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Bundesregierung stemmt sich gegen neue Behörden

Die Überlegungen der EU-Kommission im Kampf gegen unlautere Handelspraktiken zum Schutz der Landwirte in der Lebensmittelkette stoßen in Berlin auf ein geteiltes Echo und gehen dem Europäischen Dachverband der Landwirte und Genossenschaftsbetriebe (Copa Cogeca) nicht weit genug.

Lesezeit: 5 Minuten

Die Überlegungen der EU-Kommission im Kampf gegen unlautere Handelspraktiken zum Schutz der Landwirte in der Lebensmittelkette stoßen in Berlin auf ein geteiltes Echo und gehen dem Europäischen Dachverband der Landwirte und Genossenschaftsbetriebe (Copa Cogeca) nicht weit genug. Vor allem die Brüsseler Idee, nationale Behörden neu einzurichten, wird in vielen EU-Mitgliedstaaten mit Skepsis aufgenommen.

 

Im Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) stoßen verschiedene Vorschläge von EU-Agrarkommissar Phil Hogan auf Vorbehalte. So sieht das Bundeswirtschaftsministerium - zuständig für unlauteren Wettbewerb und die Einhaltung kartellrechtlicher Vorschriften - keinen weiteren Handlungsbedarf über die bisher schon ergriffenen Maßnahmen im Bundesgebiet hinaus. „Die Kartellämter machen einen guten Job“, heißt es aus Wirtschaftskreisen. Besonders stößt dem der Marktwirtschaft verpflichteten Ministerium auf, dass zur „Erhöhung der Transparenz“, wie von der EU-Kommission gefordert, auch eine Offenlegung der Preis- und Gewinnmargen anvisiert wird.

 

Auch auf Fachebene des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) werden die Köpfe über derartige Brüsseler Pläne geschüttelt. Eine Offenlegung oder gar Festlegung von Gewinnmargen zwischen Erzeugern, Zwischenhandel und Supermarktketten sowie Discountern wird als „sachfremd“ bezeichnet. Überdies in 20 von 28 EU-Staaten sind Marktkontrollen und gesetzliche Maßnahmen im Kampf gegen unlautere Geschäftspraktiken bereits etabliert. Für zusätzliche neue Behörden, wie von Brüssel vorgeschlagen, wird sich keine Mehrheit unter den Mitgliedsländern finden, heißt es aus Brüsseler Diplomatenreisen.

 

Sensibilisiert durch die aufkommende Welle von Kritik, ruderte EU-Agrarkommissar Phil Hogan bei der Vorstellung seines Maßnahmenpaketes am Donnerstag vor der Presse erstmal wieder zurück und kündigte an, das Thema Preistransparenz erst in einem dritten Schritt zum Ende des Jahres konkretisieren zu wollen. Im Klartext, die im Vorfeld der Abstimmungsgespräche unter den Generaldirektionen Markt, Wirtschaft und Landwirtschaft kontroversen Diskussionen - aus zahlreichen EU-Mitgliedstaaten befeuert – wird wohl für eine Beerdigung erster Klasse der Ideen des Iren Hogan um eine Offenlegung der Gewinnmargen führen.

 

Landwirte-Lobby plädiert für Einrichtung neuer Behörde


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Beklagten sich in der Vergangenheit die Landwirte auf europäischer Ebene oft über überbordende Brüsseler Regelungsdichte, und stöhnten über bürokratische Hürden bei der Kontrolle von EU-Beihilfen aus dem Topf der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), stellt sich ihre Interessenvertretung in Brüssel jetzt interessanterweise auf die Seite der EU-Kommission für die Einrichtung neuer Behörden im nationalen Rahmen. Allen voran der Europäische Dachverband der Landwirte und Genossenschaftsbetriebe (Copa Cogeca).


"Es ist eine starke Durchsetzung der Regelung unter der Führung einer unabhängigen Behörde erforderlich, die Untersuchungen anstoßen und durchführen sowie im Falle von Verstößen abschreckende Sanktionen verhängen kann", forderte Joe Healy, als Vorsitzender der Coa-Cogeca-Arbeitsgruppe "Lebensmittelkette". Gleichzeitig lobt Copa-Cogeca die Hogan-Vorschläge „als Fortschritt“.

 

Das Thema Kosten und Erlöse-Ermittlung hat Copa-Cogeca ebenfalls bereits durchgerechnet. Laut Copa-Cogeca fließen durchschnittlich 21% des Wertanteils eines landwirtschaftlichen Erzeugnisses an die Bauern, 28% an die Verarbeiter und 51% an den Einzelhandel. Worauf die Berechnungen beruhen, verrät der Dachverband indessen nicht. Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) kommt zu ganz anderen Gewinn-Margen zwischen den drei Pfeilern in der Lebensmittelkette Europas.

 

Existierende nationale Kartellbehörden stärken


Die deutschen Europaabgeordneten im Agrarausschuss fordern unisono, über alle Parteigrenzen hinweg, die Stärkung der Position des Landwirtes in der Lebensmittelkette, als bisher schwächstem Glied. Sie beklagen eine zunehmend besorgniserregende Konzentration von Handelsketten in der EU-Nahrungsmittelversorgungskette. „Wir brauchen faire, transparente und verbindliche Wettbewerbsregeln in der EU, um die dominante Position von Handelsketten im nationalen als auch regionalen Markt einzuschränken“, erklärte Albert Deß, agrarpolitischer Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament.

 

„Dringende Minimalforderungen sind eine maximale 30-tägige Zahlungsfrist im Lebensmittelsektor, Netto-Netto-Preise bei der Preisgestaltung als auch das Verbot aller Listungsgebühren“. Erforderlich sei auch, dass bei allen Handelsmarken der Herstellername in gleicher Größe darzustellen sei, so der CSU-Europaabgeordnete und Haupterwerbslandwirt, der seinen Betrieb bereits an die Nachfolgegeneration übergeben hat. „Ein Diktat der Handelsketten, wie der Landwirt zu produzieren hat, bedeutet Gesetzgebung am Gesetzgeber vorbei. Dies muss europaweit unterbunden werden“, so Albert Deß. Landwirte trauten sich häufig nicht, es laut anzusprechen, würden aber „von den Supermärkten zuweilen erpresst“.

 

Für die Grünen im EU-Parlament stellen sich die Hogan-Vorschläge nicht ambitioniert genug dar. „Gegen die Macht der Supermärkte müssen die nationalen Kartellbehörden einschreiten, sonst kann das Problem nicht gelöst werden“ vertritt der agrarpolitische Sprecher der Grünen, Martin Häusling.

 

Die grüne Europaabgeordnete Maria Heubuch nimmt nicht nur Discounter und Handelsketten ins Visier, sondern setzt sich auch kritisch mit Genossenschaftsbetrieben auseinander: „Nicht nur Supermärkte wie Edeka und Aldi behandeln Produzenten unfair, sondern auch große Genossenschaften und Verarbeiter wie Arla, BayWa und Deutscher Milchkontor“. Dies müsse in die Überlegungen zum Schutz der Landwirte gegen unlautere und unfaire Praktiken auf EU-Ebene mit einbezogen werden. Außerdem müsse sichergestellt werden, dass Konzerne die neuen Regeln nicht einfach umgehen könnten. Das EU-Wettbewerbsrecht solle künftig auch prüfen, wie sich Fusionen auf Umwelt, Gesundheit und andere öffentliche Interessen auswirkten, forderte Heubuch.


Ulrike Müller für die Freie Wählergruppe im EU-Parlament bemängelte, die Kartellbehörden hätten zu sehr den Verbraucher und den Wettbewerb zwischen den Handelsketten im Auge. Die Kartellbehörden sollten sich stattdessen stärker um die schwache Stellung der Landwirte in der Lebensmittelkette kümmern. Der Erhalt von vielen Landwirten als Lieferanten von Lebensmitteln sei schließlich auch im Interesse der Verbraucher.

 

Bei allen diesen Überlegungen zur Stärkung und Verteidigung des vermeintlich schwächsten Gliedes in der Lebensmittelkette, den Landwirten, falle den Mitgliedstaaten „eine große Rolle“ zu, unterstrich Hogan vor der Presse und zog sich auch hierbei erneut auf das neue „delivery model“ der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2020 zurück. Die EU-Mitgliedstaaten sollen es eben letztlich richten.

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