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Arbeitsbedingungen

Debatte über Fleischwirtschaft und Saisonkräfte spitzt sich zu

Mit der Vertagung von Entscheidungen spitzt sich die Debatte über Bedingungen für osteuropäische Arbeitskräfte in der Fleisch- und Landwirtschaft zu. Die rumänische Arbeitsministerin sieht selbst nach

Lesezeit: 6 Minuten

Dass die Bundesregierung die Beratungen über die Arbeitsbedingungen in der Fleischwirtschaft auf Mittwoch vertagt hat, heizt die Debatte darüber an. Laut dem Tagesspiegel hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) am Montag eine Entscheidung im Corona-Kabinett über eine Verschärfung der Arbeitsrechtes für die Fleischwirtschaft blockiert. Eine Runde von Staatssekretären der betroffenen Ministerien habe sich zuvor bereits auf eine Gesetzesnovelle aus dem Bundesarbeitsministerium verständigt, mit der das Sub-Unternehmertum in der Fleischwirtschaft erschwert werden sollte, heißt es dort.

SPD will Werkvertragsgestaltungen einschränken

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Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte letzte Woche ein Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit in Schlachthöfen und bei der Verarbeitung angekündigt. Ab Januar 2021 solle das Schlachten und die Verarbeitung von Fleisch in Betrieben der Fleischwirtschaft nur noch von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern des eigenen Betriebes zulässig sein, hieß es in einem Textentwurf des Arbeitsministeriums, aus dem das Nachrichtenportal "The Pioneer" zitiert hatte. Damit seien Werkvertragsgestaltungen und Arbeitnehmerüberlassungen nicht mehr möglich. Bei Verstößen solle es zu Sanktionen kommen. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner und der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (beide CDU) forderten am Wochenende Bußgelder auf bis zu 30.000 € zu verdoppeln.

Insbesondere in der SPD gibt es Empörung darüber, dass es am Montag noch keine Einigung der Bundesregierung über gesetzliche Neuregelungen gab. Die beiden stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast und Matthias Miersch, teilten mit, die Blockade verstehe niemand und sei auch niemandem zu erklären. „Wir erwarten spätestens am Mittwoch eine Entscheidung im Bundeskabinett“, forderten sie. Es sei „unbestritten“, dass Unterbringung der Beschäftigten in Sammelunterkünften und die starke Ausbreitung des Corona-Virus in der Fleischbranche zusammen hingen.

Spiering fordert Veränderungen in Fleisch- und Landwirtschaft

Auch der Agrarsprecher der SPD-Fraktion, Rainer Spiering, äußerte sich verärgert. „Die prekären Arbeitsverhältnisse, die dürftige Unterbringung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie mangelnde Einhaltung von Hygienestandards in der Land- und Ernährungswirtschaft sind nicht akzeptabel und dürfen nicht mehr toleriert werden“, sagte Spiering. Er schlug vor, der Zoll solle zukünftig die Umsetzung der Hygienevorgaben sowie eine einzuführende digitale Zeiterfassung für die komplette Ernährungswirtschaft kontrollieren. In den Unterkünften für die meist osteuropäischen Arbeitskräfte müssten zwei Personen pro Wohneinheit der Standard sein, forderte Spiering. Die Betriebe sollten außerdem alle Arbeitnehmer auf COVID-19 auf eigene Kosten regelmäßig testen. Die Maßnahmen müssten nicht nur in der Fleischwirtschaft, sondern „ebenso eine Gültigkeit für Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft haben“, so Spiering weiter.

Grüne für eine Generalunternehmerhaftung

Auch die Grünen sparten am Montag nicht mit Kritik. „Die Bundesregierung darf jetzt notwendige gesetzliche Regelungen für die Fleischindustrie nicht weiter vor sich herschieben und muss endlich handeln“, sagte der Agrarsprecher der Grünen Bundestagsfraktion, Friedrich Ostendorff. Notwendig seien gesetzliche Maßnahmen, die über die Coronakrise hinauswirkten. Er forderte eine Generalunternehmerhaftung für den Arbeitsschutz. Notwendig ist aus seiner Sicht außerdem eine Arbeitsinspektion. „Das bedeutet, dass Gesundheitsschutz, Arbeitsschutz, Arbeitszeit und korrekte Entlohnung an einer Stelle gebündelt werden“, so Ostendorff. Nur so würden die Kontrollen effektiv und könnten Verwerfungen aufgedeckt werden.

Die Grünen hatten am Wochenende einen Sieben-Punkte-Plan für ein Umsteuern in der Fleischproduktion vorgelegt. Darin verlangen sie unter anderem einen Mindestpreis für Tierprodukte, ein Verbot von Werkverträgen über Subunternehmen, bessere Haltungsbedingungen für Tiere, eine „korrekte Entlohnung“ der Mitarbeiter und eine Ausweitung der staatlichen Kontrollen in den Betrieben.

CDU/CSU kritisiert Grünen Plan zum Umsteuern in der Fleischproduktion

Kritik an dem Plan der Grünen kam am Montag vom Agrarsprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann. Er äußerte sich auf Twitter wie folgt: “Wenn's um die Wurst geht, sind Habeck die Schwächeren in unserer Gesellschaft egal. Mindestpreise sind 1970er, Butterberge und Fleischberge, aber kein Tierwohl und gute Arbeitsbedingungen. So wird das nichts mit Versöhnung von Ökologie und Ökonomie“.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) bezeichnete die Grünen Forderung nach einem Mindestpreis für Fleisch als „Öko-Populismus“. Fleischprodukte gehörten auf Grund ihrer wertvollen Inhaltsstoffe zu einer ausgewogenen Ernährung dazu und das sollten nicht nur dem zahlungskräftigen Teil unserer Gesellschaft vorbehalten bleiben, sagte BVE-Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff. Die zuständige Industrie habe in den letzten Tagen eine Reihe konstruktiver Vorschläge eingebracht, über die nun gesprochen werden müsse, so Minhoff.

Der Verband der Fleischwirtschaft (VDF) hatte der Bundesregierung einen 5-Punkte-Plan zur bundeseinheitlichen und branchenunabhängigen Umsetzung von Maßnahmen bei der Beschäftigung von Werkvertragsarbeitnehmern vorgelegt. Darin schlägt er vor, die bisherigen Selbstverpflichtungen der Branche verbindlich einzuführen und hinsichtlich der Unterbringung von Werkvertragsarbeitnehmern zu schärfen.

Rumänische Arbeitsministerin erkundigt sich in Deutschland

Derweil reiste die rumänische Arbeitsministerin Violeta Alexandru besorgt um die Sicherheit und die Behandlung ihrer Landsleute bei der Arbeit in Deutschland nach Berlin. Bei einem Treffen mit Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner sagte sie, sie werde Schlussfolgerungen ziehen. Rund 30.000 Menschen seien seit Beginn der Coronakrise Mitte März bis heute nach Deutschland gekommen, ihr sei wichtig, dass Arbeitnehmer überall in der EU gleich behandelt werden. Alexandru schlägt eine spezielle Arbeitsgruppe vor, die herauszufinden soll, welche sozialen Rechte den Arbeitern zustehen. Ein wichtiges Anliegen sei ihr außerdem der Transport von Saisonarbeitern wieder zurück nach Rumänien. Sollte ein Arbeiter vorzeitig die Heimreise antreten wollen, solle dies auf politischer Ebene ermöglicht werden. Bisher gilt die Vereinbarung, dass die Rückfahrt nur vom Arbeitgeber bezahlt werde, wenn die Arbeitszeit laut Vertrag abgeleistet sei.

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner sagte nach dem Treffen in einem gemeinsamen Statement mit der rumänischen Arbeitsministerin: "Wir unterscheiden nicht aus welchem Land die Erntehelfer kommen", es gehe um den Gesundheitsschutz aller Mitarbeiter, der Arbeitgeber und der Bewohner in der Region. Saisonarbeiter müssten unfallversichert sein und sollten Beschäftigte nicht krankenversichert sein, gebe es die Möglichkeit einer Gruppenversicherung, so Klöckner. "Wir haben verdeutlicht, dass Arbeitsverträge vorliegen müssen und ein Mindestlohn von 9,35 €/h bezahlt werden muss", sagte sie. Außerdem gebe es Leistungszulagen. Wer die Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln nicht einhalte, müsse mit Bußgeld rechnen, das müsse auch kontrolliert werden, betonte die Ministerin.

Nach dem Gespräch mit Klöckner besuchte Alexandru landwirtschaftliche Betriebe in Brandenburg. Dort wollte sie mit Betriebsinhabern und den rumänischen Saisonarbeitskräften ins Gespräch über die Arbeitsabläufe und Arbeitsbedingungen kommen. An den Treffen vor Ort nahm auch der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Bernhard Krüsken, teil.

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