Das Europaparlament hat Norwegen in scharfer Form wegen Zollerhöhungen auf Agrarprodukte gerügt. Die seit Anfang des Jahres von Oslo erhobenen Wertzölle von 277 % bis 429 % auf bestimmte Käsesorten sowie Lamm- und Rindfleisch seien protektionistisch und handelshemmend, erklärt das Hohe Haus in einer vergangene Woche verabschiedeten Entschließung.
Die Maßnahmen richteten sich gegen den Geist bilateraler Verträge und schadeten nicht nur der EU, sondern insbesondere den norwegischen Verbrauchern und langfristig auch den norwegischen Landwirten. Die norwegische Regierung müsse die Maßnahmen sofort zurücknehmen. Das Parlament ruft die Europäische Kommission auf, im Falle eines Nichteinlenkens der Skandinavier Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um Arbeitsplätze und die EU-Landwirtschaft zu schützen.
Die Brüsseler Behörde begrüßte den Rückhalt des Parlaments. EU-Regionalkommissar Johannes Hahn erklärte in Straßburg, die von Norwegen ergriffenen Maßnahmen seien nicht das, was man von Freunden und Nachbarn erwarte. Gleichzeitig betonte er, die kurzfristigen Auswirkungen seien bislang gering; die Käseausfuhren nach Norwegen seien von Januar bis Mai 2013 im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum sogar um 1,5 % gestiegen. Langfristig könnten die erhöhten Zölle jedoch das Ausfuhrwachstum begrenzen.
Ferner räumte Hahn ein, dass sich Norwegen offenbar im Rahmen seiner internationalen Handelsverpflichtungen bewege. Der Streit dürfte die anstehenden Gespräche über die gegenseitige Anerkennung geschützter Spezialitäten belasten. Die Kommission kam Ende Juni mit den norwegischen Behörden überein, dass dazu im Herbst Verhandlungen aufgenommen werden sollen.
Hinter den Zollerhöhungen für Käse steckt die norwegische Genossenschaftsmolkerei Tine, die gegenüber der Regierung durchsetzen konnte, den eigenen Markt für Milchprodukte vor allzu großen Importmengen zu schützen. Im Rahmen des bilateralen Abkommens mit der EU von 2012 sollten die norwegischen Zölle unter anderem für Käse und Fleisch eigentlich sinken. (AgE)