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Fast alle Seiten zerreißen Hogans Vorschläge zur Agrarreform

Die Reaktionen auf die Vorschläge zu den EU-Agrarzahlungen ab 2020 fallen harsch aus. Während der CDU-Agrarpolitiker Peter Jahr ein „cross-compliance-greening-XXL-Monster“ befürchtet, kanzelt der Naturschutzverband Nabu sie als „Drama für die Artenvielfalt“ ab. Bauenrpräsident Rukwied äußert sich „besorgt“.

Lesezeit: 8 Minuten

Die Reaktionen auf die Vorschläge von EU-Agrarkommissar Phil Hogan zur Zukunft der Agrarzahlungen ab 2020 fallen auf allen Seiten harsch aus. Während der CDU-Agrarpolitiker Peter Jahr damit ein „cross-compliance-greening-XXL-Monster“ befürchtet, kanzelt der Naturschutzverband Nabu sie als „Drama für die Artenvielfalt“ ab. DBV-Präsident Joachim Rukwied äußert sich „besorgt“.


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Die meisten Kommentatoren lassen kaum ein gutes Haar an den Vorschlägen zur Zukunft der Agrarzahlungen, die EU-Agrarkommissar Phil Hogan heute veröffentlicht hat. Deutliche Kritik kommt dabei aus allen Lagern. Erwartungsgemäß führt die nun offiziell vorgeschlagene Abschmelzung der Direktzahlungen ab 60.000 € und die Obergrenze von 100.000 € zu Diskussionen. Auch die höhere Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Umweltmaßnahmen stößt auf Wiederstand. Eine Übersicht an Reaktionen im Einzelnen:


Rukwied: „Erste Säule nicht umweltpolitisch überfrachten“


Zu den Vorschlägen der EU-Kommission für die Agrarförderung nach 2020 äußert sich der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, besorgt: „Die EU-Kommission hat einen Vorschlag vorgelegt, der in wichtigen Punkten in eine falsche Richtung geht“, sagte er. Nach seiner Lesart werden die Umweltauflagen für die Direktzahlungen deutlich erhöht während zugleich das Agrarbudget gekürzt wird. „Insgesamt sollen die Direktzahlungen ihre bisherige Funktion der Unterstützung landwirtschaftlicher Einkommen weitgehend verlieren“, schließt Rukwied aus der Kommissionsvorlage. Dass die Mitgliedstaaten mehr Freiräume für ihre Agrarförderung erhalten führt laut Rukwied zu neuen Verzerrungen zwischen den EU-Staaten. Die verpflichtende betriebliche Kappung von Direktzahlungen ist für Rukwied „der falsche Weg“. Außerdem sei ein durchgreifender Bürokratieabbau ist nicht erkennbar, so Rukwied weiter. Rukwied erwartet in den weiteren politischen Verhandlungen noch weitreichende Veränderungen. „Die erste Säule der GAP darf nicht umweltpolitisch überfrachtet werden“, forderte er. Statt Kappung und Degression hält der DBV einzig den Zuschlag für die ersten Hektare bis zur durchschnittlichen Betriebsgröße für geeignet, die unterschiedlichen Strukturen der Betriebe zu berücksichtigen.


MEP Jahr (CDU): „Es darf kein ‚cross-compliance-greening-XXL-Monster‘ entstehen“


Enttäuscht und skeptisch zeigt sich Peter Jahr, Mitglied im Landwirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments (CDU): Aus seiner Sicht hat die Kommission bei der Endformulierung der Mut verlassen. Er sieht darin gerade zu wenig Freiheitsgrade für die Mitgliedstaaten. „Wir müssen aufpassen, dass hier nicht ein ‚cross-compliance-greening-XXL-Monster‘ entsteht“, sagte er. Aus seiner Sicht werde die erste Säule systematisch mit Öko-Vorgaben überfrachtet. Auch die Vorschläge zur Kappung und Degression spiegeln laut Jahr einen Misstrauensansatz gegenüber den Mitgliedstaaten wider. „Wenn Kappung und Degression eine positive agrarstrukturelle Auswirkung haben sollen, dann muss man diese sehr regional agrarspezifisch umsetzen. Gerade deshalb sollten wir in der EU-Gesetzgebung den Werkzeugkasten definieren, dessen konkrete Anwendung aber den Mitgliedsstaaten überlassen“, forderte er. Als völlig kontraproduktiv hält er die formulierten Obergrenzen von 60 000 € und 100 000 €.


MdB Mortler (CSU): „Gerechtere Verteilung der Direktzahlungen zwischen den Betrieben“


Die agrarpolitische Sprecherin der CSU im Bundestag, Marlene Mortler, ruft in Erinnerung, dass mit den Vorschlägen der EU-Kommission das Gesetzgebungsverfahren auf EU-Ebene erst beginnt und dieses „uns noch lange beschäftigen wird“. Zentral sei für sie der Fortbestand der Direktzahlungen, sagte Mortler. Diese seien direkt einkommenswirksam und stellten je nach Preissituation ein Drittel bis die Hälfte des Gewinns der bayerischen Haupterwerbsbetriebe dar. „Ebenso unterstütze ich die gerechtere Verteilung der Direktzahlungen zwischen den Betrieben“, sagte Mortler. Daher werde sich die CSU im nun anstehenden Prozess für die Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer bäuerlicher Betriebe stark machen, kündigte Mortler an.


MdB Spiering (SPD): „Chancen jetzt nutzen“


Aus Sicht des SPD-Agrarsprechers im Bundestag, Rainer Spiering, geben Hogans Vorschläge Anlass zur Hoffnung. „Jetzt gilt es, dass sie nicht wie immer Lobbyinteressen zum Opfer fallen“, forderte er. Er begrüßte Hogans Aussage, die Landwirtschaft stärker an Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen ausrichten zu wollen. Vor diesem Hintergrund sind für Spiering besonders die im Vorschlag eröffneten Umschichtungsmöglichkeiten von den Direktzahlungen zu den Programmen der Zweiten Säule interessant. Auch die stärkere Unterstützung kleinerer und mittlerer Betriebe sowie die Junglandwirteförderung schafften Perspektiven für den Erhalt einer flächendeckenden Landwirtschaft, wertet Spiering. „Es ist gerecht, die Höchstförderungen der Betriebe zu begrenzen und gleichzeitig Subventionen stärker an den landwirtschaftlichen Arbeitsplätzen auszurichten“, bewertete er den Degressions- und Kappungsvorschlag.


MdB Ostendorff (Grüne): „Dramatischer Rückschritt“


Der Agrarsprecher der Grünen im Bundestag, Friedrich Ostendorff, ist hingegen unzufrieden mit Hogans Vorchlägen. „Die Vorschläge der Kommission sind ein dramatischer Rückschritt für bäuerliche und ökologische Betriebe, Umwelt, Tiere und den Naturschutz“, wertete er. Die drastischen Kürzungen um 28 Prozent in der zweiten Säule, aus der die Förderung anspruchsvoller Agrarumweltmaßnahmen, des Ökolandbaus und des ländlichen Raumes finanziert werden, seien vollkommen inakzeptabel, so Ostendorff weiter. Die Kommission bleibe bei der Umsetzung der Vorschläge für Umwelt-, Klima- und Tierwohlziele „vollkommen vage“. Eine wirkliche Anerkennung und Honorierung der gesellschaftlichen Leistungen vieler bäuerlicher ökologischer Betriebe hält Ostendorff für nicht erkennbar. Kritisch sieht Ostendorff auch die Renationalisierung der GAP. Diese gefährde den europäischen Mehrwert und führe zu Konkurrenz und einer Angleichung von Standards und Zielen nach unten, argumentierte er. „Das gefährdet die gesamte Legitimität der europäischen Agrarpolitik“, so Ostendorff. Er forderte stattdessen alle Agrarzahlungen vollständig an klare Gegenleistungen der Landwirtschaft für die Gesellschaft zu binden und kleine und mittlere Betriebe zu unterstützen. Die Maßnahmen müssten neben einem Kostenausgleich auch Anreizkomponenten erhalten.


MdB Tackmann (Linke): „Ortsansässige ostdeutsche Agrarbetriebe unnötig gefährdet“


Laut der Agrarsprecherin der Linken, Kirsten Tackmann, lindert der Vorschlag der Kommission „bestenfalls einige Symptome, ohne jedoch das falsche System zu ändern“. Sie kritisiert die geplante Kappung und Degression. „Statt landwirtschaftsfremde Investorinnen und Investoren von der Agrarförderung auszuschließen, werden mit Kappung und Degression auch ortsansässige ostdeutsche Agrarbetriebe unnötig gefährdet, obwohl eine soziale und ökologische Landwirtschaft nicht von der Betriebsgröße, sondern vom Geschäftsmodell abhängt“, sagte sie. Dass die EU-Kommission den Fokus verstärkt auf Umwelt- und Klimamaßnahmen richtet, hält sie für einen Schritt in die richtige Richtung. Es müsse dafür aber gesichert sein, dass naturschutzfachlich hochwertige Strukturen wie Pufferstreifen, Hecken, Brachen und Kleingewässer unterstützt werden genauso wie eine naturnähere Bewirtschaftung der Flächen, zum Beispiel für mehr Insektenschutz. „Anstelle der Möglichkeit einer Umschichtung von Erster zur Zweiter Säule, fordern wir eine bedarfsgerechte Ausstattung der Zweiten Säule“, so Tackmann weiter. Landwirtschaftspolitik und Politik der Ländlichen Räume müssten inhaltlich verknüpft werden, statt im Wettkampf um Fördergelder zu stehen.


NABU: „Drama für die Artenvielfalt"


Breites Unverständnis erntet Hogan auf Seiten der Umwelt- und Naturschützer. „Die Pläne der EU-Kommission sind ein Drama für die Artenvielfalt. Sie ignorieren auf geradezu groteske Weise eine dringend erforderliche Zweckbindung von Geldern für den Naturschutz“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Mit der neuen GAP werde sich eine neue Welle von Subventionen für umweltschädliche und ineffiziente Formen der Landwirtschaft über die Landschaft ergießen, so Tschimpke weiter. Die EU-Kommission zeige mit diesen Vorschlägen, dass sie nicht vorhabe, entschieden gegen den Verlust der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft vorzugehen. Er kritisiert vor allem, dass keine zweckgebundenen Gelder für das europäische Schutzgebietsnetzwerk Natura2000 bereitgestellt werden und Kürzungen für den Naturschutz vorgesehen seien. Er rief Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner sowie die deutschen EU-Parlamentarier auf, nun sicher zu stellen, dass auf europäischer Ebene genügend Geld für den Naturschutz zur Verfügung stehe und die Landwirtschaft mit einer „fundamentalen Umgestaltung“ beginnen könne.


Demeter: „Ernteversicherungen zu subventionieren, hilft nicht“


Skeptisch zu Hogans Vorschlägen äußert sich auch der Öko-Anbauverband Demeter. „Die derzeitigen Vorschläge der EU Kommission zur nächsten Förderperiode machen wenig Mut – sie sehen sogar Kürzungen in wichtigen Bereichen wie dem Umweltschutz vor“, sagte der Demeter-Vorstand Alexander Gerber. Er ruft Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass hier „deutlich nachgebessert“ werde. Er hätte sich bei den Vorschlägen einen stärkeren Fokus auf die Ziele „Bienensterben stoppen, die Vielfalt von Flora und Fauna erhalten, nachhaltig dem Klimawandel entgegentreten, hochwertige Lebensmittel erzeugen auf einer Vielfalt an Höfen, die Menschen ein gutes Einkommen bieten“ gewünscht. Aus seiner Sicht erfüllen dies die Direktzahlungen nicht. „Auch in Deutschland leiden viele Bäuerinnen und Bauern in den letzten Jahren unter Ernteeinbußen aufgrund ungewöhnlicher Wetterereignisse wie Starkregen oder lange Trockenperioden. Hier hilft es nicht, Ernteversicherungen zu subventionieren, wie im derzeitigen Text vorgeschlagen“, kritisiert Gerber weiter. Die Landwirtschaft müsse durch vielfältige Fruchtfolgen und Einkommensdiversifizierung widerstandsfähiger werden. Wie das funktioniert, zeige der Ökolandbau seit Jahrzehnten, so Gerber.

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