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Brüssel will direkte Demokratie stärken und Bürgerbegehren zum Beispiel gegen Glyphosat erleichtern

Die EU-Kommission will mehr Demokratie wagen und Bürgerbegehren mit Online Plattformen und email back ups aktiv unterstützen sowie das Beteiligungsalter auf 16 Jahre absenken. Ein Bericht von Thomas A. Friedrich, Brüssel.

Lesezeit: 5 Minuten

Die EU-Kommission will mehr Demokratie wagen und Bürgerbegehren mit Online Plattformen und email back ups aktiv unterstützen sowie das Beteiligungsalter auf 16 Jahre absenken. Ein Bericht von Thomas A. Friedrich, Brüssel.


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Brüssel will künftig Europäische Bürgerinitiativen (ECI) stärker logistisch und organisatorisch unterstützen. Der Erste EU-Kommissions-Vizepräsident Frans Timmermans kündigte am Freitag in Brüssel an, durch eine Reform die Organisation von Bürgerinitiativen auf EU-Ebene erleichtern zu wollen. Das mit dem EU-Vertrag von Lissabon im Jahre 2011 geschaffene Instrument der Direkten Demokratie (EuropeanCitizens Initiative) soll nach fünfjähriger Erfahrung drastisch vereinfacht werden.


„Die EU-Kommission will zukünftig enger mit den Organisatoren zusammenarbeiten, um die Zulässigkeit von Registrierungsanträgen sicherzustellen“, unterstrich Timmermanns vor der Presse. Waren bisher 13 verschiedene Formulare notwendig, um ein Bürgerbegehren mit dem Ziel einer EU-Verordnung im Sinne der Antragssteller auf den Weg zu bringen, sollen in Zukunft lediglich noch zwei verschiedene Formulare für Unterstützungsbekundungen nötig sein. Für die Registrierung einer Europäischen Bürgerinitiative sind mindestens eine Million Unterschriften aus mindestens sieben der 28 EU-Mitgliedstaaten notwendig. In den vergangen fünf Jahren haben acht Millionen EU-Bürger Initiativen für eine Änderung der Europäischen Rechtssetzung auf den Weg gebracht.


Wasser vor Spekulation bewahren und Tierversuche verbieten


Zugelassen wurden bisher drei Bürgerbegehren, die alle im Jahre 2012 auf den Weg gebracht wurden. Unter dem Titel „StopVivisection“ forderten 1,7 Millionen EU-Bürger ein gänzliches Verbot von Tierversuchen in der Forschung. Unter dem Titel „Einer von uns“ forderten rund 1,7 Millionen Bürger ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen zum Schutz des ungeborenen Lebens. Während diese beiden Initiativen keine europäischen Rechtsakte nach sich zogen, war das aus Deutschland angestrengte Begehren gegen die Dienstleistungs-Richtlinie zur Privatisierung der öffentlichen Wasserversorgung erfolgreich. Das Begehren „Wasser und sanitäre Grundversorgung sind ein Menschenrecht! Wasser ist ein öffentliches Gut und keine Handelsware“ zog eine Änderung der sogenannten „Bolkestein“-Richtlinie nach sich. Die Wasserversorgung wurde zwar nicht als Menschenrecht eingestuft, aber als öffentliches Gut und als Daseinsvorsorge in der EU gesichert und damit privater Spekulation entzogen.


“EU-Bürger haben damit aktiv zur Gestaltung der politischen Agenda in der EU beigetragen und wir wollen die Europäische Bürgerinitiative in Zukunft noch nutzerfreundlicher machen”, kündigte der Niederländer Timmermans an. Nicht zugelassen wurde beispielsweise vor dem Referendum im Vereinigten Königreich (UK)die Initiative „Stopp Brexit“. Das von der EU-Kommission ebenfalls abgelehnte Begehren von EU-Bürgern „Stopp TTIP“ wurde vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) per Richterspruch, gegen den Willen der EU-Kommission, dennoch auf die Agenda gesetzt.


Glyphosat-Gegner und Bodenschutz-Sympathisanten auf den Barrikaden


Derzeit sind zwölf weitere Europäische Bürgerinitiativen in der Begutachtung.. Von "Stopp TTIP" (was derzeit vom US –Präsidenten Trump ausgebremst wird) über „StopExtrimism“ und der „Verringerung von Lohnungleichheiten in der EU“ bis hin zu einer Bürgerinitiative für den Bodenschutz in Europa „People4Soil“ und der Forderung des „Verbots von Glyphosat und Schutz von Menschen und Umwelt vor giftigen Pestiziden“. Die Unterschriftensammlung zu der letzteren Initiative ist seit Juli dieses Jahres abgeschlossen (ECI(2017)000002). “Das Instrument bietet noch mehr Potenzial“, sagt Timmermans. Er beruft sich dabei auf EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der in seiner Rede zur Lage der Europäischen Union am 13. September ein Demokratie-Paket angekündigt hatte. Die Reform der Europäischen Bürgerinitiative und Finanzierung der politischen Parteien und Stiftungen stellen die ersten Bausteine dieses Reform-Vorhabens dar.


Timmermans mobilisiert die Jugend für oder gegen Europa?


Lag bei der Europäischen Bürgerinitiative bisher das Teilnahmealter bei 18 Jahren, schlägt Timmermans vor, dieses auf 16 Jahre absenken zu wollen. „Mit der Absenkung des Mindestalters auf 16 sind zehn Millionen neue junge Unterstützer zur Teilnahme aufgefordert“, will der Niederländer die Jugend für Europa stärker begeistern und an politischen Willensbildungsprozessen teilhaben lassen.


Damit nicht genug, die EU-Kommission bietet ECI-Initiatoren für die Zukunft umfangreiche logistische Hilfen an. „Die Überarbeitung der bestehenden Verordnung soll den EU-Bürgern die Organisation und Unterstützung von Initiativen durch den umfassenden Einsatz digitaler Systeme und die Aufhebung belastender Anforderungen erleichtern“, heißt es im Kommissionsvorschlag. „Wir wollen dazu Online-Plattformen zur Verfügung stellen und Email Back up-Systeme einrichten.


Die EU-Kommission will damit Lehren aus dem Brexit ziehen. „Wir müssen feststellen, dass es unter den EU-Bürgern sehr viel Frustration und Unzufriedenheit mit Brüssel gibt“. Dabei würden die EU-Institutionen Kommission, Parlament und Ministerrat völlig undifferenziert wahrgenommen. Timmermans glaubt durch mehr direkte Demokratie gegensteuern zu können und Herz und Verstand der Bürger für Europa neu zu gewinnen.


top agrar meint: Das Anliegen der Kommission, die direkten Einflussmöglichkeiten der EU-Bürger auf die Politik der Union zu stärken, ist in Ordnung und anlässlich der aktuellen Anti-EU-Stimmung in einzelnen Mitgliedstaaten auch angezeigt. Fatal wäre es aber, wenn die Kommission sich selber und auch dem EU-Parlament alle politischen Spielräume für sachorientierte Entscheidungen nimmt und nur noch der Stimmungsmache von NGOs und Lobbyisten aller Art ausgeliefert ist. Dann werden viele Bürgerbegehren erfolgreich sein, die nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die soziale und ökologische Weiterentwicklung der EU lähmen. Was das für die Glyphosat-, Tierschutz- oder Flüchtlingspolitik heißt, lässt sich leicht ausmalen.

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