EU-Agrarkommissar Phil Hogan verteidigt die von der EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel vorgeschlagenen Kürzungen von fünf Prozent des EU-Agrarhaushaltes und einem Minus von 3,9 Prozent bei der Direktzahlungen ab 2021. Gleichzeitig bestätigte der Ire seine Absicht, eine Kappungsgrenze von 60.000 Euro pro Jahr bei Direktzahlungen einzuführen zu wolle.
„Die Kohäsionspolitik und die Agrarwirtschaft bleiben weiterhin gleichbedeutend“, versicherte EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger vor der Presse in Brüssel. Angesichts des Austritt von Großbritanniens werde der Agraranteil ab 2021 in der EU27 jedoch automatisch etwas kleiner. „Die Kohäsionspolitik und die Agrarpolitik bleiben die wichtigsten Politikbereich in der EU,“ versicherte Juncker ebenso.
Juncker: „Kohäsions- und Agrarpolitik bleiben wichtigste Politiken der EU
„Wir haben keine massiven Kürzungen ins Auge gefasst und wir haben kein Massaker vorgeschlagen, sondern sehr maßvolle Vorschläge unterbreitet,“ sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Er sei sich bewusst, dass er sich unter den EU-Finanzministern mit der Forderung nach einer sehr maßvollen Steigerung von 1,114 Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung zugunsten des EU-Budgets keine Freunde gemacht habe. Aber um die Wettbewerbsfähigkeit der EU sichern und die neuen Aufgaben Migration, Grenzsicherung, Verteidigung und Entwicklungspolitik sowie Klimapolitik zu meistern, bedürfe es eines modernen Budgets, das die EU „schütze, stärke und verteidige“.
Um die Brexit-Folgen zu bewältigen, will die EU-Kommission zusätzliche Eigenmittel bei den Erlösen aus dem Europäischen Emissionshandelssystem (ETS), einer neu einzuführenden Plastiksteuer oder -abgabe auf nicht recycelbare Stoffe sowie durch die Abschaffung von bestehenden Rabatten zugunsten der Nettozahler-Staaten erlösen. „Rabatte wurden eingeführt zugunsten des Vereinigten Königreichs (UK) und mit dem Austritt von UK entfällt die Grundlage für europäische Rabatte ab 2021,“ sagte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.
„Die EU-Kommission will in der Tat eine obligatorische Kappungs-Obergrenze von 60.000 Euro pro Jahr einführen“, bestätigte EU-Agrarkommissar Phil Hogan. Dieses „Capping“ solle zur Umverteilung auf Kleine und bäuerliche Familienbetriebe genutzt werden. Bei den Direktzahlungen werde es eigentlich keine Kürzungen in 16 EU-Mitgliedstaaten geben. Die entstehenden Lücken könnten durch Ausgleich von den Mitgliedstaaten unproblematisch aufgefangen werden, erläuterte Hogan. Für Belgien gebe es beispielsweise einen jährlichen Ausgleichsbedarf von zwölf Millionen Euro, in Irland von 47 Millionen und in Spanien von 180 Millionen Euro.
Gleichzeitig kündigte Hogan an, dass im EU-Forschungshaushaltstitel „Horizont Europa“ ab 2021 rund 10 Milliarden Euro mehr eingestellt werden sollen, wovon die Agrar- und Lebensmittelwirtschaft bis zu fünf Milliarden Euro abschöpfen könnten in den Bereichen Digitalisierung, Bio- und Gentechnologien oder Lebensmittelforschungsprojekten.
Hogan verteidigt Agrarkürzungen als „anständiges Ergebnis“
Hogan verteidigte ausdrücklich die getroffenen Kürzungsentscheidungen und nannte das fünfprozentige Minus für den EU-Agrarhaushalt ein „anständiges Ergebnis“ angesichts zwölf Milliarden jährlichen Mindereinnahmen durch den Brexit ab 2020. Erste Reaktionen der französischen und polnischen Regierung sprachen hingegen von „inakzeptablen Vorschlägen der EU-Kommission“. Das wollte Hogan so nicht akzeptieren. „Dies ist erst der Beginn eines Prozesses“, sagte Hogan in dem Bewusstsein, dass die Diskussionen mit EU-Ministerrat und dem EU-Parlament erst ganz am Anfang stehen.
EU-Kommissionspräsident Juncker bedauerte es, dass in der Diskussion um den neuen Mehrjährigen Finanzrahmen viel mehr über alte Politiken geredet werde und nicht über die neuen Prioritäten gesprochen werde. „Alle Mitgliedstaaten fordern mehr Schutz der Außengrenzen und alle wollen mehr Geld für die Jugend und die Forschung. Dann müssen die EU-Mitgliedstaaten auch dazu entsprechend beitragen“, forderte Juncker.
Die Reformvorschläge zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) will Agrarkommissar Phil Hogan möglichst bis Ende Mai vorlegen. Mit Rücksicht auf die Sitzungswoche des Europäischen Parlaments in Straßburg könnte dies aber auch erst in der ersten Juniwoche erfolgen.