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Es wird eng bei KTG Agrar

Für das börsennotierte Unternehmen KTG Agrar bedeutet es den Worst Case: Zuerst kann der Konzern die Zinsen für eine seiner beiden Anleihen nicht fristgerecht überweisen, muss dann die geplanten Zahlungstermine verschieben. Sichert aber zu, vor der Hauptversammlung zu zahlen.

Lesezeit: 6 Minuten

Für das börsennotierte Unternehmen KTG Agrar bedeutet es den Worst Case: Zuerst kann der Konzern die Zinsen für eine seiner beiden Anleihen nicht fristgerecht überweisen, muss dann die geplanten Zahlungstermine verschieben. Sichert aber zu, vor der Hauptversammlung zu zahlen. Und nun verlegt das Unternehmen kurzerhand das Aktionärstreffen um zwei Monate – ohne in der Mitteilung einen neuen Zeitpunkt für die Zinszahlung zu nennen.

 

Wie das Handelsblatt schreibt, müssen die Zinsen bis zum 6. Juli an die Anleger geflossen sein. Wenn nicht, können diese die komplette Anleihe in Höhe von 250 Mio. Euro sofort fällig stellen. „Solange die Zinszahlung nicht geleistet wurde, kann eine Insolvenz nicht ausgeschlossen werden“, gesteht ein Unternehmenssprecher ein.

 

Dass die lange planbare Auszahlung dieser vergleichsweise überschaubaren Summe ein Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als 320 Mio. Euro so in Schwierigkeiten bringen kann, zeigt laut der Zeitung, dass die Lage bei KTG Agrar angespannt ist. Das schwierige Jahr 2015, mit einer schlechten Ernte und fallenden Preisen auf den Weltmärkten, habe offenbar die Reserven aufgezehrt.

 

Die Anleihezinsen sollten aus dem Verkauf von Agrarflächen bedient werden. Wie das Handelsblatt aus Unternehmenskreisen erfuhr, verzögerte sich jedoch die Zahlung des Käufers. Deswegen habe das Unternehmen eine Zwischenfinanzierung mit einer Hausbank vereinbart. Doch das Institut soll die Zusage kurzfristig zurückgezogen haben. Das Unternehmen wolle das nicht kommentieren.

 

Selbst wenn Anleihegläubiger noch rechtzeitig bedient werden, dürften diese Turbulenzen gefährliche Folgen haben, schreibt die Zeitung weiter. So sei der Aktienkurs, der Anfang des Jahres noch bei 14 Euro lag, mittlerweile auf unter drei Euro gefallen. Darüber hinaus sollen angeblich die Verhandlungen mit Investoren über die Refinanzierung der Anleihe stocken, die im nächsten Jahr ausläuft. „Derzeit ruhen die Gespräche, da die Zinszahlung und die bevorstehende Ernte im Vordergrund stehen“, erklärte der KTG-Sprecher. In verhandlungskreisen heißt es, die Investoren seien stark irritiert durch den Streit über die verschobene Zinszahlung. Auch diese ungeklärte Situation dürfte zur Verschiebung der Hauptversammlung beigetragen haben.

 

Zerschlagen sollen nach Einschätzung des Handelsblattes auch die Hoffnungen sein, der chinesische Mischkonzern Fosun, der letztes Jahr mit 9 % eingestiegen war, könne hier zur Seite springen.


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"Eine gewaltige Geldverbrennungsmaschine"


Die Zeitung Wirtschaftswoche berichtet unterdessen, dass der Agrarkonzern eine gewaltige Geldverbrennungsmaschine sei. Seit 2007 summiert sich der Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit auf insgesamt minus 240 Millionen Euro. Für Ende 2015 wies der Konzern Verbindlichkeiten von insgesamt mehr als 600 Millionen Euro aus. Allein rund 392 Millionen Euro davon schuldet KTG Anlegern, die in zwei Anleihen des Unternehmens investiert haben, die bis 2017 und 2019 laufen.


Die bisherige Kommunikationspolitik sei indes kaum geeignet, das Vertrauen in das Unternehmen zu stärken. So habe sich ein Unternehmenssprecher noch vor wenigen Tagen zuversichtlich gezeigt, die Zinsen „vor dem 30. Juni“ nachzuzahlen: „KTG hat die ersten Verträge für die Zwischenfinanzierung unterschrieben.“ Für den übrigen Teil lägen Zusagen vor, hieß es. Gezahlt wurde dennoch nicht.


Als nicht minder kreativ erweise sich die Hofreiter-Crew bei der Beantwortungen von Fragen zu verschiedenen Umfirmierungen, Transaktionen und Darlehen, die die wichtige Food-Sparte betreffen. Um das Geschäftsfeld aufzubauen, hatte Hofreiter 2011 den Tiefkühlkosthersteller Frenzel - einst als „Iglo Ostdeutschlands“ bekannt - gekauft. Kurze Zeit später übernahm er den Rapsölhersteller Ölmühle Anklam, verleibte seinem Imperium die Bio-Marke Bio-Zentrale ein und vereinte die zusammengekauften Aktivitäten schließlich unter dem Dach der Tochtergesellschaft KTG Foods.


Doch Recherchen der Wirtschaftswoche zeigen, dass sich die Strategie vom integrierten Konzern zunehmend in Luft auflöst – ohne dass Anleihegläubiger und Aktionäre bislang davon Wind bekommen.


So hielt KTG-Chef Hofreiter zwei Tage vor Heiligabend 2015 eine außerordentliche Hauptversammlung der Tochtergesellschaft KTG Foods ab. Um 14 Uhr eröffnete er die Veranstaltung im Büro eines Berliner Notars. Zehn Minuten später war der Name KTG Foods formal verschwunden.


Hofreiter hatte das Unternehmen kurzerhand umtaufen lassen in „FRS Foods International Russia & South Africa“. Geschäftsgegenstand ist seither der Vertrieb von Lebensmitteln im In- und Ausland, „insbesondere in Russland und Südafrika“, wie aus dem Versammlungsprotokoll hervorgeht.


Welchen Geschäften das Unternehmen plötzlich in Südafrika nachgeht, ist indes selbst Insidern ein Rätsel. „KTG Agrar hat im Jahr 2015 begonnen, die Strategie und die Strukturen im Nahrungsmittelsegment anzupassen und neue Märkte zu testen“, sagt ein KTG-Sprecher. „In diesem Rahmen wurden auch Umfirmierungen vorgenommen.“ Davon wurden aber offiziell bisher weder die KTG-Aktionäre noch die Anleihegläubiger informiert. Still und heimlich verkauft wurde auch der Tiefkühlkosthersteller Frenzel. An wen, wissen die Aktionäre bis heute nicht.


Und dann ist da noch die Sache in Rumänien...


Unterdessen fordert eine rumänische Beteiligung des angeschlagenen Agrarkonzerns, Agro Iulia, ein Darlehen von einer Firma zurück, die von KTG-Aufsichtsrat Julian Voss geführt wird. Wie Dokumente belegen, die der Zeitung FINANCE vorliegen, schuldet die von Voss geführte Gesellschaft namens Areano dem rumänischen Agrarbetrieb Agro Iulia mehrere hunderttausend Euro. KTG Agrar hält eine Minderheitsbeteiligung an Agro Iulia und erbringt wesentliche Managementaufgaben. Weiterer Mitgesellschafter ist die westfälische Unternehmensgruppe Tönnies.

 

Pikant ist vor allem, dass Areano mit seinen Zahlungen an Agro Iulia deutlich in Verzug ist, wie die FINANCE vorliegenden Dokumente belegen sollen. Tilgungspläne wurden mehrfach nicht eingehalten. Zuletzt einigte sich Voss mit Vertretern von Agro Iulia auf eine Ratenzahlung bis zum Ende dieses Jahres, um das Darlehen inklusive der aufgelaufenen Verzugszinsen zurückzuführen. Den Dokumenten sei zu entnehmen, dass Agro Iulia offenbar schon seit April 2015 dazu berechtigt wäre, das Darlehen sofort fällig zu stellen.


Die Forderungen gegen Areano machen zwar nicht viel mehr als 0,1 Prozent des Gesamtbestands an Finanzforderungen von KTG Agrar aus, doch die Hintergründe vieler dieser Forderungen sind nach Ansicht der Zeitung dubios. Außerdem wirft die geschäftliche Verquickung von Aufsichtsrat Voss, einem jungen Göttinger Universitätsprofessor für Agrar-Business und seit 2013 Aufsichtsrat von KTG Agrar, ein weiteres Mal Fragen nach der Corporate Governance in dem von CEO Siegfried Hofreiter geführten Agrarkonzerns auf.



Auch an der von Voss geführten Areano ist KTG Agrar beteiligt. Weitere Anteile hält das Dienstleistungsunternehmen Agrifood Consulting, über das wiederum Voss Anteile an Areano hält. Seinen Aussagen zufolge beläuft sich sein aktueller Areano-Anteil durchgerechnet auf 15 Prozent.


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