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Umsetzung der UTP-Richtlinie

Bundestag beschließt Gesetz gegen unfaire Handelspraktiken

Das Gesetz gegen unfaire Handelspraktiken im Lebensmittelhandel hat den Bundestag passiert. Es erzeugt überwiegend positive Reaktionen aus Politik und Wirtschaft.

Lesezeit: 6 Minuten

Die Novelle des Agrarmarktstrukturgesetzes, mit der hierzulande die Europäische Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken in der Lebensmittellieferkette (UTP-Richtlinie) umgesetzt werden soll, hat den Bundestag passiert. Der Bundestag hat es am Donnerstag mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen gegen die Stimmen der FDP bei Enthaltung der AfD und der Linken beschlossen. Demnach wird das Agrarmarktstrukturgesetz, das künftig „Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz“ heißen wird, um Regelungen zu unlauteren Handelspraktiken erweitert.

Gesetz enthält eine Verbotsliste für Handelspraktiken

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Verboten sein sollen zum Beispiel das kurzfristige Stornieren von Bestellungen verderblicher Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse, einseitige Änderungen der Lieferbedingungen und die wiederholte Erhebung von Listungsgebühren auch nach bereits erfolgter Markteinführung. Andere Handelspraktiken sollen nur dann noch erlaubt sein, wenn sie vorher ausdrücklich und eindeutig zwischen den Vertragsparteien vereinbart wurden. Zu dieser sogenannten „grauen Liste“ von Praktiken zählt unter anderem ein Zahlungsverlangen des Käufers für Werbemaßnahmen für Agrar- und Lebensmittelerzeugnisse. Der Verkauf von Lebensmitteln unter den Erzeugerkosten ist nicht als unlautere Handelspraktik im Gesetzentwurf geführt. Dessen Anwendungsbereich, der bislang auf einen lieferantenseitigen Höchstumsatz in Höhe von 350 Mio. € begrenzt war, wurde durch den Bundestagsbeschluss für Produkte wie Fleisch, Milch, Obst und Gemüse zeitlich befristet bis zum 1. Mai 2025 auf 4 Mrd. € ausgedehnt. Außerdem soll eine unabhängige und weisungsungebundene Ombudsstelle eingerichtet werden, die Meldungen zu unfairen Handelspraktiken nachgehen und neue unlautere Praktiken identifizierten soll.

Die Reaktionen auf den Beschluss fallen in Politik und Wirtschaft überwiegend positiv aus:

Connemann: "Bau eines Schutzwalls"

Die Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann, sprach vom Bau eines „Schutzwalls“ für die Erzeuger vor der „enormen“ Marktmacht des konzentrierten Lebensmitteleinzelhandels (LEH). CDU/CSU-Agrarsprecher Albert Stegemann kritisierte „missbräuchliche Auswüchse der Marktkonzentration des Lebensmitteleinzelhandels“, denen nun ein Riegel vorgeschoben werde. Faire Verhandlungen in der Lebensmittellieferkette seien die Basis für gesunde landwirtschaftliche Betriebe und damit für wirtschaftliche Perspektiven in den ländlichen Regionen. „Damit wollen wir dieses extreme Ungleichgewicht zwischen Lebensmitteleinzelhandel und den Erzeugern mindern und mehr Balance herstellen. Das Gesetz ist somit die Grundlage einer neuen Partnerschaft“, sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete Max Straubinger.

Schulte: Verbot von Dumpingpreisen prüfen

Auch die ernährungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Ursula Schulte, geht davon aus, dass durch die Novelle die Marktposition von landwirtschaftlichen Betrieben und Lieferanten verbessert wird. Wichtig dafür seien die Ombudsstelle für Landwirte und die Evaluierung des Gesetzes nach zwei Jahren, in die auch die Prüfung eines Verbots von Dumpingpreisen einfließen solle. Bedauerlich sei hingegen, dass es kein komplettes Verbot der Praktiken der „grauen“ Liste geben werde.

Hocker: "Nicht um einen Euro höher"

Nach Einschätzung des landwirtschaftspolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Gero Hocker, soll mit der „scharfen“ Umsetzung der EU-Richtlinie dem LEH lediglich „politisches Versagen“ in die Schuhe geschoben werden. Die Politik habe durch immer neue Auflagen, für die niemand bezahlen wolle, die Zukunftsaussichten der Landwirte in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert, stellte Hocker fest. Durch eine verschärfte Umsetzung der UTP-Richtlinie werde das Einkommen der Landwirte aber „nicht um einen Euro höher ausfallen“, prognostizierte der FDP-Politiker.

Bauernverband: "Dauerhaft und umfassend"

Der Deutsche Bauernverband (DBV) sieht in der Erweiterung des Schutzbereichs über die ursprüngliche Umsatzgröße von 350 Mio. € hinaus „ein wichtiges und positives Signal für die heimische Landwirtschaft“. Damit werde ein großer Teil der von Landwirten getragenen Vermarktungs- und Verarbeitungsbetriebe in den Schutzbereich der Regelung einbezogen, betonte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken. Unter Verweis auf die Befristung der Regelung bis zum 1. Mai 2025 forderte er, den Schutz vor unlauteren Handelspraktiken dauerhaft und umfassend - unabhängig von der Größe der jeweiligen Akteure in der Lebensmittellieferkette - zu sichern. Positiv wertete der DBV auch, dass die wiederholte Erhebung von Listungsgebühren auch nach bereits erfolgter Markteinführung ebenfalls generell verboten worden sei.

Krüsken: "Weiterhin Thema bleiben"

Krüsken mahnte, dass nun die Arbeitsfähigkeit der Bundesanstalt für Landwirtschaft (BLE) als zuständige Durchsetzungsbehörde für die Umsetzung und Überwachung der Regelung noch in diesem Jahr sichergestellt werden müsse. Mit der Festlegung einer Evaluierung des Gesetzes nach zwei Jahren müssten dessen Wirksamkeit, die Entfristung und Begrenzung des erweiterten Schutzbereiches und bei Bedarf eine Erweiterung der Verbotsliste unfairer Geschäftspraktiken geprüft werden. Über diese Regelung hinaus müsse auch für die nächste Legislaturperiode die Erweiterung der kartellrechtlichen Privilegierung der Erzeugerseite auf der Tagesordnung bleiben, damit in der Lebensmittelkette nachhaltig und dauerhaft auf Augenhöhe agiert werden könne.

Ernährungswirtschaft: "Alle leiden"

Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) wertete die Novelle des Agrarmarktstrukturgesetzes als „einen dringend erforderlichen Schritt in die richtige Richtung, dem weitere folgen müssen“. Die Konzentration im deutschen Lebensmitteleinzelhandel schreite weiter voran, betonte BVE-Hauptgeschäftsführer Peter Feller. Zugleich gebe es aus den Unternehmen aktuell mehr Stimmen denn je, die sich über unfaires Verhalten einzelner Handelspartner beschwerten. Auch Feller wertete die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Novelle positiv. Zahlreiche Unternehmen der Ernährungsindustrie lägen über der Umsatzgrenze von 350 Mio. Euro. Ohne eine Anhebung der Umsatzgrenze wäre ihnen mit diesem Gesetz nicht geholfen. Es litten aber grundsätzlich alle Lieferanten unter der Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel und den damit verbundenen Beeinträchtigungen.

Raiffeisenverband: "Kulturwandel herbeiführen"

Ähnlich fiel die Reaktion des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV) aus. Er erwartet von der Gesetzesnovelle eine Stärkung der Position von genossenschaftlichen Unternehmen. Dazu beitragen werde auch die Erweiterung des Anwendungsbereichs, so DRV-Präsident Franz-Josef Holzenkamp. Dies sei eine wesentliche Verbesserung, durch die fehlende Gleichgewichte der Marktpartner auf jeder Handelsstufe besser berücksichtigt werden könnten. Faire Bedingungen seien auf allen Stufen des Handels unverzichtbar, unterstrich Holzenkamp. Er setze darauf, dass die nationale Evaluierung des Gesetzes zu einer Verlängerung dieser Erweiterung führen werde.

Demeter: „Ein erster Schritt“

Auch der Öko-Anbauverband Demeter begrüßt, dass im Laufe der Verhandlungen der ursprüngliche Gesetzesentwurf verschärft wurde. Für einen „Kulturwandel im Umgang zwischen Handelspartnern“ bedarf es jedoch zusätzlicher Schritte, heißt es bei Demeter. „Damit mehr Klarheit und Transparenz darüber entsteht, auf welchem Niveau Preise überhaupt kostendeckend sind, braucht es auch ein Monitoring von Preisen – die Ombudsstelle muss hier als Preisbeobachtungsstelle aktiv werden“, forderte Demeter-Vorstand Alexander Gerber. Zudem müsse geprüft und evaluiert werden, um welche Punkte die Liste verbotener Handelspraktiken noch erweitert werden könne, und inwieweit ein Verbot des Einkaufs unterhalb der Produktionskosten durchgesetzt werden kann.

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