Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

topplus Landtourismus

Coronakrise: Lockdown-Frust statt Urlaubs-Lust

Für viele Höfe ist der Landtourismus zu einem wichtigen Standbein geworden. Der Corona-Lockdown trifft die Ferienhöfe nun besonders heftig. Und die staatlichen Hilfen kommen nur schleppend an.

Lesezeit: 7 Minuten

Auch der Landtourismus bleibt vom Beherbergungsverbot nicht verschont. Die Bundesregierung hat den vom Lockdown betroffenen Branchen zwar umfangreiche Finanzhilfen versprochen. Doch vor allem Betreiber von Ferienbauernhöfen profitieren kaum von den Hilfen:

Zum einen ist das Hilfspaket nicht auf landwirtschaftliche Betriebe zugeschnitten, zum anderen muss der Gesamtbetrieb einen bestimmten Umsatzrückgang im Vergleich zu dem Vorjahr nachweisen.

Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Pro Betrieb fehlen 33.000 €

Der Ferienbetrieb ist für viele aber nur ein Zuerwerb. Die Umsätze sind gemessen an den Einnahmen aus der herkömmlichen Landwirtschaft vergleichsweise gering. Daher scheitern viele Landwirte an dieser Grenze.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Urlaub auf dem Bauernhof und Landtourismus (BAG) schätzt die Einbußen der Branche seit Beginn der Pandemie auf knapp 330 Mio. €, 140.000 Betten stehen leer. Durchschnittlich fehlen seit Pandemiebeginn pro Betrieb gut 33.000 € Umsatz, wobei die Spannbreite sehr weit ist.

Grundsätzlich blicken die Gastgeber auf dem Land jedoch positiv in die Zukunft und das Reisejahr 2021. Laut der BAG glauben 72 % der Ferienhöfe, dass sich der Landtourismus zügig von der Coronapandemie erholen kann. Mehr noch, die Anbieter im Landtourismus verzeichnen eine steigende Nachfrage und großes Interesse am Urlaub auf dem Land, auch durch die Coronapandemie. Was fehlt ist die Öffnungsperspektive.

Um diese Sorge der Landwirtsfamilien weiß auch Julia Schmalstieg vom Urlaubsportal LandReise.de: „Vor allem die Perspektivlosigkeit, wann der Lockdown vorbei sein könnte, belastet die Betreiber von Ferienhöfen enorm.“

Die Saisonumfrage der BAG unter 868 Betreibern von Ferienhöfen zeigt: Fast alle Betriebe geben an, dass die Corona-Saison schlecht war (95 %). Zwei Drittel der Ferienhöfe wollen daher Investitionen in die Beherbergung zunächst zurückstellen und knapp die Hälfte plant ihre Ausgaben, zum Beispiel für Marketingmaßnahmen, zu reduzieren.

Vergessene Branche?

Die Probleme auf den Urlaubshöfen sind keine Einzelfälle, sondern symptomatisch für den Landtourismus. Die meisten Betriebe haben in der Vergangenheit viel Geld in Ferienwohnungen und Gästezimmer investiert, um sich ein zusätzliches Standbein aufzubauen und die sinkenden Erlöse aus der Landwirtschaft abzufedern. Die hohen Fixkosten und die fehlenden Einnahmen werden so zum Schlag ins Kontor für den gesamten Betrieb.

„Ähnlich geht es Metzgereien, die einen Catering-Service anbieten und Bäckereien mit angeschlossenen Cafés,“ stellt Franziska Schmieg von der BAG klar. Daher fordert die Bundesarbeitsgemeinschaft, die Vorgaben für die Überbrückungshilfen zu überarbeiten. „Diese müssen sich auf die Betriebszweige beziehen und nicht auf den gesamten Betrieb“, so Schmieg.

Bislang bleibt die Forderung aber ohne Erfolg. Das Bundeswirtschaftsministerium verweist gegenüber der BAG auf eine Lastenteilung. Danach erwarte man von stärkeren Betrieben, auch einen Teil der Kosten zu tragen, die die Coronakrise verursacht.

„Die Ferienhöfe werden für ihren eigenen Erfolg bestraft“, findet Schmalstieg. Die Landwirte hätten sich möglichst breit aufgestellt, um ihre Risiken zu senken. „Das war politisch gewollt und nun kommen auf den Höfen keine Hilfen an.“ Viele Betriebe, die Überbrückungshilfen erhalten sollen, haben noch keine Klarheit darüber, wann diese auf dem Konto landen und ob sie die Hilfen auch tatsächlich behalten dürfen.

Einige wenige Betriebe, die im November 2019 beispielsweise wegen einer Renovierung geschlossen hatten, gehen auch bei grundsätzlicher Übereinstimmung mit den Anforderungen der Überbrückungshilfen leer aus. Wie tief der Frust sitzt, berichten drei Betreiber, die sich an die Redaktion gewandt haben.

-------

Biohof

Sanierung verschoben

Als Familie und Jungunternehmer haben wir unseren landwirtschaftlichen Betrieb in den vergangenen Jahren zukunftsfähig gemacht. Ein schöner Gutshof, der aber nur bestehen kann, weil wir den Haupterlös durch die Vermietung von Ferienwohnungen erwirtschaften.

In den vergangenen zehn Jahren haben wir Investitionen im 7-stelligen Bereich getätigt. Als Unternehmer hätte ich die nächsten Jahre noch viel vor. Wir wollen dieses Jahr unser denkmalgeschütztes Gutshaus sanieren, damit wir selbst mal so schön wohnen können wie unsere Feriengäste.

Die Sanierung rückt in weite Ferne, sie hängt stark von unserem Einkommen ab. Corona ist eine Katastrophe, die uns alle zurückwirft. Die Infektionszahlen lassen sich nur senken, wenn man die Mobilität ein- und Kontakte beschränkt.

Als der Lockdown im Herbst kam, sprachen alle von den 75 % Umsatzentschädigung durch die Überbrückungshilfen. Ich sehe bei diesen Maßnahmen eine Ungerechtigkeit: Manche Betriebe bekommen 75 % der Umsätze des Vorjahres. Andere, und da gehört unser Familienbetrieb auch dazu, gehen leer aus.

Wir sind ein Gemischtbetrieb, 60 % unseres Umsatzes stammt aus der Vermietung. Ich glaube, die Verantwortlichen wissen nicht, was diese Einkommensausfälle für uns bedeuten. Das Gastgewerbe sowie die Landwirtschaft laufen auf den Namen des Betriebsleiters. So erhalten wir leider keine Hilfen.

Fast-Food Restaurants, bei denen die Autos im Drive-In Schlange stehen, hingegen schon. Getrennte Ferienwohnung mit eigener Küche für Familien dürfen wir nicht mehr vermieten. Dabei ist diese Art von Urlaub besonders pandemieverträglich. 

--------

Bergdorf

Komplett-Lockdown ­unverhältnismäßig

Wir halten die Maßnahmen der Bundesregierung zur Eindämmung der Pandemie für richtig, wünschen uns aber eine differenzierte Herangehensweise. Zum Beispiel halten wir das Verbot von touristischen Übernachtungen in Ferienhäusern für nicht verhältnismäßig. Müssen wir weiter in dieser Situation verharren, darf es am Ende nicht so sein, dass wir mit den Nachwehen der Krise noch Jahre zu kämpfen haben. Ein gesundes Unternehmen muss so stark, wie es in die Coronakrise reingegangen ist, auch wieder rauskommen.

Denn nur so sichern wir die Zukunft des Gastgewerbes in seiner vielfältigen Struktur und mit seinen vielen Arbeitsplätzen. Aktuell ist es für uns wichtig, dass die angekündigten Hilfen jetzt ankommen, und uns dann auch erhalten bleibt.

------------

Milcherzeuger

Die Beschränkungen sind zu pauschal

Unsere Hasenkammer reiht sich ins Schicksal der meisten anderen Beherbergungsbetriebe ein und war im Jahr 2020 wegen der behördlichen Corona-Schließungen über vier Monate komplett ohne Gäste. Die letzte Schließung seit dem 1. November 2020 hält über den heutigen Tag hin an. Das wird leider aller Voraussicht nach auch noch einige Zeit so bleiben.

Im Frühjahr haben wir einmalig 15.000 € Soforthilfe bekommen. Laut mehrerer Anschreiben der Bundesstelle ist es bis jetzt nicht sicher, ob wir die Hilfen behalten können. Danach erhielten wir, außer der Möglichkeit ein Überbrückungsdarlehen aufzunehmen, keine weitere Unterstützung.

Bei den November- und Dezemberhilfen geht die Hasenkammer aus zweierlei Gründen leider leer aus: Die Beherbergung von Feriengästen ist ein Betriebszweig neben der Milchproduktion. Dadurch ist der Tourismus für weniger als 80 % des Umsatzes unseres landwirtschaftlichen Betriebes verantwortlich. Das ist jedoch eine Voraussetzung für den Erhalt der Überbrückungshilfen.

Zum zweiten hat unser großer Nachbar „Center Park Hochsauerland“ in den vergangenen zwei Jahren zum Jahresende renoviert und war dadurch in den Monaten November bis Mitte Dezember komplett geschlossen. In den Schlechtwettermonaten nutzen unsere Gäste die Indoorangebote des direkten Nachbarn.

Fallen diese Angebote weg, bleiben viele Gäste aus und ein kostendeckender Betrieb ist für uns nur schwierig möglich. Dadurch haben wir uns in den Jahren 2018 und 2019 dazu entschlossen, von Anfang November bis Mitte Dezember ebenfalls zu schließen.

Unser Problem: Um die Hilfen zu bekommen, muss man einen Umsatzrückgang im Vergleich zu den Monaten im Vorjahr nachweisen. Weil wir die Tore geschlossen hatten, gab es natürlich keinen Umsatz und somit können wir auch keinen Einbruch nachweisen. Leider sieht das Gesetz keine Ausnahmen vor. Im vergangenen November hätte der Ferienpark geöffnet und die Hasenkammer viele Vorbuchungen gehabt.

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.