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Connemann: „Wir müssen jetzt im Bundestag nachschärfen“

Nach Bauernprotesten und Butterpreissenkung will die CDU/CSU im Bundestag das Gesetz gegen unlautere Handelspraktiken nachschärfen. Fraktionsvize Connemann fordert auch Änderungen bei den Verarbeitern

Lesezeit: 7 Minuten

Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) hat die Butterpreise für seine Eigenmarken trotz der Bauernproteste vor den Zentrallagern und der Versprechungen einzelner Unternehmen um bis zu 56 Cent/kg gesenkt. Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

Connemann: Wer nicht hören will, muss fühlen. Mit der EU-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken haben wir ein Instrument in der Hand. Und das müssen wir nutzen. Das BMEL hat einen Gesetzentwurf vorgelegt. Den müssen wir jetzt als Bundestag nachschärfen.

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Sind die zaghaften Annäherungen und Verhandlungen zum Verhaltenskodex zwischen Händlern und Landwirtschaft jetzt noch glaubwürdig?

Connemann: Tja. Jedenfalls ist ein Zweifel angebracht. ALDI hat sich in den letzten Wochen nicht wie ein ehrbarer Kaufmann verhalten, und schon gar nicht wie ein Partner der Landwirtschaft. Die Großen Vier scheinen offenbar nur auf Druck zu reagieren. Und vergessen wenige Tage später ihre Zusagen. Deshalb setze ich in Sachen Handelspraktiken auch nicht mehr auf eine freiwillige Selbstverpflichtung wie vor wenigen Wochen noch. Hier scheint nur das Gesetz zu helfen.

Was muss in den Verhaltenskodex rein, den Sie von den Händlern erwarten?

Connemann: Aus unserer Sicht ist folgendes unverzichtbar:

  • Landwirte und ihre Vermarktungsorganisationen werden auf Augenhöhe behandelt. Preise werden nicht diktiert, sondern verhandelt. Preiserhöhungen kommen auch den Landwirten zugute.
  • Standards werden nach wissenschaftlichen Erkenntnissen und mit Augenmaß gesetzt. Wer die Musik bestellt, bezahlt diese. Erhöhte Standards und der damit verbundene Mehraufwand werden vergütet.
  • Unfaire Handelspraktiken werden nicht angewendet. Insoweit werden die Vorgaben des Gesetzentwurfs zur Umsetzung der UTP-Richtlinie beachtet.
  • Qualitätsmerkmale wie Herkunft, Regionalität, Tierwohlhaltung, Nachhaltigkeit etc. werden für Verbraucherinnen und Verbraucher kenntlich gemacht. So haben diese eine echte Auswahlentscheidung.

Lidl hat eine Ombudsstelle angeboten, welches Potenzial sehen Sie darin?

Connemann: Ein Versuch wäre es wert.

Was will die CDU/CSU-Fraktion im Gesetzentwurf für das Agrarstrukturgesetz, das die UTP-Richtlinie umsetzt, im Bundestag noch ändern?

Connemann: Dazu gehört ein Erweiterung aller einseitigen Vorgaben. Eine 1:1-Umsetzung reicht hier nicht.

Ich möchte für Deutschland nur eine Liste – die schwarze Liste. Das, was darauf steht, ist verboten.

Welche Praktiken von der grauen Liste wollen sie noch verbieten?

Connemann: Eigentlich alle. Aus grau muss schwarz werden. Ich möchte für Deutschland nur eine Liste – die schwarze Liste. Das, was darauf steht, ist verboten.

Gehört ein absolutes Verbot von Listungsgebühren dazu? Wie schwierig ist es, das durch zu setzen?

Connemann: Ja. Insbesondere zwei weitere Praktiken müssten verboten werden, nämlich das Verbot von Listungsgebühren für etablierte Produkte und das Verbot von Zahlungen für des Lieferanten für Werbung des Käufers. Das Problem ist übrigens nicht, dass in Gesetzform zu gießen. Das Problem wird sein, Zeugen zu finden, die solche Handelspraktiken auch anzeigen. Das wird wahrscheinlich die große Herausforderung werden.

Der Anwendungsbereich des Gesetzes muss ausgeweitet werden.

Wofür braucht es eine Jahresumsatzgrenze, unterhalb der das Gesetz nur gilt?

Connemann: Mit dem Gesetz wollen wir für mehr Augenhöhe sorgen. Das macht sich auch an Umsatzgrößen fest. Die Grenze im Gesetzentwurf reicht da eigentlich nicht. Aus Sicht von uns Agrar- und Ernährungspolitikern muss der Anwendungsbereich des Gesetzes ausgeweitet werden. Der Gesetzentwurf gilt nur für Lieferanten mit einem Jahresumsatz unter 350 Millionen Euro. Das klingt viel. Aber damit bleiben die größeren Erzeugergenossenschaften wie Molkereien ohne Schutz. Diesen brauchen sie aber dringend. Denn die großen Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels sind weitaus umsatzstärker und damit marktmächtiger. Aus meiner Sicht wäre eine höhere Schwelle geboten, am liebsten von 2 Milliarden Euro Umsatz. Zur Verdeutlichung: Unter 2 Milliarden liegt erst die Nummer 15 des Deutschen Handels Dohle mit 1,5 Milliarden Euro. Dohle betreibt die HIT Märkte und ist ein regionaler Anbieter in Nordrhein-Westfalen und einzelnen Standorten in Leipzig und Berlin. Die Nummer eins im Lebensmittelhandel EDEKA erzielt demgegenüber 58 Milliarden Jahresumsatz.

Wollen Sie auch nochmal an das Strafmaß ran? Welche Vorbilder gibt es da in der EU mit welcher Höhe an Strafen?

Connemann: Erst einmal nicht. Die Praxis muss zuerst zeigen, ob das Strafmaß seine Abschreckungswirkung entfalten kann. Falls der Eindruck entsteht, dass Strafen in Kauf genommen und das Verhalten nicht geändert wird, muss nachjustiert werden.

Es gibt auch Forderungen nach einer Beweislastumkehr bei der Anzeige von unlauteren Handelspraktiken. Wie bewerten Sie das?

Connemann: Ich verstehe diese.

Sie plädieren für eine nationale Marketingagentur. Ist das die CMA 2.0? Wie soll das konform mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes gehen?

Connemann: Ja und nein. - Ja. Es gibt Parallelen zur CMA. Der CMA lag die Idee zugrunde, für ‚Gutes aus Deutschen Landen‘ zu werben. Und ein zentrales Agrar- und Lebensmittelmarketing ist dringend erforderlich. Wir haben zwar starke Landesmarketinggesellschaften. Aber noch nicht einmal jedes Land hat eine eigene. Und wir brauchen einen bundes- und europaweiten Antritt, um die hohe Qualität unserer inländischen Produkte noch bekannter zu machen. ‚Unsere Lebensmittel von unseren Bauern‘ muss die Devise lauten.

Und nein. Denn die Finanzierung soll nicht durch Pflichtbeiträge von Landwirten erfolgen. Für den Aufbau sollen Steuermittel eingesetzt werden. So haben wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion dafür gesorgt, dass im Haushalt des BMEL für 2021 Mittel für eine Machbarkeitsstudie eingestellt worden sind. Das Ziel wäre dauerhaft, auch Mittel auf europäischer Ebene zu nutzen. Zurzeit macht Deutschland davon kaum Gebrauch. Kurzum: die Nationale Marketingagentur soll anders als die CMA nicht von der Landwirtschaft finanziert werden.

Wir wollen eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel in ganz Europa.

Die nationale Herkunftskennzeichnung wurde bisher immer mit Verweis auf den EU-Binnenmarkt verworfen. Wie wollen sie diese EU-konform hin bekommen?

Connemann: Ein nationaler Alleingang hilft weder Landwirten, Erzeugern noch Tieren. Eine Herkunfts- und eine Haltungskennzeichnung wirken nur, wenn sie europaweit verbindlich sind. Dafür setzen wir uns als CDU/CSU-Bundestagsfraktion seit Jahren ein. Wir sind froh, dass die Bundesregierung diesen Ball aufgenommen und jetzt in Europa eingebracht hat. Um die richtige Wahl zu treffen, wollen wir als CDU/CSU neben einer EU-weit verpflichtenden Haltungskennzeichnung eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel in ganz Europa. Die Menschen haben ein Recht darauf zu wissen, was sie essen und woher ihr Essen kommt. Denn die Standards unterscheiden sich von Land zu Land doch erheblich.

Wie stehen Sie zum Deutschland-Bonus, den der Deutsche Bauernverband (DBV) vorgeschlagen hat?

Connemann: Wir brauchen gerechte und faire Preise. Aufschläge oder Boni helfen nur ein Stück weit. Solange der Basis- bzw. Marktpreis zu niedrig ist, helfen auch Aufschläge nicht weiter.

Die UTP-Regeln betreffen vorrangig Erzeuger, die direkt mit dem Handel verhandeln. Wie bewerten Sie die Handelspraktiken zwischen den großen Verarbeitern, Molkereien, Fleischbetrieben und Mühlen mit den Landwirten? Braucht es dort auch Korrekturen?

Connemann: Ja.

Es darf es keine Denkverbote geben.

Noch immer steht etwa der Genossenschaftsvorbehalt im EU-Recht, der sogenannte §148, der Genossenschaften im Vertragsrecht von der Nennung von Menge, Preis und Laufzeit befreit, im Raum. Sollte dies auch unter den jetzigen Gegebenheiten so bleiben?

Connemann: Häufig genug stehen sich bei Preisverhandlungen Genossenschaften als Konkurrenten gegenüber – im Endeffekt also Bauer gegen Bauer. Auch hier gilt es, unlautere Handelspraktiken auszuschließen. Inwieweit die EU-Verordnung für die gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse ausgehend von der Umsetzung der EU-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken einer Anpassung bedarf, ist auf EU-Ebene zu prüfen. Wichtig ist, dass künftig die Position der Bäuerinnen und Bauern zu stärken ist. Und hierbei darf es keine Denkverbote geben.

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