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Freihandelsabkommen: "Die EU-Standards sind nicht verhandelbar!"

Bei dem Freihandelsabkommen mit den USA sollte Europa den Agrarsektor ausklammern und für den Erhalt der hohen Standards kämpfen, meint die Grünen-Politikerin Rebecca Harms. Die US-Farmer hätten ein völlig anderes Verständnis als wir. Und auch der DBV stellt klar, dass die hiesigen Regeln nicht geopfert werden dürfen.

Lesezeit: 5 Minuten

Bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommenmit den USA sollte Europa den Agrarsektor ausklammern und für den Erhalt der hohen Standards kämpfen. „Die EU-Agrarstandards sind nicht verhandelbar, weil sie völlig in Übereinstimmung mit der Mehrheit der Bürger stehen.“ Das hat die Grünen-Politikerin Rebecca Harms im Interview mit dem Deutschlandradio erklärt.

 

Ihrer Meinung nach muss als erstes geklärt werden, welche Standards die EU für Verbraucher- und Umweltschutz auf keinem Fall preisgeben will zugunsten von Arbeitsplätzen oder Handel. Stichworte sind hier gentechnisch veränderte Lebensmittel, Hormonfleisch oder Chlorhähnchen. Bei der grünen Gentechnik etwa spielt der Gesundheitsschutz laut Harms nicht die größte Rolle, sondern eigentlich die Biodiversität und die Angst vor Resistenzen in Pflanzen.


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Die Europaabgeordnete ist der Ansicht, dass man mit konventionellen Pflanzen und mit konventionellen Weiterentwicklungen, Züchtungen von Pflanzen alles das leisten kann, was die Landwirtschaft heute braucht. „Ich glaube auch, dass die Auseinandersetzung um Gentechnik nur ein Zipfel der Kontroverse ist, um die es eigentlich zwischen der US-Landwirtschaft, dem Agrarsektor dort und dem europäischen Landwirtschaftssektor geht. Wir gehen einfach in eine Wettbewerbssituation, die unsere Ideen von bäuerlicher Landwirtschaft völlig auf den Kopf stellen wird“, so Harms. Auf den Kompromiss einer GVO-Kennzeichnung würde sie sich dabei nicht einlassen, weil keiner Gentechnik brauche.



"Es geht auch nicht nur um genetisch veränderte Nahrungsmittel im Markt, sondern auch um Hormone im Kalbsfleisch, es geht um Schweinefleisch, das mit Wachstumsförderern, die in Europa verboten sind, produziert wird. Es geht wirklich um einen völlig anderen Ansatz in der Agro-Industrie der USA“, so Harms weiter. Zur Verdeutlichung nennt sie Zahlen: 10 Mio. Bauern in der EU mit wenig Ackerland würden in den Verhandlungen nur 2 Mio. US-Farmern gegenüberstehen, die allerdings sehr viel Land besitzen. Dort herrsche flächendeckend Agroindustrie. „Und ich fürchte eben, dass im Bereich der Landwirtschaft und der Nahrungsmittelindustrie in Europa eher sehr viel Arbeit und Beschäftigung und auch Standards verloren gehen als bisher bekannt ist.“

 

Harms sprach sich zudem dafür aus, zunächst in einem Dialog zwischen Verbrauchern und Politik die Standards zu klären. Da sei Europa entwickelter als die USA. „Und solange das nicht geklärt ist, lasse ich nicht zu, dass Handelsinteressen unsere guten Standards in Europa kaputt machen“, sagte sie dem Sender.


Hemmerling: Produkt für Produkt durchsprechen


Für die deutsche Landwirtschaft kann ein faires Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA Chancen bieten, was den erleichterten Zugang zum amerikanischen Markt angeht. Die Erhaltung der europäischen Standards und die Kennzeichnungsmöglichkeiten sind aber nicht verhandelbar, meint auch der Stellvertretende DBV-Generalsekretär Udo Hemmerling im WDR-Interview.

 

Es dürften „nicht alle Türen wahllos aufgemacht werden“, so Hemmerling, sondern es müsse Produkt für Produkt geschaut werden, wo Chancen und Risiken bestehen. Freihandel bedeute nicht nur, Zollsätze zu senken, sondern auch den Marktzugang durch den Abbau von bürokratischen Hemmnissen und Zulassungsverfahren zu verbessern. So würden für viele Unternehmen zum Beispiel der Molkereiwirtschaft die aufwändigen Registrierungen der USA zur Abwehr von Bioterrorismus scheuen. Diese bürokratischen Exporthindernisse müssten abgebaut werden.



 

Die europäischen Standards dürften dagegen nicht angetastet werden. Die hiesigen Verbraucher wollten kein Fleisch von hormonbehandelten Nutztieren. Auch nachträglich mit Chlor desinfiziertes Hühnerfleisch sei nicht akzeptabel. Bei der Grünen Gentechnik gebe es unterschiedliche gesellschaftliche Positionen zwischen den USA und den EU-Ländern. Der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen würde allerdings nicht vom Handelsabkommen tangiert, da über den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen die Länder weiterhin in voller Souveränität entscheiden müssten. Doch dürfte eine Kennzeichnung der Produkte als gentechnikfrei von den USA nicht als Handelshemmnis gesehen werden.

 

Auch im Hinblick auf die Unterstützung der Landwirtschaft sieht Hemmerling keine Probleme auf die Verhandlungen zukommen. Die EU habe in einer Reihe von Reformen ihre Subventionen von der Produktion entkoppelt und Flächenzahlungen eingeführt. In den USA gebe es andere produktionsstützende Agrarsubventionen, wie zum Beispiel eine viel stärkere Ausrichtung auf Versicherungen.


BÖLW verlangt Grundsatzdebatte über Ernährungskultur


Auch der Vorsitzende des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Felix Prinz zu Löwenstein, will das Handelsabkommen kritisch hinterfragen. „Angesichts einer Handelsbeziehung, in der bereits die meisten Barrieren beseitigt sind, kommt denjenigen Aspekten eine zentrale Rolle zu, die mit dem Verständnis von Agrar- und Ernährungskultur verbunden sind.“ Die USA forderten dagegen schlicht ein Einknicken der Europäer bei Themen wie Agro-Gentechnik, Chlorhähnchen, Hormonmast & Co.

 

„Wir lehnen globalen Handel nicht grundsätzlich ab“, erläutert Löwenstein seine Haltung weiter. Auch im Ökomarkt spiele Handel eine wichtige Rolle, da nur so Waren und damit auch Leistungen für den Natur- und Umweltschutz ausgetauscht werden  könnten. „Trotzdem dürfen weder die gegenseitige Bio-Anerkennung noch die jetzt anstehenden Verhandlungen dazu führen, dass die hohen EU-Standards an Umwelt- und Verbraucherschutz und das kulturelle Grundverständnis davon, wie Landwirtschaft und Ernährung in unserer Gesellschaft aussehen, zur Disposition gestellt werden,“ warnt der BÖLW-Vorsitzende.

 

„Richtlinie muss daher sein, die jeweils besten – und das heißt im Zweifelsfall: die strengsten – Standards zum Ziel der Verhandlungen zu machen.“ Löwenstein warnte außerdem davor, die Verhandlungen ohne Öffentlichkeitsbeteiligung hinter verschlossenen Türen abzuhalten. (ad)

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