Stühlerücken ist im Berliner Politikbetrieb nichts Ungewöhnliches. Die aktuelle Umbesetzung im Bundesverkehrsministerium von Dr. Volker Wissing (FDP) sorgt aber doch für Aufsehen.
Der bisherige agrarpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Gero Hocker, soll Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsressort werden und die Nachfolge des scheidenden Staatssekretärs Michael Theurer antreten. Hocker soll zugleich auch Beauftragter der Bundesregierung für Schienenverkehr werden.
Bisher kein Verkehrspolitiker
Die Personalie ist auch deshalb überraschend, weil der 49-jährige FDP-Politiker aus Niedersachsen bisher wenige Berührungspunkte mit dem Verkehrssektor hatte. Der gelernte Bankkaufmann hat von 1998 bis 2003 ein Studium der Wirtschaftswissenschaft an der Universität Bremen absolviert und war danach unter anderem als Vermögensberater bei der Nordwestfinanz Bremen tätig.
Von 2006 bis 2007 war Hocker Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Institutionelle Ökonomik und Innovationsökonomik an der Universität Bremen, danach folgten Forschungsaufenthalte in Alabama und Oregon und eine Promotion im Fachbereich Wirtschaftswissenschaft. Bis 2009 folgten verschiedene Posten bei der AWD Holding AG und der Allianz Beratungs- und Vertriebs-AG in Oldenburg und schließlich die Abgeordnetenarbeit im niedersächsischen Landtag und dem Bundestag. Außerhalb seiner politischen Ämter ist Hocker seit 2019 auch Präsident des Deutschen Fischerei-Verbandes (DFV).
Bundesminister Wissing setzt dennoch volles Vertrauen in Hocker. Der soll ihn insbesondere bei der Sanierung der maroden deutschen Bahn zu unterstützen.
Wer neuer Agrarsprecher oder Agrarsprecherin der Fraktion wird, steht bisher noch nicht fest. Laut Fraktionskreisen gibt es weder für das Amt des Agrarsprechers noch des Arbeitsgruppen-Vorsitzenden, das Hocker ebenfalls innehatte, eine Nachfolgeregelung. Die soll in der nächsten oder übernächsten Plenarwoche gefunden werden.
Lange: Fischereiexperte als Bahnbeauftragter
Beim verkehrspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ulrich Lange, löst die unerwartete Personalie Irritationen aus. er sagt: „Verkehrsminister Wissings Bahn-Blamage geht munter weiter. Er hat nicht nur einen wirkungslosen 7-Punkte-Plan für die Sanierung des Konzerns vorgelegt, sondern macht jetzt auch noch einen Fischereiexperten zum Bahnbeauftragten. In der größten Krise aller Zeiten, in der sich die Bahn befindet, gleicht das alles einer Posse. Man fragt sich allmählich, was Herr Wissing sich dabei denkt. Insgeheim hat er wahrscheinlich überhaupt keinen Plan. So wird das jedenfalls nichts mit einer Trendwende bei der Bahn.“