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Finnland will in Berlin agrarpolitische Akzente setzen

Finnland will die Grünen Woche als diesjähriges Gastland für eine agrarpolitische Offensive nutzen. Das Land präsentiert sich als Spitzenreiter in nachhaltiger Produktion, beim Tierwohl und im Pflanzenbau. Und Finnlands Landwirtschaft ist auf Exportkurs, wie wir vor Ort erfahren haben.

Lesezeit: 5 Minuten

Nachhaltig, sauber, höchste Tierwohl-Standards, so will Finnland seine Landwirtschaft in der Welt präsentieren. Seine groß angelegte Exportstrategie bringt das Land mit zur Grünen Woche nach Berlin, wo es in diesem Jahr Partnerland ist. Mit dem Motto „Lebensmittel aus der wilden Natur“ springen die Finnen auf den Food-Hype auf, der auch in der finnischen Hauptstadt Helsinki immer größere Kreise zieht. Sie richten dabei den Blick konsequent auf die Qualität von Lebensmitteln. „Finnland kann nicht mit dem Preis oder mit der Menge konkurrieren, sondern nur über die Qualität“, sagt der finnische Landwirtschaftsminister Jari Leppä.

Aus einer auf den ersten Blick ungünstigen klimatischen Ausgangslage mit lediglich 120 bis 180 Vegetationstagen macht das Land einen Vermarktungsvorteil: Die arktische Landwirtschaft, bei der die Kulturen wegen der kalten Winter einem geringen Krankheitsdruck ausgesetzt sind, benötigt weniger Pflanzenschutzmittel. Das zeigt die Statistik, die sehr geringe Verkäufe an Insektiziden und Fungiziden ausweist. Lediglich für Herbizide gibt es im Vergleich zur Anbaufläche nennenswerte Verkäufe. Die finnischen Landwirte haben einen enormen Strukturwandel hinter sich. Seit dem EU-Beitritt 1995 hat sich die Anzahl der aktiven Landwirte halbiert. Etwa 86 Prozent der Betriebe sind Familienbetriebe, die durchschnittlich 47 Hektar bewirtschaften.

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Russisches Importembargo zwingt zur Wende

Besonders hart hat die finnische Landwirte das russische Importembargo getroffen. Vor 2014 war Russland der größte Abnehmer von finnischen Lebensmitteln, insbesondere von Milchprodukten. In Hochzeiten gingen mehr als 20 Prozent der Lebensmittelexporte nach Russland. Seit den Exportrestriktionen zwischen der EU und Russland infolge der russischen Besetzung der Krim sind die finnischen Lebensmittelexporte um 33 Prozent eingebrochen. Größter Handelspartner ist nun mit 20 Prozent Exportanteil Schweden. Deutschland steht mit fünf Prozent auf Rang Fünf. Das von der Regierung aufgesetzte Agrarexportprogramm zählt Deutschland nach Skandinavien und vor Ländern in Ostasien als zweitwichtigsten Exportmarkt auf.

Neue Exportstrategie setzt auf hohe Wertschöpfung

Dabei wollen die Finnen vom Export von Rohware auf Agrarprodukte mit hoher Wertschöfpung umsteigen. „Unsere Produktionskosten sind im internationalen Vergleich hoch, deswegen investieren wir in eine hohe Wertschöpfung“, sagt der Präsident des finnischen Bauern- und Waldbesitzerverbands MTK, Juha Marttila. Die mit Abstand wichtigsten finnischen Exportgüter sind Milchprodukte inklusive Butter, danach folgen Fleisch, Getreide und Zucker. Hafer aus Finnland ist international geschätzt, weil er wegen der langsamen Abreife unter der Mitternachtssonne qualitativ besonders hochwertig ist.

Hohe Tierwohlstandards für Schweine und Rinder

Das Tierwohl ist ein zentraler Bestandteil der finnischen Export- und Qualitätsstrategie. Noch vor den Parlamentswahlen im April 2019 will die mitte-rechts Regierung die bereits hohen Tierwohlbestimmungen nochmal verschärfen. Für Schweine soll die Gruppenhaltung von Sauen mit einer Übergangsfrist von 15 Jahren gesetzlich vorgeschrieben und bis dahin die Kastenstandhaltung im Deckzentrum nur noch maximal acht Tage erlaubt sein. Ohne ein Verbot auszusprechen, wollen die Finnen die freie Abferkelung anstreben. Für die Kastration männlicher Ferkel wird ein obligatorisches Schmerzmanagement vorgeschrieben. Bereits seit 2002 ist das Schwanzkupieren bei Ferkeln verboten genauso wie der Vollspaltenboden. Das vorgeschriebene Platzangebot für Schweine liegt um rund 15 Prozent höher als in anderen europäischen Ländern.

Stolz verweisen die Finnen auf ihren im EU-Vergleich sehr geringen Einsatz an Antibiotika in der Tierhaltung. Eine große Diskussion gibt es zur Anbindehaltung von Milchkühen, in der noch 41 Prozent der Milchkühe stehen. Für sie sind allerdings 60 Tage Weidegang im Sommer vorgeschrieben, ab 2020 soll die Zeit auf 90 Tage steigen.

An einer Tierwohlkennzeichnung arbeiten auch die Finnen. Anders als bei uns soll diese von der Landwirtschaft organisiert und nicht vom Staat vorgegeben werden, heißt es beim finnischen Bauernverband MTK. Dazu schauen die Finnen auch auf die deutschen Ansätze für ein Tierwohllabel. Generell legen sie aber Wert darauf, dass sie ihre Lösungen partnerschaftlich entwickeln und nicht durch staatliche Verbote erreichen.

Aktionen gegen niedrige Lebensmittelpreise

Finnlands Bauernpräsident Marttila treibt vor allem das Thema Lebensmittelpreise um. „Wir brauchen höhere Lebensmittelpreise, die Konsumenten müssen zahlen“, sagt er. Vor zahlreichen Supermärkten haben Landwirte im Herbst 2018 demonstriert und Lebensmittel zu Erzeugerpreisen verkauft. Sie wollen die Verbraucher damit ins Boot holen. „Die Umfragen unter finnischen Konsumenten sagen, dass 90 Prozent von ihnen bereit sind, mehr für Lebensmittel zu bezahlen, wenn dies den Landwirten direkt zu Gute kommt“, sagt Marttila. Es sei möglich, die Lebensmittelpreise zu erhöhen und dies an die Landwirte weiter zu geben, gibt er sich zuversichtlich. Die drei dominierenden finnischen Lebensmittelketten, darunter mit 10 Prozent Marktanteil auch der deutsche Discounter Lidl, will der Bauernverband von einer Qualitätsstrategie zu überzeugen. Von der Regierung fordern sie striktere Transparenzvorschriften für den Lebensmitteleinzelhandel bei dessen Preisfindung.

Ziele für den Ökolandbau werden verfehlt

Der Fokus auf Nachhaltigkeit in der gesamten Agrarproduktion Finnlands stellt den Ökolandbau in den Schatten. Dieser ist mit 11,4 Prozent Flächenanteil zwar etwas umfangreicher als in Deutschland. Doch die Umstellungsdynamik stagniert. Die finnische Regierung hatte 2014 eine Ökolandbaufläche von 20 Prozent als Ziel für 2020 ausgegeben. Das wird verfehlt werden. Agrarminister Leppä ficht das nicht an, er will die Zielmarken anpassen und sagt: „Nicht die Fläche ist das Ziel sondern die Zahl der Bioprodukte im Regal“. Doch die liegt in Finnland nur bei zwei Prozent.

Finnland für starke 2. Säule der GAP

Ab dem 1. Juli 2019 hat Finnland die EU-Ratspräsidentschaft inne. Die Finalisierung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) für die Zeit nach 2020 ist für das Land ein ehrgeiziges Ziel. „Wir wollen zu einem guten Ende kommen“, sagt Agrarminister Leppä. Er fordert vor allem eine gut ausgestattete 2. Säule der GAP, aus der die finnischen Umweltleistungen für die Landwirtschaft überwiegend finanziert werden. Leppä macht auch keinen Hehl daraus, dass sich sein Land weiter für gekoppelte Prämien für bestimmte Produkte wie zum Beispiel Zuckerrüben einsetzen wird. Deutschland ist hingegen strikt gegen die Fortführung gekoppelter Prämien.

Weitere Impressionen und Betriebsreportagen aus Finnland gibt es in der top agrar Ausgabe 2/2019, die in wenigen Tagen erscheint.

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