Der Landesbauernverband regt mit klaren Positionen eine tiefgreifende Diskussion über die Agrarstruktur in Brandenburg an und kritisiert dabei die teilweise unrealistischen Erwartungen, die an ein agrarstrukturelles Leitbild gestellt werden.
„Das Thema Agrarstruktur ist hochkomplex. Alle Zielkonflikte lösen zu wollen, ist nahezu ausgeschlossen. Dennoch muss an einigen Stellschrauben dringend gestellt werden“, erklärt LBV-Präsident Henrik Wendorff.
Aus Sicht des LBV sollte ein agrarstrukturelles Leitbild für Brandenburg verschiedenen Ansprüchen genügen. Es muss zuallererst für Landwirte möglich sein, durch die Bewirtschaftung ein auskömmliches Einkommen zu erzielen. Außerdem sei es wichtig, dass die Brandenburger Agrarstruktur weiterhin vielfältig und entwicklungsoffen bleibt. Diese Eigenschaften haben sich laut Wendorff bewährt. Sie seien am ehesten in der Lage, die Brandenburger Standortnachteile aufgrund eingeschränkter Ertragsfähigkeit der Böden und geringer Niederschlagsmengen durch eine höhere Effektivität, beispielsweise beim Einsatz moderner Technik, auszugleichen.
Zur Vielfalt gehört nach Ansicht des Bauernpräsidenten auch das Miteinander von Haupt- und Nebenerwerbslandwirten. Landwirte müssten sich ebenfalls weiterhin zur Bewirtschaftung ihrer Flächen zusammenschließen oder sich dagegen entscheiden können. Das gebiete die Organisationsfreiheit.
Zu den Thesen gehört laut LBV ebenso eine grundlegende Änderung der derzeitigen Privatisierungspraxis des Bundes. Das bisherige Verfahren gefährde die bestehende Agrarstruktur bereits dadurch, dass bei Verkauf und Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen vorrangig auf das Höchstgebot abgestellt wird, wodurch Landwirte häufig aus dem Bieterverfahren gedrängt werden, kritisiert der Verband aus Teltow.
Selbst das Land Brandenburg trete aktuell als Preistreiber bei der Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen in Erscheinung. Es würden lediglich kurze Pachtzeiten vereinbart, um die Flächen nach Ablauf des Vertrages höchstbietend neu zu vergeben.
Der LBV fordert in seinen Thesen nachdrücklich den verbindlichen Schutz landwirtschaftlich genutzter Flächen. Immer noch würden der Brandenburger Landwirtschaft pro Tag mehr als sechs Hektar Fläche durch Infrastrukturmaßnahmen und andere Projekte entzogen. „Der Flächenfraß muss endlich gestoppt werden. Wenn ein agrarstrukturelles Leitbild sich dieses Problems annimmt, ist schon viel gewonnen “, so Wendorff abschließend.
Hintergrund
Der Landesbauernverband Brandenburg e. V. (LBV) beteiligt sich aktiv an dem aufgrund des vom Landtag Brandenburg eingeleiteten Dialogprozesses zur Entwicklung eines agrarstrukturellen Leitbildes (Beschluss des Landtags vom 22.01.2020, LT-Drs. 7/741-B). Der LBV ist dabei der Auffassung, dass rückwärtsgewandte Vorstellungen durch ein solches Leitbild nicht verfestigt werden dürfen.
Die Agrarstruktur sei vielmehr ständigen Veränderungen und Anpassungen unterworfen, wie auch die Diskussion darüber zeigen wird. Die Agrarstruktur lebe von der Bewirtschaftung vor Ort und sei von der besonderen Verbindung des Landwirts zu seinem bewirtschafteten Boden geprägt. Dadurch sei die Landwirtschaft der standorttreueste Mittelstand, heißt es.