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Einigung: Etwas Umschichtung und mehr Förderung der ersten Hektar

Die Agrarminister der Bundesländer haben sich am Montag bei ihrer Sonderkonferenz in München auf die Umsetzung der EU-Agrarreform in Deutschland geeinigt. Es galt, die 6,2 Mrd. Euro aus Brüssel zu verteilen; 10 % weniger als bisher. Das Votum war letztlich einstimmig.

Lesezeit: 9 Minuten

Die Agrarminister der Bundesländer haben sich am Montag bei ihrer Sonderkonferenz in München auf die Umsetzung der EU-Agrarreform in Deutschland geeinigt. Es galt, die 6,2 Mrd. Euro aus Brüssel zu verteilen; 10 % weniger als bisher.


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Die Verhandlungen seien zwar zäh verlaufen, letztendlich votierten die Minister aber einstimmig für den Kompromiss. Dieser sieht schwerpunktmäßig vor:


  • Bundeseinheitlicher Zuschlag für die ersten Hektare: Ab 2014 gibt es einen bundeseinheitlichen Zuschlag in Höhe von 50 Euro/ha für die ersten 30 Hektare und 30 Euro für weitere 16 Hektar (6,9 % des Direktzahlungsvolumens). Im Gegenzug sind Kappung und Degression für Betriebe mit Prämien ab 150.000 Euro vom Tisch.
  • Bundeseinheitliche Basisprämie: Die Höhe der Greening-Prämie, die die Landwirte für die verpflichtende Erbringung zusätzlicher Umweltleistungen erhalten, wird ab 2015 national einheitlich festgelegt (30 % der Direktzahlungen). Die bundeseinheitliche Basisprämie für alle förderfähigen Flächen in Deutschland wid in drei gleichen Schritten bis 2019 (1017 - 2018 - 2019) eingeführt.
  • Umschichtung von 4,5 % der Direktzahlungen (220 Mio. Euro) in die 2. Säule. Die Grünen forderten ursprünglich 15 %. Auflage: Die umgeschichteten Mittel müssen zweckgebunden für eine nachhaltige Landwirtschaft eingesetzt werden (für Grünlandstandorte, Raufutterfresser, flächenbezogene Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen, für Stärkung tiergerechter Haltung, Tierwohl sowie für den Ökolandbau und benachteiligte Gebiete).

     

  • Ausgleich der Kürzungen in der 2. Säule durch Bundesmittel: Aufstockung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ um jährlich 200 Mio. Euro.
  • Kleinerzeugerregelung: Die Förderhöhe je Betrieb richtet sich nach den jeweiligen Förderansprüchen in den einzelnen Stützungsregelungen und ist auf 1.250 Euro pro Betrieb begrenzt.
  • Junglandwirteförderung: Zusätzliche Förderung in der 1. Säule in Höhe von 50 Euro/ha. Obergrenze sind 90 ha je Betrieb.
  • Umsetzung Greening: Auswahl aus Liste der ökologischen Vorrangflächen. Es müssen auch produktive Flächennutzungen mit wirkungsvollen Beiträgen zu Umwelt-, Natur- und Klimaschutz möglich bleiben. Die Aufwüchse der ökologischen Vorrangflächen dürfen genutzt werden.



Mit der von Landwirtschaftsminister Helmut Brunner geforderten „Raufutterfresserprämie“ konnte sich Bayern dagegen am Montag nicht durchsetzen. Allerdings kann der Freistaat künftig über die sogenannte zweite Säule, aus der die Programme für den ländlichen Raum finanziert werden, zusätzliche Mittel für die Bewirtschaftung der Bergregionen zur Verfügung stellen.


"Bäuerliche Betriebe werden gestärkt"


Brunner, der auch Vorsitzender der Agrarministerkonferenz war, zeigte sich mit dem Ergebnis insgesamt zufrieden: „Wir haben uns zusammengerauft und ein Paket geschnürt, das die bäuerlichen Familienbetriebe stärkt, das für mehr Gerechtigkeit bei der Verteilung der Gelder sorgt und das den sehr unterschiedlichen Strukturen in Deutschland Rechnung trägt.“ Das Ergebnis sei für alle Bundesländer von Vorteil. Letztlich sei die Einigung nur möglich gewesen, weil alle bereit waren, von Extrempositionen abzurücken und ein Stück weit aufeinander zuzugehen, lobte Brunner.


Agrarstaatssekretär Peter BLeser versprach im Anschluss, im Interesse der Landwirte, aber auch von Umwelt und Natur, nun alles daranzusetzen, die notwendigen Gesetze zur Umsetzung der Agrarreform möglichst zügig gemeinsam mit dem Bundestag und dem Bundesrat auf den Weg zu bringen. „Am Ende haben die Länder nach langen Diskussionen eine deutschlandweit tragbare Lösung gefunden, die allen Regionen gerecht wird“, sagte Bleser.


Und der Sprecher der SPD-Länder, Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus fügt an, jetzt helfe der Osten mal dem Westen. Die Grünen zeigten sich ebenfalls zufrieden, auch wenn sie sich eine stärkere Umschichtung gewünscht haben. "Es gibt erstmals eine Stärkung des Mittelstands der ländlichen Betriebe", sagte die rheinland-pfälzische Agrarministerin Ulrike Höfken von den Grünen. Als "schmerzlich" bezeichnete Hermann Aeikens (CDU), Agrarminister in Sachsen-Anhalt, den Verlust von 4,5 % aus der 1. Säule. "Aber wir halten das für vertretbar", sagte er. Bei der regulären Verhandlungsrunde im Vorfeld der Bundestagswahl war eine Einigung noch an den unterschiedlichen Interessen der Länder gescheitert.


Rukwied: Überfälliger Kompromiss bringt Planungssicherheit



„Die gestrige Entscheidung der Agrarministerkonferenz (AMK) zur nationalen Umsetzung der GAP-Reform bringt für viele Landwirte Einschnitte von bis zu 20 %“, erklärte DBV-Präsident Joachim Rukwied in einer ersten Reaktion. 

Der DBV erkennt aber an, dass die Landwirte mit dem Münchner Beschluss nunmehr Klarheit und Planungssicherheit haben, wie die Direktzahlungen bis 2020 ausgestaltet werden.

 

Ausdrücklich unterstützt der DBV die Forderung der AMK nach einer Aufstockung der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) um mindestens 200 Mio. Euro, um die Kürzungen des EU-Budgets für die ländliche Entwicklung auszugleichen. Vorrangig sei für die Landwirte nun eine sinnvolle und praxistaugliche Ausgestaltung des Greenings. Diese Vorgaben müssen gewährleisten, dass das Greening produktionsintegriert erfolgen kann und nicht als faktische Flächenstilllegung wirkt.



Grüne unzufrieden


Der Europaabgeordnete Martin Häusling (Grüne) hält den Beschluss dagegen für nicht zufriedenstellend. Immerhin sei der Zuschlag für die ersten Hektare ein kleiner Ausgleich dafür, dass Bundesregierung, Bauernverband und ostdeutsche Agrarminister sich vehement gegen jede Form von Kappung gestemmt haben, erklärte er am Dienstag. „Dank der Grünen Minister ist es jetzt mehr geworden, als der bloße Tropfen auf den heißen Stein.“ Häsuling lobte auch für die durchgeboxte Umschichtung von 4,5 % aus der 1. Säule. Das sei eine große Leistung der Grünen.

 

Und der grüne Abgeordnete Friedrich Ostendorff teilte mit, die Beschlüsse folgten einem grünen Kompass, „nur leider im schwatz-roten Schneckentempo“. Nach wie vor fehle der Bundesregierung der Will zur Umsetzung einer echten Reform. Ostendorff merkt aber schadenfroh an, dass sich auch der Bauernverband mit seiner „Totalblockade“ nicht durchsetzen konnte. Der Politiker fordert künftig deutlich größere Anstrengungen, um das Höfesterben zu verhindern und die drängenden Probleme in der Landwirtschaft zu lösen.


Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, meint dagegen, die Agrarminister hätten verantwortungsvoll entschieden. "Die Vertreter von Bund und Ländern haben für einen Einstieg in den Systemwechsel in der Landwirtschaft gestimmt", erklärte er am Dienstag.


BDM: Notwendiger Kompromiss statt großer Wurf


Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) spricht von einem "notwendigen Kompromiss" statt eines „großen Wurfes“. In ihrem „Milchbauern-Manifest“ hatten die BDM-Milchviehhalter die Minister schon im Sommer aufgefordert, eine wertschöpfungsorientierte Marktordnung zu schaffen. BDM-Chef Romuald Schaber: "Aus Sicht des BDM ist der Einstieg in die Förderung der ersten Hektare zu begrüßen. Ebenso ist zu begrüßen, dass die Umschichtung der Mittel in die zweite Säule mit 4,5% vergleichsweise moderat ausfällt und vor allem, dass diese zweckgebunden für die Landwirtschaft verwendet werden sollen."


Schaber findet es zudem positiv, dass die Länder mehr Gestaltungsspielraum erhalten, um länderspezifische Besonderheiten und Problemstellungen besonders berücksichtigen können. "Allerdings müssen wir sehr genau darauf achten, dass das Geld auch tatsächlich bei den Landwirten ankommt und dass die entsprechenden Förderprogramme auch im Sinne der konventionellen Landwirte praxistauglich ausgestaltet werden", so der Milchviehhalter. De facto bedeute die Umschichtung ja zunächst eine Einkommensminderung bei den Landwirten, die sie mit Erfüllung höherer Auflagen zum Teil wieder ausgleichen können .


Kritik von der AbL


Ein einziger lobender Satz zur Einigung, es seien ja nun doch einige Forderungen umgesetzt worden, kommt von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). Gefolgt von der bekannten Schelte: So sei die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Instrumente vollkommen unzureichend, um eine bäuerliche Landwirtschaft wirksam gegenüber industrialisierten Betrieben und Bodenspekulanten zu stärken.


Scharf kritisiert die AbL auch, dass die Agrarminister die Chance nicht genutzt hätten, in Deutschland bei den EU-Fördergeldern eine spürbare Abstaffelung und Obergrenze je Betrieb bei Großbetrieben mit wenig Arbeitskräften einzuführen. Frankreich sei da z.B. viel weiter. „Damit wird weiter unbegrenzt für jeden Hektar Fläche Prämie gezahlt, auch wenn ein Unternehmen mehrere Tausend Hektar bewirtschaftet und dafür Zahlungen in Millionenhöhe bekommt", moniert der Bundesvorsitzende Bernd Voß.


Ebenso sei der Umfang der vorgesehenen Umschichtungen zugunsten bäuerlicher Betriebe und Wirtschaftsweisen viel zu gering. "Der Aufschlag für die ersten Hektar erhöht die Zahlungen bei kleineren und mittleren Betrieben netto lediglich um maximal 7 bis 10 % oder höchstens 1.000 Euro im Jahr", so Voß. Hier müsse in den nächsten Jahren kräftig nachgelegt werden.


Friedrich machte Druck auf Agrarminister


Kurz vor Beginn der Sonderkonferenz hatte Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) die Bundesländer noch zur Eingung ermahnt: „Ich denke, dass die Agrarminister den Ehrgeiz haben müssten, das in ihren Reihen untereinander zu regeln.“ Sonst müsse das Thema in die Koalitionsverhandlungen verlagert werden, berichtete die dpa.


Für die Landwirtschaft stehen künftig dreistellige Millionensummen weniger zur Verfügung als bisher. Es gab daher mehrere Streitpunkte: So verlangten für Agrarminister der Grünen, dass die direkten Gehaltszuschüsse zugunsten der zweiten Säule noch stärker gekürzt werden. Das lehnten sowohl der Deutsche Bauernverband als auch der bayerische Agrarminister Helmut Brunner (CSU) als derzeitiger Vorsitzender der Konferenz ab. Die ostdeutschen Länder wiederum protestierten gegen die geplante stärkere Förderung kleiner und mittlerer Höfe, weil das zulasten der ostdeutschen Großbetriebe gehen würde.



Bauernverband und Bayern verlangten im Vorfeld, dass der Bund die Kürzungen der zweiten Säule von etwa 200 Mio. Euro ausgleichen müsse. Friedrich erteilte diesen Forderungen seiner bayerischen CSU-Parteifreunde und des Verbandes jedoch gestern eine Absage: "Wir haben es mit erheblichen Finanzmitteln zu tun, die hier zu Verfügung stehen. Insofern muss man nicht nach Geld von anderer Stelle rufen, sondern eine Lösung präsentieren anhand der Möglichkeiten und Rahmenbedingungen, die man hat." (ad)


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