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Deal unter Dreien

Landwirtschaft stellt bei der Dekarbonisierung des Kontinents ein großes Potential dar. Sie ist nicht das Problem, sondern Europas Zukunftshoffnung, den Green Deal zu meistern

Lesezeit: 4 Minuten

"Kein Gesetzesvorhaben verläßt das Parlament so wie es eingebracht worden ist". Diese im Bundestag als "Struck`sches Gesetz" nach dem langjährigen SPD-Fraktionvorsitzenden Peter Struck benannten Weißheit, trifft auch auf das Europäische Parlament zu.

Der christdemokratische Europaabgeordnete Norbert Lins setzt bei der Gesetzgebungskompetenz des EU-Parlaments noch eins oben drauf:

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Sicherlich habe der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs das Recht dazu, eine Meinung zu formulieren. "Aber wir fühlen uns daran nicht gebunden". Eine Kampfansage des schwäbischen Bauernsohnes als Vorsitzender des einflußreichen Agrarausschusses im EU-Parlament. Es geht um nichts weniger als die GAP-Reform.

Europäischer Rat mischt sich ein

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten es gewagt, während ihrer Gipfelverhandlungen in der Woche zuvor, sich bei der GAP-Reform zu positionieren. Auf sechs Seiten listen sie ausführlich auf, wo bei Konvergenz, Kappung und Verschiebung zwischen den beiden Säulen, die Richtung hingehen soll.

EU-einheitliche Flächenprämien bis 2027 in Höhe von 215 Euro pro Hektar. Freiwillige Kappung ab 100.000 Euro und 30 % grünes Geld für Ökomaßnahmen im EU-Agrarhaushalt.

Das haben sich die EU-Chefs so gedacht, denkt nicht nur der Schwabe Lins. Auch viele andere Agrarpolitker pochen beim EU-Haushalt auf ihr qualifiziertes Mitspracherecht. Schließlich wird mit dem Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) über 7 Jahre laufende EU-Programme entschieden. Die GAP macht als größter Einzeltitel (weiterhin) gut ein Drittel des gesamten EU-Budgets aus.

Die ehemals von EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger verhängten drastischen Kürzungen im Agrarhaushalt ab 2021 sind vom Tisch. Sicher zunächst eine Coronakrisen-Nebenwirkung.

Doch die Direktzahlungen schmelzen ab 2021 von gut 38 Mrd. Euro per annum auf 35 Mrd. Euro bis 2027 laut aktuellem Entwurf ab. Dies solle durch die Übertragbarkeit zwischen den beiden Säulen ausgeglichen werden, heißt es.

Doch mit spitzem Bleistift gerechnet weist der EU-Agrarhaushalt - basierend auf Preisen von 2018 - ohne Einrechnung von Inflation, trotzdem Verluste auf.

Kommission legt vor

Mehr noch, mit dem von Kommissionschefin Ursula von der Leyen aufgetischten Green Deal und den Strategien "Farm to Fork" sowie zur Biodiversität, kommt ein echter Hammer auf die europäischen Landwirte zu.

Zur Reduzierung von Methangasen aus der Viehzucht, Lachgasen der Düngung und Halbierung des Antibiotikaeinsatz bis 2030, steht das bisherige Geschäftsmodell der Bauern zur Disposition.

Die EU-Chefs haben - ohne sich in die "grüne Architektur" en Detail einzumischen - festgeschrieben, dass 30 % der GAP-Mittel - ökologischen Zielen und dem Klimaschutz dienen sollen.

Überdies wird dem "Tierwohl" quasi Verfassungsrang eingeräumt. Damit steht das Thema Viehbesatz ganz oben auf der Agenda.

Ging es in der Vergangenheit bei der Reduzierung von Treibhaushgasen in erster Linie um Kohlekraftwerke, Hausheizungen und Auspuffgase, ist jetzt die Landwirtschaft im Fokus.

Die Landwirtschaft trage allein in Deutschland mit rund 70 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten zu gut sieben Prozent der Treibhausgasemissionen bei. Weitere vier Prozent entstünden durch Landnutzungsänderungen.

EU Parlament hinkt hinterher

Jetzt sind die EU-Parlamentarier am Zug, die von Kommission und EU-Staatschefs abgesegneten Zielmarken für eine nachhaltigere Landwirtschaft zu konkretisieren.

Im November sollen die GAP-Trilog-Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission beginnen. Viel zu spät. Die Agrarpolitiker des Parlaments haben es verpennt, frühzeitig eigene Pflöcke zur GAP-Reform einzuschlagen. Eine Allgemeine Ausrichtung des Agrarausschusses kam über Jahre nicht zustande.

Nun müssen die Fraktionen in kürzester Frist einen Konsens für Abstimmungen im Plenum finden. Das wird jetzt um so schwieriger. Der Umweltausschuss (Envi) hat ein gemeinsames Vorgehen mit dem Agrarausschuss unlängst aufgekündigt. Denn der Envi hat den Viehbesatz zum Zankapfel Nr.1 hochstilisiert.

Wer glaubt, die EU-Kommission warte mit "Maximalforderungen" bei der Farm to Fork Strategie auf, hat nicht geschnallt, dass der Green Deal von den EU-Staatschefs schon längst gutgeheißen wurde.

Die schrittweise "Dekarbonisierung" des alten europäischen Kontinents ist kein Projekt grüner Spinner, sondern energiepolitische Notwendigkeit. Denn die zukünftige Sicherheits- und Friedenspolitik der EU hängt entscheident von geostrategischer Souveränität Europas in der Energiepolitik ab. Die Ressourcen der EU liegen nicht im Boden, sondern in den Köpfen. Dies müssen auch Europas Landwirte begreifen lernen.

Beim Deal unter den gesetzgebenden Dreien könnte letztlich die europäische Landwirtschaft mit ihrem Potential am stärksten gefordert werden, um den Kontinent bis 2050 klimaneutral zu machen. Die Bauern sind also ein entscheidender Teil der Lösung für den gesamten Kontinent. Sie machen damit die wahrhaft systemrelevante Zukunftsbranche aus.

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