Nachdem die Bundesregierung im Dezember Agrarminister Özdemirs Eckpunkte für den „Weg zur Ernährungsstrategie“ freigegeben hatte, hat nun auch dienordrhein-westfälische Landesregierung eine Ernährungsstrategie diskutiert. Ziel: In Kantinen soll mehr Regionales und Saisonales auf dem Teller landen.
Zwar hat Düsseldorf schon öfter Speisekarten geschrieben und der Bund gerade einen eigenen Fahrplan angekündigt. Trotzdem könnte eine Ernährungsstrategie NRW etwas bewegen – wenn Schwarz-Grün sie realistisch aufsetzt und konsequent durchführt.
Sicherer Absatz durch Kantinen
Kinder, Schüler, Studenten und Erwerbstätige – Millionen Menschen in NRW essen jeden Tag in Kantinen. Diese Nachfrage will die Landesregierung nun nutzen: Die Kantinen sollen vor allem in der Region einkaufen – und besonders das, was Saison hat. Zum einen will das Land so eine gesunde Ernährung beim Außer-Haus-Verzehr erreichen. Zum anderen sollen NRW-Landwirte einen sicheren Absatzmarkt vor der Tür haben. Und im Idealfall lernen Verbraucher dabei noch mehr über Landwirtschaft und Ernährung.
Der Vorstoß ist ein Stück weit ein Strategiewechsel. Bisher hat Politik meist Landwirte motiviert, Angebote zu schaffen – zum Beispiel mehr Tierwohl. Oft gab es aber die Nachfrage nicht. Jetzt will die Landesregierung erst die Nachfrage erzeugen. Das klingt plausibel. Und der Zeitpunkt passt. Regionale Ketten gewinnen durch Corona und Krieg an Bedeutung. Zudem punktet Regionalität beim Klimaschutz. Und Verbrauchern sind Regionalität sowie Nachhaltigkeit bei der Ernährung wichtig, zeigt der Trendreport 2023.
Doch ein Selbstläufer ist die Ernährungsstrategie NRW keinesfalls. Knackpunkte könnten sein:
- Ideologie mit einem diktierten Anteil von bio, vegetarisch oder vegan hat auf dem Speiseplan nichts zu suchen. Die Landwirtschaft in NRW ist vielfältig, genauso sollte das Essen sein. Jeder sollte frei wählen dürfen. Das hat die Koalition versprochen – das muss sie halten.
- Die Kantinenbetreiber müssen genügend Budget für den regionalen Bezug haben. Daher sollte die Landesregierung Fördermittel bereitstellen.
- Ernährung und Landwirtschaft müssen stärker in den Lehrplan. Bisher sind sie nur sporadisch aufgeführt. Düsseldorf verlässt sich oft auf Freiwillige, die das in der Schule erklären.
- Ziel sollte sein, möglichst viele pflanzliche und tierische Erzeugnisse aus NRW zu verwerten. Also beim Schwein nicht nur Filet und Schinken, sondern auch andere Teilstücke. Klar ist aber: Es gibt weiter Ein- und Ausfuhren.
Die Ernährungsstrategie löst nicht die offenen Fragen zur Zukunft der Nutztierhaltung, zu dem Dünger und Pflanzenschutzeinsatz im Ackerbau sowie den Herausforderungen bei Sonderkulturen. Hier ist eine verlässliche Perspektive nötig – sonst steigen Betriebe in der Region aus.
Das NRW-Agrarministerium hat in der siebenmonatigen Amtszeit bisher kaum eigene Impulse gesetzt. Hier kann es zu etwas nachhaltig Gutem für Verbraucher und Landwirte beitragen.