werden: Wie kommen wir zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung? Wie können wir verhindern, dass Gerichte vorgeben, wie`s geht? Wie schaffen wir Vertrauen bei Landwirten, damit sie Ställe neu bauen? Das Borchert-Konzept zeigt auf, wie es gehen könnte. Anpassungen an aktuelle Gegebenheiten und finanzielle Spielräume sind notwendig. Gefragt sind Klarheit und Mut, nicht zu gebrauchen Zögerlichkeit und Halbherziges. Einiges spricht dafür: Mit Borchert ist es wie mit schwanger sein, bisschen geht nicht.