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Deutsche Landwirtschaft: Fairer Handel trotz hoher Umweltstandards?

Wie bleibt die deutsche Landwirtschaft international wettbewerbsfähig und wird gleichzeitig Anforderungen an Umwelt- und Tierschutz gerecht? Zwei Agrarökonomen haben teils unterschiedliche Ansichten.

Lesezeit: 4 Minuten

Die Einbettung in die globalen Agrarmärkte stellt die deutsche Landwirtschaft vor vielfältige Herausforderungen. Denn neben der Nahrungsmittelproduktion fordert die Gesellschaft auch eine Transformation in Richtung Nachhaltigkeit. Und steigende Umwelt- und Tierschutz-Standards verursachen steigende Produktionskosten. Das Problem: nicht überall auf der Welt haben Gesellschaften ähnliche Präferenzen im Bereich Nachhaltigkeit. Laut den Agrarökonomen Prof. Achim Spiller und Prof. Bernhard Brümmer von der Universität Göttingen besteht die Herausforderung darin, den gesellschaftlichen Ansprüchen in Deutschland gerecht zu werden und gleichzeitig das „level playing field“ (gleiche Bedingungen) des internationalen Wettbewerbs aufrechtzuerhalten. Sie diskutierten am Dienstag zum Thema „Level Playing Field & Freihandel: Freier oder fairer Wettbewerb für die deutsche Landwirtschaft?“ im Format AgrarTalk an der Universität Göttingen.

Produktion darf nicht abwandern

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Laut Spiller war die Diskussion um das „level playing field“ in der Vergangenheit stark mit der Kritik an Marktinstrumenten wie Zöllen und Subventionen verbunden. Mit der Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) wollten die Mitgliedstaaten den internationalen Handel freier und damit fairer gestalten. Im 21. Jahrhundert hat sich die Debatte um das „level playing field“ gewandelt, meint Spiller: „Wir diskutieren aktuell darüber, wie die Regionen, die bei den Nachhaltigkeits-Herausforderungen mehr tun wollen als andere, keine ökonomischen Nachteile erfahren.“ Laut dem Wissenschaftler habe man nämlich „nichts gewonnen,“ wenn die Produktion in Länder mit geringeren Standards abwandert. Das sieht auch Brümmer so und bemerkt, dass sich die Diskussion um den Handel eher weg vom Freihandel, hin zu mehr Protektionismus zugunsten höherer Umweltstandards bewegen würde.

Wir brauchen Maßnahmen für ein level playing field. Und das werden nicht Label und freiwillige Maßnahmen alleine sein.“ - Prof. Achim Spiller

Freihandel braucht faire Bedingungen

Um das „level playing field“ auch weiterhin zu gewährleisten schlagen Spiller und Brümmer eine ganze Reihe an Maßnahmen vor. Spiller nimmt an, dass die Mehrkosten für die deutsche Landwirtschaft zur Umsetzung von höheren Produktionsstandards steigen werden. Das müsse aber möglich sein, so der Professor für Marketing für Lebensmittel und Agrarprodukte: „Dann brauchen wir Maßnahmen für ein level playing field. Und das werden nicht Label und freiwillige Maßnahmen alleine sein.“ Große Lebensmittelverarbeiter und den Lebensmitteleinzelhandel müsse man in die Pflicht nehmen, so Spiller. Vom Vorschlag des Deutschland-Bonus hält der Professor nichts und warnt vor Protektionimsus: „Sowas plattes, wie der Deutschland-Bonus ist keine gute Maßnahme für ein level playing field.“

Gesellschaft ohne einheitliche Ansprüche

Landwirtschaftliche Produktion hat oft negative Effekte auf gesellschaftlich wünschenswerte Güter und Ziele, weiß Brümmer. „Die Diskussion wäre weniger komplex, wenn die gesellschaftlichen Erwartungen, was man erreichen möchte, nicht so unterschiedlich wären,“ meint der Professor für landwirtschaftliche Marktlehre. Selbst innerhalb der deutschen Gesellschaft erkennt Brümmer große Unterschiede im Bezug auf die Forderung nach Umweltstandards. Im internationalen Kontext sei diese Heterogenität ungleich größer.

Globale Probleme, wie der Klimawandel, bedürfen globaler Koordination." - Prof. Bernhard Brümmer

Nationale Alleingänge „mit Vorsicht zu genießen“

Welche Instrumente für das „level playing field“ die richtigen sind, hängt von der Handelsebene ab, so Brümmer. „Globale Probleme, wie der Klimawandel, bedürfen globaler Koordination“, ist er sich sicher. Außerhalb der EU müssten dabei die WTO-Regeln als Rahmen gelten.

Im europäischen Binnenmarkt sei die Lage komplizierter. Hier sollten nationale Alleingänge vermieden werden: „In der EU sehen wir schon bei relativ einfachen Instrumenten, wie den freiwilligen gekoppelten Direktzahlungen, die negativen Konsequenzen. Das führt zu Handelsumlenkungen.“ In Brümmers Augen sind nationale Alleingänge innerhalb der EU mit „größter Vorsicht zu genießen."

Braucht es Preisabsprachen?

Auf Nachfrage der Moderatorin, Dr. Gesa Busch, nach den geeignetsten Instrumenten für ein „level playing field“, fordert Spiller das „Anpacken alter Dogmen.“ Auch Änderungen im Kartellrecht, die vereinzelte Preisabsprachen erlauben könnten, müssten denkbar werden. Das könnte zu einer Ausweitung von Institutionen, wie der Initiative Tierwohl, führen.

Eine Lockerung des Kartellrechts sieht Brümmer kritisch. Für ihn gebe es keine pauschalen Lösungsansätze für ein „level playing field.“ Er plädiert für die „Schließung der Lücken in der Lebensmittelkennzeichnung.“ Konkret sei das beispielsweise die Kennzeichnung der Haltungsform der Legehennen bei Eiern in verarbeiteten Produkten. Wichtig sei die Abstimmung von Standards und Maßnahmen innerhalb der EU, so Brümmer. Bis jetzt gebe es bei den gesellschaftlichen Präferenzen zur Nachhaltigkeit EU-weit große Unterschiede.

Die Diskussion der beiden Agrarökonomen zeigt, wie komplex die Thematik rund um Standards und gleiche Wettbewerbsbedingungen ist. Das Video der Diskussion ist in voller Länge hier verfügbar. Auf dem Blog Agrardebatten bietet die agrarwissenschaftliche Fakultät der Universität Göttingen Raum, um aktuelle landwirtschaftliche Themen zu diskutieren.

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