Weißer Rauch über Brüssel: Das Europaparlament, die EU-Mitgliedstaaten und die EU-Kommission haben sich in strittigen Punkten zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) einigen können. Das teilte die portugiesische Ratspräsidentschaft am Freitagnachmittag auf Twitter mit.
#CAP 🇵🇹 Pres has reached today a provisional agreement with @Europarl_EN on the Common Agricultural Policy reform for 2023-2027 The deal paves the way for a simpler, fairer and greener CAP that will provide a sustainable future for 🇪🇺 farmers & citizens https://t.co/9E19iRW2Jh pic.twitter.com/CkTE4NYzrI
— 2021Portugal.eu (@2021PortugalEU) June 25, 2021
Eco-Schemes bei 25 %
Die Verhandler haben sich darauf geeinigt, dass 25 % der Gelder der 1. Säule für Öko-Regelungen (Eco-Schemes) bereitstehen müssen. Das war zu erwarten. Den EU-Mitgliedstaaten wird jedoch eine Lernphase eingeräumt, in der ungenutzte Gelder nicht sofort zurück nach Brüssel gehen müssen. Weitere Punkte der Einigung umfassen:
- Landwirte müssen künftig 4 % ihrer Ackerflächen stilllegen. Durch den Anbau von Leguminosen oder Zwischenfrüchten können Landwirte den Anteil der Stilllegung auf 3 % senken.
- Ähnlich wie bisher müssen Landwirte künftig eine Anbaudiversifizierung nachweisen. Eine verpflichtende Fruchtfolge scheint vom Tisch.
- Mitgliedstaaten müssen 35 % der ELER-Gelder (2. Säule) für Agrarumweltmaßnahmen bereitstellen.
- Mitgliedstaaten müssen 10 % der Direktzahlungen auf kleine Betriebe umverteilen ("erste Hektare"). Alternativ können sie die Direktzahlungen kappen oder eine Degression einführen. Bisher standen 12 % Umverteilung im Raum.
- Soziale Dimension: Ab 2023 können Mitgliedstaaten den Erhalt von Direktzahlungen an die Einhaltung von Arbeitnehmerrechten binden. Ab 2025 wird die Regelung zur Pflicht. Fallen bei Zollkontrollen künftig Verletzungen des Arbeitsrecht auf, kann es zu Prämienkürzungen für Landwirte kommen.
Timmermans: "GAP nicht perfekt, aber auf dem richtigen Weg"
In Kreisen der Trilog-Teilnehmer zeigt man sich zufrieden. Frans Timmermans, Vizepräsident der EU-Kommission bewertet das Ergebnis des dreijährigen Reformprozesses positiv: "Die GAP ist noch nicht perfekt, aber auf dem richtigen Weg." Die GAP-Reform werde vielmehr eine Evolution als eine Revolution, so Timmermans. Trotzdem werde die GAP ein "Gamechanger" und können die EU-Agrarpolitik mit dem Green Deal verbinden. Der Niederländer hatte während des Triloges immer wieder auf eine ambitioniertere GAP gedrängt.
Europaparlament erleichtert
Für den Vorsitzenden des EU-Agrarausschusses, Norbert Lins, hat sich die Arbeit an der GAP-Reform gelohnt. Sie sei die größte Agrarreform seit Einführung der Direktzahlungen im Jahr 1992. "Wir haben eine gute Balance aus Nachhaltigkeit, Ernährungssicherheit, Wettbewerbsfähigkeit und sozialer Gerechtigkeit gefunden", ist sich Lins sicher.
Grüne wollen nicht zustimmen
Die Grünen im Europaparlament halten den vorliegenden GAP-Kompromiss für inakzeptabel. "Zwar sind noch nicht alle Details geklärt, es zeichnet sich aber ab, dass die Regelungen windelweich sind", kritisiert Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der EU-Grünen. "So wie der Deal jetzt ist, können wir in der Abstimmung im Plenum nicht zustimmen", ergänzt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europaparlament, Bas Eickhout. Die Liberalen und Sozialdemokraten lädt Eickhout ein, ebenfalls im Plenum gegen die GAP-Reform zu stimmen.
Zeitplan bis November
Am Montag und Dienstag müssen die EU-Agrarminister den Kompromiss absegnen. Anschließend werden die über 1000 Seiten Text in alle Amtssprachen der EU übersetzt. Im November muss dann das Europaparlament im Plenum über die Verordnungstexte abstimmen. Dann ist die GAP offizielles EU-Recht.